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Reden ist Gold

28 DIALOG

Als Teil des Tiroler Wegs, der Tourismusstrategie des Landes Tirol, nimmt der Dialog eine zentrale Rolle ein. Er soll auf vielen Ebenen wirksam werden und Pauschalurteilen über den Tourismus entgegenwirken.

Text: Esther Pirchner

Durchs Reden kommen die Leute zusammen“– eine Binsenweisheit, und doch erleben wir immer wieder den Wert eines Gesprächs in komplexen und manchmal schwierigen Situationen. Tirol und der hiesige Tourismus bilden da keine Ausnahme. „Es ist eigentlich simpel“, antwortet Patricio Hetfleisch, Leiter Marketing und Kommunikation der Tirol Werbung, auf die Frage, warum es den Tiroler Tourismus Dialog braucht. „Der Tourismus und die Tiroler Bevölkerung befinden sich in einer kritischen Phase.“ Es gebe Spannungen und Risse, viele machten sich Sorgen darüber, wie die Tourismuswirtschaft mit Ressourcen, der Natur und damit mit der Basis für die Zukunft des Landes umgehe. Und nicht selten werde der Nutzen des Tourismus für die Allgemeinheit nicht oder zu wenig wahrgenommen. Als Beispiel nennt Hetfleisch den regionalen und überregionalen öffentlichen Verkehr, in den der Tiroler Tourismus „konstant hohe Millionenbeträge“ investiert. Das kommt allen Einheimischen zugute, wird aber von diesen kaum gesehen.

DETAILREICH STATT PAUSCHAL

Kritik ernst zu nehmen, zuzuhören, die Probleme dahinter zu orten und diese aufzuarbeiten, ist ein wichtiger Gesprächsansatz. Dazu, so meint Hetfleisch, sei es nötig, die vielen verschiedenen Facetten des Tourismus zu betrachten und im Kleinen zu beginnen. „Oft wird pauschal über den Tourismus diskutiert und geurteilt“, meint er, „und darüber vergessen, dass es viele Teilaspekte gibt, die man bearbeiten kann.“ Verkehr, Beherbergung, Versorgung und Freizeiterleben sind Punkte, an denen man ansetzen kann, um Verbesserungen zu erreichen.

Damit in Verbindung steht der zweite wichtige Aspekt des Dialogs, der Blick in die Zukunft: Immer mehr Menschen wollen reisend die Welt erkunden und haben auch immer öfter die Möglichkeit dazu. Zugleich sind die Ressourcen begrenzt. „Tirol ist einer der schönsten und schon jetzt meistbereisten Flecken der Erde.“ Gerade an einem solchen Ort müssten Overtourism und daraus folgende Einschränkungen der Lebensqualität vermieden werden. Auch wenn es darum geht, den Tourismus vor Fehlentwicklungen zu schützen, ist der Dialog ein guter Weg.

WER SPRICHT MIT WEM?

Gruppen – plakativ gesagt zwischen Touristikern und dem Rest der Bevölkerung –, sogar dann, wenn es innerhalb dieser Kreise genügend Austausch gibt. Die Lösung liegt aber nicht in klassischen Bürgerbeteiligungsverfahren, bei denen in großen Foren alle miteinander diskutieren. Stattdessen ist daran gedacht, diejenigen anzusprechen, die zu ganz bestimmten Themen etwas zu sagen haben. „Wir wollen Menschen miteinbeziehen, die von positiven wie negativen Aspekten des Tourismus betroffen sind, und dabei genau darauf achten, wen wir an welcher Stelle zum Dialog einladen.“ Große Themenblöcke sollen in kleinere Bausteine aufgeteilt und diese in einem dreistufigen Prozess bearbeitet werden.

EIN PROZESS IN DREI PHASEN

In der ersten Phase wird erforscht, wie das gesamtheitliche touristische Bild aussieht. „Welche Wertschöpfungskette ist vorhanden? Wer ist an welchem Punkt beteiligt? Wo entstehen relevante Themen?“, umreißt Hetfleisch einige Fragestellungen. In der zweiten Phase wird gezielt das Gespräch mit Stakeholdern und der Bevölkerung gesucht, die von bestimmten Themen betroffen sind. Nicht alle Ergebnisse aus diesem Abschnitt können innerhalb des Prozesses bearbeitet werden, manche werden auch an die politischen Entscheidungsträger weitergegeben. Schließlich sollen in einer dritten Phase Maßnahmen umgesetzt werden und in weiterer Folge eine „positive Tourismusgesinnung in der Tiroler Bevölkerung verankert“ werden.

LANGFRISTIGER WANDEL

Parallel zu den drei Phasen sind acht Projekte geplant, in denen grundsätzliche Fragestellungen aufgearbeitet werden. Gedacht ist etwa an ein Tourism Science Media Center, eine Handbuch-Serie und Trainings zur nachhaltigen Tourismuspraxis. Insgesamt ist das „strategische Werkzeug“ Tiroler Weg und mit ihm der Tiroler Tourismus Dialog auf fünf Jahre ausgelegt, der Effekt reicht jedoch weit darüber hinaus.

Auch weil Ziele angestrebt werden, die „nachhaltig implementiert gehören“, geht Patricio Hetfleisch davon aus, dass sie eine langfristige Wirksamkeit entfalten werden. „Es ist eine sehr ernst gemeinte Initiative, die die Resilienz und die Weiterentwicklung des Tiroler Tourismus“ gewährleisten soll.

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