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Wir müssen reden
Gesprächsbedarf besteht, darüber sind sich viele einig. Welche Themen brennen denen unter den Nägeln, die im Tiroler Tourismus tätig sind oder die touristische Entwicklung beobachten? Wir haben Menschen gefragt, die etwas zu sagen haben, und eine ganze Reihe von Denkanstößen erhalten. Reden wir darüber!
Text: Esther Pirchner
REDEN!
ABER WORÜBER?
ÜBER ZUKUNFTSPLANUNG
„Es wird für Personen und Unternehmen immer schwieriger, die Zukunft zu planen. In dieser schnelllebigen Zeit mit permanenten Veränderungen ist es fast unmöglich, Schritt zu halten und speziell in mehreren Bereichen auf dem aktuellen Stand zu sein.“
Joschi Sailer, Hotelier, Hotel Sailer, Innsbruck
ÜBER QUALITÄT
„Der Tiroler Tourismus braucht mehr Qualität statt Quantität und neue Angebote für die Gesundheit. Das Angebot und die Preise müssen markant und nachhaltig steigen. Nur so können wir die aktuellen Herausforderungen Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel und mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung angehen und lösen.“

Manfred Pletzer, Unternehmer, Pletzer Gruppe – Immobilien, Tourismus, Industrie
ÜBER DEN UMGANG MIT DER NATUR

„In der ,Saison‘ fällt mir auf, dass für unser Land im Sommer stets der nachhaltige und sorgsame Umgang mit der Natur eingefordert und beworben wird. Im Winter ist dann aber nur noch von den Pistenkilometerrekorden und neu errichteten Seilbahnen zu lesen. Das passt nicht zusammen!
Hat Covid-19 zu einem Umdenken geführt? Oder heißt HOCHFAHREN weiterhin ungebremstes Wachstum? Die letzten Aussagen der Seilbahnbetreiber und vieler Hoteliers sprechen wohl für das Zweite.“
Paul Steger, Vorsitzender Sektion Zillertal, Österreichischer Alpenverein

ÜBER ARCHITEKTUR
„Touristische Architektur umfasst ein weites Feld von Beherbergungsbetrieben über Restaurants bis hin zu Infrastrukturbauten für Aufstiegshilfen aller Art. Vermehrt müssen solche Bauaufgaben hohe architektonische Ansprüche erfüllen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Daher wird auch in touristischen Ballungszentren von der Region geprägte Architektur in zeitgemäßer Formensprache vermehrt realisiert, da immer mehr Gäste der bisher vorherrschenden ‚Massenware im alpinen Stil‘ und der ‚rein technisch konzipierten Hüllen‘ überdrüssig geworden sind. Originalität und Einmaligkeit sind angesagt, wofür in Tirol bereits etliche gelungene Beispiele zu finden sind.“
Johann Obermoser, Architekt, Innsbruck

ÜBER TOURISMUSWERBUNG
„Touristische Werbung und Kommunikationsbotschaften sind immer in der Gefahr austauschbar und belanglos zu sein. Kampagnen, die mutlos sind, wirken nicht. Dank mutiger, visionärer Kampagnen und Aktionen hat Tirol bereits in den 1980er-Jahren die Marke Tirol international zum Glänzen gebracht. Erinnern wir uns an die Kampagne ‚Starkes Land‘ oder den Slogan ‚Herz der Alpen‘ – was für ein geniales Branding. Persönlich würde ich mir wieder mehr Mut zum Anecken und zur Originalität wünschen.“
Wolfgang Ainetter, Kommunikationsberater und Autor, bis 2021 Kommunikationschef im deutschen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
ÜBER KULTUR

„Tirol konzentriert sich bei allen Absichtsbekundungen in Richtung Kultur immer noch auf den Sport (in den Bergen). Vielleicht weil er mehr Kohle bringt? Vielleicht weil die Berge unser Kapital sind und nicht das Theater oder Museum?
Der Innsbrucker Kulturstrategie-Prozess zeigt auf, dass es noch ein weiter Weg ist zur Kulturstadt. Vielleicht sollte Innsbruck ein bisschen mehr an die eigenen BewohnerInnen und StadtbenutzerInnen denken. Es wäre auch für Gäste spannend, wenn die Kultur lebt und nicht fürs Image kreiert wird. Kurz: Nicht fürs Image leben wir ...“
Beatrix Rettenbacher, Designerin und eine Hälfte der Weiberwirtschaft, Konzept und Gestaltung | Text und Textiles, die für den Kulturstrategie-Prozess der Stadt Innsbruck den Claim KULTUR STADTT DER BERGE kreiert hat
ÜBER WERTSCHÄTZUNG
„Wertschätzung – ein Wort, das gerade jetzt im Tourismusbereich eine so wichtige Bedeutung hat. Haben Mitarbeiter nicht die gleiche Wertschätzung wie der Gast verdient? Wo steht der Tourismus ohne das geschätzte Personal? Sind sie nicht das Aushängeschild eines jeden Betriebes? Welche Lösungen gibt es, um den Mangel an Personal zu beheben? Darüber müssen wir reden. Es betrifft uns alle.“

Simone Schuler Maurer, Appartement Maurer (Oetz), als erster Betrieb Österreichs mit dem Prädikat „5 Edelweiß“ ausgezeichnet
ÜBER WANDEL
„Reden wir über Entscheidungen, die absolut dringlich geworden sind. Reden wir über die Strukturen im Tourismus, über mehr Toleranz und die Integration der nächsten Generation in die Gestaltung unseres Lebensraumes.
Reden wir über die Zukunft. Über eine neue Anständigkeit – über unsere Potenziale, über Verbindendes. Was wir verbessern können. Wo wir gemeinsam hinwollen. Und dann packen wir es an.
Reden wir über den Wertewandel, der sich bereits vor der Pandemie angekündigt hat. Reden wir darüber, wie wir ihn in die Destinationsentwicklung integrieren. Reden wir also über Transformation, über echten Change, auch wenn es eigener Verhaltensänderungen bedarf.“
Viktoria Veider-Walser, Geschäftsführerin Kitzbühel Tourismus
