Eckpunkte für ein Gesetz zur Änderung des TKG und zur Verbesserung der telekommunikationsrechtlichen

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STELLUNGNAHME | DIGITALPOLITIK | DIGITALE INFRASTRUKTUR

Eckpunkte für ein Gesetz zur Änderung des TKG und zur Verbesserung der telekommunikationsrechtlichen

Rahmenbedingungen für den TK-Netzausbau

Stellungnahme der deutschen Industrie im Rahmen der Verbändebeteiligung

Executive Summary

29. August 2025

Die deutsche Industrie begrüßt ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) den Ausbau von Telekommunikationsinfrastrukturen durch die zügige Umsetzung der Anforderungen des Gigabit Infrastructure Acts verbessern will. Durch das Gesetz zur Änderung des TKG und zur Verbesserung der telekommunikationsrechtlichen Rahmenbedingungen für den TK-Netzausbau muss gelingen, den TK-Netzausbau zu beschleunigen und dadurch Wirtschaft und Gesellschaft schneller mit leistungsfähiger digitaler Infrastruktur flächendeckend zu versorgen. Die Genehmigung eines Mobilfunkmastes dauert in Deutschland aktuell im Durchschnitt 19 Monate. Damit der Gigabitausbau nicht länger durch langwierige und nicht-digitalisierte Verwaltungsverfahren ausgebremst wird, braucht es neben effizienteren Verfahren eine konsequente Digitalisierung von infrastrukturbezogenem Verwaltungshandeln. Der unlängst getroffene Beschluss, dem TK-Netzausbau das überragende öffentliche Interesse zuzuschreiben, war ein wichtiger Schritt. Die in den Eckpunkten für das TKG-Änderungsgesetz enthaltenen Vorschläge zur weiteren Verfahrensvereinfachung im Genehmigungsrecht, zu weiteren Ausbaubeschleunigungshebeln sowie die grundsätzliche Zielrichtung eines technologieneutralen, wettbewerblichen Ausbaus begrüßen wir ausdrücklich.

Damit das nächste TKG-Änderungsgesetz den Netzausbau wirksam beschleunigt, schlägt die deutsche Industrie folgende Maßnahmen vor:

Umsetzung des Gigabit Infrastructure Acts (GIA)

Die deutsche Industrie begrüßt, dass die Bundesregierung zügig die Harmonisierungsbestrebungen des Gigabit Infrastructure Acts (GIA) durch eine Anpassung des TKG unterstützt. Ein europaweit abgestimmter Rechtsrahmen unterstützt die Beschleunigung des Netzausbaus. Daher ist es zwingend angezeigt, dass der deutsche Gesetzgeber nationale Verschärfungen zulasten der investierenden TKUnternehmen, die über die Anforderungen des GIA hinausgehen, vermeidet. Zusätzliche Belastungen für den Netzausbau (z.B. im Bereich Ausstattungspflicht, Datentransparenz oder technische Ausführungsregeln) sollten nur eingeführt werden, wenn sie im Einzelfall zwingend erforderlich und zumutbar sind. Es bedarf stets einer Abwägung der Interessen der Telekommunikationsnetzbetreiber, der Immobilienwirtschaft, der Bauindustrie sowie der gewerblichen wie privaten Endnutzer.

Der im GIA vorgesehene Erlass verbindlicher Normen oder Spezifikationen, der durch eine Allgemeinverfügung umgesetzt werden soll, muss den Rahmen der vorhandenen Normen abbilden und auf diese verweisen. Eine zu detaillierte, starre technische Vorgabe würde den bewährten Prozess der

Normungsbildung untergraben sowie die Möglichkeiten und Anreize für Weiterentwicklungen und Innovationen verhindern.

Zudem sieht der GIA in Art. 8 Abs. 1 eine Genehmigungsfiktion für Mobilfunkmasten vor. In den Eckpunkten des BMDS wird diese Regelung bislang nicht aufgegriffen. Angesichts der bislang nur langsam und unzureichend umgesetzten Maßnahmen des „Bund-Länder-Paktes für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ aus dem Jahr 2023 wäre es sinnvoll, eine Genehmigungsfiktion inklusive einer Vollständigkeitsfiktion in § 150 TKG zu verankern, um auf Bundesebene eine einheitliche Regelung zu schaffen.

Take-up-Rate erhöhen

Weniger als einer von vier Haushalten nutzt aktuell verfügbare Glasfaser-Anschlüsse. Die Information über Ausbauvorhaben vor Ort darf daher nicht erschwert werden, etwa durch eine Einschränkung des Haustürvertriebs Kommunikative Maßnahmen müssen vielmehr idealerweise durch Entscheidungsträger vor Ort unterstützt werden. Die konsequente Erhöhung der Take-up-Rate ist notwendig, damit sich der privatwirtschaftliche Ausbau refinanziert.

Errichtung gebäudeinterner Glasfaserinfrastruktur durch Gebäudeeigentümer –Glasfaserbereitstellungsentgelt

Die vorgeschlagene Erhöhung des maximal umlagefähigen Glasfaserbereitstellungsentgelts (§72 TKG) von derzeit 540 € auf künftig 960 € brutto pro Wohneinheit (§72 TKG-Eckpunkte, S. 4) ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings bleibt das Glasfaserbereitstellungsentgelt bis heute schuldig zu zeigen, ob es den NE4-Ausbau wirklich beschleunigen kann. Es steckt ein hoher bürokratischer Aufwand dahinter. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Höhe des Entgelts Investitionsanreize bietet und kostendeckend ist, was oftmals vom einzelnen Objekt abhängt. Da die Umlagefähigkeit auf die Mieter auf bis zu zehn Jahre zu weiteren Mieterbelastungen führt muss die Sozialverträglichkeit gewährleistet sein Das Glasfaserbereitstellungsentgelt darf von Mietern nicht als Zwangsumlage gesehen werden.

Genehmigungsverfahren vereinfachen und Netzausbau beschleunigen

Die deutsche Industrie begrüßt, dass dem Ausbau von öffentlichen Telekommunikationsnetzen das „überragende öffentliche Interesse“ zugesprochen wurde. Dies hat das Potenzial, den Netzausbau erheblich zu beschleunigen. Bislang haben der Natur- und Denkmalschutz regelmäßig Vorrang vor dem Netzausbau – was sich mit der neuen gesetzlichen Klarstellung nun ändert. Dies ist auch wichtig, damit die Netzbetreiber die neuen Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur erfüllen können: Bis 2030 ist jeder der drei etablierten Netzbetreiber verpflichtet, 99,5 Prozent der gesamten Fläche Deutschlands mit mindestens 50 Mbit/s versorgen. Gleichzeitig sind jedoch mehr als ein Drittel der Fläche Deutschlands Naturschutzgebiete, was den Ausbau bislang deutlich verzögert.

Digitalisierung von Genehmigungsverfahren

Bund und Länder müssen zwingend die Digitalisierung von Genehmigungsverfahren für den TK-Netzausbau forcieren. Wesentliche Grundlagen für eine vollständig digitale Abwicklung der Prozesse zwischen Verwaltungen und Unternehmen sind der bundesweite Einsatz des im OZG-Änderungsgesetz vorgesehenen einheitlichen Organisationskontos für die Authentifizierung, die zügige Modernisierung der Registerlandschaft für die Verwirklichung des Grundsatzes der einmaligen Datenerfassung (OnceOnly), die konsequente Ausrichtung von Gesetzen auf einen digitalen Vollzug, die Reduzierung bestehender Schriftformerfordernisse mittels Generalklausel sowie die strukturelle und kontinuierliche Einbindung von Unternehmen. Außerdem sollte der „digitale Bauantrag“, der im Rahmen des

Onlinezugangsgesetzes (OZG) von Mecklenburg-Vorpommern nach dem Einer-für-Alle-(EfA)-Prinzip entwickelt wurde, nicht nur in elf, sondern in allen 16 Ländern Anwendung finden. Bundesweit einheitliche digitale Verwaltungsverfahren reduzieren den bürokratischen Aufwand für deutschlandweit agierende Unternehmen deutlich und reduzieren damit signifikant die Planungskosten. Um angesichts der erwarteten Verdoppelung von Genehmigungsverfahren bei gleichzeitigem Anstieg des Fachkräftemangels in der öffentlichen Verwaltung auf 765.000 Mitarbeitende bis 2030 die zügige Bearbeitung von Genehmigungsverfahren für digitale Infrastrukturprojekte sicherzustellen, sollte der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ausgebaut werden. KI sollte insbesondere bei der Antragsbearbeitung von gebundenen Entscheidungen konsequent eingesetzt werden. Grundsätzlich müssen Ende-zu-Ende digitalisierte Verfahren geschaffen werden, um notwendige Anpassungen an Regeln in Zukunft schnell umsetzen zu können.

Die Digitalisierung von Genehmigungsverfahren birgt große Chancen. Bei den Behörden muss es aber ein hohes Niveau von Cybersicherheit geben. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen muss stets gewahrt werden. Sensible Daten über Lage und Verlauf Kritischer Infrastrukturen sollen nicht einfach ins Internet gestellt werden und damit für jedermann einsehbar sein.

Prioritäre Stromversorgung

Die vom BMDS vorgesehene Priorisierung der Anbindung von Mobilfunkstandorten an das Stromnetz durch Energieversorger ist für den Netzausbau unerlässlich und wird daher begrüßt. Zudem ist eine prioritäre Energieversorgung der Telekommunikationsnetze bei Krisen- und Katastrophenfällen dringend erforderlich. Eine krisensichere Stromversorgung ist die Grundvoraussetzung für resiliente Telekommunikationsnetze.

Aufbau eines Atlas über öffentliche Liegenschaften

Die Einführung eines Liegenschaftsatlas ist im Sinne eines zügigen Netzausbaus zu begrüßen. Die Schaffung eines Atlasses über öffentliche Liegenschaften gibt Mobilfunknetzbetreibern die Möglichkeit, sich an einer zentralen Stelle über Liegenschaften der öffentlichen Hand informieren zu können und zu prüfen, ob diese Liegenschaften geeignet sind, um dort Mast- oder Dachstandorte zu errichten.

Bereitstellung Liegenschaften der öffentlichen Hand vereinfachen

Zur Förderung des Mobilfunkausbaus ist die Mitnutzung von Liegenschaften und passiven Infrastrukturen der öffentlichen Hand zu attraktiven Konditionen für Betreiber von Telekommunikationsinfrastrukturen bedeutend. Es ist daher zu begrüßen, dass mit dem GIA entsprechende Mitnutzungsrechte für die TK-Unternehmen geschaffen werden. Zwar handelt es sich beim GIA ab dem 12. November 2025 um in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht. Dennoch steht zu befürchten, dass die Durchsetzung der Ansprüche gegenüber den verpflichteten Eigentümern kein „Selbstläufer“ wird – nicht zuletzt mangels Kenntnis der Rechtslage. Daher sollte die Bundesregierung auf jeden Fall von der Option gem. Art 3 (8) Gebrauch machen und eine für ganz Deutschland zuständige zentrale Stelle benennen, über die die TK-Unternehmen sämtliche Mitnutzungsanfragen betreffend Liegenschaften und physische Infrastrukturen der öffentlichen Hand platzieren können. Dies würde eine effiziente und zügige Mitnutzung öffentlicher Liegenschaften und Infrastrukturen erheblich erleichtern, und somit den Mobilfunknetzausbau beschleunigen.

Verfügbarkeit von Geodaten

Die zunehmende Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie das Vorhalten von Geoinformationssystemen haben das Potenzial, den Infrastrukturausbau nachhaltig zu beschleunigen. Unabhängig davon soll geprüft werden, wie, wo und in welchem Umfang Informationsdefizite für die

Ausführer nachfolgender Baumaßnahmen bei der Identifizierung bereits gelegter Telekommunikationskabel bestehen. Ziel ist, Baumaßnahmen so effizient und kostenoptimiert wie möglich umzusetzen.

Gigabitgrundbuch

Kritisch ist, wenn frühere Vorschläge aus dem TK-NABEG 1.0 im Zusammenhang mit dem Gigabitgrundbuch erneut aufgegriffen werden Der damalige Entwurf enthielt teils weitreichende Anforderungen zur Datenlieferung und Veröffentlichung sensibler Informationen sowie Einschränkungen bei der Kommunikation von Verfügbarkeitsdaten. Diese Maßnahmen würden zu erheblicher zusätzlicher Bürokratie für die Unternehmen führen, ohne einen Beitrag zur Beschleunigung des Netzausbaus zu leisten. Die entsprechenden Vorschläge sollten daher nicht weiterverfolgt werden. Stattdessen sollten die bestehenden Regelungen zu Informationspflichten über Infrastrukturen und Netzausbau im Teil 5 des TKG mit Blick auf Bürokratieabbau und den Schutz kritischer Telekommunikationsinfrastruktur einer kritischen Überprüfung unterzogen und reduziert werden. Auch die EU-Kommission verfolgt aktuell das Ziel, bestehende Reportingpflichten im Rahmen des geplanten Digital Networks Act deutlich zu verringern – an diesen Bestrebungen sollte sich der nationale Gesetzgeber orientieren.

Folgende TKG-Anpassungen sind dabei notwendig:

▪ Verankerung des Grundsatzes der Datensparsamkeit bei Erhebung,

▪ Verwendungszwecke klar und eng definieren – Streichung der Generalklausel,

▪ Keine Delegation von Aufgaben der ZIS an Dritte – Sicherheitsrisiko,

▪ Breitbandatlas: Abfrage von Informationen nur, soweit für Erfüllung von Aufgaben nach dem Gesetz erforderlich,

▪ Keine Doppelerfassung von Daten zur Mobilfunkversorgung (betrifft §103 TKG),

▪ Beschränkung der Erhebung von Informationen über künftigen Netzausbau auf europarechtlich vorgesehenes Mindestmaß,

▪ Ermächtigung der ZIS statt pauschaler gesetzlicher Lieferpflicht für Unternehmen und

▪ Monitoring für die Fälle einer Weitergabe von Daten etablieren.

Impressum

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

Breite Straße 29, 10178 Berlin; www.bdi.eu, T: +49 30 2028-0

EU-Transparenzregister: 1771817758-48 / Lobbyregister: R000534

Autor

Philipp Schweikle

Referent Digitalisierung und Innovation

T: +49 30 2028-1632; p.schweikle@bdi.eu

BDI-Dokumentennummer: D2147

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