Bürogebäude ‹Hortus›, Allschwil Bürogebäude Erne, Stein Mehrgenerationenhaus, Altendorf Primarschule Château d’Eau, Marly Wohnbauten La Bistoquette, Genf
Die Minimierung des CO2-Fussabdrucks bestimmt die Gestaltung: ‹Hortus› ist ein mehrgeschossiger Holzrahmenbau mit Stampflehmdecken, der sich als kompaktes Volumen ohne Untergeschoss um ein grünes Atrium legt.
Architektur: Herzog & de Meuron, Basel. Foto: Maris Mezulis
1 Hochwertiger Lebensraum für verschiedene Generationen: Der Dorfplatz der Siedlung Burkwil. Die Klinkersteine stammen von einer Innenstadtsanierung in Deutschland und erhalten hier ein zweites Leben. Architektur Duplex Architekten AG, Zürich Bauherrschaft Stiftung Burkwil, Zug Foto SJM Michael Trost
2 Ein Pionierprojekt in jeder Hinsicht: Die Holz-Lehm-Decken prägen das Bürogebäude ‹Hortus› in Allschwil – hier einmal während der Produktion und als Teil der Struktur im Innenraum. Architektur Herzog & de Meuron, Basel Bauherrschaft Senn Resources AG, St. Gallen Foto David Walter (Baustelle) und Maris Mezulis (Innenraum)
4 Flexibilität und reguliertes Raumklima für eine Unternehmenszentrale in Ernstbrunn: Der Holzskelettbau mit massivem Kern aus Stampflehm lässt spannungsvolle Innenräume entstehen. Architektur Juri Troy Architects, Wien Bauherrschaft Windkraft Simonsfeld AG, Ernstbrunn Foto Patrick Johannsen
Holz und Lehm: Ein unschlagbares Paar
Auf der Weid in Obermeilen mit Blick auf den Zürichsee wird aktuell die Siedlung Burkwil gebaut. Geplant sind 104 Mietwohnungen und 900 Quadratmeter Gewerbeflächen in sechs Gebäuden, die sich um eine Art ‹Dorfplatz› mit Brunnen, einer Sitzbank und einer Linde gruppieren. Rund 160 bis 180 Menschen unterschiedlichen Alters sollen dort ab Anfang 2026 ein neues Zuhause finden. Nebst diesem Ansatz des Mehrgenerationenwohnens als Teil einer sozialen Nachhaltigkeit, die Durchmischung und Partizipation zulässt, und dem damit verbundenen Angebot unterschiedlicher Wohnungstypen und -grössen stand ein weiterer Aspekt im Fokus des Entwurfs: Der Einsatz von nicht verleimtem Vollholz und Lehm vom eigenen Grundstück. Zwei Rohstoffe mit jahrhundertealter Bautradition – man denke nur an die Fachwerkhäuser –, die sich mit ihren Eigenschaften für eine zukunftsfähige Bauweise auch heute noch ideal ergänzen. Denn Holzkonstruktionen sind stabil und langlebig. Die Qualität von Holz als thermischer Speichermasse ist allerdings beschränkt. Lehm, der im Schweizer Mittelland praktisch bei jedem Aushub als Hauptbestandteil vorkommt, wirkt hingegen temperatur- und feuchtigkeitsausgleichend und hilft beim Brand- und Schallschutz, eignet sich aber kaum für tragende Elemente. In Kombination aber überzeugen sie und werden zum idealen Paar.
Das belegen aktuell verschiedene weitere Pionierprojekte, die wie Burkwil auf die Verbindung von Holz und Lehm setzen – sei es in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz. So hat Weleda sein Hochregallager auf seinem neuen Logistik Campus in Schwäbisch Gmünd (D) mit Holz und Lehm realisiert. Dieser Bau, entworfen vom Architekturbüro Michelgroup, beeindruckt auf einer Grundfläche von 81 x 38 Metern durch eine acht Meter hohe Stampflehmwand in Kombination mit einer nahezu vollständigen Bauweise in Massivholz, die Platz für 17 000 Paletten bietet und vollständig rückbaubar ist. 1
Für die Erweiterung der Unternehmenszentrale der Windkraft Simonsfeld AG in Ernstbrunn, Niederösterreich, setzte das Wiener Architekturbüro Juri Troy Architects auf einen klar gegliederten Holzskelettbau, der Flexibilität für künftige Anpassungen ermöglicht. Im Inneren ergänzt ein massiver Stampflehmkern diese Struktur und nimmt die Erschliessungs- und Servicebereiche auf. Durch ein darauf abgestimmtes Energiekonzept mit Bauteilaktivierung trägt dieser zur Regulierung des Raumklimas bei. 2
Und mit ‹Hortus› in Allschwil haben Herzog & de Meuron zusammen mit der Bauherrschaft Senn Resources ein eigentliches Lehrstück im nachhaltigen Bauen geschaffen. An diesem Beispiel hätten sie zeigen wollen, dass nachhaltige Architektur zugleich ästhetisch, lokal, gesund und nützlich sein könne für die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft, so Herzog & de Meuron. Kernstück dieses ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatzes ist das neu-
artige Deckensystem, das sie gemeinsam mit ZPF Ingenieure, Blumer Lehmann und Lehm Ton Erde aus rechteckigen Holzelementen mit gestampftem Lehm entwickelt haben. Das Projekt ‹Hortus› stellen wir in dieser Holzbulletin-Ausgabe im Detail vor, ebenso wie das Projekt Mehrgenerationenhaus in Altendorf von Jomini & Zimmermann Architekt:innen, bei dem das dort entwickelte Deckensystem ebenfalls eingesetzt wurde. Hier aber wurde der Lehm zum ersten Mal mit einem Roboter gestampft. Denn das Zürcher Startup ‹Rematter› will die für ‹Hortus› entwickelte Deckenlösung automatisieren, so dass sie gegenüber herkömmlichen Deckensystemen auch hinsichtlich Kosten konkurrenzfähig wird. In der Fabrik des Unternehmens in Würenlingen stehen bereits drei Roboter, die das Stampfen des Lehms übernehmen. Eine eigentliche Fertigungsstrasse ist erst im Aufbau, aber die Maschinen lernen bereits auch das Befüllen der Rahmen. Derzeit entstehen in Würenlingen etwa 40 000 bis 50 000 Quadratmeter Decken pro Jahr. Im ausgebauten Zustand der Anlage sollen es 100 000 Quadratmeter werden – in einer vollautomatisierten Produktion, die für hohe Qualität zu einem vernünftigen Preis sorgen wird. Und auch was die CO2Emissionen und die graue Energie betrifft, ist das Deckensystem aus Holz und Lehm unschlagbar: Im Vergleich zu herkömmlichen Stahlbetondecken verursacht dieses laut ‹Rematter› bei Herstellung, Transport und Rückbau bis zu 80 % weniger CO2-Emissionen und 60 % weniger graue Energie. Zudem lassen sich die Decken einfach demontieren und komplett in ihre Einzelteile zerlegen, was sie wiederum kreislauffähig macht. Auf den folgenden Seiten finden Sie drei weitere spannende Projekte, die Holz und Lehm im Rahmen des architektonischen Konzepts zu einer überzeugenden Einheit verbinden: Der Erweiterungsbau von Erne in Stein, ein neu gebautes Schulhaus in der Freiburger Gemeinde Marly und eine Wohnüberbauung im Agglomerationsraum der Stadt Genf. Die beiden Westschweizer Projekte wurden dieses Mal von Christine Demierre redaktionell betreut. Die Innenarchitektin mit einem Abschluss der Haute Ecole d’Arts et de Design in Genf wird künftig seitens Cedotec für die vorgestellten Projekte aus der Romandie verantwortlich zeichnen. Wir heissen Christine Demierre im Holzbulletin-Team herzlich willkommen – und Ihnen als Leserinnen und Leser wünschen wir eine gute Lektüre!
Das Bürogebäude ‹Hortus› basiert auf einer drastischen Minimierung des CO2-Fussabdrucks als entscheidendem Designfaktor: Neben der kompakten Gebäudeform, dem fehlenden Kellergeschoss und einer Fotovoltaikanlage, die mehr produziert als benötigt, spielen die Materialien Holz und Lehm mit dem eigens dafür entwickelten Deckensystem eine wesentliche Rolle für das radikale Nachhaltigkeitskonzept. Das Resultat ist eine Architektur, die räumlich und atmosphärisch überzeugt.
Der Switzerland Innovation Park in Allschwil ist ein globaler Standort für innovative Unternehmen aus dem Life-Science-Bereich. ‹Hortus› schafft in diesem Rahmen eine moderne und flexible Arbeitswelt für eine neue Generation von Technologiefirmen, die sich in der Metropolitanregion Basel ansiedeln wollen. Die Vorgabe der Bauherrschaft war, ein radikal nachhaltiges Bürogebäude mit nachwachsenden und wiederverwertbaren Rohstoffen zu bauen. Senn hat damit einen Entwicklungsprozess angestossen, der von Beginn an auf das Zusammenspiel von geringstmöglicher
grauer Energie, einem optimiertem Betriebskonzept und einem Überschuss an selbsterzeugter Energie angelegt war. Das ganze Gebäude mit ca. 600 Arbeitsplätzen wird die bei seiner Entstehung und während des Betriebs angefallene Energie voraussichtlich nach 31 Jahren amortisiert haben.
‹Hortus› ist um ein grünes Atrium angelegt, steht auf Stelzen und schwebt dabei leicht über dem Boden. Der vierstöckige Holzrahmenbau mit Stampflehmdecken öffnet sich über einen breiten Durchgang im Süden zu einem vom Landschaftsarchitekten Piet Oudolf gestalteten Garten. Entlang eines geschwungenen Kieswegs sorgen hohe Sträucher, Gräser, blühende Stauden sowie Rankpflanzen entlang der Innenhoffassaden für eine dichte Begrünung. Ein Regenwasserspeicher wird für die Bewässerung der Pflanzen und die Sanitärspülungen verwendet. Dank einer überdachten Holzveranda dient das Atrium auch als Erholungsort, den Mitarbeitende und Arealbesuchende für eine Pause nutzen können. Neben weiteren, auch für Externe mietbaren Sitzungsräumen stehen im Erdgeschoss ein Restaurant, ein Gym mit
Café-Bar sowie abgeschirmte Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Von hier aus erreicht man die ca. 10 000 m2 Büroflächen in den vier Obergeschossen.
Die umlaufenden Raumabfolgen unterstützen den Austausch der Mitarbeitenden untereinander. Die offenen Grundrisse ermöglichen ein grosses Mass an Flexibilität und unterschiedliche Nutzungsweisen. Je nach Bedarf stehen den Teams abgeschirmte oder offene Sitzgelegenheiten in unterschiedlichen Grössen im Innern oder ganz informell auch draussen auf der Veranda zur Verfügung. Zugleich werden einige Bereiche geteilt. So verfügt jedes Stockwerk über gemeinschaftliche Aufenthaltsräume und Teeküchen. Das Erdgeschoss, ebenso wie die sich nach Süden zu dem vorgelagerten Park erstreckende Veranda, ist offen für alle Arealbesuchenden.
‹Hortus› steht für House of Research, Technology, Utopia and Sustainability und setzt den Fokus auf innovative Nachhaltigkeitskonzepte. So lag dem Entwurfsprozess eine akademische Materialanalyse zugrunde, bei der Baumaterialien mittels neuester technologischer Tools auf ihre ökologischen und physikalischen Eigen-
schaften geprüft und miteinander verglichen wurden. Ein Hauptkriterium dabei war ihr natürlicher Ursprung aus nachwachsenden Rohstoffen. Ganz im Sinne des Cradle-to-CradlePrinzips sind alle verwendeten Bauteile katalogisiert worden und können als Teil des ökologischen Kreislaufsystems wiederverwertet werden.
Eine reduzierte Palette aus erneuerbaren Materialien wie Holz, Lehm und Zellulose unterstreicht den ökologischen Grundgedanken des mehrgeschossigen Holzrahmenbaus. Das Raster ist modular, und Holzverbindungen werden gesteckt. Sie sind ohne Verwendung von Metallschrauben am Ende ihrer Nutzungszeit leicht demontierbar und vollständig wiederverwertbar. Der Lehm der Deckenmodule kann direkt wieder der Erde zurückgegeben werden. In Zusammenarbeit mit ZPF Ingenieuren hat Herzog & de Meuron für ‹Hortus› ein neuartiges Deckensystem aus rechteckigen Holzelementen mit gestampftem Lehm entwickelt.
Unter weiterer Mitwirkung von Blumer Lehmann und Lehm Ton Erde wurden die Deckenmodule gemeinsam perfektioniert. Ein Element besteht aus einem gefertigten Rahmen
aus Holz, geschlagen in verschiedenen Wäldern der Umgebung. Zwischen eingelegte Massivholzbalken wird der Lehm in Form eines Gewölbes eingestampft. Der verdichtete Lehm wirkt dabei als Brandschutz und sorgt gleichzeitig für ein gutes und gesundes Raumklima. Er gleicht Feuchtigkeitsschwankungen aus und dient im Sommer als thermische Masse, um überschüssige Hitze aufzunehmen. Für die Gewinnung des Lehms verwendete man den Aushub vor Ort. Der Kies aus dem Aushub wurde im gegenüberliegenden Schüttwerk gebrochen. In einer Feldfabrik auf dem Nachbargrundstück wurden die Decken fabriziert. Mit einem eigens für ‹Hortus› entwickelten Verfahren der Firma Lehm Ton Erde stellte man in der Feldfabrik direkt vor Ort die Lehmmischung her und stampfte sie in die Holzdeckenmodule ein. Die Erstellung der ‹Hortus›Decke verursacht zehn mal weniger CO2-Emissionen als eine konventionelle Flachdecke aus Beton mit vergleichbarer Traglast.
Querschnitt
Ort Rudolf-Geigy-Strasse 3, 4123 Allschwil Bauherrschaft Senn Resources AG, St. Gallen Architektur Herzog & de Meuron Ltd, Basel Landschaftsarchitektur Piet Oudolf, Hummelo NL (Innenhof), Stauffer Rösch AG, Basel (Umgebung) Generalplanung Senn Construction AG, St. Gallen Bauingenieur ZPF Ingenieure AG, Basel Beratung Bauweise Stampflehm Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Schlins (A)
Bauphysik und Akustik Kopitsis Bauphysik AG, Wohlen Fassadenplanung Christoph Etter Fassadenplanungen, Basel Brandschutz Aegerter & Bosshardt AG, Basel Fotovoltaik Planeco GmbH, Münchenstein Elektroplanung R+B engineering AG, Zürich Sanitärplanung Anima Engineering AG, Basel Signaletik Studio Neo, Basel Holzbau und Schreinerarbeiten Blumer Lehmann AG, Gossau (Holzbau und Fassadenkonstruktion); ARGE Blumer Lehmann, Gossau & Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Schlins (A, hybrides Deckensystem); Häubi AG, Lyss (Innenausbau); Erne AG Holzbau, Stein (Innenausbau Erdgeschoss); Gashi AG, Dietlikon (Holzboden) Materialien Holz aus der Schweiz, Lehm aus dem Aushub und zu 25 % Mergel aus dem Leimental (BL) Baukosten keine Angaben
Grundstücksfläche nach SIA 416 ca. 3800 m2 Gebäudegrundfläche nach SIA 416 2992 m2 Geschossfläche nach SIA 416 14 100 m2 (oberirdisch) Gebäudevolumen nach SIA 416 5500 m3 Bauzeit Dezember 2022 bis Mai 2025 Fotos Maris Mezulis
Querschnitt
Erdgeschoss
Regelgeschoss
Aufbau Dach:
Kiesschüttung 30 mm
Schutzvlies
Blindschalung Fichte 27 mm
Dämmung Recyclingzellulose 560 mm
Dampfbremse
Dreischichtplatte 40 mm
Rippen Fichte 240 mm bzw. Stampflehmgewölbe
Aufbau Boden, Standard:
Holzdiele Eiche, 3-Schicht 22 mm
Ziegelsandschüttung Re-Used 30 mm
Trennlage Ölpapier
Trittschalldämmung, Holzfaserplatte
30 mm
Dreischichtplatte Fichte 40 mm
Rippen Fichte 240mm bzw. Stampflehmgewölbe
Aufbau Fassade, Standard:
Fotovoltaik-Modul auf Tragkonstruktion
Fichte 60 x 60 mm
Luftraum (Tiefe variiert)
Fassadenschalung Fichte 26 mm
Hinterlüftung 70 mm
Blindschalung Fichte 21 mm
Dämmung Recyclingzellulose 400 mm
Dreischichtplatte Fichte 27 mm
Aufbau Boden Erdgeschoss:
Holzdiele Eiche, 3-Schicht 22 mm
Ziegelsandschüttung Re-Used 30 mm
Trennlage Ölpapier
Trittschalldämmung, Holzfaserplatte
30 mm
Dreischichtplatte Fichte 27 mm
Rippen Fichte 400 mm, mit Zwischendämmung Recyclingzellulose Faserzementplatte aus Produktionsausschuss 8 mm
Detailschnitt
Bürogebäude Erne, Stein
Zentrales Element des Erweiterungsbaus ist eine Hybridbauweise, die Holz und Beton kombiniert und lichte Räume zum Arbeiten entstehen lässt. Die Treppenkerne aus Stampflehm ergänzen diese und bringen damit ein weiteres prägendes Element in den Neubau, der konstruktive Innovation mit materialtechnischen Experimenten und ökologischer Verantwortung verbindet.
Erne gehört seit Jahren zu den prägenden Akteuren des Schweizer Holzbaus. Das Unternehmen mit Sitz in Stein verzeichnete in den vergangenen zehn Jahren ein starkes Wachstum und verdoppelte seine Belegschaft auf mittlerweile rund 330 Mitarbeitende. Um diesem Wachstum und den veränderten Anforderungen moderner Arbeitswelten gerecht zu werden, hat Erne am Standort Stein ein neues Bürogebäude realisiert. Zentrales Element ist eine Hybridbauweise, die Holz und Beton in einem vorgefertigten Verbundsystem kombiniert. Dieses System wurde bereits im ersten Holzhochhaus der Schweiz – dem zehnstöckigen ‹Suurstoffi 22› in Risch-Rotkreuz –eingesetzt. Burkard Meyer entwickelten dieses in enger Zusammenarbeit mit Erne weiter. Im Neubau von Stein zeigt sich, wie sich dieses Konstruktionsprinzip in einem mittleren Massstab anwenden lässt.
Die Tragstruktur besteht aus Lamellenbalken, die mittels Stahl mit einer dünnen Stahlbetonplatte verbunden werden. Diese wiederum liegt auf Unterzügen aus Buchenschichtholz, die von Stützen derselben Materialität getragen werden. Die Wahl von Buche als Konstruktionsholz erlaubt eine hohe Tragfähigkeit bei schlanken Querschnitten. In die Tragstruktur fügen sich hybride Deckenelemente aus Holz und Beton ein, die nicht nur statische,
sondern auch gebäudetechnische Aufgaben übernehmen. Sie integrieren Systeme für Heizung, Kühlung und Lüftung und verbessern zugleich die Raumakustik. Das fein gegliederte Dachtragwerk wird durch Shedoberlichter ergänzt, die Tageslicht tief ins Gebäude leiten und damit eine helle Arbeitsumgebung schaffen. Gleichzeitig legt die Architektur ihre konstruktive Logik offen und verleiht dem Gebäude eine technische Klarheit. Ein wesentlicher Aspekt des Neubaus liegt im konsequenten Bekenntnis zu Kreislaufwirtschaft und zur CO2-Reduktion. So folgt das Gebäude dem Prinzip des ‹Design for Disassembly› –auch in der äusseren Erscheinung, die von Aluminium, Glas und Fotovoltaikmodulen geprägt ist. Die Fachwerkkonstruktion ist so konzipiert, dass sie bei Bedarf rückgebaut, sortenrein getrennt und an anderer Stelle wiederverwendet werden kann. Statt einer auf Dauer angelegten Immobilie, die am Ende ihres Lebenszyklus Abfall produziert, entsteht ein reversibles System, das Material als Ressource begreift.
Auch die eingesetzten Materialien unterstreichen diesen Anspruch. Im Erdgeschoss wurde ein schwindungsarmer Recycling-Boden eingebaut, der aus Mischabbruch besteht. Der Boden wurde geschliffen und versiegelt, wodurch er nicht nur ökologisch sinnvoll ist, sondern auch ästhetisch überzeugt. Die Treppenkerne mit den Nasszellen bestehen aus lastabtragendem Stampflehm, der mit robotergestützten Verfahren direkt aus dem Bauaushub gewonnen wurde. Während damit ein traditionelles Material in zeitgemässer Form eingesetzt wurde, liessen sich so gleichzeitig Transportwege minimieren. Überdies prägt der unverputzte Lehm die Räume und reguliert das Innenraumklima.
Die Erweiterung in Stein beschränkt sich dabei nicht auf den Neubau allein. Dieser bindet den bestehenden Modulbau in ein gemeinsames räumliches Gefüge ein, wodurch ein neues Ganzes mit Innenhof entsteht, in dem sich offene Raumsequenzen mit den Raummodulen des Bestandes zu einer flexiblen Bürowelt ergänzen. Der dreigeschossige Neubau mit seiner Erschliessung und der Anordnung der Primärräume setzt dabei die Logik des Bestands fort. Die horizontale Erschliessungsfigur bildet zusammen mit der zentral im Atrium liegenden Treppe und den Verbindungsbrücken ein Kontinuum, das die vertikale Verbindung zum im Erdgeschoss liegenden ‹Marktplatz› schafft. Dieser ist der neue Mittelpunkt des Hauses und bietet durch die offene, geschossübergreifende Räumlichkeit Möglichkeiten für kollaboratives Arbeiten und Veranstaltungen. Der offene Grundriss um das Atrium lässt sich flexibel einteilen, um schnell und unkompliziert auf Nutzungsänderungen zu reagieren.
Die Kombination von Bestands-Modulbau und neuem Skelettbau hat in vielerlei Hinsicht grosse Vorteile. Neben dem variierenden Raumangebot zeigt der Komplex auch zwei sich ergänzende Formen der Vorfertigung und bildet damit die unterschiedlichen Kompetenzfelder von Erne ab. Das in enger Zusammenarbeit von Bauherrschaft und Planenden realisierte Gebäude ist sowohl Kondensat der Recherche der letzten Jahre als auch Versprechen für die technologischen und ökologischen Herausforderungen der Zukunft.
Bauphysik und Akustik Bakus Bauphysik und Akustik Gmbh, Basel und Zürich
Holzbau und Schreinerarbeiten Erne AG Holzbau, Stein/Laufenburg
Materialien Holztragwerk in Stabbuche, div. Innenausbauten in Esche
Baukosten keine Angaben
Grundstücksfläche nach SIA 416 4168 m2
Gebäudegrundfläche nach SIA 416 1267 m2
Geschossfläche nach SIA 416 3570 m2
Gebäudevolumen nach SIA 416 14 524 m3
Bauzeit Dezember 2021 bis Juli 2023
Fotos Roger Frei, Zürich
Detailschnitt
Aufbau Dach:
Extensive Begrünung 100 mm
Drainage 10 mm
Dachabdichtung, zwei-lagig 10 mm
Gefällsdämmung, Mineralwolle 150–330 mm
Dampfsperre 10 mm
Holz-Beton-Verbunddecke 360 mm
Aufbau Boden: Hohlboden mit Teppichauflage 120 mm
Holz-Beton-Verbunddecke 360 mm
Aufbau Aussenwand:
Pfosten-Riegel-Fassade 350 mm
Profile aussen: Aluminium
Profile innen: Holz
Aufbau Boden EG:
Recycling-Hartbeton, geschliffen 90 mm
Trittschalldämmung 20 mm
Wärmedämmung 120 mm
Dampfsperre 10 mm
Bodenplatte Ortbeton 300 mm
Mehrgenerationenhaus, Altendorf
Der Neubau mit Holz-Lehm-Decken, die hier zum ersten Mal mit einem Roboter gestampft wurden, ist das Zuhause für mehrere Generationen und verknüpft Tradition und Moderne zu einer räumlich überzeugenden Architektur, die sich formal und farblich ins Bestehende einfügt und gleichzeitig einen zeitgemässen Akzent setzt.
Das Mehrgenerationenhaus befindet sich am Oberen Zürichsee in einer kleinen Industriezone südlich des Ortskerns von Lachen in der Gemeinde Altendorf SZ. Die Nordseite der Parzelle ist von der lärmigen Autobahn Zürich–Chur geprägt, die Südseite bietet viel Ruhe und eine schöne Aussicht in die voralpine Landschaft. Die Familie der Bauherrschaft betreibt einen bioveganen Gemüsehof nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft, der sich etwa einen Kilometer von der Parzelle entfernt befindet. Der Boden wird dabei ohne tierischen Dünger und ohne Traktor bearbeitet, damit er sich gut regenerieren kann und langfristig gesund bleibt.
Für das Haus strebte man eine klimavernünftige, regenerative Bauweise mit natürlichen Materialien an, um den Bewohnerinnen und Bewohnern ein gesundes und konfortables Raumklima bieten zu können. Ziel war ein pragmatisches Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie, damit Energie, Ressourcen und Finanzmittel sich möglichst sparsam einsetzen liessen.
Das Haus bietet Raum für drei Wohneinheiten für mehrere Generationen der Familie, die gemeinschaftlich wohnen und arbeiten. Die drei Wohneinheiten mit je etwa 80 m2 Fläche liegen übereinander im Erdgeschoss sowie im ersten und zweiten Obergeschoss auf der ruhigen Südseite des Gebäudes. Die Wohnungen haben im Osten eine grosse Laube für das gemeinsame Essen und in den Obergeschossen zusätzlich einen Balkon. Dazu gibt es
auf der Nordseite in den Obergeschossen Gewerberäume und im Erdgeschoss einen kleinen Hofladen und eine Hofküche, die gleichzeitig als Gemeinschaftsküche für das ganze Haus dient. Im Keller findet sich Lagerraum für die landwirtschaftlichen Produkte, im Estrich liegen Raumreserven für nachfolgende Generationen.
Die Gebäudeform und die Materialisierung sind von den historischen Bauernhäusern in der Umgebung abgeleitet; das grosse, steile Satteldach schützt den Holzbau und bietet zusätzlichen Raum im Dach. Die Tragstruktur des Gebäudes besteht aus einem einfachen Holzrahmenbau ohne innere Installationsschicht. Die horizontale Tragstruktur besteht aus Holz-Lehm-Deckenelementen, die hier zum ersten Mal von einem Roboter gestampft wurden. Der nichttragende Stampflehm zwischen den Holzrippen dient dem Brandschutz, dem Schallschutz sowie dem Temperatur- und Feuchtigkeitsausgleich. Die Trennwände aus gepressten Lehmsteinen erhöhen die vorhandene thermische Masse. Die Wind- und Erdbebenkräfte werden vom Treppenhaus aus Beton aufgenommen. Die vertikale Schalung der Holzfassade wurde in Eigenleistung leicht karbonisiert, gebürstet und mit Leinöl behandelt, damit sie geschützt ist und farblich mit den historischen Häusern harmoniert. Die grosszügigen Fensterflächen in der Südfassade ermöglichen die passive Nutzung der Sonnenwärme. Das ganze Hauptdach besteht aus Fotovoltaikelementen, auf den beiden Dachlukarnen gibt es Solarkollektoren für Warmwasser und Heizung. Die zusätzlich benötigte Wärme wird in einer Stückholzheizung im Keller mit lokalem Holz produziert und mit einer Bodenheizung verteilt.
Ort Breitenstrasse 34, 8852 Altendorf Bauherrschaft Privat
Architektur und Bauleitung Jomini & Zimmermann Architekt:innen, Zürich
Tragwerk IHT Ingenieurbüro für Holz + Technik, Schaffhausen und Zürich; Meichtry & Widmer AG, Zürich
Planung HLKS plentec, Uznach
Elektroplanung M+H Elektro AG, Lachen
Bauphysik Gartenmann Engineering AG, Zürich
Holzbau und Schreinerarbeiten Artho Holzund Elementbau AG, St. Gallenkappel (Holzbau); 4B Fenster, Wallisellen (Fenster); Friedlos Schreinerei, Altendorf (Türen)
Materialien Holzrahmenbau mit Fassade aus Sicht-Nut-Schalung 546 m2, Holz-LehmDeckenelemente 355 m2, gepresste Lehmsteine 56 m2, Holz-Alu-Fenster
Baukosten BKP 1–9 CHF 2,406 Mio. inkl. MWST
Baukosten BKP 214 CHF 622 000.–inkl. MWST
Kubikmeterpreis BKP 2 CHF 980.–
Grundstücksfläche nach SIA 416 525 m2
Gebäudegrundfläche nach SIA 416 166 m2
Geschossfläche nach SIA 416 762 m2
Gebäudevolumen nach SIA 416 2284 m3
Bauzeit August 2023 bis Juli 2024
Fotos Roland Bernath, Zürich
10 m
1. & 2. Obergeschoss
Erdgeschoss
Dachgeschoss
Schnitt
Aufbau Dach:
Fotovoltaikelemente 20 mm
Dachlattung 40 x 100 mm
Unterdachfolie
Weichfaserplatte 60 mm
Sparrenlage 80 x 200 mm
Dreischichtplatte, sichtbar verschraubt 27 mm
Aufbau Boden Obergeschoss:
Unterlagsboden Anhydrit mit Bodenheizung 60 mm
Trittschalldämmung Steinwolle 25 mm
Dämmung Steinwolle und Leitungen 35 mm
Holz-Lehm-Deckenelemente 250 mm
Zwischenwände:
Gepresste Lehmsteine 140 mm
Aufbau Aussenwand:
Holzschalung, vertikal, gebrannt, gebürstet und geleinölt 26 mm
Montage-Lattung horizontal 30 mm
Lattung Hinterlüftung 30 mm
Weichfaserplatte 60 mm
Holzständer 80 x 240 mm, dazwischen Dämmung Steinwolle 240 mm
Dreischichtplatte, sichtbar verschraubt 27 mm
Aufbau Boden Erdgeschoss:
Unterlagsboden Anhydrit mit Bodenheizung 60 mm
Dämmung Steinwolle 60 mm
Betondecke 200 mm
Dämmung Steinwolle 150 mm
Primarschule Château d’Eau, Marly
Um dem Bevölkerungszuwachs Rechnung zu tragen, hat sich die Gemeinde Marly für den Bau einer neuen Primarschule entschieden. Mit dem Wunsch, ein Zeichen zu setzen und sich gleichzeitig bescheiden in ein heterogenes Umfeld einzufügen, kommt der neue Komplex sowohl den Schülerinnen und Schülern als auch den benachbarten Quartieren zugute.
Das Grundstück ist durch ein doppeltes NordSüd- sowie Ost-West-Gefälle gekennzeichnet und wird von zwei Verkehrsachsen begrenzt, der Route du Château d’Eau im Osten und der Route de Bourguillon im Süden. Es liegt zwischen zwei unterschiedlich bebauten Stadtgebieten: einer Reihe von Wohnriegeln im Süden und Einfamilienhäusern im Osten und Westen. Der nach einem in den 1970er-Jahren abgerissenen Wasserturm (‹Château d’Eau›) benannte Komplex besteht aus drei rechteckigen Baukörpern verschiedener Grösse, die auf einem rechtwinkligen Grundriss errichtet wurden und aussehen, als wären sie auseinandergeschoben worden, um einer Esplanade in der Mitte Platz zu machen. Um diesen geschützten Schulhof herum sind die Eingangsbereiche gruppiert. Dank dieser Lösung entstehen weitere Aussenanlagen zu den benach-
barten Quartieren hin, und Fusswege können den gesamten Schulkomplex durchqueren. Dieses Netz für sanfte Mobilität ist Teil eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das dem Quartier über das Schulgelände hinaus Struktur verleiht.
Jedes der drei Gebäude hat einen eigenen Nutzungszweck: Primarschule, Kindergarten in Kombination mit ausserschulischer Betreuung und Doppelturnhalle. Im Primarschulgebäude befinden sich im Erdgeschoss Eingangshalle und Aula, während die Klassenzimmer in den Obergeschossen und im Untergeschoss untergebracht sind. Das Kindergartengebäude ist mit der ausserschulischen Betreuung im Erdgeschoss und vier durchgehenden Gruppenräumen in der oberen Etage ähnlich unterteilt, und das gleiche Prinzip gilt für die Turnhalle: Von einem geräumigen Foyer aus bietet ein Gang einen grosszügigen Blick auf die Hallen in doppelter Höhe und führt zu den Umkleidekabinen. Ein direkter Zugang ermöglicht die Ausdehnung der Sportaktivitäten auf das Aussengelände.
Das Holz des Tragwerks, einer Pfosten-RiegelKonstruktion mit modularer Struktur, stammt aus heimischen Wäldern (Tanne und Fichte mit einem Gesamtvolumen von 1500 m3), was abgesehen von den Vorteilen der Vorferti-
gung, der Montage und der Reversibilität auch den anspruchsvollen Kriterien des von der Gemeinde gewünschten Minergie-P-EcoStandards gerecht wird. Dank des Konstruktionsprinzips kann darüber hinaus eine projektkonforme Erweiterung des Primarschulgebäudes um acht Klassenzimmer durch die Verlängerung des Südflügels ohne Beeinträchtigung des Schulbetriebs in Betracht gezogen werden. Da die technischen Anlagen vom Tragwerk abgekoppelt sind, ist die Wartung einfach, und die Wände können ohne grossen Aufwand versetzt werden. Die Decken bestehen aus einem Holzbalkensystem. Ausserdem ermöglicht die Verwendung von Lehmziegeln aus regionalen Vorkommen in den Gängen eine natürliche Feuchtigkeits- und Wärmeregulierung in den Gebäuden. Das helle Holz von Tragwerk, Inneneinrichtung sowie Fenster- und Türrahmen sorgt für eine freundliche, behagliche Atmosphäre in der für Kinder und Jugendliche bestimmten Umgebung. An der Fassade schaffen die Wellfaserzementplatten ein ‹Draussen›, das sich farblich vom ‹Drinnen› abhebt und gleichzeitig für die Nachbarschaft unauffällig bleibt.
Ort Rte du Château d’Eau 5, 1723 Marly
Bauherrschaft Gemeinde Marly, Marly
Architektur Ruffieux-Chehab Architectes SA, Freiburg Landschaftsarchitektur Approches SA, Lausanne Bauleitung Tekhne SA, Freiburg Bauingenieur SEGC Ingénieurs conseils SA, Freiburg Holzbauingenieur Timbatec Holzbauingenieure Schweiz AG, Delsberg Brandschutz Timbatec Holzbauingenieure Schweiz, Delsberg Planung Klima und Lüftung Energil Sàrl, Marly Sanitärplanung Duchein SA, Villars-sur-Glâne Elektroingenieur SRG Engineering, Freiburg Holzbau und Schreinerarbeiten Despond SA, Bulle; JPF-Ducret SA, Bulle; Schilliger Holz AG, Küssnacht; Vial Charpentes SA, Le Mouret
Materialien Tanne/Fichte aus den Wäldern rund um die Gemeinde, Brettschichtholz 1250 m3, Brettsperrholz-Platten 375 m3
Baukosten BKP 1–9 CHF 37,6 Mio. inkl. MWST
Baukosten BKP 2 CHF 30,6 Mio. inkl. MWST
Baukosten BKP 214 CHF 4,3 Mio. inkl. MWST Kubikmeterpreis nach SIA 416 (BKP 2) CHF 718.– inkl. MWST
Grundstücksfläche nach SIA 416 20 735 m2
Gebäudegrundfläche nach SIA 416 3188 m2
Geschossfläche nach SIA 416 8954 m2
Gebäudevolumen nach SIA 416 42 637 m3
Bauzeit Juli 2021 bis Juli 2024 Fotos Primula Bosshard, Freiburg
Untergeschoss
Erdgeschoss
Schnitt
Aufbau Dach:
Substrat und Begrünung 110 mm
Retentionselement 54 mm
Schutzmatte 8 mm
Abdichtung, zweischichtig 10 mm
Wärmedämmung mit Gefälle 100 mm
Dampfsperre/Abdichtung
Dreischichtplatte 27 mm
Balkenlage, sichtbar 400 mm
Akustikhohlraum 77 mm
Lattung zur Befestigung 50 x 30 mm
Mineralwolle 30 mm
Akustikplatte 33 mm
Aufbau Aussenwand:
Platten für Verkleidung Fassade 57 mm
Holzlattung, horizontal 60 x 60 mm
Dämmung Steinwolle 80 mm
Ständer/Dämmung Steinwolle 260 mm
OSB-Platte, mit Klammern befestigt, Fugen geklebt 15 mm
Aufbau Boden:
Estrich, geschliffen 90 mm
Trittschalldämmung 30 mm
Schalldämmung/ Ausgleichsschüttung 70 mm
Trennlage
Dreischichtplatte 60 mm
Balkenlage, sichtbar
Abgehängte Decke
Faserzementplatte 2 x 15 mm
Akustikhohlraum 47 mm
Lattung zur Befestigung 50 x 30 mm
Mineralwolle 30 mm
Akustikplatte 33 mm
Detailschnitt
1. Obergeschoss
2. Obergeschoss
Wohnbauten La Bistoquette, Genf
Die Siedlung La Bistoquette in Plan-les-Ouates steht mit ihren drei Gebäuden und 103 Wohnungen im Zeichen mehrerer aktueller Themen. Das Projekt, das auf ökologische Lösungen sowie auf die Materialien Holz und Lehm setzt, ist Teil der Umgestaltung der ländlichen Umgebung von Genf und ermöglicht den Bewohnenden einer Genossenschaft eine neue Form des Zusammenlebens.
Infolge der Umwidmung eines ehemaligen Agrargebiets treibt die Gemeinde Plan-lesOuates einen ehrgeizigen urbanen Wandel voran, im Rahmen dessen in zehn Jahren 17 Wohngebäude errichtet werden. In diesem Zusammenhang wurde 2018 ein Projekt für La Bistoquette ausgeschrieben, was ursprünglich ein Feuchtgebiet und einige Weiher innerhalb des Quartiers bezeichnete. In der Folge schlossen sich vier einzelne Genossenschaften zu einem neuen Kollektiv zusammen, das sich an das mit genossenschaftlichen Projekten vertraute Architekturbüro ATBA wandte und gemeinsam mit diesem ein Angebot einreichte. Dies erwies sich als gelungener Schachzug, denn das Kollektiv erhielt ein Baurecht für das Areal. Es wurden Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen (Wohnungstypen, Material, Aussenflächen usw.) gebildet, die ihre Vorschläge bei Versammlungen zur Diskussion stellten. Die zukünftigen Bewohnenden profitierten von der Mitwirkung des Architekturbüros, das sie bei ihren Entscheidungen beriet und für die Herausforderungen umweltverträglichen Bauens sensibilisierte. Gemäss Gestaltungsplan entwarf ATBA drei von Ost nach West ausgerichtete Gebäude unterschiedlicher Dimensionen: Das grösste umfasst 52 Wohneinheiten auf sieben Geschossen, das mittlere 39 und das kleinste zwölf auf drei Geschossen. Alle haben je einen eigenen Haupteingang, während die Innenräume nach einem ähnlichen Schema angeordnet sind. So erschliesst im Erdgeschoss ein breiter Flur über die gesamte Länge wie eine überdachte Strasse die Gemeinschaftsräume und Gewerbeflächen sowie über die vertikalen Zugangswege das Innere des Gebäudes. Im Untergeschoss gibt es einen Vorratsraum, in den oberen Stockwerken Waschküchen und Werkstätten zur gemeinschaftlichen Nutzung. Um Begegnungen zu fördern, sind Gemeinschaftsräume, Flure und Treppenhäuser bewusst weitläufig gehalten, auch wenn dies auf Kosten der Nutzfläche der Wohnungen geht. Auf jedem Geschoss befindet sich ausserdem eine gemeinsame Abstellkammer für sperrige Haushalts- und Küchengeräte. Die voll ausgestatteten Dachterrassen bieten weitere Möglichkeiten zum geselligen Beisammensein. Die Grösse der Wohnungen reicht von zweieinhalb bis sieben Zimmern, doch alle verfügen über einen Balkon gleicher Grösse, der in der warmen Jahreszeit als zusätzliches Zimmer genutzt werden kann.
Die auf eine optimale Ökobilanz ausgerichteten Entscheidungen erstrecken sich auch auf die Bausubstanz: Der Einsatz herkömmlichen
Betons wurde reduziert. Für die Treppenschächte wurde Stahlbeton auf Basis eines klinkerfreien Zements verwendet, um den CO2-Ausstoss zu begrenzen; die selbst-, aber nicht lastentragenden Innenwände zwischen den Wohnungen wurden aus Flüssiglehm aus dem Baugrund gegossen, dem Zusatzstoffe beigemischt wurden, um ihn besser verarbeiten zu können. Dieser Baustoff steigert die Wohnqualität, weil er Wasserdampf absorbiert und dank seiner Wärmekapazität die Bewältigung sommerlicher Hitzespitzen erleichtert. Der Holzanteil der Verbunddecken und die Fassadenkonstruktion sind mit dem Label Schweizer Holz ausgezeichnet, und die Aussenwände sind mit einer Bio-Dämmung aus mit Lehm stabilisierten Holzspänen versehen.
In der Ausführungsphase legten die Bewohnenden bei verschiedenen Arbeiten selbst Hand an: Entrindung der Stämme (350 Genfer Eichen) für die Aussenpfosten der Balkone, Wiederverwendung von Materialien (Küchen, Spülen und Waschbecken, Parkett, TerrakottaFliesen) aus zum Abriss bestimmten Einfamilienhäusern, Erneuerung der Lehmbeschichtung von Mauern, Hilfe bei der Installation von Filtern für die Abwasseraufbereitung. Der Betrieb der Gebäude macht die Strategie eines geringen ökologischen Fussabdruckes komplett: Das Abwasser wird gesammelt und so aufbereitet, dass es zwar natürlich nicht als Trinkwasser, aber zur Bewässerung und für die Toilettenspülung wiederverwendet werden kann. Im Untergeschoss des grössten Gebäudes stehen in einem Raum mehrere hundert Server eines Webhosting-Unternehmens. Mit der Gesamtmenge der von ihnen abgegebenen Energie können über ein Fernwärmenetz 6000 Genfer Minergie-A-Haushalte beheizt werden, eine Lösung, die weder Wasser noch ein zusätzliches Kühlungssystem erfordert. Der Prozess wurde lückenlos dokumentiert, um durch andere Unternehmen reproduziert werden zu können.
4. Obergeschoss Haus C
Erdgeschoss Haus C
1. Obergeschoss Haus C
1. Obergeschoss Haus B
Erdgeschoss Haus B
6. Obergeschoss Haus B
Schnitt Haus C
Schnitt Haus B
Ort Ch. Du Bois-Ecard 12–14, 1228 Plan-les-Ouates
Bauherrschaft Coopérative La Bistoquette, Plan-les-Ouates
Architektur und Bauleitung Atba SA architecture + énergie, Genf
Landschaftsarchitektur In Situ SA, Lausanne Bauingenieur EDMS SA, Genf Brandschutz ArchiSecu, Genf Planung Klima und Elektro Atba SA Energie, Genf Planung Lüftung Jtech SA, Genf Planung Sanitär Rutsch SA, Genf Holzbau JPF-Ducret SA, Bulle Materialien Eiche (Genf) für Balkonstützen, 75 m3
Baukosten BKP 1–9 CHF 50,6 Mio. inkl. MWST
Baukosten BKP 2 CHF 44,5 Mio. inkl. MWST
Baukosten BKP 214 CHF 4,95 Mio. inkl. MWST
Kubikmeterpreis nach SIA 415 (BKP 2) CHF 689.–inkl. MWST
Grundstücksfläche nach SIA 416 12 790 m2
Gebäudegrundfläche nach SIA 416 2623 m2
Geschossfläche nach SIA 416 12 000 m2
Gebäudevolumen nach SIA 416 64 608 m3
Bauzeit Juli 2022 bis August 2025 Fotos Corinne Cuendet, Clarens
1. Obergeschoss Haus D
Erdgeschoss Haus D
Schnitt Haus D
Aufbau Dach:
Vegetationsschicht 350 mm
Filterbahn
Drainagematte 60 mm
Betonplatten 50 mm
Geotextil
Schutzmatte 12 mm
Abdichtungsbahn 1,8 mm
Wärmedämmung > 170 mm
Dampfsperre 3,5 mm
Verbunddecke
Stahlbeton 120 mm
Brettschichtholz 220 mm
Aufbau Attika:
Kalk-Zement-Putz 10 mm
Dämmung Steinwolle 280 mm
Brettschichtholz/Dämmung 140 mm
Dämmung Steinwolle 60 mm
Kalk-Zement-Putz 10 mm
Detailschnitt Attika
Aufbau Aussenwand:
Kalkputz 10 mm
Dämmung Steinwolle 60 mm
Faserzementplatte 15 mm
Brettschichtholz 380 mm/Dämmung
Leichtlehm
Dampfsperre
Faserzementplatte 15 mm
Gipskartonplatte 12,5 mm
Spachtelung und Anstrich
Aufbau Boden::
Massivparkett 11 mm
Schwimmender Zementestrich 80 mm
Abdichtungsbahn 2 mm
Trittschalldämmung
Steinwolle 20 mm
Glaswolle 20 mm
Verbunddecke
Stahlbeton 120 mm
Brettschichtholz 220 mm
Detailschnitt Balkon
Natur und Technik aus einer Hand
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