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KORRUPT i ON , KOLON i AL i S m US UND B AD G Ov ERNANCE
Korruption ist ein komplexes Phänomen mit vielfältigen Ursachen und Einflussfaktoren. Ein vergleich der Korruption in Westeuropa und Westafrika ist aufgrund einer vielzahl von Faktoren schwierig. Bad Governance gilt als Ursache für zahlreiche Aspekte der Korruption, bei denen Bestechlichkeit oder Abschöpfung nur eine der offen liegenden Symptomatiken ist. Die Form der Bestechlichkeit folgt nicht zwangsläufig einem der Korruption inhärenten Prinzip, nämlich Korruption als Umverteilung von unten nach oben. in vielen Fällen der Korruption in Regionen mit schlechten Governance-Strukturen, die sich oftmals im globalen Süden befinden, beobachtet man aber nicht nur eine Umverteilung von unten nach oben (Beispiel korrupte Eliten), sondern eine auf wirtschaftlicher Not basierende Ausnutzung der Position oder des Amts. Hiermit soll nicht der Aspekt der Korruption relativiert werden, sondern die Ursachen hierfür: nämlich schlecht bzw. nicht vorhandene Governance Strukturen.
Kolonialismus und Bad Governance sind eng miteinander verknüpft. Beim Kolonialismus ging es oft um die Ausbeutung und Beherrschung eines Landes oder Gebiets durch eine fremde macht. Die Kolonialmacht zog Ressourcen und Reichtum aus dem kolonisierten Land ab und ließ die lokale Bevölkerung oft verarmt und schutzlos zurück. in einem solchen Kontext kann Korruption gedeihen. Kolonialbeamte und lokale Eliten, die mit ihnen zusammenarbeiten, können ihre macht und ihren Einfluss nutzen, um sich selbst zusätzlichen Reichtum zu verschaffen, oft auf Kosten der lokalen Bevölkerung. Sie können sich an Bestechung, veruntreuung und anderen Formen der Korruption beteiligen, um sich auf Kosten der menschen zu bereichern, denen sie eigentlich dienen sollten. Darüber hinaus hat der Kolonialismus häufig die bestehenden Systeme der Staatsführung und der Rechenschaftspflicht gestört, sodass Korruption leichter Fuß fassen konnte. Traditionelle Kontrollmechanismen wurden geschwächt oder zerstört, und neue Systeme, die von den Kolonialmächten eingeführt wurden, dienten möglicherweise eher ihren interessen als denen der lokalen Bevölkerung.
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„Ältere, und zum Zeitalter des Kolonialismus durchaus bestehende Macht und Herrschaftsstrukturen wurden oftmals komplett zerstört. In einigen Fällen wurden lokale Herrscher durch Vasallentum und Versprechen von Ausdehnung ihrer Macht über andere Gebiete korrumpiert, was Nepotismus und das Entstehen von fragwürdigen Eliten förderte und eine organische gesellschaftliche Entwicklung nachhaltig schädigte.“
DDie Etablierung der Herrschaftsstrukturen durch die Kolonisierung begünstigte Faktoren, die in anderen nicht kolonisierten Regionen die soziale und wirtschaftliche Entwicklung beschleunigten. Gemeint sind hier unter anderem eine rasche Verstädterung und eine Region und rurale Gegenden verbindende Infrastruktur in westeuropäischen und nordamerikanischen Staaten. Dies unterstreicht ein weiteres Mal die Interdependenz dieser geografischen und kulturellen Faktoren. So beförderte beispielsweise die Vegetation tropischer Regionen mit niedrig gelegenem Ackerland den effizienten und effektiven Anbau und Handel verschiedener agrarischer Produkte. Hierbei wurde in der Vergangenheit oft auf Monokulturen gesetzt. Die so entstehenden (Herrschafts)-Strukturen der Kolonisatoren, die auf großen Ländereien in relativem Landreichtum lebten, festigten den wirtschaftlichen Erfolg der Imperien und führten wechselseitig dazu, dass die herrschenden Eliten keine Notwendigkeit sahen, große städtische Gebiete zu erschließen, um somit den infrastrukturellen Grundstein zur Urbanisierung zu legen. Verstärkt wurde diese Hemmung der Entwicklung zusätzlich durch Handelsbarrieren wie Zölle oder das Verbot von Manufakturen und
Fabriken in den Kolonien. Ähnliche Entwicklung führten in Ressourcen oder mineralienreichen Regionen auf dem afrikanischen Kontinent dazu, dass oftmals ausschließlich eine Infrastruktur geschaffen wurde, die Abbaustätten mit meist am Meer gelegene Handelspunkten verband. Sowohl in ressourcenreichen Regionen Lateinamerikas und der Karibik, aber auch in Asien und Afrika führte dies zu einer stark Export orientierten Wirtschaft, deren Export-Abhängigkeit von wenigen Produkten noch bis heute nachhallt. Das verstärkte Setzen auf Monokulturen in der Agrarproduktion und der reine Abbau von Rohstoffen meist ohne Weiterverarbeitungsschritte und die Verlegung der Veredelungsprozesse oder weiteren Arbeitsschritte haben die wirtschaftliche Entwicklung und das Ausbilden entsprechender Institutionen und Kontrollinstanzen weiter verschärft und verstärken bis heute weiterhin Abhängigkeiten und wirtschaftliche Dominanz nicht nur der ehemaligen Imperien, sondern auch leitender wirtschaftlicher Akteure.
Urbanisierung
Die Verstädterung, die im globalen Norden ein zeitlich wesentlich längerfristiger Prozess war, setzte beispielsweise in vielen lateinamerikanischen Staaten erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, schritt dann aber oftmals schnell und vielerorts ohne vorausschauende Planung voran. Ähnlich verhielt es sich in einigen Regionen Subsaharaafrikas, deren Staaten teilweise erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihr Unabhängigkeit erlangten. Die Verstädterung kann zwar zu Wirtschaftswachstum und Entwicklung führen, aber auch zu einer Konzentration von Reichtum und Macht in den städtischen Zentren, sodass ländliche Gebiete und stadtnahe Gebiete zurückbleiben. In vielen Fällen hat die rasche Verstädterung zur Entstehung von informellen Siedlungen oder Slums geführt, die durch schlechte Lebensbedingungen, unzureichende Infrastruktur und eingeschränkten Zugang zu Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung und sauberem Wasser gekennzeichnet sind. Dies kann Armut und Ungleichheit verschärfen, indem es die wirtschaftlichen Aufstiegsmöglichkeiten einschränkt und gesundheitliche und soziale Probleme verschlimmert.