Thun Magazin 02/10

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MENSCHEN

«Im Steuerhaus steht ein Mensch, kein Roboter» Der einstige Zimmermann Hans von Gunten wechselte in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur BLS Schifffahrt – vorĂŒbergehend, wie er meinte. Heute steuert er als KapitĂ€n stolz die Schiffe der Thunerseeflotte und ĂŒberholt sie im Winter.

KapitĂ€n Hans von Gunten verstĂ€ndigt sich auf der «BlĂŒmlisalp» ĂŒbers Sprachrohr mit dem Maschinisten.

Hans von Gunten, erzĂ€hlen Sie uns etwas ĂŒber sich? Ich werde demnĂ€chst 60 Jahre alt, bin seit 34 Jahren verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern und zweifacher Grossvater. Aufgewachsen bin ich in Sigriswil, seit lĂ€ngerer Zeit aber wohnhaft in Thun. Wie sind Sie zur Schifffahrt gekommen? Eigentlich bin ich gelernter Zimmermann. Nach drei Jahren Berufserfahrung traf mich 1971 die Rezession und ich musste mich nach einer anderen TĂ€tigkeit umsehen. Bedeutete die Schifffahrt damals fĂŒr Sie ein Traumberuf? Nein, zuerst gar nicht, ich sah die Schifffahrt als Übergangslösung an. Die ersten vier Jahre arbeitete ich auf dem Brienzersee. Ab FrĂŒhling 1976 auf dem Thunersee. Mit den Jahren kamen immer mehr Aufgaben und Verantwortung dazu, was mich immer mehr faszinierte. Und wie sind Sie dann trotzdem KapitĂ€n geworden? Begonnen habe ich als Matrose, dann bin ich aufgestiegen zum Untersteuermann, spĂ€ter zum Steuermann und dann zum SchiffsfĂŒhrer. Seit dem 1. Januar 1997 bin ich KapitĂ€n. Heute bin ich natĂŒrlich stolz auf das Erreichte und habe grosse Freude an meiner Arbeit. Was gefĂ€llt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders? Der Umgang mit Menschen und die Verantwortung, die der KapitĂ€n zu ĂŒbernehmen hat. Auch die rund sechs Monate in der Werft wĂ€hrend den Wintermonaten sind fĂŒr mich eine ideale Abwechs-

lung. Im Herbst, wenn wir an Land gehen, erwarten uns die geregelte Arbeitszeit und mein ursprĂŒnglicher Beruf. FĂŒr welche Arbeiten sind Sie in der Werft zustĂ€ndig? Ich bin in der Schreinerei tĂ€tig. Meine Hauptaufgaben gelten den Personentreppen, die ich vielfach im Alleingang auf Vordermann bringe und den Holzdecks. Bei den Holzdecks ersetzen wir verfaulte Decklatten und die Gummifugen werden neu vergossen, anschliessend geschliffen. Dabei lassen Sie den Beruf des Zimmermanns aufleben. Sicher. Am AugenfĂ€lligsten kam das beim Dampfschiff «BlĂŒmlisalp» zur Geltung. Im Winter 2005/06 arbeitete ich am neuen 1.-KlasseDeck. Ich gehöre aber auch zu den drei KapitĂ€nen, die dieses einmalige Schiff steuern dĂŒrfen. Total sind wir acht KapitĂ€ne. Wie schwierig ist es, ein Schiff zu steuern? Man muss das Schiff kennen, jedes hat seine Eigenschaften. Zudem gilt es, die Beladung, den Wind und die Geschwindigkeit einzuordnen. Im Steuerhaus steht ein Mensch, kein Roboter. MĂŒssen Sie im FrĂŒhjahr beim Saisonstart Testfahrten absolvieren? Als SchifffahrtskapitĂ€n gehe ich mit Euphorie in die neue Saison. Testfahrten sind fĂŒr uns nicht nötig, wir starten mit der Erfahrung der letzten Saison. FĂŒr uns KapitĂ€ne ist wichtig zu wissen, welche Schiffe auf dem Trockendock waren und was fĂŒr Arbeiten und Änderungen gemacht wurden. Mit ĂŒberholtem Unterwasser sind sie wieder schneller – etwas, das wir berĂŒcksichtigen mĂŒssen.


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