VISIER 11/2025 Leseprobe

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Glock 43X COA

SIG Sauer: Die 1911 XC Carry mit Romeo-X-Reflexvisier

Weihrauch: HW 66 HM .17 Hornet im Praxis-Check

Vetterli-Gewehre: Die Repetiererklassiker für Sammler und Sport

Bergara B14 BMP EVO Long Range

MP 38-L: Die ultraseltene Leichtmetall-Version

PDP F-SERIES. Die erste explizit für Frauen entwickelte Dienstpistole. Kompromisslos und von Grund auf neu konzipiert. Einzigartig in Trigger-reach, Ergonomie, Rackability. 100% Performance DNA.

Zum Digitalabo:

Bloß kein Stückwerk mehr!

Es sieht so aus, als ob es mit der Evaluierung des Waffengesetzes losginge. Ein Verband nach dem anderen reicht seine Stellungnahme ein, zu deren Abgabe das Bundesministerium des Innern (BMI) bis zum 6. Oktober aufgefordert hatte (zum Nachlesen – prolegal: https://tinyurl.com/33rmazzm, VDB: https:// tinyurl.com/5fjdaa4p). Beim Lesen dieser mit Sorgfalt und Sachverstand erstellten Texte (soweit verfügbar) zeigt sich, dass die Institutionen der Vorgabe gefolgt sind, die fünf relevantesten Punkte herauszupicken. Zu diesem Procedere sei angemerkt: Das Waffengesetz muss in seiner Gänze auf den Prüfstand. Es darf nicht dazu kommen, dass nur bestimmte Aspekte unter die Lupe genommen werden, weil das – sozusagen im arithmetischen Mittel aller Stellungnahmen – dann diejenigen sind, welche die Mehrheit der Befragten als verbesserungswürdig eingestuft hat. De nitiv nein. Das würde unter anderen Vorzeichen nur wieder zu dem führen, was es in den vergangenen fünf Jahrzehnten beim WaffG gegeben hat: zu Stückwerk. Also zu etwas, das mit allen bislang vorgenommenen Verschärfungen einhergeht und das sich in summam als Kombination überbordender Bürokratie und veritabler Praxisferne darstellt. Dies ist gerade bei der im Gefolge des Springmesserverbots aus dem vergangenen Jahr einhergehenden Amnestie klar zu sehen: Als die am 1. Oktober 2025 ablief, hatte laut Auskunft der Berliner Polizei in der Hauptstadt exakt niemand ein solches Messer abgegeben. Und wie sich Ministerialjuristen im Dornengestrüpp der Worte verhaken, das belegt das Kuddelmuddel um die Regelungen zum Pfeilrevolver (siehe VISIER 10/2025). Schon aus den zwei Beispielen folgt, dass es mit der Evaluierung des Waffengesetzes nur etwas werden kann, wenn alle Aspekte des Gesetzes auf dem Prüfstand stehen. Denn mit Zurückstutzen hier und da ist es angesichts des überregulatorischen Wildwuchses nicht mehr getan, dieses Gesetz muss quasi samt seiner Wurzeln ausgerissen und in neuer Form in den juristischen Boden Deutschlands eingep anzt werden. Nur so lassen sich die Kriminalisierung von Bürgern verhindern, Fachhandel und Industrie entlasten und bei Behörden Kapazitäten für gesellschaftlich dringlichere Aufgaben freimachen als das dauernde Regulieren und Kontrollieren gesetzestreuer Bürger. Sollte man feststellen, dass manches alte Detail sinnvoll ist – prima, derlei kann natürlich wieder mit in das neu aufzusetzende Gesetz ein ießen. Aber erst, wenn das derzeitige Waffengesetz überprüft worden ist. Und zwar vollständig.

Abgabe nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis.

SIG Sauer 1911 XC Carry:

Eine kompakte 1911er zum Führen, ausgerüstet mit einem Romeo-Re exvisier.

20

Bergara B14 BMP EVO LR:

Das Long Range-Sondermodell von Importeur Leader Trading.

8

90

Vetterli-Gewehre:

Der erste ächendeckend eingeführte Armeerepetierer – Historisches und mehr.

26

14 86

Glock 43X COA:

Handlich und leicht, bediensicher und gleich ab Hersteller mit dem kompakten Aimpoint COA ausgestattet.

Nova Modul RAK 1 Tactical:

MP 38 (L):

Innen eine (rein halbautomatische) Kalaschnikow, außen bestückt mit modernen Ausstattungselementen.

Hinter dieser Abkürzung steckte ein Versuchs-Einzelstück, gedacht als Optimierung der MP 38. In dem Artikel erfahren Sie die historischen Zusammenhänge zu diesem Unikat.

Test & Technik

Glock 43X COA, 9 mm Parabellum: 8

Feuerstark und ab Werk mit dem modernsten Aimpoint-Visier ausgestattet.

SIG Sauer 1911 XC Carry .45 Auto Colt Pistol: 14

Der Pistolen-Dauerbrenner als Combat-Waffe im modernen Gewand.

Bergara B14 BMP EVO LR, .308 Winchester: 20

Das Bergara-Sondermodell von Leader Trading im Praxistest.

Nova Modul RAK 1 Tactical, 7,62 x 39 mm: 26

Klassische Technik des AKM-47, aber ausgerüstet mit modernen Anbauteilen.

Weihrauch HW 66 HM, .17 Hornet: 32

Mit verstellbarem Schaft und im rasanten Trend-Zentralfeuerkaliber.

Velum-Schalldämpfer

MSD-3: 38

Modular aufbaut und oval geformt – hier steht, warum.

Know-How

Einschießhilfe: 40

Ein Tüftler aus Essen ersann eine praktische und dabei simple Einschießvorrichtung.

Faszination Waffen

Delp-Hahndoppelbüchse 44

Vor Ort

Österreichs jüngster

Büchsenmacher: 48

20 Jahre alt, Meister und dazu die eigene Werkstatt – VISIER war vor Ort.

Sickinger Cup: 52

IPSC in Österreich – VISIER besuchte einen als Klassiker geltenden Wettkampf.

Recht & Ordnung

Frage-Antwort-Spiel: 56 Stichpunktartige Regierungsanfrage zum Waffenrecht.

Sammeln & Selbermachen

Vetterli-Gewehre: 90

Die Schweizer Repetierer mit Blick aufs Sammlerische und aufs Schießpraktische.

Geschichte & Geschichten

100 Jahr Lothar Walther: 80 Der berühmte Laufhersteller feiert runden Geburtstag.

Ein ultraseltenes Muster der MP 38, hier mit Aluminium-Gehäuse.

“Ultra-Slim“ taktische EDC Einsatzlampe mit echten 3500 Lumen sorgt mit 3 Hochleistungs-LED´s für das notwendige Licht inkl. Führungshilfe

Hier geht‘s zu all4shooters:

Funktioniert auch bei geöffneter Endkappe unter Wasser.

3 Hochleistungs-LED´s 3500lm/220m

Glock 43X COA im Kaliber 9 mm Luger:

Kompakt-Klasse

Je kleiner eine Faustfeuerwaffe ist, umso kleiner wird bei restriktiver Gesetzgebung auch der Kundenkreis. Pistolen der Größe einer Glock 43 geraten daher eher bei Personenschützern in den Fokus. VISIER ist der Frage nachgegangen, ob diese subkompakte Waffe auch für Jäger interessant sein könnte. Was herauskam, steht hier:

Fakt ist, dass „ die Glock “ schon lange bei einem nicht unerheblichen Teil der nun recht konservativ eingestellten Jägerschaft angekommen ist. Wenn es denn eine Pistole und kein Revolver werden sollte. Denn dessen hohe Bediensicherheit, insbesondere die einfache Schussabgabe, findet sich in größerem Umfang erst seit einigen Jahrzehnten bei Selbstladepistolen wieder. Die über 40 Jahre alte Konzeption der Glock war eine Wegbereiterin für das sehr einfache Konzept „ Ziehen-Zielen-Schießen “. Keine

Erst der Vergleich mit einer mittelgroßen Hand zeigt, wie klein die Glock 43X COA baut. Das im Lieferumfang enthaltene Aimpoint-Rotpunktvisier ist nicht klobig, es wirkt auf dieser zierlichen Waffe nur so. Die Kombination hat zur Zeit nur Vorteile.

Fotos: Marcus Heilscher

SIG Sauer 1911 XC Carry Kaliber .45 ACP:

Tradition trifft

Moderne

Sehr oft bemüht, trifft der Sinn der Überschrift diesmal tatsächlich ins Schwarze. Die über 100 Jahre alte Konstruktion der M 1911 A1 schien kaum noch veränderbar. Bis jetzt. Was warum und wie daran getan wurde, steht hier:

Fotos: Marcus Heilscher

Match-Sonderedition von Leader Trading :

Die deutsch-spanische Neuheit der diesjährigen IWA muss nun zeigen, was sie kann. Ist hier eine ernstzunehmende Mitbewerberin am Start? Das Feld ist bereits breit aufgestellt – reden wir hier von einem feurigen Flamenco oder einem geschmeidigen Bolero?

Deutsch-spanische Ko-Produktion

Auf der IWA in Nürnberg werden bekanntlich jedes Jahr viele Neuigkeiten für Sport, Jagd und Behörden vorgestellt. So gesellt sich auch in diesem Jahr ein Neuling hinzu, der auf der Messe erstmals zu sehen war. Die Bergara B14 ist zwar schon länger auf dem Markt, nicht jedoch in der vorliegenden Variante. Inspiriert durch Modelle seiner Marktbegleiter möchte Christoph Landich, Geschäftsführer der Leader Trading GmbH aus Ratingen, eine wettbewerbsfähige Repetierbüchse zu günstigen Konditionen anbieten. Nun ist

die Waffe eingetroffen und es gilt, in der Praxis zu schauen, was aus dem Projekt geworden ist.

Zu Beginn ein paar Worte zu Bergara. Kennt man die Unternehmensgeschichte von Bergara in Spanien, wird nachvollziehbar, warum Christoph Landich sich unter anderem für diesen Hersteller entschieden hat. Bergara ist von einer kleinen Manufaktur für Sonderanfertigungen bis zum heutigen Unternehmen rasch gewachsen. Der Urgedanke von Büchsenmacher und Ausbilder bei der Präzisionswaffenabteilung des US Marine Corps hat sich bis heute erhalten und spricht für die Qualität der Läufe und der Waffen im Gesamten. Die Herstellung der Läufe vom Begradigen über das Bohren, Honen (im weitesten Sinne das Polieren des Lau nneren), Knopfziehen (hier bekommt der Lauf Züge und Felder) und schließlich der Spannungsabbau liegt eindeutig

im Fokus des Unternehmens. Und Bergara ist auch Lau ieferant für namhafte andere Waffenhersteller. Gerade der letzte Schritt der Laufherstellung wird in diesem Test für die zu begutachtende Bergara B14 BMP EVO LR noch wichtig werden. Aber dazu später.

Lauf und Schaft:

Die Waffe kommt in einem Karton inklusive des mitgelieferten Zubehörs. Beim Unboxing wird bereits klar: Hier wird Kraft gefordert. Auf der heimischen Waage gewogen, sorgt die Erdanziehung für geschmeidige 6150 g. Dies ist bedingt durch den auffälligen Lauf des Typs Bull Barrel, der mit seinen 26 Zoll Länge und 28 mm Außendurchmesser einen deutlichen Anteil am Gewicht hat. Die Mündung ziert ein 5/8 -24-Laufgewinde. Inwieweit die erhoffte Präzision mit einem solchen Lauf erreicht werden kann, wird sich später auf dem Schießstand erweisen. Immerhin wird diese mit Sub-MOA angegeben, also mit einem Streukreis von weniger als 29,1 mm auf 100 Meter Entfernung. Die Verarbeitung der knapp 1,15 Meter langen Büchse ist sehr hochwertig, Grate oder Materialfehler sind nicht erkennbar und alle Bauteile passen gut in- und aneinander. Die Ober ächen sind alle gleichmäßig in Ober äche und Farbton verarbeitet. Das 38 mm in der Länge und 20 mm in der Höhe verstellbare Schaftsystem aus Aluminium ist, wie sich später zeigt, sehr fein einstellbar und eine gute Hilfe für den präzisen Schuss. Hinzu kommt, dass die Schaftkappe sich zusätzlich auch drehen lässt. Damit kann der Schütze den

Fotos: Marcus Heilscher

Halbautomat in 7,62 x 39 mm:

Mit frischen Zutaten

Mit den rumänischen Karpaten verbindet man im ersten Moment blutsaugende Vampire. Dass sich im Ort Cugir am Rande der Karpaten einer der wenigen privaten Waffenhersteller in Rumänien befindet, ist weit weniger bekannt. Seit 1994 ist es der Firmensitz von Nova Modul: Was zunächst als Zulieferer der Automobilindustrie begann, führte über Waffenteile und Magazine bis hin zur Herstellung kompletter Waffen. Seit längerem erfolgreich auf dem deutschen Markt ist das Modell RAK9, ein Pistolenkarabiner im Kaliber 9 mm Para im Look der legendären Kalaschnikow. Das neue Modell RAK 1 Tactical interpretiert die legendäre Waffe neu – aber im Ur-Kaliber 7,62 x 39 mm.

Noch ein Klon des berühmten russischen Gewehrs – das waren die Gedanken beim Öffnen der schnöden Wellpappe-Kartonverpackung. Neben der komplett im „ taktischen “ schwarz gehaltenen Waffe gab es nichts weiter im Karton zu nden. Selbst auf eine (wenn auch noch so kurze) Bedienungsanleitung wurde verzichtet. Anscheinend setzt der Hersteller die Technik und Handhabung als bekannt voraus. Allerdings ist der Klon technisch so nah am Original, dass es nichts Neues in der Bedienung gibt – wer einmal eine Kalaschnikow bedient hat, der kommt mit der einfachen Mechanik klar. Die Technik der Nova Modul RAK 1 Tactical folgt nahezu identisch dem legendären Original der ausgehenden 1940er Jahre; die Möglichkeit der vollautomatischen Schussabgabe ist bei der in Deutschland erhältlichen Version freilich nicht möglich. Das Konstruk tionsprinzip des Entwicklers Michail Timofejewitsch Kalaschnikow in Form eines Gasdruckladers mit langem Rücklauf und Drehkopfverschluss ist seitdem stetig modi ziert in geschätzt 100 Millionen Exemplaren gefertigt, kaum eine Waffe ist in den Medien präsenter als die Kalaschnikow.

Nach bewährtem Rezept:

Auch bei der neuen taktischen Version ist das Herzstück der Konstruktion ein aus Blechprägeteilen kombiniert mit gefrästen Stahlgussteilen erstelltes System. Das Gehäuse nimmt die Abzugsmechanik, das Magazin, den Verschluss sowie den Lauf auf, zudem dient es als Befestigung der Schulterstütze. Aber schon beim Deckel zur Abdeckung des Verschlusssystems fangen die Unterschiede an. Dieser ist bei der RAK 1 Tactical nicht abnehmbar, sondern durch ein Gelenk mit dem Lau ager und Visierträger verbunden. Nach dem Drücken der an der Rückseite befestigten Taste lässt sich der Deckel um rund 90 Grad aufklappen. Geöffnet gibt er den Blick auf die Technik im Systemkasten frei. Die Schließfeder fällt dabei als Erstes ins Auge, etwas vorgeschoben und ausgehakt lässt sie sich gewohnt leicht entnehmen. Danach wird der Verschlussträger mit daran befestigtem Gaskolben nach hinten gezogen und nach oben entnommen. Im Verschlussträger sitzt der eigentliche Verschluss. Nach einer unter 45 Grad liegenden Drehbewegung trennen sich Verschlusskopf und -Träger: Bekannte Kalaschnikow-Technik, die keine tiefer gehende Erläuterung benötigt und schon zigfach beschrieben wurde.

Beim Blick in den Systemkasten zeigt sich die charakteristische Abzugsmechanik mit der ebenso charakteristischen kombinierten Abzugs- und Schlagfeder aus gewickeltem Federdraht. Rechtsseitig am Gehäuse ndet sich der ursprünglich als „ Schalthebel “ bezeichnete kombinierte Umsteller zur Auswahl von Serien- und Einzelfeuer, der aber auch die Funktion des Sicherns übernimmt. Da ein Abgeben von vollautomatischen Schussserien beim vorliegenden Modell nicht möglich ist, gibt’s lediglich zwei Stellungen des

Modell: Nova Modul RAK 1 Tactical

Preis: € 1458,-

Kaliber: 7,62 x 39 mm

Kapazität: 10 +1 Patronen

Gesamtlänge: 895 – 955 mm

Lau änge: 415 mm

Visierlänge: 380 mm

Abzugsgewicht: ca. 3000 g

Gewicht: 3500 g

Ausstattung: Gasdrucklader, Blechprägegehäuse, Gehäusedeckel mit Scharnier und Picatinny-Schiene, verstellbarer Hinterschaft

Fotos: Mike Hammer

Weihrauch HW 66 HM:

Klein und rasant

Die Firma Weihrauch erweitert ihre Jagdgewehrreihe HW 66 um die Version HM – ein besonderes Detail der Testbüchse: das Kaliber .17 Hornet. Was die Waffe damit leistet, wissen Sie nach Lektüre dieses Testberichtes.

Die Jagd auf Raubzeug ist traditionell eine Domäne kleiner und „schneller“ Kaliber im Bereich von 5,6 mm und darunter. Seit einigen Jahren finden sich da zunehmend Patronen in der Kalibergruppe .17 respektive 4,38 mm. Auch der Jagdwaffenhersteller Weihrauch aus dem unterfränkischen Mellrichstadt bietet Büchsen dieser Kalibergruppe auf Basis des bewährten Modells HW 66. VISIER stand die neu entwickelte Variante HW 66 HM im Kaliber .17 Hornet für einen ausgiebigen Test im Revier und auf dem Schießstand zur Verfügung.

Der Zusatz „HM“ für „Hunting Match“ zeigt die gedachten Verwendungsmöglichkeiten: das (jagdsportliche) Scheibenschießen und die Jagd. Auf den ersten Blick fällt der ansprechend dunkel gefärbte Schichtholzschaft mit Daumenloch auf, versehen mit einer werk-

zeuglos höhenverstellbaren Backe und via Innensechskantschraube verstellbarer Gummischaftkappe. Die Grifffl ächen am Vorderschaft und am gerade angesetzten Pistolengriff sind griffig punziert und ansprechend strukturiert. Der Schaft ist sehr sauber geschliffen und seidenmatt behandelt, scharfe Kanten oder gar Splinter finden sich an keiner Stelle. Das Gefühl nach dem ersten Anschlagen: Das passt! Zum Verstellen der Backe drückt man links eine Taste ein, danach lässt sich die Backe nahezu stufenlos um bis zu zirka 25 mm erhöhen. Zwei Führungsstifte verhindern dabei ein Verkanten und erhöhen die Stabilität der ausgezogenen Backe. Nach dem Lösen ihrer zentral eingesetzten Schraube lässt sich die Schaftkappe in einem weiten Bereich nach oben und unten stufenlos verstellen, zudem ist sie seitlich schwenkbar.

Abgerundet wird der Schaft mit zwei abnehmbaren Riemenbügeln. Eingesetzt in den Schaft ist das altbekannte HW 66-System, verwendet in diversen Modellversionen.

Das im Querschnitt runde System nimmt unten Magazinschacht und Abzug auf, zusammengefasst in einer Einheit und aus Stahl gefertigt. Beim Abzug bietet Weihrauch drei Optionen: einstellbarer Druckpunktabzug, Direktabzug 600 /1400 g oder klassischer deutscher Stecher. Der Prüfling kam mit Druckpunktabzug – aus Testersicht die bessere Wahl für eine Sport- und Jagdbüchse. Nach Erreichen des Druckpunktes lag hier das mittels Federwaage ermittelte Abzugsgewicht bei rund 250 g – nein, kein Kriechen nach dem Druckpunkt. Abzugsgewicht wie Druckpunkt lassen sich von außen durch eine Schraube verstellen. Das Prädikat

„Match-Abzug“ ist nicht übertrieben. Denn selten hatten die Tester auf einer Waffe dieser Art den Finger an einem besseren Abzug. Im System eingeschraubt ist der samt Patronenlager 560 mm lange Lauf, der Durchmesser an der Wurzel beträgt 22 mm, konisch zulaufend auf 16 mm an der Mündung. Eine optische Prüfung der Laufseele musste entfallen: Wegen der kleinen Laufbohrung von rund 4,4 mm passte das sonst zu diesem Zweck eingesetzte Endoskop nicht. Beim Durchsehen zeigte sich das Laufinnere spiegelblank, laut Hersteller gefertigt aus Spezial-Laufstahl und mit einer Dralllänge von

191 mm versehen. Die Mündung hat ein ½ UNF-Gewinde, abgedeckt durch eine gerändelte Mutter. Die Testwaffe kam ohne offene Visierung, gegen Aufpreis gibt’s aber Perlkorn und Klappvisier.

Beim Verschluss findet sich bewährte Technik, die Verriegelung im System erfolgt durch den Ansatz der Kammerstängelwurzel sowie einer gegenüberliegenden Warze. Die Kammer stängelkugel ist angeschmiedet und leicht oval ausgeformt. Der Stoßboden ist zurückgesetzt, links am Verschlusskopf sitzt der gefedert eingesetzte Auszieher. Im

gespannten Zustand tritt hinten am Verschluss der rot eingefärbte Schlagbolzen sicht- und fühlbar hervor. Eine Klinke links an der Systemhülse erlaubt es, den Verschluss zu entnehmen. In den Kammerstängel eingesetzt ist eine gefederte Rastnase zur Fixierung des Verschlusses im geschlossenen Zustand. Rechts an der Systemhülse findet sich in Schussrichtung vor dem Kammerstängel die Schiebesicherung. Vorgeschoben heißt: „entsichert und schussbereit“, zu erkennen an einem roten Punkt. Nach hinten geschoben zeigt sich ein weißer Punkt, dann ist der Abzug blockiert. Die

Hinter dem Kammergriff sitzt die Sicherung. Hinten zeigt der rote Punkt den gespannten Schlagbolzen.
Am Schichtholzlochschaft der HW 66 HM lassen sich das Wangenstück sowie die Schaftkappe verstellen.
Old School, aber gerade deswegen gut: Das Einsteckmagazin besteht aus Blech, nicht aus Kunststoff.
Fotos: Mike Hammer

Einschießhilfe

neu gedacht:

Flexibler als so mancher Schütze vor dem ersten Kaffee: Die Einschießhilfe von Manfred Dehnen zeigt, wie praxisnah Präzision sein kann – ein Erfahrungsbericht.

Sei es zur Feinjustierung der Visierung, zum Abgleich verschiedener Laborierungen oder einfach zum Kontrollschuss – wer regelmäßig Waffen einschießt, der weiß: Eine zuverlässige Einschießhilfe ist unverzichtbar. In der Praxis zeigen sich aber rasch Grenzen: Viele handelsübliche Modelle sind zu starr, zu unfl exibel oder schlichtweg nicht universell genug. Genau da setzt die Eigenentwicklung des erfahrenen Sportschützen und Tüftlers Manfred Dehnen aus Essen an: Eine praxisorientierte Lösung für den SchießstandAlltag, bei der der Mensch ebenso im Mittelpunkt steht wie die Technik.

Vielfältig statt Einheitsbrei: Moderne Waffenplattformen verlangen mehr Einstellmöglichkeiten als noch vor wenigen Jahren. Unterschiedliche Kaliber, wechselnde Optiken, variierende Laborierungen oder Zusatzkomponenten wie Schalldämpfer und Mündungs-

Flexibilität meets Präzision

bremsen – all das soll sich unter reproduzierbaren Bedingungen abbilden lassen. Viele Standardauflagen sind jedoch für einen engen Einsatzzweck ausgelegt: Sie dienen entweder dem Einschießen von Kurzwaffen oder sind für Gewehre konzipiert. In puncto Ergonomie bleiben sie meistens hinter den Bedürfnissen zurück, sobald größere Schützen, Linkshänder oder wechselnde Anschlagpositionen ins Spiel kommen.

Einschießen

Vom Frust zur Umsetzung:

Der Gedanke, eine eigene Einschießhilfe zu entwickeln, entstand aus diesem Frust heraus: Nachdem diverse Systeme nach wenigen Einsätzen an ihre Grenzen stießen, war die Aufgabe klar umrissen. Innerhalb weniger Tage wurden erste Skizzen gefertigt, ein Prototyp gefertigt und auf Herz und Nieren getestet. Das Ergebnis:

Manfred Dehnens Einschießhilfe: Ein auf vier einstellbaren Füßen ruhendes Rohr, an dem die voll justierbaren Waffenaufnahmen in der Höhe veränderbar befestigt sind.

Manfred Dehnen beim Einrichten einer Waffe. Mit wenigen Handgriffen befindet sich zum Einschießen alles in Position.

eine teilmodulare Konstruktion, die sowohl Pistolen und Revolver als auch Langwaffen spannungsfrei und reproduzierbar aufnimmt.

– Flexible Höhe:

Stufenlose Höhenverstellung der gesamten Aufnahme, insgesamt gibt es eine Höhenjustierung von 44 cm. Damit ist bereits für die meisten Anschlagarten und Waffen ein breites Spektrum abgedeckt. Wer mehr benötigt, für den kann das Hauptrohr beliebig lang gestaltet werden. Dabei wird der Durchmesser des Standfußes auch größer, um Standfestigkeit zu erhalten.

– Vorderer Auflagepunkt: Er ist um 9 cm in der Höhe verstellbar. Dies erfolgt stufenlos mittels Federn und Flügelschrauben zur Arretierung, damit auch Waffen unterschiedlicher Konstruktionen und Griffhöhen sicher und ruhig aufliegen können. Zum Schutz der Waffenoberfläche ist die vordere Mulde mit Leder ausgeschlagen.

VISIER-Autor Frank Stock (l.) im Gespräch mit Manfred Dehnen zu seiner Erfindung.

Die Waffe (hier S & W Target Champion) liegt auch ohne die haltende Schützenhand stabil und sicher in der Einschießhilfe.
Fotos: Jessica und FrankStock, Udo Weber

Büchsenmachermeister Tristan Mannsberger in seiner gut 180 m² großen und vielseitig ausgestatteten Werkstatt. Den Schritt in die Selbständigkeit wagte er früh – mit 18 Jahren.

Tristan Mannsberger von der MWM Mannsberger Waffen Manufaktur:

„Es ist ein Privileg“

Es gibt sie noch, die schönen Geschichten – hie r ist eine davon: Mit gerade mal 20 Jahren im Besitz des Meistertitels, ist er nun voller Enthusiasmus in der eigenen Werkstatt tätig. VISIER besuchte Österreichs wohl jüngsten Büchsenmachermeister an seiner Wirkungsstätte.

Woran denken Sie zuerst, wenn Sie den Namen Tristan hören? An die Oper „Tristan und Isolde“ von Richard Wagner? An Tristan Thompson, den Center-Forward der amerikanischen Basketballmannschaft Cleveland Cavaliers? In meinem Kopf erscheint sofort der junge Brad Pitt, wie er im Film „Legenden der Leidenschaft “ als Tristan Ludlow wild und ungezügelt, furchtlos und impulsiv über die Leinwand flimmert. Ich will keinen Druck aufbauen, aber meine Erwartungshaltung an jemanden mit diesem Namen ist hoch. Gibt man den Namen in eine Suchmaschine ein, erfährt man, dass er wohl keltischen Ursprung hat und im übertragenen Sinne „waffentragender Mann“, „Waffenlärm“ respektive „Waffengeklirre“ oder „Krieger“ bedeutet. Wie die Faust aufs Auge, möchte man meinen, denn der (junge wilde) Tristan, den wir im niederösterreichischen Wöllersdorf-Steinabrückl treffen sollten, ist Büchsenmachermeister.

Der 20-jährige Österreicher Tristan Mannsberger steht selbstbewusst in seiner etwa 180 m² großen Werkstatt und scheint zufrieden mit dem, was er bis jetzt erreicht hat. „Das ist mein Reich. Wenn ich morgens aufwache, dann freue ich mich, dass ich hier wieder herfahren darf. Ich arbeite gern und viel.“ Das muss

er auch, denn sein jugendliches Aussehen verleitet leicht dazu, ihn weniger ernst zu nehmen und seine Kompetenz in Frage zu stellen. Dieser Zustand dauert allerdings maximal drei Minuten, denn durch sein offenes Auftreten nimmt er jedem Zweifler den Wind aus den Segeln. Er überzeugt durch sein handwerkliches Können, seine Art, während des Arbeitens die einzelnen Schritte zu erklären.

Natürlich stellt sich die Frage, wie man in so jungen Jahren darauf verfällt, sich für den Beruf des Büchsenmachers zu entscheiden. Für Mannsberger eine ganz logische Konsequenz. Sein Vater, Berufssoldat und Jäger, schult ihn schon früh im sicheren Umgang mit Waffen. Vor allem die Technik und die Funktionsweise interessieren Tristan Mannsberger massiv. Er richtet sich im Keller eine kleine Werkstatt ein, fummelt und feilt seit dem mit wachsender und bis heute anhaltender Begeisterung. Mit 14 Jahren verlässt er die Schule und wechselt auf die HTBLVA Fachschule in Ferlach. Er entscheidet sich für den klassischen Zweig des Büchsenmachers, der zu etwa 70 Prozent aus Werkstattarbeit und -ausbildung und aus 30 Prozent Theorie beziehungsweise Schule besteht. Beim Zweig Waffentechnik ist das Verhältnis Werkstatt zu Schule genau gegensätzlich. Das erste Jahr verbringt Mannsberger im

Mannsberger prüft den Verschlussabstand einer Strasser RS700 Custom Carbon und verschraubt das System auf einen Proof Research Carbon Lauf in 6,5 Creedmoor. Den Recoil Lug baut er selbst.

VISIER.
Fotos: Carola Rathjens

Sickinger Cup – IPSC im Hausruck:

Alles ganz schnell

Österreich bietet den IPSC-Anhängern mit dem Sickinger Cup ein für seine schnellen Stages weithin bekanntes dynamisches Match – hier der Bericht von dem diesjährigen Wettkampf.

Der Eingang zur Range beim Sickinger Cup in Ottnang.

Hören literarisch Interessierte die Ortsangabe „Ottnang im Hausruck“, denken sie an das als „Quirchtenhaus“ bekannte Anwesen, in dem zeitweilig der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard wohnte. Fans des IPSC-Schießsports hingegen haben den Sickinger Cup vor Augen: Das ist ein IPSC Handgun Match, Level III, das alljährlich zu Anfang August vom in Ottnang ansässigen SCC Sickinger ausgerichtet wird. Dieser Wettkampf im Alpenvorland Österreichs gilt längst als Kult bei Schützen aus dem DACH-Raum, also aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Fragt sich, warum das so ist. Also vorab die Teilnahmegebühr von 80 Euro berappt, hingefahren und mitgemacht.

Und schon gleich überzeugten Konzept und Aufbau: Die Registrierung erfolgt

unbürokratisch- x, die Brie ngs sind klar und verständlich und bei alldem schaffen es die Verantwortlichen, für ausreichend Vorbereitungszeit zu sorgen. Wie von den Veteranen des Matches zu hören, ist die Stimmung beim Sickinger Cup stets sehr gut, die Range Of cers (ROs, Schießaufsichten) gelten als landestypisch entspannt und kameradschaftlich. In Ottnang gibt es zwölf phantasievolle, üssig zu schießende Parcous-Abschnitte („Stages“ ), in kleinen, sechs Personen zählenden „Squads“ (Schützenrotten) innerhalb von 3,5 bis 4 Stunden zu erledigen. Dabei geht alles ganz schnell: Hat man eine Übung geschossen, bleibt gerade noch Zeit, wieder aufzumunitionieren und sich für die nächste Übung vorzubereiten. Auf den sechs Ständen schießt man je zwei Übungen hintereinander, wobei vier volle Magazine ausreichen. Der Spaßfaktor

Ein Schütze wartet an Stage 7 innerhalb der rot markierten Begrenzungslinie ( „Fault Line“ ) von Stage 7 auf das ...

Der Auftrag: Erst per Schusshand ein Pendelziel auslösen, dann die geholsterte Waffe ziehen, zielen und schießen.

steigert sich noch dadurch, dass man in Ottnang im Freien schießt und nicht etwa in einem Keller oder einem umbauten Raum. Trotzdem gibt’s auch bei Regen kein Waten im Schlamm und keine nassen Füße. Denn mit Blick aufs Wetter ist in den Parcours alles gekiest, wo sich die Teilnehmer bewegen müssen. Zur guten Stimmung gehört auch das leibliche Wohl – da passt ebenfalls alles: Bereits ab dem späten Vormittag liegt erstes Grillgut auf dem Rost, so dass niemand Hunger leiden muss.

Freilich gilt es, zuvor eine kleine Hürde zu überwinden: Man muss erst mal hin nden. Der einfache Teil ist die Fahrt über Autobahn und Landstraße, zirka 2,5 Stunden von München aus. In Ottnang geht es dann über schmale Straßen und sanfte Hügel zur Spitze einer Kuppe quer über

... Startsignal: Ist das erfolgt, dann kommt die Pistole ins Freie und der Teilnehmer nimmt die Ziele unter Feuer.

Alles unter Zeitdruck: Mit schnellem Schritt ins – richtige – Ziel und weiter. Die roten Latten markieren die Fault Lines.

Fotos: Erwin Hendel

Lothar Walther (1899-1983) Firmengründer und erfolgreicher Pistolenschütze.

Lothar Walther einst und heute:

Der Familienname Walther, stets mit „th“ geschrieben,hat in der internationalen Welt der Waffen einen ganz besonderen Klang. Es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass das vor allem auf Carl Wilhelm Freund Walther zurückzuführen ist. Der 1858 in Zella-St. Blasii in Thüringen geborene Büchsenmacher stammte bereits aus einer Familie mit Waffenherstellungstradition. Und so gründete er 1886 mit gerade 28 Jahren sein eigenes kleines Unternehmen, das ein Jahrhundert später weltweit für seine exzellenten Sport-, Jagd- und Verteidigungswaffen bekannt sein würde.

Carl Walther und seine Frau Minna zogen fünf Söhne auf: Fritz, Georg, Wilhelm, Erich und Lothar als Jüngster, von dem auch diese Geschichte handeln wird. Während Fritz Walther als ältester Sohn nach dem plötzlichen Tod des Firmengründers 1915 die Firma übernahm und sie nach und nach auf die Produktion der populärer werdenden Selbstladepistolen umstellte, erlernte der am 3. Mai 1899 geborene Lothar zunächst das Werkzeugmacherhandwerk im elterlichen Betrieb. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Flugmechaniker auf einer Flugzeugwerft der Kaiserlichen Luftwaffe. Danach nahm er ein Ingenieurstudium am Technikum in Hildburghausen und Frankenhausen auf, das heute einer Fachhochschule entsprechen würde.

Lebens-Läufe

Lothar Walther ist der Grund, warum Waffenkenner heute beim Nennen der Firma Walther stets das unterscheidende „Carl“ davorstellen: Der jüngste Sohn des Waffenherstellers Carl Walther gründete vor 100 Jahren sein eigenes Unternehmen zur Laufherstellung, das ebenfalls Weltruhm erlangte.

Wieder in den elterlichen Betrieb zurückgekehrt, konnte Lothar dort seine fachlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten weiter vertiefen. Dennoch blieb dort für den jüngsten Sohn kein Platz für eine verantwortungsvolle Stelle im Familienunternehmen. Auf Initiative seiner älteren Brüder erhielt er daher seinen erblichen Anteil ausgezahlt. Die ihm zugesprochene, bescheidene Abfindung verlor infolge der Infl ation ihren gesamten Wert. Im Jahre 1920 entschloss er sich daher zu einem längeren Aufenthalt in Übersee. Die Reise ging von Hamburg nach La Coruña in Spanien, von dort mit dem Dampfschiff „ Danzig “ nach Buenos Aires in Argentinien. Dort arbeitete er als Motorenmechaniker in einer Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt. Die nächste Station dieser abenteuerlichen Reise wa-

Das Unternehmen Lothar Walther aus Königsbronn bietet heute die weltweit größte Lauf-Bandbreite an Kalibern, Sonderanfertigungen und Rohware für Lang- und Kurzwaffen.

ren die Erdölfelder Südamerikas. In Comodoro Rivadavia am Golf von San Jorge lernte er die raue Welt der Erdölförderung und Verarbeitung kennen. Mit vielen neuen Erfahrungen und Eindrücken aus dieser zur damaligen Zeit so fremden Welt kehrte Lothar Walther 1921 in seine deutsche Heimat zurück. Seine Kenntnisse aus der Mechanik und die Vorbildung im Waffenbau wollte er kombinieren. Und so wagte er am 1. Mai 1925 den Sprung in die Selbstständigkeit. Das immer erfolgreicher werdende Unternehmen seiner Familie war inzwischen in ein neues Fabrikgebäude umgezogen. Im alten Elternhaus und den angrenzenden, ungenutzten Werkstatträumen gründete er die Firma „ LOTHAR WALTHER Werkzeug- und

Waffenfabrik “. Von Beginn an konzentrierte er sich auf die Herstellung von Läufen, denn deren Präzision und Haltbarkeit waren wesentliche Elemente einer guten Schusswaffe. Das kannte er auch aus eigener Praxis: Als erfolgreicher Sportschütze mit der Gebrauchspistole und der Olympischen Schnellfeuerpistole gehörte er in den 1930er und 1940er Jahren lange Zeit der deutschen Pistolen-Nationalmannschaft an, gewann deutsche Einzelund Mannschaftsmeisterschaften, die Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften 1927 und er nahm an vielen Länderkämpfen teil.

In der Firma wurde er intensiv durch seine Ehefrau Gerda (geborene Triebel) un-

Ausstellungen auf Fach- und Behördenmessen wie hier der EnforceTac zeigen die veränderte Nachfrage nach Läufen.

terstützt, die er 1926 geheiratet hatte und mit der er fünf Kinder aufziehen sollte. Lothar Walther entwickelte über viele Jahre hinweg die spanlose Laufzieherei, also das Kaltfließpressverfahren – eine Technik, die den bis dahin üblichen spanabhebenden Methoden deutlich überlegen war. Bei diesem innovativen Verfahren werden Züge und Felder des Laufes in einem einzigen Arbeitsgang mithilfe eines Kaltfließpresswerkzeugs ohne Materialabtrag geformt. Dadurch entsteht im besonders beanspruchten Innenbereich des Laufes eine wesentlich höhere Festigkeit als im ursprünglichen Werkstoff, während die Festigkeit des übrigen Laufes unverändert bleibt. Dieses Wissen brachte den Läufen von Lothar Walther,

Klaus Walther (1946-2023) führte das Unternehmen seines Vaters weiter.

Fotos: Lothar Walther, VISIER-Archiv

Die MP 38 (L) aus Aluminium:

Erleichterung Marsch-

Die MP 38 (L) mit der Seriennummer V3013 und der aufgemalten Prager

Inventar-Nr. V-1238: Die Waffe fasst Magazine für 32 Patronen in 9 mm Para, wiegt 3,3 kg und misst 847 / 626 mm (Schulterstütze auf / zu). Ihr Lauf misst 250 mm und hat sechs Züge mit Rechtsdrall.

Vom Start weg galt die MP 38 als zukunftsweisend – was nicht heißt, dass die Konstrukteure sich nicht um Vereinfachungen und Fertigungsalternativen bemüht hätten. Ein Ergebnis davon war die MP 38 (L), um deren Geschichte es im Folgenden geht.

überlegene Maschinenpistolen führten.

1938 wurde der neue Entwurf of ziell als MP 38 eingeführt. Zukunftsweisend und technisch überlegen, aber zu Ende entwickelt? Auf die Frage antwortete auch damals jeder Konstrukteur mit Ehre im Leib entschieden mit „Nein“. Folglich befassten sich die Erma-Leute sofort damit, wie sich die gerade zur Serienreife gebrachte MP wohl vereinfachen ließe. Doch nun alles der Reihe nach.

ls die Wehrmacht im Spätsommer 1939 völkerrechtswidrig in Polen einmarschierte, el auch auf, dass einige deutsche Soldaten neue und überlegene Maschinenpistolen führten. Dieser Waffentyp aber war nicht mit einem Mal entstanden, sondern bildete das Ergebnis vieler, seit Beginn der 1920er Jahre erfolgter Entwicklungsschritte. All das geschah unter Beteiligung von Technikern wie Heinrich Vollmer und Bernhard Geipel, letztgenannter Chef der Erfurter Maschinenfabrik (Erma). Und nachdem diese Anfang 1938 vom Heereswaffenamt den Auftrag für eine neue Maschinenpistole erhalten hatte, konnte sie die vorhandene Eigenentwicklung EMP 36 in knapp sieben Monaten überarbeiten. Schon am 29. Juni

Bestand bei der EMP 36 die Verkleidung des Gehäuseunterteils noch komplett aus Holz, so fand sich bei der MP 38 das viel leichtere Bakelit. Dieser vollsynthetische Kunststoff war zu dieser Zeit noch ein recht neues Material im Waffenbau. Dabei wich der starre Kolben einer klappbaren Schulterstütze, auch

Der Abzugsbügel ist mit dem Gehäuseunterteil in einem Stück gegossen.

Sie sollte ersetzt werden: Die MP 38, hier in den Händen zweier deutscher Soldaten.

Im Gegensatz zur MP 38 greifen die Gehäusehälften der MP 38 (L) beim Zusammensetzen ineinander.

Fotos: Armeemuseum
Prag, Michael Heidler, Archiv

Vetterli-Repetierer:

Wegbereiter

Die Schweiz mit ihrer Milizarmee war weltweit der erste Staat, der ein Repetiergewehr als Bewaffnung für die Armee einführte, also vom Perkussionsgewehr direkt zum Repetierer überging und die Etappe der Einzellader übersprang: Hier Informationen zu Geschichte, Varianten und dazu, wie sich diese Gewehre wieder aktivieren lassen.

Anno 1866 führte das Schweizer Militär eine Reihe von Versuchen durch, um Leitlinien für ein künftiges Infanteriegewehr festzulegen. An den Tests beteiligte sich auch die USFirma Winchester. Im Oktober 1866 wartete sie in Aarau mit einem eigens entwickelten und rmenintern als „New Model“ bekannten Gewehr auf. Und das erzeugte Begeisterung: Die mit Röhrenmagazin, Unterhebel-Repetiermechanik ( „Lever Action“ ) und einem neuen eisernen Systemkasten ausgestatteten USStücke waren präzise und boten die höchste Feuergeschwindigkeit aller getesteten Waffen. Flugs gab es die Idee, die Schweizer Armee mit Winchesters zu bewaffnen. Es kam aber nicht dazu. Unter anderem machten „nationalistischer Eifer und wachsende Unzufriedenheit innerhalb des Schweizer Parlaments“ das

Er erfand die Vetterli-Repetierer: Der Büchsen macher, Konstrukteur und Industrielle Johann Friedrich Vetterli (1822–82).

Fotos: Marcus Heilscher, Wolfgang Finze, Archiv

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