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from medianet 02.07.2021
by medianet
Christoph Kullnig
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Head of Group Marketing RBI
Christoph Kullnig, neuer Head of Marketing RBI, im ersten ausführlichen Interview mit medianet über seine künftigen Pläne für den CEE-Raum.
••• Von Dinko Fejzuli und Martina Berger
Er ist ein ausgewiesener Experte für strategische Markenentwicklung im digitalen Umfeld, Lektor an der FH
Technikum Wien, Triathlet – und seit Kurzem ist Christoph Kullnig Head of Group Marketing der
RBI und damit Nachfolger des langjährigen Werbeleiters der
RBI, Leodegar Pruschak. Zum
Einstand gelang ihm mit dem
Engagement der ewigen Tennis-
Nummer eins, Novak Djokovic, als Werbegesicht für den CEE-
Raum gleich ein echter Coup.
Kullnig dazu: „Novak und die
RBI passen perfekt zusammen.
Wir wissen, dass niemand als
Nummer eins geboren wird. Der
Weg dorthin ist mit viel Einsatz und Hingabe verbunden. Und da wir beide den Anspruch haben, die Nummer eins zu sein, wollen wir gemeinsam diesen Weg gehen.“
Von Runtastic zu Raiffeisen
Auf den ersten Blick mag der Wechsel Kullnigs von Runtastic zu Raiffeisen überraschen; bei näherer Betrachtung ist seine Bestellung durch Raiffeisen aber ein mehr als logischer Schritt – unter seiner Marketing-Führung setzt Raiffeisen vor allem auf den Digitalbereich, Content und datengetriebenes Marketing. „Marketing ist jetzt etwas anderes als es die vergangenen Jahre war. Es geht heute einfach darum, die Leute dort abzuholen, wo sie empfangsbereit sind, und Kunden sind heutzutage dank der digitalen Möglichkeiten nahezu in jeder Lebenssituation für Markenbotschaften empfangsbereit. Im Urlaub hast du eventuell mehr Zeit und wirst eher in einen Store gehen, um etwas zu kaufen, nach einem ZwölfStundentag im Büro wirst du in der U-Bahn vermutlich eher dem Thema E-Commerce zugeneigt sein. Das heißt, die Kunden befinden sich permanent in anderen Situationen, und wir müssen für jede einzelne davon eine Antwort haben, um sie zielgenau ansprechen zu können“, so Kullnig zur Aufgabenstellung.
Zusätzlich müsse auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Raiffeisen in Österreich gut 1.500 Filialen betreibt, etwa so viele im gesamten CEE-Raum zusammengenommen, und deshalb auch die Marketingstrategie, bei aller Optimierung, darauf Rücksicht nehmen muss. „Im direkten Kundenkontakt spielt eine Filiale in Österreich, wo wir ja physisch flächendeckend omnipräsent sind, eine völlig andere Rolle als im CEE-Raum.“
Unterschiedliche Märkte
Kullnig: „Wie ich eine digitale Kampagne in Bulgarien, Tschechien oder Österreich mache, ist immer gleich. Das wird überall Facebook, Google & Co sein. Aber der Content muss unterschiedlich sein – zum einen, weil ich in den unterschiedlichen Märkten unterschiedliche Kunden habe, aber auch unterschiedliche Produkte.“ Aber, so Kullnig: „Auch wenn man selbstverständlich nicht überall das Gleiche sagen kann, arbeiten wir daran, dass die Marke überall für das Glei-

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Christoph Kullnig wechselte im Oktober 2020 zur RBI.
che steht.“ In Österreich sei das schon sehr gut gelungen, im Osten habe man in Bezug auf die Positionierung der Marke noch einiges zu tun „und darin sehe ich auch einen großen Schwerpunkt meiner künftigen Arbeit“.
Dabei spiele das Thema Digitalisierung naturgemäß eine große Rolle: „Man darf hier nicht mehr in Kampagnen denken, sondern in ‚always on‘. Dadurch sind die Peaks zwar etwas niedriger, aber das Marketing-Grundrauschen höher. Man ist quasi immer präsent und dafür ist die Digitalisierung entscheidend, denn nur sie kann sicherstellen, dass ich zu 100 Prozent jene Menschen anspreche, die ich mit meinen Kommunikationsmaßnahmen auch ansprechen will. Das kann kein Plakat, kein Radiospot und keine Printanzeige so präzise leisten.“
Bei TV sei es ähnlich, aber hier habe man zumindest jetzt auch schon die Möglichkeit, in der Kombi mit Smart-TV-Devices via Addressable TV die Kunden zielgenauer anzusprechen.
Kullnigs Credo: „Digitalisierung ermöglicht eine effiziente und effektive Ansprache der Kunden.“
Das große Ziel über allem ist dabei klar formuliert: „Wir wollen als transnational agierendes Unternehmen nachhaltig Kunden dazugewinnen“, so der Marketingexperte.
Kommen sollen diese Kunden aus dem „nachwachsenden Markt“, wie ihn Kullnig nennt, also Neukunden, die bisher kein Konto hatten, aber auch wechselwillige Kunden des jeweiligen Mitbewerbs. Aber hier gebe es deutliche Unterschiede in den Märkten: „Es gibt Länder im CEE-Raum, wo gut 20 Prozent der Kunden jährlich ihre Bank wechseln und somit sozusagen frei am Markt für eine Ansprache verfügbar wären. In anderen Ländern sind es dann
wieder eher fünf bis zehn Prozent.“
Apropos unterschiedliche Märkte: Entsprechend unterschiedlich sind auch die Bedürfnisse der Menschen.
Kullnig nennt sie „Problemstellungen, die wir als Raiffeisen für die Menschen lösen möchten“. Für den einen gehe es darum, den eigenen Wohlstand zu sichern und auszubauen – und für den anderen darum, „überhaupt irgendeine Art von Wohl-

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Christoph Kullnig
über seine Ziele

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stand zu schaffen“. Diese Kunden erfolgreich anzusprechen, werde vor allem durch integriertes Marketing gelingen; Kullnig nennt das den „heiligen Gral des Marketing“. Und auch wenn Digital als Thema ganz oben stehe, hätten auch analoge Touchpoints ihren Wert – auch, weil nicht alle Kunden „nur“ digital sein wollen: „Gut zehn Prozent der Kunden wollen ausschließlich digital sein und brauchen nichts anderes und wollen auch nur digital angesprochen werden. Weitere zehn Prozent wollen gar nicht digital sein, aber 80 Prozent wollen beides.“
Er schätzt aber, dass in wenigen Jahren gut 85% des Geschäfts im CEE-Raum digital sein wer-
de. Nicht in Österreich, weil man hier eben, wie schon erwähnt, einen starken Footprint mit dem physischen Filialnetz habe.
Die Frage nach dem Sinn
Für Kullnig ebenfalls wichtig ist neben der Digitalisierung, der einheitlichen CI für das Unternehmen und dem Thema Neukundengewinnung das Thema Purpose, also der Sinn und Zweck, den das Unternehmen für die Gesellschaft erbringe und erfülle. „Wir als großes Unternehmen haben und fühlen von uns aus eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Das war schon immer so.“
Aber, so Kullnig, „neu ist, dass von uns seitens der Gesellschaft auch aktiv verlangt wird, für etwas zu stehen und einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Unsere Kunden sind nicht nur Kunden, sondern Bürger, die sich gewisse Leistungen von uns erwarten.“ Ein Beispiel für
Sinn, den man als Raiffeisen seit sehr langer Zeit erfülle, sei das traditionell große Engagement der österreichischen Bankengruppe im Bereich Sport- bzw. Fußball-Sponsoring: „50 Prozent aller heimischen Fußballvereine werden von uns gesponsert, und für viele wäre ein Bestehen ohne diese Unterstützung, die wir leisten, nicht möglich. Und so ein Engagement ist eben wichtig, weil man damit eine Funktion in der Gesellschaft übernimmt.“
Curriculum Vitae
Christoph Kullnig
studierte in Wien, Irland und Krems Rechtswissenschaften und Marketing & Sales. Nach Zwischenstationen beim österreichischen Bundesheer, einer Unternehmensgründung im Bereich Food & Beverage, J. Lindeberg Fashion und vier Jahren Marketingleitung bei Runtastic wechselte Kullnig im Oktober 2020 als Head of Group Marketing zur RBI.
marketing & media
Austausch Ein Rückblick auf den HR Inside Summit im Schloss Laxenburg 12 Neuheit Movetos mit neuem Sicherheitsmanagement für Events 14 Forderungen Henrike Brandstötter über die Ideen der Neos für den ORF 20
© Parlamentsdirektion/Photo Simonis

Austria Presse Agentur als One-Stop-Shop
Seit 75 Jahren steht die APA für redaktionelle Kompetenz, doch das Angebot geht inzwischen weit darüber hinaus. 10
© IP Österreich
Claudia Schabata
Geschäftsleitung IP Österreich Die 34-Jährige erhält ab sofort die Prokura bei IP Österreich. Schabata studierte Film-,TV- und Medienwissenschaften und war vor ihrer Tätigkeit beim Reichweitenvermarkter von RTL, bei Elmo Movieworld und dem Austrian Cultural Forum in New York beschäftigt. Zudem ist Schabata u.a. beim Österreichischen Werberat engagiert.

Fortbestand Cognion und Wiener Zeitung streben strategische Partnerschaft an. 16
© Giuseppe Chiantera

Thinktank Der Creative Incubator widmet sich den großen Themen der Zeit. 18

„Leuchtturmmedien gegen Meinungsmache“
APA-Geschäftsführer Clemens Pig über die Meilensteine und das breite Portfolio der vor 75 Jahren gegründeten Austria Presse Agentur.
••• Von Sascha Harold
Vor 75 Jahren wurde die Austria Presse Agentur (APA) auf Basis einer Initiative von Associated Press und Reuters als Genossenschaft im Besitz österreichischer Zeitungsverlage gegründet. Die APA ist damit unabhängig von Staat und Regierung – blickt man auf die internationale Agenturenlandschaft, ist das durchaus eine Seltenheit. „Von 140 Nachrichtenagenturen weltweit sind nur 20 wirklich staatlich unabhängig. Zwischen Gerüchten, Meinungsmache und Fake News ist es zunehmend wichtig, diese Leuchtturmmedien, wie es unabhängige Nachrichtenagenturen sind, zu haben“, führt Clemens Pig, Vorsitzender der Geschäftsführung der APA, aus. Diese Unabhängigkeit sei deshalb ein hohes Gut, gerade in einer Welt, in der Information oft schwer einordenbar ist.
Digitalisierung vorantreiben
Seit der Gründung der Agentur hat sich die APA deutlich weiterentwickelt. Das Kerngeschäft der APA-Redaktion mit dem APA-Basisdienst ist inzwischen um zahlreiche Angebote gewachsen, die den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sicherstellen; zahlreiche Tochterunternehmen in Österreich, aber auch in der Schweiz und in Deutschland, wurden dazu gegründet. Der Zweck blieb der gleiche: Dienstleistungen als Gemeinschaftsunternehmen der Medien bereitzustellen.
Ein wesentlicher Fokus der APA liegt derzeit auf dem digitalen Geschäft. „Es ist nur schlüssig, dass wir neben unseren bestehenden Geschäftsfeldern, etwa dem Verbreitungsgeschäft über APA-OTS oder der Medienbeobachtung, unsere IT-Dienstleistungen deutlich erweitert haben“, erläutert Pig. Der Basisdienst für die APA-Mitglieder mache inzwischen nur noch rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus, in Zukunft soll das Feld des Digitalen weiter wachsen. Umgesetzt werden soll das durch eine neue Digitalstrategie, die auf drei Säulen fußt: Dem Digital Workplace, der die Frage adressieren soll, wie künftig zusammengearbeitet wird, den Digital Platforms (hier soll etwa der APA Online-Manager deutlich weiterentwickelt werden) und dem Digital Business, also der Digitalisierung von Geschäftsmodellen.
Das Kerngeschäft wird allerdings auch weiterhin die redaktionelle Kompetenz bleiben. Das wurde auch durch die Coronakrise deutlich. „Es ist unbestritten, dass unabhängiger Journalismus in seiner Bedeutung steigt. Er wird künftig so etwas sein wie sauberes Trinkwasser – in einer Informations- und Kommunikationswelt, die zunehmend durch Des- und Falschinformation verschmutzt ist“, argumentiert Pig mit Blick auf Entwicklungen wie FakeNews oder parteiische Berichterstattung diverser Medien.
Auf Kooperationen setzen
Ihrem Selbstverständnis nach will die APA – dem genossenschaftlichen Prinzip folgend – für ihre Mitglieder und die Medienbranche insgesamt Dienstleistungen anbieten, die dem österreichischen Markt helfen. Dazu hat die Agentur heuer unter anderem den Innovationsfonds ins Leben gerufen, der dabei helfen soll, noch mehr Start-up-Flair ins Unternehmen zu bringen und dabei Innovationen voranzutreiben. Medien rät Pig dazu, verstärkt auf Kooperationen, etwa im IT-Bereich, zu setzen. „Das Match der Redaktionen wird durch redaktionelle Kompetenz entschieden. In anderen Bereichen gibt es aber zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten, bei denen sich die einzelnen Medien Aufwand sparen können“, so Pig, der noch
ergänzt, dass die Digitalisierung ein Marathonlauf sei, der viel Geld koste. Kooperationen können hier die strategische Antwort sein. Derzeit arbeite man etwa mit dem ORF und anderen Medien verlegerischer Herkunft an einem „zentralen österreichischen Medien-Login“. Das für Herbst angekündigte Login bezeichnet Pig als „aktuell größtes Innovationsprojekt im 75. Jubiläumsjahr“.
Breite Kundenbasis
Neben der Digitalisierung will die APA künftig noch stärker auf die Bedürfnisse und Nutzungsgewohnheiten der Jugend reagieren – das APA-Medialab soll sich mit diesem Thema verstärkt auseinandersetzen, sobald das wieder vor Ort möglich ist. Auf Produktseite hat die Agentur inzwischen für alle etwas im Angebot. Die Kunden setzen sich zu jeweils einem Drittel aus Medien, dem Corporate-Bereich und institutionellen Kunden zusammen. „Den Corporate-Markt bedienen wir, beginnend beim Basisdienst, über APA-OTS bis
hin zum APA-Pressezentrum, wo Kunden ihre Presseevents multimedial durchführen können, mit einer Vielzahl an Lösungen. Die APA ist für alles, was professionelle Kommunikatorinnen und Kommunikatoren brauchen, der One-Stop-Shop für State-of-theart-Lösungen“, fasst Pig zusammen. Die internationale Expansion der Agentur unterstreicht die Qualität des Angebots.
Seinen eigenen Job fasst Clemens Pig deshalb nicht überraschend so zusammen: „Ich darf den für mich schönsten Nachrichtenagentur-Job Europas machen.“
Clemens Pig
Vorsitzender APAGeschäftsführung
© Martina Berger

Berufung Clemens Pig, Vorsitzender der APA-Geschäftsführung: „Ich darf den für mich schönsten Nachrichtenagentur-Job Europas machen.“