Der Sammler Curt Glaser. Vom Verfechter der Moderne zum Verfolgten

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Glaser DER SAMMLER VOM VERFECHTER DER MODERNE ZUM VERFOLGTEN
Curt
Curt Glaser DER SAMMLER VOM VERFECHTER DER MODERNE ZUM VERFOLGTEN

Curt Glaser DER SAMMLER

VOM VERFECHTER DER MODERNE ZUM VERFOLGTEN

Herausgegeben von Anita Haldemann und Judith Rauser Mit BeitrÀgen von Joachim Brand, Anita Haldemann, Max Koss, Judith Rauser, Lynn Rother, Andreas Schalhorn, Noemi Scherrer, Joachim Sieber, Jennifer Tonkovich und Felix Uhlmann

Abb. 1 Bibliothek in der Wohnung von Curt und Elsa Glaser mit Max Beckmanns Bildnis Curt Glaser (Kat. 226), um 1930 Landesarchiv Berlin

Anita Haldemann und Noemi Scherrer

CURT GLASER – AUS DER MITTE DER BERLINER KUNSTWELT 1 0 IN DIE EMIGRATION

Curt Glasers Leben in Dokumenten und Bildern 22

Lynn Rother und Max Koss

«OH, SIE SIND EINE WISSENSCHAFTLERIN!» 40

ELSA GLASER UND DIE KUNSTGESCHICHTE

Andreas Schalhorn

CURT GLASER UND DIE ZEITGENÖSSISCHE KUNST 48

IM BERLINER KUPFERSTICHKABINETT

Werke aus dem Kupferstichkabinett Berlin 58

Joachim Brand CURT GLASER – DIREKTOR DER STAATLICHEN KUNSTBIBLIOTHEK 68 VON 1924 BIS 1933

KĂŒnstler der Moderne aus Frankreich, Franz Marc 74

Judith Rauser

DIE SAMMLUNG VON CURT UND ELSA GLASER 86

Werke der Berliner Moderne 94

Anita Haldemann

OTTO FISCHERS ANKAUF AUS DER SAMMLUNG GLASER FÜR 104 DAS BASLER KUPFERSTICHKABINETT 1933

KĂŒnstler des Expressionismus, Max Beckmann 112

Joachim Sieber

CURT GLASER UND DIE MUNCH-SAMMLUNG AM KUNSTHAUS ZÜRICH 136

Edvard Munch 142

Jennifer Tonkovich

DIE ZEICHNUNGEN ALTER MEISTER VON CURT UND MARIA GLASER – 156 VON BERLIN NACH NEW YORK

Alte Meister, Werke des 19. Jahrhunderts 166

Felix Uhlmann

DER FALL CURT GLASER UND DIE HERAUSFORDERUNGEN 178

DER SCHWEIZER MUSEEN UNTER DEN WASHINGTON PRINCIPLES

WERKLISTEN

ZEICHNUNGEN UND DRUCKGRAPHIKEN AUS DER SAMMLUNG GLASER 192

IM KUNSTMUSEUM BASEL, KUPFERSTICHKABINETT

GEMÄLDE AUS DER SAMMLUNG GLASER 227

IM KUNSTMUSEUM BASEL, GALERIE

LEIHGABEN EHEMALS SAMMLUNG GLASER 228

BIBLIOGRAPHIE 231

ABBILDUNGSNACHWEIS 239

IMPRESSUM 240

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VORWORT
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Kat. 226 Max Beckmann Bildnis Curt Glaser 1929 Saint Louis Art Museum, Bequest of Morton D. May

Das Kunstmuseum Basel hat im Mai 1933 bei einer Auk tion in Berlin 200 Zeichnungen und druckgraphische Werke aus der Sammlung Curt Glaser (1879–1943) fĂŒr das Kupferstichkabinett erstanden. Infolge der MachtĂŒber nahme durch die Nationalsozialisten wurde dieser wegen seiner jĂŒdischen Herkunft als Direktor der Kunstbiblio thek in Berlin entlassen. Seine Berufskarriere war damit in Deutschland beendet. Deshalb entschied er sich, im Mai 1933 den grössten Teil der umfangreichen Kunstsamm lung, die er mit seiner im Jahr zuvor verstorbenen Frau Elsa Glaser geb. Kolker (1878–1932) aufgebaut hatte, versteigern zu lassen. Im Sommer desselben Jahres emigrierte er mit seiner zweiten Frau Maria Glaser geb. Milch (1901–1981) in die Schweiz. 1941 zog das Paar weiter in die USA, wo Glaser bereits 1943 verstarb. 2004 kontaktierten die Erben nach Curt Glaser erstmals das Kunstmuseum Basel und erhoben bald darauf Anspruch auf die 200 Werke. Im MĂ€rz 2020 haben sie sich mit dem Kanton Basel-Stadt im Sinne der Washington Principles (Washington Conference Principles on Nazi-Confiscated Art) auf eine «gerechte und faire Lösung» geeinigt. Im Zuge dieser Lösung behielt das Museum die Kunstwerke, kompen sierte aber den Anspruch der Erben durch eine finanzielle EntschĂ€digung; zudem verstĂ€ndigten sich beide darauf, das Schicksal Glasers in einer umfangreichen Ausstellung zu thematisieren. Diese Ausstellung hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt grosszĂŒgig unterstĂŒtzt.

Eine Darstellung des historischen Sachverhalts des «Falls Glaser» und seiner Einordnung in die Washington Princi ples ist dauerhaft auf der Homepage des Kunstmuseums abrufbar. Dennoch ist es uns wichtig, die Ausstellung mit einer umfangreichen Publikation zu ergÀnzen, um so ein bleibendes Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Als privater Sammler, Kunsthistoriker, Kritiker, Kurator am Berliner Kupferstichkabinett und spÀterer Direktor der dortigen Kunstbibliothek war Curt Glaser einer der pro filiertesten und einflussreichsten Akteure der Kunstwelt der Weimarer Republik; trotzdem gerieten seine Leistung

und sein Schicksal in der Nachkriegszeit in Vergessenheit. Ausstellung und Katalog rufen die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und das Exil in der Schweiz und spĂ€ ter in New York in Erinnerung und wĂŒrdigen Glasers Bei trag zur Kunstgeschichte. Soweit rekonstruierbar wird zu dem der Rolle der beiden Ehefrauen Rechnung getragen. Gleichzeitig ist die Ausstellung auch der Geschichte der umfangreichen und bedeutenden Sammlung von Curt und Elsa Glaser gewidmet, die heute auf viele Museen und pri vate EigentĂŒmer verteilt ist. Das Kupferstichkabinett des Kunstmuseums Basel besitzt mit 200 Arbeiten auf Papier das grösste zusammenhĂ€ngende Werkkonvolut aus Glasers ehemaliger Sammlung. Mit diesem Konvolut ist die Öffent liche Kunstsammlung Basel auf besondere Art und Weise fĂŒr immer mit dem Schicksal von Glaser verbunden und ihm zu Dank verpflichtet.

Als die Werke 1933 erworben wurden, gab es das GebĂ€ude des Kunstmuseums am St. Alban-Graben noch nicht, doch war der Bau in Planung. Otto Fischer, der 1928 die Leitung der Öffentlichen Kunstsammlung Basel ĂŒbernommen hat te, sollte die Institution aus den beengten RĂ€umen in der Augustinergasse auf dem MĂŒnsterhĂŒgel unter respektvol ler BerĂŒcksichtigung der langen Tradition in die Moderne fĂŒhren. So war das Erwerben moderner, insbesondere zeit genössischer Kunst ein grosses Desiderat, das zu intensiven Diskussionen fĂŒhrte.

Dieser Kontext fĂŒr den Ankauf aus Glasers Sammlung zu einer Zeit, als die Preise relativ niedrig waren, ist Teil der Geschichte der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, die es zu erzĂ€hlen gilt. Die Aufarbeitung des historischen Sachver halts fand statt, als das Kunstmuseum Basel noch keine Ab teilung fĂŒr Provenienzforschung hatte, sondern lediglich auf UnterstĂŒtzung vom Bundesamt fĂŒr Kultur fĂŒr die Auf arbeitung der SammlungszugĂ€nge der Jahre 1933 bis 1945 zĂ€hlen konnte. Der Entscheidung, den Sachverhalt im Haus zu erarbeiten, lag die Motivation zugrunde, die Geschichte unserer Institution und die Entwicklung der Sammlung mit all ihren grossartigen, aber auch problematischen Aspekten aufzuarbeiten, zu verstehen und die gewonnenen Erkennt nisse nachhaltig in der Institution zu verankern. In diesem Zusammenhang sei auch die von Eva Reifert (Kura torin 19. Jahrhundert und Klassische Moderne) und Tessa Rosebrock (Leiterin Provenienzforschung) verantworte te Ausstellung Zerrissene Moderne. Die Basler AnkĂ€ufe «entarteter» Kunst erwĂ€hnt, die zeitgleich mit der Ausstel lung zu Curt Glaser im Kunstmuseum Basel zu sehen ist. Diese ist Georg Schmidt, dem Nachfolger von Otto Fischer, und seinen AnkĂ€ufen moderner Kunst 1939 gewidmet, die von den Nationalsozialisten als «entartet» diffamiert und zwangsweise aus deutschen Museen entfernt worden war. Auch in dieser Ausstellung wird ein wichtiges Kapitel der Basler Sammlungsgeschichte in allen Facetten und erstmals in dieser Tiefe der Öffentlichkeit prĂ€sentiert.

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VORWORT

Das Kunstmuseum Basel und die von Felix Uhlmann prĂ€si dierte Kunstkommission erachten den Entscheid und die Einigung als wesentliches Bekenntnis des Hauses zur Prove nienzforschung und zu den Washington Principles. Die Pu blikation des Berichts, der die juristische und historische Herleitung des Entscheids beinhaltet, wurde im schwei zerischen und internationalen Kontext als Best-PracticeBeispiel positiv rezipiert. Nicht zuletzt aufgrund der Erfah rungen mit dem «Fall Glaser» konnte mit viel hausinternem Engagement und mit finanzieller UnterstĂŒtzung der Ernst Göhner Stiftung sowie des Kantons Basel-Stadt in den letz ten drei Jahren sukzessiv eine Abteilung fĂŒr Provenienz forschung mit der entsprechenden Kompetenz aufgebaut werden.

Allen voran danken wir den Mitgliedern der Erbengemein schaft, insbesondere Valerie Sattler und Bettina Meyer Basanow fĂŒr die grosszĂŒgige UnterstĂŒtzung unserer Recherchen, sei es durch ihre erhellenden Berichte zu fami liengeschichtlichen ZusammenhĂ€ngen, sei es durch die Bereitstellung wertvollen Photomaterials aus dem Familien archiv, das bei der Erstellung des Berichts 2018 noch nicht zugĂ€nglich war. Zudem kann erstmals Edvard Munchs Dop pelportrĂ€t von Elsa und Curt Glaser in Basel ausgestellt werden. Curt und Maria Glaser hatten es im Kunstmuseum Basel deponiert und es ist noch heute Eigentum der Erben gemeinschaft.

Wir danken zahlreichen Provenienzforscher:innen und kuratorisch tĂ€tigen Kolleg:innen in Europa und den Verei nigten Staaten, die mit Rat und Tat sowie konkreten Infor mationen dazu beigetragen haben, das Wissen um Glasers Biographie und Schicksal zu erweitern und mit dem histo rischen Sachverhalt die entscheidende Basis fĂŒr die Er arbeitung eines Entscheids zu liefern. Zudem wurde unsere Forschung tatkrĂ€ftig unterstĂŒtzt von Noemi Scherrer (ehe mals wissenschaftliche Assistentin am Kupferstichkabi nett), Rainer Baum (Leiter Archiv und Bibliothek), Joanna Smalcerz (ehemals wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ab teilung Provenienzforschung), Tessa Rosebrock, Ralph Ubl (UniversitĂ€t Basel), Felix Uhlmann (PrĂ€sident der Kunst kommission des Kunstmuseums Basel), Gunhild Pörksen (Archiv Ita Wegman Institut fĂŒr anthroposophische Grund lagenforschung, Arlesheim), Niklaus Hottinger (Archiv Son nenhof, Arlesheim) und Rebecca Birrer (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Kunsthalle Basel, Archiv und Photoarchiv). Ganz besonders sind wir unseren Partnerinstitutionen zu Dank verpflichtet, die den vorliegenden Ausstellungskatalog mit BeitrĂ€gen und Forschungsergebnissen unterstĂŒtzt so wie uns fĂŒr die Ausstellung wertvolle Leihgaben anvertraut haben. Allen voran seien die Berliner Wirkungsorte von Glaser erwĂ€hnt: Dagmar Korbacher und Andreas Schalhorn, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin – Preu ßischer Kulturbesitz; Moritz Wullen und Joachim Brand, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer

Kulturbesitz. Auch folgenden Leihgeber:innen und Au tor:innen sei herzlich gedankt: James Rondeau, The Art Ins titute of Chicago; Alexander Klar und Andreas Stolzenburg, Hamburger Kunsthalle; Yilmaz Dziewor, Museum Ludwig, Köln; Deborah Swallow, Alexandra Gerstein und Ketty Gottardo, The Courtauld, London; Lynn Rother und Max Koss, Leuphana UniversitĂ€t LĂŒneburg; Katherine Crawford Luber, Minneapolis Institute of Art; Mary Ceruti, Walker Art Center, Minneapolis; Colin Bailey, John Marciari und Jennifer Tonkovich, The Morgan Library & Museum, New York; Deborah Diemente, Smith College Museum of Art, Northampton; Min Jung Kim, Saint Louis Art Museum; Christoph Becker, Philippe BĂŒttner und Joachim Sieber, Kunsthaus ZĂŒrich.

Wir danken Kathleen Herfurth und Luzie Diekmann vom Deutschen Kunstverlag fĂŒr die hervorragende Zusammen arbeit, Michael Konze fĂŒr das umsichtige Lektorat und Verena Gerlach fĂŒr die gelungene graphische Gestaltung der Publikation.

Im Haus danken wir allen Kolleg:innen, die intensiv an die sem Ausstellungsprojekt und der Publikation mitgearbei tet haben, allen voran Judith Rauser, Assistenzkuratorin am Kupferstichkabinett, die als Co-Kuratorin mit Anita Haldemann zusammen die Ausstellung verantwortet, und der wissenschaftlichen Praktikantin Amanda Kopp.

Josef Helfenstein Direktor Kunstmuseum Basel

Anita Haldemann

Leiterin Kunst & Wissenschaft und stellvertretende Direktorin, Leiterin Kupferstichkabinett

8 Josef Helfenstein und Anita Haldemann
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CURT GLASER –AUS DER MITTE DER BERLINER KUNSTWELT IN DIE EMIGRATION

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Abb. 2 Curt Glaser, Direktor der Staatlichen Kunstbibliothek Berlin, um 1932

Am 25. November 1943 erschien in der New York Times ein Nachruf mit dem Titel: «Dr. Curt Glaser, Art Authority, 64. German Refugee, Ex-Director of State Art Library of Berlin Museums, Dies Up-State». 1 Der deutsch-jĂŒdische Kunst historiker Curt Glaser (1879–1943) war zehn Jahre zuvor, nach der MachtĂŒbernahme der Nationalsozialisten, als Direktor der Berliner Kunstbibliothek entlassen worden (Abb. 2). Er hatte seinen Haushalt aufgelöst und seine ge meinsam mit seiner ersten Ehefrau Elsa Kolker (1878–1932) aufgebaute immense Kunstsammlung und seine Bibliothek im Mai 1933 versteigert, um Deutschland fĂŒr immer zu ver lassen. Damit war die Karriere eines der bedeutendsten und profiliertesten Kunsthistorikers der Weimarer Repub lik beendet. Zwar war dem Witwer mit seiner zweiten Ehe frau Maria Milch (1901–1981) in der Emigration privates GlĂŒck vergönnt, doch beruflich konnte er nie mehr Fuss fas sen, obwohl er sich auch nach der Übersiedlung nach New York darum bemĂŒhte. Was aber Bestand hatte, war sein Ruf als AutoritĂ€t in Sachen Kunst, der dank seines internationa len Netzwerks und der weit ausstrahlenden PublikationstĂ€ tigkeit bis in die USA reichte. In den Jahrzehnten nach seinem Tod geriet Glaser trotz sei ner grossen Bedeutung als Kunsthistoriker, Kunstkritiker, Museumsmann und Sammler weitgehend in Vergessenheit. Die spĂ€te und lĂŒckenhafte Rezeption ist nicht nur der Emig ration und dem radikalen Bruch in seiner beruflichen Kar riere geschuldet, sondern auch dem Verlust vieler Archiva lien wĂ€hrend des Krieges. In den 1990er Jahren erwachte das Interesse zunĂ€chst an seinem Wirkungsort Berlin. Der Sinologe und Bibliothekar der Staatsbibliothek Berlin, Hartmut Walravens, machte 1990 auf Glasers wissenschaft liche TĂ€tigkeit im Kontext der Kunstgeschichte Ostasiens aufmerksam.2 Die Biographie von Andreas Strobl, die 2006 vor allem Glasers umfassende Leistung als Kunsthisto riker und -kritiker wĂŒrdigte, portrĂ€tierte ihn erstmals umfassend. 3 2012 folgte der wichtige Aufsatz von Joachim Brand und Hein-Th. Schulze Altcappenberg im Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 4

In der Zwischenzeit hat sich das Wissen ĂŒber Curt Glaser vor allem im Zusammenhang mit der Suche nach «gerech ten und fairen» Lösungen fĂŒr die angemeldeten EntschĂ€ digungsansprĂŒche seiner Erbengemeinschaft in vielen Institutionen und bei Provenienzforscher:innen weiter entwickelt. Auch wenn noch grosse LĂŒcken bleiben, bietet sich heute dank intensiver Recherchen und wiederent deckter Dokumente ein viel umfassenderes Bild von Glasers Leben und Wirken, das in diesem Beitrag gewĂŒrdigt wer den soll. Das Kunstmuseum Basel hat seine Aufarbeitung des historischen Sachverhalts der Erwerbungen von 200 Kunstwerken aus dem ehemaligen Eigentum Curt Glasers auf seiner Homepage veröffentlicht und im Hinblick auf die vorliegende Publikation nochmals punktuell ergĂ€n zen können. 5

ERSTE BIOGRAPHISCHE STATIONEN

Curt Glaser wurde am 29. Mai 1879 in Leipzig als Sohn einer jĂŒdischen Familie geboren. Seine Eltern, der Kaufmann Simon Glaser (1841–1904) und Emma Glaser geb. Haase (1854–1927) 6 , hatten zwei weitere Kinder. Der fĂŒnf Jahre Ă€ltere Bruder Felix (1874–1931) war Mediziner und starb unerwartet frĂŒh im Alter von 57 Jahren. Der jĂŒngere Paul (1885–1946), ein Kunst- und AntiquitĂ€tenhĂ€ndler, verlor sein Leben im Exil in Brasilien.7 Nachdem Curt Glaser mit seiner Familie 1886 nach Berlin gezogen war, machte er 1897 am Königlichen Wilhelms-Gym nasium im vornehmen Tiergartenviertel das Abitur. Das an schliessende Medizinstudium in MĂŒnchen schloss er 1902 an der Ludwig-Maximilians-UniversitĂ€t mit der Promotion ab. Allerdings sollte er, ausser im Kriegsdienst, nie als Arzt prak tizieren. Stattdessen begann Glaser unmittelbar nach dem Medizinabschluss ein Studium der Kunstgeschichte. Diese Entscheidung war mutig, denn die von ihm angestrebte Kar riere im preussischen Staatsdienst war ein unsicheres Vor haben, weil Juden gegenĂŒber Christen massiv benachteiligt wurden. Die medizinische Laufbahn wĂ€re weniger riskant ge wesen und hĂ€tte gesellschaftliches Ansehen garantiert.8 Es ist wahrscheinlich, dass die bevorstehende Heirat mit der gleichaltrigen Cousine Elsa Kolker diesen Schritt durchaus positiv beeinflusst hat (Abb. 10).9 Aus einer grossbĂŒrger lichen Familie stammend, war sie selbstbewusst, gebildet und intellektuell neugierig. Sie brachte ein beachtliches Vermögen in die am 12. August 1903 geschlossene Ehe ein. Zeitgenossen berichteten, dass Elsa massgeblich fĂŒr die ge sellschaftliche Stellung des Ehepaars verantwortlich war.10 Zudem wirkte sie ideell und finanziell am Aufbau der ge meinsamen Kunstsammlung mit. Anders ist kaum zu erklĂ€ ren, dass das Paar 1904 bereits ein GemĂ€lde von Vincent van Gogh erwarb, das es 1914 wieder verkaufte, und sich 1912 mit einem GemĂ€lde von Henri Matisse einen weiteren an spruchsvollen Ankauf leisten konnte (Kat. 222).11

GLASERS KARRIERE ALS KUNSTHISTORIKER UND PRIVATSAMMLER

Glaser nahm 1902 in Berlin das Studium der Kunstge schichte auf. Zugleich begann seine Karriere als Autor. Da er sich schon lĂ€nger mit Kunst befasst hatte, setzte im sel ben Jahr bereits seine TĂ€tigkeit als Kritiker ein.12 Bis zum Oktober 1910 schrieb er Berichte ĂŒber Kunstausstellungen in Berlin fĂŒr den Hamburgischen Correspondenten, ab 1909 fĂŒr die von Karl Scheffler (1869–1951) herausgegebene Zeitschrift Kunst und Künstler sowie fĂŒr die Beilage der Zeitschrift für bildende Kunst, Kunstchronik (Leipziger Seemann-Verlag). 1919 wurde er schliesslich deren BerlinRedakteur und 1922 ihr Herausgeber.13 1918 konzipierte er gemeinsam mit Scheffler die Buchreihe Deutsche Meister im Insel-Verlag14 und im November schrieb er als Kunst berichterstatter erstmals fĂŒr den Berliner Börsen-Courier.

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Zu Glasers Studium gehörten Aufenthalte in MĂŒnchen und Freiburg, wo er bei Karl Voll (Kunstgeschichte) und Adolf FurtwĂ€ngler (ArchĂ€ologie) studierte. Er promovierte 1907 in Berlin bei Heinrich Wölfflin (1864–1945), Professor an der Friedrich-Wilhelms-UniversitĂ€t, und publizierte 1908 seine Doktorarbeit ĂŒber Hans Holbein d. Ä.15 Im darauffolgenden Jahr begann Glaser seine MuseumstĂ€tigkeit als «wissen schaftlicher Hilfsarbeiter» im Kö niglichen Kupferstich kabinett Berlin (bis Ende September 1918).16 WĂ€hrend seiner TĂ€tigkeit am Kupferstichkabinett unter nahmen Curt und Elsa Glaser 1910 und 1912 Reisen nach Paris sowie 1913 nach Oslo, um erstmals Edvard Munch (1863–1944) zu besuchen (Abb. 9, 11). 1911 bereisten sie von April bis November Japan und wahrscheinlich auch China. Wie Glaser in einem Artikel ĂŒber Claude Monet 1930 be richtete, hatte er schon 1900 in Paris die japanische Ab teilung der Pariser Weltausstellung besucht.17 In seinen Publikationen ĂŒber ostasiatische Kunst und Kultur gelang es Glaser dank seiner intensiven Auseinandersetzung und ausgeprĂ€gten SensibilitĂ€t, sich von der eurozentrischen Perspektive zu lösen und den Besonderheiten der ostasia tischen Kunstgeschichte gerecht zu werden.18 Auch die kunsthistorisch bedeutsamen europĂ€ischen LĂ€nder bereis ten Glasers in den 1920er Jahren regelmĂ€ssig, nachdem die kriegsbedingten MobilitĂ€tseinschrĂ€nkungen nicht mehr be standen. 1923 unternahmen sie eine Reise mit dem eigenen Automobil durch das «unbekannte Deutschland», worĂŒber Glaser in einem vierteiligen Beitrag im Berliner BörsenCourier berichtete.19

Im September 1914 meldete sich Glaser freiwillig zum Kriegsdienst, arbeitete 1915 zunĂ€chst in einem Berliner Lazarett, bevor er 1917 als Arzt des Landsturms nach Flan dern an die Front geschickt wurde. FĂŒr diesen Einsatz wur de ihm das «Eiserne Kreuz» verliehen.20 Im zivilen Leben trug er den Titel eines «Professors», der jedoch mit keinem Amt verbunden war.21 Nach dem Krieg setzte er seine TĂ€tig keit am Kupferstichkabinett fort, wo er bis 1920 Assistent und anschliessend bis 1924 als Kustos angestellt war. Dass Glaser erst nach rund zehn Jahren die prestigetrĂ€chtigere Kuratorenstelle erhielt, hat wohl mit der Unterbrechung seiner MuseumstĂ€tigkeit infolge des Krieges zu tun, aber vermutlich auch mit einer antisemitischen Haltung gegen ĂŒber jĂŒdischen Angestellten. Elsa Glaser Ă€usserte sich 1911 in Japan entsprechend. Die Tatsache, dass ihr Mann sich 1911 oder 1914 protestantisch taufen liess, deutet wohl dar auf hin, dass er sich dadurch bessere berufliche Chancen im Staatsdienst erhoffte.22 SpĂ€testens ab 1912 betreute Curt Glaser im Kupferstichka binett die «Neue Abteilung», die Sammlung der modernen und zeitgenössischen Kunst. Neben seiner speziellen Exper tise im Bereich der modernen Graphik zeichneten ihn seine gute gesellschaftliche Vernetzung sowie sein Ă€usserst aktives publizistisches Schaffen fĂŒr diese Stellung besonders aus.23

WĂ€hrend seiner TĂ€tigkeit in der Graphiksammlung verfasste er seine wichtigsten wissenschaftlichen Publikationen. 1916 sind die Überblicksdarstellung zur deutschen Malerei des 14. bis 16. Jahrhunderts und KĂŒnstlermonographien zu Lucas Cranach d. Ä. (1921) und Hans Holbein d. J.  (1924) erschie nen. In der Zwischenzeit verfasste Curt Glaser Die Graphik der Neuzeit. Vom Anfang des XIX. Jahrhunderts bis zur Gegenwart (1922), sein bekanntestes und gleichzeitig um fangreichstes Werk, das sich als Standardwerk der neueren Kunstgeschichte etablierte und bereits im folgenden Jahr eine Druckauflage von 10 000 Exemplaren erreichte. Im Oktober 1924 wurde Curt Glaser Direktor der Kunstbib liothek in Berlin.24 Er war froh, das Angebot, als Nachfolger Max Lehrs’ (1855–1938) Direktor des Dresdner Kupferstich kabinetts zu werden, ausschlagen und in Berlin bleiben zu können.25 Infolge der Hyperinflation des Jahres 1923 sah er sich in dieser Zeit gezwungen, Teile seiner Sammlung zu verkaufen.26 Im Juli 1925 bezogen Glasers eine Wohnung im GebĂ€udekomplex Prinz-Albrecht-Strasse 8, in dem sich auch sein Arbeitsort befand (Abb. 45).27 Parallel zu seiner TĂ€tigkeit an der Kunstbibliothek blieb Glaser als Kunstkritiker und Publizist aktiv, unternahm ausgedehnte Reisen, ĂŒber die er ausfĂŒhrlich berichtete, so etwa 1930 nach Nordafrika und 1931 nach Spanien, Grie chenland und in die TĂŒrkei.28 Zudem pflegte er in Europa und den USA Kontakt mit Fachkolleg:innen an Museen und UniversitĂ€ten, mit Sammler:innen, KunsthĂ€ndlern und KĂŒnstler:innen, insbesondere Henri Matisse, Max Beckmann und Ernst Ludwig Kirchner, fĂŒr die er sich auf vielfĂ€ltige Weise engagierte. Gerade mit Edvard Munch, den er mehr mals in Oslo besuchte und auch in seiner Wohnung in Berlin empfing (1929), verband ihn ĂŒber viele Jahre eine besonde re Beziehung, dokumentiert durch einen Briefwechsel.29 Auch zeugen die kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstan denen Glaser-PortrĂ€ts von Munch und Matisse vom engen Kontakt, den er zu den KĂŒnstlern pflegte (Kat. 202, 214, 229). Glasers Privatleben war eng mit seinem beruflichen Enga gement verbunden. Mit seiner Ehefrau baute er nicht nur die eigene umfangreiche Sammlung auf,30 sondern war un ter anderem auch fĂŒr seinen Schwiegervater Hugo Kolker (1845–1915), seine Mutter und seinen Bruder Paul als Ver mittler und EinkĂ€ufer tĂ€tig.31

DER GROSSE UMBRUCH 1933

Als Direktor der Kunstbibliothek war Glaser Anfang der 1930er Jahre nicht nur auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn, sondern auch eine Person des öffentlichen Interesses. Kein anderer im Berliner Kulturleben vereinte derart viele Akti vitĂ€ten und Talente auf sich wie Glaser. Laut der Kunstauk tion war er 1929 eine der «bekanntesten und geschĂ€tztesten Persönlichkeiten im Berliner Kunstleben», die als Kustos die Abteilung fĂŒr moderne Graphik des Kupferstichkabi netts so «musterhaft» verwaltet habe, dass «man sie heute die

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beste deutsche Sammlung graphischer Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts nennen kann».32 In den fast 30 Jahren sei ner publizistischen TĂ€tigkeit schrieb Curt Glaser ĂŒber 1000 Artikel. Damit war er aktiv an den aktuellen Diskussionen ĂŒber Ausstellungen, Architektur und Stadtentwicklung sowie der preussischen Kulturpolitik beteiligt. Er war ein «tonangebender» Chronist, Kritiker und Publizist, der klar Stellung bezog.33 Mit dem Tod seiner Frau im Alter von nur 54 Jahren am 13. Juli 1932 erfuhr Glasers Leben eine jĂ€he ZĂ€sur.34 Noch im FrĂŒhling war das Ehepaar auf einer gemeinsamen Reise in den USA gewesen, wo Glaser zwei VortrĂ€ge am Fogg Art Museum der Harvard University und einen in New York gehalten hatte.35 Da die «Kunst und ihre Aneignung durch Reisen, Schauen, Sammeln, Vergleichen, Diskutieren, Kri tisieren und Schreiben im Mittelpunkt des Ehelebens von Elsa und Curt Glaser»36 standen und Elsa fĂŒr «ihren Mann [
] ein unschĂ€tzbarer Kamerad» gewesen war, wie sein Mentor Karl Scheffler schrieb,37 musste der Verlust umso schmerzhafter sein. Wohl Anfang 1933 schrieb Munch Glaser zum Tod von Elsa: «Lieber Freund Glaser / Sie haben boser Tagen gehabt / Ich weisz was Sie verloren haben / und was Sie leiden muzsen – Trost / hilft nicht – [
] Ja wie ware es einmal hier in / Aasgaardstrand zu kommen? Noch kann / ich nicht bestimmt der Zeit sagen. Vieleicht / wurde es Ihnen zerstreuen / Mit herzlichsten Gruzse Ihr alter Edvard Munch / Auf mein Wand hangt eine Karte von Ihnen aus / Amerika – Die liebe Verstorbene schieckt mir ein schone Gruzs – Wie lebend –».38 Zu ihrem Andenken stiftete Glaser der Berliner Nationalgalerie am 18. Oktober 1932 Edvard Munchs GemĂ€lde Musik auf der Karl Johan Strasse von 1889 (Kat. 227).39 Schon frĂŒher hatte sich eine weitere einschneidende Wen dung in Glasers Leben angebahnt. Der NS-Sympathisant Hermann Schmitz (1882–1946), der spĂ€ter Glasers Nach folger als Direktor der Kunstbibliothek werden sollte, hat te ihm in seinem Buch zur preussischen Kulturpolitik der Weimarer Republik 1931 seine Bevorzugung bei der Stel lenbesetzung der Kunstbibliothek vorgeworfen und die Vergabe der Wohnung in der Prinz-Albrecht-Strasse an ihn aufgrund von guten Beziehungen zur preussischen Kultur verwaltung kritisiert.40

1933 nahmen die expliziten Angriffe auf Glaser zu. Am 11. Januar etwa erschien im Völkischen Beobachter ein von Wilhelm Pinder (1878–1947) verfasster Artikel gegen den jĂŒdischen Professor fĂŒr Kunstgeschichte an der Berliner UniversitĂ€t, Adolph Goldschmidt (1863–1944). Dieser wurde zu den «fĂŒhrenden Köpfen» der Montagssalons im Hause Gla ser gezĂ€hlt und in dem Beitrag als «Hauptschuldiger fĂŒr die MissstĂ€nde in der preussischen Kunstverwaltung und insbe sondere in der Leitung der staatlichen Museen» bezeichnet.41

Der nationalsozialistische Autor hielt zwar fest, dass Glaser «politisch neutral», «gutherzig» und frei von Intrigen sei,

doch hob auch er, wie viele seiner Kollegen, explizit hervor, dass er Jude sei.42

Die Ereignisse von 1933, die schliesslich zur Entlassung Curt Glasers fĂŒhrten, sind bekannt:43 Auf der Grund lage von § 48 der Weimarer Reichsverfassung unter dem Vorwand der notwendigen «Abwehr kommunistischer staatsgef Ă€hrdender Gewaltakte» wurde am 28. Februar die «Verordnung des ReichsprĂ€sidenten zum Schutze von Volk und Staat» verabschiedet, wodurch die wichtigsten Grundrechte der Weimarer Verfassung ausser Kraft ge setzt wurden. Die Verordnung bildete die Grundlage fĂŒr die antidemokratische Gesetzgebung der NS-Zeit. Mit den Reichstagswahlen vom 5. MĂ€ rz setzten die National sozialisten dank der Koalition mit der ultrakonservativen Deutschnationalen Volkspartei die Verabschiedung des «ErmĂ€chtigungsgesetzes», dem «Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich», durch. Am 24. MĂ€rz war der Weg zur nationalsozialistischen Diktatur geebnet und der Anti semitismus der NSDAP zur Staatsdoktrin erklĂ€rt. Damit erreichte der Reichskanzler uneingeschrĂ€nkte legislative und exekutive Vollmacht. Am 1. April fand der reichsweite «Judenboykott» statt, der bislang umfassendste Boykott jĂŒdischer GeschĂ€fte, Unternehmen, Arztpraxen und An waltskanzleien, der die VerdrĂ€ngung der jĂŒdischen Bevöl kerung aus dem Wirtschaftsleben zum Ziel hatte. Nur wenige Tage spĂ€ter, am 7. April 1933, wurde das «Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums»44 erlassen, infolgedessen Curt Glaser in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.45 Bereits am 4. April war unter dem Titel «Herr Glaser geht in Urlaub» ein diffamierender Bericht in der Deutschen Zeitung mit der zynischen Behauptung erschienen, Glaser sei auf eigenen Antrag beurlaubt wor den.46 Am 7. April bestĂ€tigten Presseberichte seine «Beurlau bung».47 Auch im Ausland nahm man davon Kenntnis. Am 9. Mai berichteten die Basler Nachrichten: «Wie gemeldet wird, hat Kulturminister Rust den Direktor der staatlichen Kunstbibliothek Prof. Dr. Curt Glaser sowie den Kustos dieser Bibliothek Dr. Wolfgang Hermann mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Glaser ist seit vielen Jahren im deut schen Museumsdienst tĂ€tig und hat die Leitung der staatli chen Kunstbibliothek nach dem Tode Peters Jessens ĂŒber nommen. Er leitete zugleich die grossen Ausstellungen im Lichthof des benachbarten KunstgebĂ€udemuseums und veranstaltete wertvolle Vortragszyklen im Hörsaal der Bib liothek. Als Schriftsteller ist er besonders mit einem Werk ĂŒber Edvard Munch hervorgetreten.»48

Die Gefahr, aufgrund der jĂŒdischen Herkunft entlassen zu werden, war bereits des Öfteren in Glasers Kollegen kreis thematisiert worden. 49 So schrieb beispielsweise Max Sauerlandt (1880–1934), Direktor des Museums fĂŒr Kunst und Gewerbe in Hamburg, am 11. MĂ€rz 1933 seiner Frau Alice Folgendes: «In Berlin ist hingegen die Parole ausgegeben, dass die Museen sich ganz lautlos verhalten

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Curt Glaserr aus der Mitte der Berliner Kunstwelt in die Emigration

Abb. 3

Auktionskatalog des Internationalen Kunstund Auktions-Hauses Berlin, 9. Mai 1933

Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz

sollen wegen der vielen Juden an leitenden Stellen: Glaser, FriedlĂ€nder und so weiter. Sie sollen sich in die Schutzfarbe der Unsichtbarkeit kleiden und so tun, als ob sie gar nicht existieren.»50 Das aufgrund seiner Definition der jĂŒdischen Abstammung grundlegende Gesetz vom 7. April diente der Umgestaltung der gesamten RegierungsbĂŒrokratie, um deren LoyalitĂ€t gegenĂŒber dem neuen Regime zu gewĂ€hr leisten. Zwei Millionen staatlicher und stĂ€dtischer BeschĂ€f tigter waren betroffen, vor allem Kommunist:innen und Ju den bzw. JĂŒdinnen.51 Seine Wohnung hatte Glaser schon vor der Beurlaubung rĂ€umen mĂŒssen. Sie wurde im April 1933 Teil des Dienstsitzes des Geheimen Staatspolizeiamts.52 Am 27. September 1933 wurde Glaser unter Berufung auf das «Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamten tums» endgĂŒltig aus dem Staatsdienst entlassen. FĂŒr die Dauer von drei Monaten nach der Entlassung wurden ihm die bisherigen BezĂŒge ausbezahlt. Danach erhielt er drei Viertel des Ruhegeldes.53

DAS ENDE EINER KARRIERE: «ICH BIN AUS ALLEM AUSGESCHALTET»

Am 9. Mai 1933 liess Glaser unter dem Titel «Sammlung und Bibliothek eines Berliner Kunstfreundes» im Internationa len Kunst- und Auktions-Haus Berlin einen grossen Teil sei nes Haushalts sowie einige Kunstwerke versteigern (Abb. 3, 4, 5).54 Im Angebot waren Möbel und Beleuchtungen des 18. Jahrhunderts sowie komplette Speise-, Schlaf- und An kleidezimmer, Plastiken, GemĂ€lde alter und neuer Meister, orientalisches und ostasiatisches Kunstgewerbe sowie die kostbare Kunstbibliothek. In dieser Auktion kamen zudem weitere Lose aus verschiedenem Sammlerbesitz zum Ver kauf.55 Als nicht der Glaserschen Sammlung zugehörig ist bisher allein die Landschaft mit der Flucht nach Ägypten eines Nachfolgers von Tobias Verhaecht (1561–1630) be legt, das sich heute in der Hamburger Kunsthalle befin det. Es stammte aus dem Besitz von Hanns Emil Fischer (1894– nach 1957), einem Berliner Anwalt, mit dessen SchwĂ€ gerin Curt Glaser zu jener Zeit zusammenlebte.56

Abb. 4 Tafel 6 aus dem Auktionskatalog des Internationalen Kunst- und Auktions-Hauses Berlin, 9. Mai 1933

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Am 18. und 19. Mai folgte die Auktion Nr. 180 bei Max Perl in Berlin, bei der B ĂŒcher, Handzeichnungen, Gem Ă€lde, Graphiken, Skulpturen und kunsthandwerkliche Gegen stĂ€nde des 16. bis 20. Jahrhunderts aus dem Besitz Glasers aufgerufen wurden (Abb. 21, 22). 57 Auch wenn sein Name nicht in den Katalogen erwĂ€hnt wird, war er doch bereits vor der Auktion nicht nur Insidern wie dem Kunsthistori ker Ludwig Burchard (1886–1960) und dem Direktor der Öffentlichen Kunstsammlung Basel Otto Fischer (1886–1948) bekannt; 58 auch aufmerksame Leser:innen der Auk tionsankĂŒndigungen wussten, dass hier ein grosser Teil der Sammlung des «Ehepaars Glaser» zum Verkauf ange boten wurde. 59 Am zweiten Tag dieser Auktion fasste Curt Glaser in einem Brief an Munch zusammen, wie seine Welt seit dem Tod von Elsa im vorherigen Jahr «StĂŒck um StĂŒck zusammengebro chen» sei und er sich von seinem «alten Besitz frei gemacht» habe; «alles, was mich belastete, musste schwinden.»60 Das Wort â€čBelastungâ€ș hat hier gewiss eine mehrfache Bedeu tung, denn die Wohnung hatte er mit der verstorbenen Elsa Glaser bewohnt und die Sammlung gemeinsam aufgebaut. Von diesem Lebensabschnitt hatte er sich zwangslĂ€ufig ver abschieden mĂŒssen. Dass er allerdings den Haushalt und die Sammlung allein aus solcherart persönlichen Motiven radikal aufgelöst hĂ€tte, ist kaum vorstellbar. Die Biblio thek war seine Arbeitsgrundlage, die er bestimmt nur aus schwerwiegenden GrĂŒnden zu verĂ€ussern bereit gewesen war (Abb. 16). Die Auflösung des Haushalts und der Ver kauf seines Besitztums geschahen im Hinblick auf seine bevorstehende Emigration, die er frĂŒhzeitig ins Auge ge fasst hatte.

Glaser hat die Auktionen in weiser Voraussicht zu einem Zeitpunkt durchgefĂŒhrt, zu dem er noch frei entscheiden konnte, mit welchen AuktionshĂ€usern er zusammenar beiten wollte, was er verkaufen bzw. was er in der Emigra tion behalten wollte.61 Zudem hat er den Erlös der Auktio nen, auch wenn er niedriger als erhofft war, vollumfĂ€nglich erhalten.

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Anita Haldemann und Noemi Scherrer

An Glasers Entschluss zu einem radikalen Neuanfang dĂŒrf te auch seine neue Lebenspartnerin Maria Milch einen ent scheidenden Anteil gehabt haben; an Munch schrieb er am 19. Mai 1933:62 «Ich lebe seit einiger Zeit wieder mit einer Frau, die sehr viel jĂŒnger ist als ich, aber mir sehr eng ver bunden ist. Ich hĂ€tte nie geahnt, dass es so kommen könnte, und ich habe nichts dazu getan, dass es so kam. Aber ich bin wohl nicht fĂŒr das Alleinsein geschaffen, und heut, wo es mir besonders schwer sein wĂŒrde, die SchlĂ€ge des Schick sals ohne die Hilfe und die Liebe eines anderen Menschen zu tragen, bin ich doppelt froh, dass ich die Frau gefunden habe.»63 «Seit einiger Zeit» kann ungefĂ€hr drei bis vier Mo nate bedeuten und damit ist es möglich, dass er – schon vor dem Verlust der Wohnung und des Amtes – plante, sich im Hinblick auf die NeugrĂŒndung eines gemeinsamen Haus halts mit Maria Milch zu «verkleinern». Doch spĂ€testens mit der Beurlaubung und dem Wohnungsverlust drĂ€ngten sich Ă€ussere ZwĂ€nge in den Vordergrund und fĂŒhrten zu dem umfassenden Verkauf, der sich wohl kaum mit einer «Ver kleinerung» im Hinblick auf die ZusammenfĂŒhrung zweier Haushalte vergleichen lĂ€sst.

EMIGRATION

Am 30. Mai heiratete Curt Glaser Maria Milch in Berlin, als stĂ€ndigen Wohnsitz gab er die Rauenthaler Strasse 5 in Berlin-Wilmersdorf an.64 Die exakte Chronologie der Er eignisse der folgenden Monate lĂ€sst sich nur lĂŒckenhaft nachvollziehen. Maria Glaser berichtete diesbezĂŒglich 1962: «Unmittelbar nach der Heirat fuhren wir in unserem Wagen nach einem Zwischenaufenthalt am Starenberger See [sic] nach der Schweiz. Anfangs wussten wir nicht, wo wir uns aufhalten wuerden. Schliesslich mieteten wir in der zweiten Haelfte des Jahres 1933 ein moebliertes Haus in Ronco bei Ascona.»65 Dorthin liess Glaser 14 grosse Kisten seines verbliebenen Besitzes an Möbeln, Kunst und ande ren wertvollen GĂŒtern schicken.66

Am 7. Juni ist sein letzter Artikel aus Berlin im Berliner B örsen-Courier und am 13. Juni ein weiterer aus NĂŒrnberg

Abb. 5

Tafel 4 aus dem Auktionskatalog des Internationalen Kunst- und Auktions-Hauses Berlin, 9. Mai 1933

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erschienen. Gut möglich, dass das frisch vermĂ€hlte Paar an schliessend den erwĂ€hnten Halt am Starnberger See mach te, um dann zunĂ€chst in die Schweiz oder direkt nach Paris zu reisen. Am 26. Juni schrieb Glaser aus Paris an Herbert Ihering, Redakteur des Berliner B örsen-Couriers, und es wurden noch drei Ausstellungsberichte von ihm aus Paris publiziert (5. und 22. Juli, 2. August).67 Am 15. Juli schickte Glaser seinem Bruder Paul wieder – oder noch immer – aus Paris einen Brief und beauftragte ihn, fĂŒnf GemĂ€lde, die sich als Leihgabe aus seinem Besitz in der Nationalgalerie Berlin befanden, abzuholen. Am 27. Juli bestĂ€tigte Paul den Erhalt der Bilder.68 Bereits im SpĂ€tsommer waren die Glasers im Tessin an gekommen, wie ein Brief vom 24. August 1933 belegt, den Glaser aus Ascona nach Berlin geschickt hat, um mitzutei len, dass er fortan nicht mehr fĂŒr den Berliner B örsen-Cou rier arbeiten werde.69 Dazu nutzte Glaser Briefpapier des Hotels Monte VeritĂ . Am 6. November 1933 schickte Glaser aus Ronco Munch die ersten Zeilen seit dem 19. Mai: «Lieber alter Freund! Ein Brief an Sie ist seit langem fĂ€llig, und er wird demnĂ€chst abgehen. FĂŒr heut nur ein Gruß aus unse rem Winterquartier, in dem ich wenigstens die Sonne ge nieße, nachdem ich in Berlin doch nichts mehr zu tun habe. Es ist eine merkwĂŒrdige Zeit, in der wir leben.»70 Die Post karte zeigt Glaser mit SchirmmĂŒtze und hochgekrempel tem weissem Hemd zusammen mit seiner Frau Maria auf der Terrasse eines Gasthauses (Abb. 23, 24).

Einen Monat spĂ€ter, am 9. Dezember, berichtete Glaser Munch ausfĂŒhrlicher ĂŒber seine Situation, diesmal wieder aus Paris: «Ich bin aus allem ausgeschaltet, ich bin nicht mehr Beamter und nicht mehr Schriftsteller. Ich bin ein simpler Privatmann, der irgendwo auf Reisen in der Welt seine Tage verbringt, und wenn ich Ihnen nun zu Ihrem Ge burtstage meine WĂŒnsche sende, so geschieht es nicht mehr unter den Augen der Öffentlichkeit, sondern in aller Stille von Mensch zu Mensch und von Freund zu Freund. Vielleicht ist es besser so. Ich habe lange genug in der Öffentlichkeit gestanden. [...] Ich bin jetzt fĂŒr kurze Zeit hier [in Paris] [
]

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Curt Glaserr aus der Mitte der Berliner Kunstwelt in die Emigration

FĂŒrs erste kehre ich jetzt nach Ronco zurĂŒck. Ich bewohne dort mit meiner Frau ein kleines HĂ€uschen hoch ĂŒber dem Lago Maggiore, mit herrlicher Aussicht, in absoluter Ruhe und Weltabgeschiedenheit. Wie wunderbar man dort lebt, empfinde ich doppelt hier in dem tollen Trubel der Groß stadt. Wir wollen bis zum FrĂŒhjahr dort bleiben, und ich hof fe, auch etwas zur Arbeit zu kommen. Aber dann werde ich wohl allmĂ€hlich in die Welt zurĂŒckkehren, da ich mich nicht alt genug fĂŒhle, mich ganz von ihr ausschalten zu lassen. Die Jahre allein tun es ja nicht.»71

DAS «ZWEITE DASEIN» IN ASCONA

Dass Glaser Ascona wĂ€hlte, war naheliegend. Der Ort war um 1900 Anziehungspunkt fĂŒr Lebensreformer:innen aus al len Himmelsrichtungen geworden und wĂ€hrend der beiden Weltkriege ein Zufluchtsort fĂŒr Emigrant:innen. Auf Emp fehlung der russischen Malerin Marianne von Werefkin kauf te der deutsche Baron Eduard von der Heydt (1882–1964) 1926 den Monte VeritĂ  oberhalb von Ascona. Als Bankier, Kunst sammler und MĂ€zen machte er ihn zum Treffpunkt von Persönlichkeiten aus Kunst, Politik und Gesellschaft und konnte sich spĂ€ter gut an Curt und Elsa Glaser erinnern.72 Das Paar hatte ihn 1928 im Tessin besucht und ist im GĂ€ste buch verzeichnet.73 Glasers finanzielle Situation in der Schweiz ist zwar schwer zu fassen, doch können wir davon ausgehen, dass Glaser zu diesem frĂŒhen Zeitpunkt die Emigration auch ohne die Einnahmen aus den Auktionen finanzieren konnte. Zudem wurde ihm die Reichsfluchtsteuer erst ein paar Jahre spĂ€ter abverlangt. Glaser war vermögend, nicht nur aufgrund der Ehe mit Elsa, sondern auch basierend auf seinem Jahresein kommen als Direktor der Kunstbibliothek von jĂ€hrlich 11‘500 RM plus Wohnungsgeldzuschuss von 1440 RM. Hinzu kamen Autorenhonorare von ĂŒber 3000 RM pro Monat.74 Nach der KĂŒndigung erhielt er bis Ende 1933 das Gehalt weiter, vom Ruhegehalt wurde ihm als Jude ein Viertel abgezogen, ĂŒbrig blieben ab 1934 knapp 5000 RM. Wie er im Ausland Zugriff auf sein Gehalt und seine Bankguthaben hatte, lĂ€sst sich nicht im Detail eruieren. WĂ€hrend die Ausfuhr von Devi sen schon stark eingeschrĂ€nkt war, konnte Umzugsgut 1933 noch normal verzollt und ausgefĂŒhrt werden. Eine wichtige Quelle sind die Dokumente des Wiedergutmachungsamtes in Berlin. Der Anwalt Hanns Fischer, der seit 1926 mit Maria Glasers Schwester Elly Milch (1896–1983) verheiratet war, un terstĂŒtzte Glaser im Zusammenhang mit Aufenthaltsbewil ligungen und finanziellen Dingen als BevollmĂ€chtigter von Berlin aus, bis er 1939 nach Brasilien emigrierte. Anfang Juli 1933 hatte sich Glaser in Berlin «in Richtung Paris» abgemeldet.75 Die Abmeldung des Ehepaars erfolgte rĂŒckwirkend im MĂ€rz 1934 durch die Polizei. WĂ€hrend sei nes Aufenthalts in der Schweiz behielt Glaser den amtlichen Wohnsitz an der Rauenthaler Strasse 5 in Berlin und er hielt eine offizielle Erlaubnis fĂŒr einen Auslandsaufenthalt

zwecks Urlaub und Studienreisen sowie aus gesundheit lichen und beruflichen GrĂŒnden. Auf diese Weise konnte er sich die Auszahlung der Rente sichern, vielleicht hoffte er auch, dass es nur ein vorĂŒbergehender Auslandsaufent halt wĂŒrde. Diese Genehmigung wurde zwischen April 1934 und September 1941 mehrfach verlĂ€ngert,76 wodurch sich erklĂ€ren lĂ€sst, warum Maria und Curt Glaser weder im Tessin noch bei der eidgenössischen Fremdenpolizei Spuren in den Archiven hinterlassen haben, obwohl sie zwischen 1933 und 1941 verschiedene HĂ€user in Ronco und Ascona miete ten. HĂ€tten die beiden offiziell mit FlĂŒchtlingsstatus in der Schweiz gelebt, wĂ€re nur ein vorĂŒbergehender, kein acht Jahre dauernder Aufenthalt möglich gewesen, denn bereits im FrĂŒhling 1933 fĂŒhrte die Schweiz eine restriktive Ein wanderungspolitik ein und definierte sich als sogenanntes «Transitland».77

Im Tessin stand Glaser unter Beobachtung der National sozialisten: Als am 11. September 1935 die Genehmigung fĂŒr seinen Aufenthalt in der Schweiz verlĂ€ngert wurde, ver langte die zustĂ€ndige Behörde von der deutschen Auslands vertretung eine Bescheinigung, dass dem Aufenthalt von Curt Glaser in der Schweiz «vom deutschen Standpunkt aus keine Bedenken entgegenstehen.»78 Diese Bescheini gung war laut des Deutschen Konsulats in Lugano jedoch zu verweigern, denn wie der NSDAP-Ortsgruppenleiter Ju lius Ammer nach Berlin berichtete, verkehre «Curt Glaser fast ausschliesslich in den jĂŒdisch kommunistischen Emi grantenkreisen. WĂ€hrend er bisher bei dem JudenschĂŒtzer Alexander Rapp wohnte, ist er jetzt in das Haus eines der intensivsten Feinde des neuen Deutschlands, des jĂŒdischen Kommunisten Architekt Schmuklerski, gezogen, mit dem ihn engere Freundschaft verbindet. Bei einer kĂŒrzlich in Ascona stattgefundenen Veranstaltung zum Besten der Emigrantenkinder, bei der Emil Ludwig aus seinen Wer ken vorlas, wirkte die Frau des Dr. Glaser als SĂ€ngerin mit. Auch hieraus geht hervor, dass sich das Ehepaar den Emi graten [sic] eng verbunden fĂŒhlt. [
] Dr. Glaser erhĂ€lt, ohne darauf pekuniĂ€r angewiesen zu sein – er ist vermögend und soll aus seinen kunsthistorischen Arbeiten ĂŒber französi sche Kunst gute EinkĂŒnfte haben – eine Pension nach der Schweiz ĂŒberwiesen (Mk. 600 oder Fr. 600?) Dr. Glaser hat aber nur Spott und Hohn fĂŒr dieses Entgegenkommen. Denn wie ich von zuverlĂ€ssiger Seite weiss, macht er sich darĂŒber lustig, dass ihm die deutschen Behörden so brav und regelmĂ€ssig jene Zahlungen zukommen lassen.»79 Das «zweite Dasein» in Ascona bescherte Curt Glaser auch neues GlĂŒck: Am 22. Juli 1935 kam die Tochter Eva Renate Gertrud zur Welt (Abb. 6). Er berichtete Munch ĂŒber «das sehr lebendige Symbol eines neuen und zweiten Daseins, das ich dankbar hinnehme, da das erste mir zerbrochen wurde.»80 Als die in Berlin lebende Elly Fischer, die Schwes ter von Maria Glaser, vermutlich im Sommer 1936 die jun gen Eltern im Tessin besuchte, entstanden Familienphotos

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Anita Haldemann und Noemi Scherrer

mit dem kleinen MĂ€dchen (Abb. 7, 60). Die PortrĂ€ts lassen erahnen – und dies wird mĂŒndlich in der Familie von Ma ria Milch erzĂ€hlt –, dass Eva Trisomie 21, auch bekannt als Down-Syndrom, hatte. Sie wurde am 10. September 1938 in das anthroposophisch gefĂŒhrte Kinderpflegeheim La Motta in Brissago eingewiesen. SpĂ€testens 1940 befand sich Eva im Sonnenhof, einem «Heim fĂŒr seelenpflege-bedĂŒrftige Kinder, Abteilung des Klinisch-Therapeutischen Instituts» in Arlesheim in der NĂ€he von Basel. Beide Heime hatte die Ärztin Ita Wegman (1876–1943), eine zentrale Figur der an throposophischen Medizin und enge Vertraute von Rudolf Steiner, gegrĂŒndet.81 Zwischen 1933 und 1941 war Glaser immer wieder auf Rei sen, so mehrfach in ZĂŒrich, im Oktober 1936 in Wien und im Sommer 1937 in Bad Gastein und in Paris. Auch hielt er sich zwischen 1936 und 1939 mehrfach fĂŒr lĂ€ngere Zeit in Florenz auf und arbeitete an einer Geschichte der Renais sance, deren Manuskript «Materialien zu einer Kunstge schichte des Quattrocento in Italien» erhalten ist.82 Sein Kollege Scheffler betrachtete dies als hoffnungsvollen Ver such, «doch eine grosse TĂ€tigkeit zu haben.»83 1934 hatte Glaser Munch noch von einem Roman berichtet, der weder autobiographisch noch ein SchlĂŒsselroman sei, aber doch angelehnt an bekannte Persönlichkeiten.84 Glaser versuchte, seine Kontakte so gut wie möglich zu pfle gen; so traf er 1938 Max Beckmann in ZĂŒrich, seit 1935 hatte er wieder Kontakt zu Wilhelm Wartmann (1882–1970), dem Direktor des Kunsthauses ZĂŒrich; Robert Musil besuchte er in dessen Schweizer Exil. Im Zentrum von Ascona war das von dem Architekten Max Schmuklerski (1905–1995) neu ge staltete CaffĂš Verbano ein beliebter Treffpunkt fĂŒr frisch Zu gezogene.85 In Florenz traf sich Glaser oft mit dem Maler Hans Purrmann (1880–1966), mit dem er schon lange freundschaft lich verbunden war. Purrmann war 1935 aufgrund der NSVerfolgung nach Italien geflohen und hatte die ehrenamtliche Leitung der Villa Romana in Florenz ĂŒbernommen. Dank ihm war diese Institution ein Treffpunkt fĂŒr aus Deutschland ge flĂŒchtete KĂŒnstler:innen und Kunstinteressierte.86

Glasers Wunsch, im FrĂŒhling 1934 «allmĂ€hlich in die Welt zurĂŒck[zu]kehren», erfĂŒllte sich insofern nicht, als es ihm nicht gelang, eine neue Anstellung zu finden. So bewarb er sich im Sommer 1938 fĂŒr die Leitung der Öffentlichen Kunstsammlung Basel, nachdem Otto Fischer sein Amt zum 1. August 1938 vorzeitig niedergelegt hatte. Im Ver zeichnis der Bewerber endet der knappe Lebenslauf von Glaser mit der Information: «Jetzt in Jtalien [sic] zum Stu dium der Florentiner Sammlungen und Bibliotheken.»87 Im Protokoll der Kunstkommission vom 9. September 1938 wird er als Bewerber genannt, es wird aber auch fest gehalten, dass man einen Schweizer zu finden hofft.88 Aus einem Schreiben der Kunstkommission vom 15. Dezember 1938 an die Leitung der UniversitĂ€t Basel geht die Anzahl der Bewerber hervor (elf Deutsche, zwei Franzosen und zehn Schweizer) sowie die BestĂ€tigung, dass nur Schweizer berĂŒcksichtigt werden sollen, obwohl sich sehr gut quali fizierte auslĂ€ndische Fachleute beworben hĂ€tten. Es wĂ€re «unter den heutigen VerhĂ€ltnissen fĂŒr weiteste Kreise unverstĂ€ndlich [...], wenn die Leitung des grössten und wich tigsten schweizerischen Kunstmuseums einem AuslĂ€nder anvertraut wĂŒrde.»89 Glasers Freund Karl Scheffler schrieb in einem Brief an Purrmann vom 17. August 1939 eher bei lĂ€ufig ĂŒber Glasers BemĂŒhungen, eine Stelle zu finden: «Ich fĂŒrchte, er hat die Zeit verpasst im Ausland zu einer ausfĂŒl lenden TĂ€tigkeit zu kommen.»90

ÜBER HAVANNA NACH NEW YORK

Möglicherweise wusste Glaser am 18. Dezember 1938 bereits, dass er die Direktorenstelle in Basel nicht erhalten wĂŒrde, als er Munch von seinen AusreiseplĂ€nen in Richtung Amerika be richtete. Es brauche aber Zeit, diesen Plan umzusetzen, fĂŒgte er hinzu.91 Dokumentiert sind diesbezĂŒgliche Schritte fĂŒr das Jahr 1940: Am 14. MĂ€rz liess Glaser die acht GemĂ€lde (davon sechs von Munch, ein Heckel und ein Kleinschmidt), die er im Kunsthaus ZĂŒrich deponiert hatte, einer Transportfirma ĂŒbergeben, um sie in die USA verschiffen zu lassen, was aller dings aufgrund von Problemen mit dem Zoll nicht gelang.92

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Abb. 6 Eva Renate Gertrud Glaser, 1936 Abb. 7 Eva Glaser auf dem Arm ihrer Tante Elly Fischer im Tessin, 1936 Curt Glaserr aus der Mitte der Berliner Kunstwelt in die Emigration

Am 10. Oktober 1940 bat der New Yorker Anwalt Leo S. Gutmann im Namen von Curt Glaser dessen Kollegen Paul J. Sachs, einen profilierten Professor fĂŒr Kunstgeschichte an der Harvard University in Cambridge, um ein Empfeh lungsschreiben fĂŒr Glasers Visum fĂŒr die USA. Um die Dringlichkeit zu unterstreichen, fĂŒgte er hinzu: «May I add the fact, which is also of importance for the immigration authorities, that Prof. Glaser was dismissed from his job on the first of April 1933, because his conception of art-policy did not agree with the new art-principles of the Nazi regime. If Switzerland should come under the influence of Germany or the Nazi sympathizers, Dr. Curt Glaser would be placed in a very dangerous position. It would probably be helpful, if this fact could be mentioned too.»93 FĂŒnf Tage spĂ€ter sandte Sachs Gutman die gewĂŒnschte schriftliche Empfeh lung und lieferte damit einen entscheidenden Beitrag fĂŒr die Einwanderungsbewilligung.94 Curt und Maria Glaser mussten sich zudem um die Zukunft der Tochter Eva kĂŒmmern, die inzwischen in Arlesheim in Pflege war. FĂŒr körperlich und geistig beeintrĂ€chtigte Men schen war es aufgrund entsprechend restriktiver Einreise bestimmungen schwierig, in die USA zu emigrieren, aber vor allem scheint ihr eine lange Schiffsreise in die USA mit lĂ€ngerem Aufenthalt in Kuba wohl aus gesundheitlichen GrĂŒnden nicht zuzumuten gewesen zu sein.95 Maria Glaser besuchte am 18. November spontan ihre Tochter und er wĂ€hnte den bevorstehenden Umzug nach ZĂŒrich sowie den Plan ihres Mannes, möglichst bald in die USA zu ziehen. Sie kĂŒndigte einen weiteren Besuch im Dezember an.96 Am 22. November erkundigte sich Ita Wegman nach der Si cherstellung der Zahlungen, 97 Curt Glaser antwortete am 25. November aus Ascona: «SelbstverstĂ€ndlich habe ich, fĂŒr den Fall dass unsere Amerika-PlĂ€ne sich noch verwirk lichen sollten, was allerdings sehr fraglich scheint, an die Finanzierung von Evas weiterem Verbleiben in Ihrer Obhut gedacht und bereits Massregeln getroffen, die auf alle FĂ€lle die monatlichen Zahlungen sicherstellen werden. Aber es ist ebenso selbstverstĂ€ndlich, dass wir nicht abreisen wĂŒr den, ohne zuvor in Arlesheim gewesen zu sein, um uns zu verabschieden und alles nötige noch zu besprechen.»98 Parallel dazu suchte Glaser eine Lösung fĂŒr die GemĂ€l de, die er im Kunsthaus ZĂŒrich deponiert hatte. In einem Brief an den dortigen Direktor Wilhelm Wartmann vom 9. Dezember 1940 klang er verzweifelt ob der Tatsache, dass er das GemĂ€lde Musik auf der Karl Johan Strasse von Munch, das ihm so am Herzen lag, nicht in die USA schicken lassen konnte (Kat. 227).99 Er hatte das GemĂ€lde aufgrund der Nichteinhaltung der Schenkungsbedingungen von der Nationalgalerie Berlin zurĂŒckverlangt und in die Schweiz bringen lassen.100 Zur eigenen Situation hielt er fest: «Ob ich selbst Europa noch werde verlassen können, steht dahin. Ich zweifle sehr daran, dass es möglich sein wird. Die Bilder aber werden jedenfalls hier bleiben mĂŒssen, – auf die eine

oder andere Weise. Sie drĂŒckten mir in einem ihrer Briefe Ihr Bedauern aus, dass sie Europa verloren gehen sollten. Ich lege das Schicksal der Bilder nun in Ihre Hand.»101 Das GemĂ€lde, das er 1932 zur Erinnerung an seine erste Ehefrau Elsa der Nationalgalerie geschenkt und erst 1939 nach ZĂŒrich geholt hatte, wurde vom Kunsthaus gekauft. Es scheint ihm besonders wichtig gewesen zu sein, denn er war auch er leichtert darĂŒber, dass die Gefahr eines möglichen Verlus tes bei Verschiffung «eines so bedeutenden, unersetzlichen Kunstwerkes» nicht mehr bestand und schĂ€tzte sich glĂŒck lich, weil «das Bild in Ihrer Sammlung einen dauernden Platz finden könnte.»102 Die anderen sechs Werke liess Glaser als Depositum im Kunsthaus, um etwaige «pekuniĂ€re Ver pflichtungen in der Schweiz zu erfĂŒllen», womit sicher die Kosten fĂŒr die Unterbringung der Tochter in Arlesheim ge meint waren.103

Am 2. Januar 1941 teilte Glaser Max J. FriedlĂ€nder (1867–1958) seine Abreise mit. Am 14. Januar schrieb ihm der ehe malige Kollege, der 1933 ebenfalls als Direktor der Staat lichen GemĂ€ldegalerie Berlin entlassen worden und 1939 in die Niederlande geflohen war, aus Den Haag zurĂŒck: «Mit Ihrer Karte vom 2.1. haben Sie mich sehr erfreut. [
] Also auch Sie auf dem Sprunge. Hoffentlich erreicht dieser Gruss Sie noch – mit meinen WĂŒnschen, dass Ihre Hoffnun gen sich erfĂŒllen.»104

Am 26. Februar 1941 nahmen Glasers in Arlesheim Abschied von ihrer Tochter. Wegman berichtete Werner Pache, dem Leiter des Heims: «Mittwoch werden Herr und Frau Prof. Glaser nach Arlesheim kommen, um Eva Renate zu besu chen. Ich war auf ihrem Abschiedsabend in einem Konzert. Auch war sie einmal hier auf einem Musikabend. Sie waren recht freundlich und viel offener, als sie jemals waren, und es wurde mir dann klar, auch weil es von der Frau ausge sprochen wurde, dass sie eigentlich von mir erwartet hatte, von uns eine Einladung zu bekommen, in der Casa zu sin gen, und als diese nicht kam, glaubte sie, dass wir keinen Verkehr mit ihnen haben wollten. Es hat mir ausserordent lich leid getan, weil ich fĂŒhlen konnte, wie diese Menschen hinter allem etwas suchen aus den jetzt bestehenden Ver hĂ€ltnissen heraus den Juden gegenĂŒber. – Sie waren recht erfreut darĂŒber, dass FrĂ€ulein Eisenmenger [Sonderpflege rin] bei Eva Renate bleiben wird, und sie haben das grösste Vertrauen zu uns, sodass ich das GefĂŒhl habe, dass man gut miteinander auskommen wĂŒrde, wenn auch von Ihnen aus ein freundlicher Empfang stattfindet. Ich hörte, dass sie doch Geld haben, und vielleicht ist es möglich, fĂŒr die Eva Renate eine Vorauszahlung zu bekommen. Ich habe mich auch gefreut zu hören, dass FrĂ€ulein Eisenmenger bleibt. Es wĂ€re recht schwer fĂŒr die Glasers, wenn sie weggegan gen wĂ€ren mit dem Bewusstsein, dass das Kind ohne Frl. Eisenmenger zurĂŒckbleiben mĂŒsste.»105

Die Formulare fĂŒr die «Ueberseeische Auswanderung im Jahre 1941» halten fest, dass sie beide im Ruhestand und

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Anita Haldemann und Noemi Scherrer

zuletzt in Ascona wohnhaft waren. Die Abreise aus der Schweiz wird fĂŒr Februar 1941 angegeben und zwar mit dem Dampfer Magallanes vom Hafen in Vigo an der Nord westkĂŒste Spaniens nach Havanna. Ihr Reisestatus war «émigrant/e» und der Pauschaltransportpreis pro Person kostete CHF 1643,20 (Abb. 27, 29). Der Stempel auf den Do kumenten aus dem Jahr 1941 ist ein Nachweis dafĂŒr, dass Glasers Speditionsware mit ins Exil genommen haben. Ohne Vermögensnachweis wĂ€re der Zwischenaufenthalt in Kuba nicht möglich gewesen.106 Einer eidesstattlichen ErklĂ€rung vom 16. Oktober 1941 ist zu entnehmen, dass die Glasers am 13. Mai mit der SS Monterey aus Havanna in New York eingereist sind (Abb. 28, 30). Mit dem Ablauf der Frist am 30. Septem ber 1941 war kurz zuvor die Zahlung von Glasers Ver sorgungsbezĂŒgen aus Berlin eingestellt worden und am 30. November 1941 verlor er entsprechend der Elften Ver ordnung zum Reichsb ĂŒ rgergesetz zudem die deutsche Staatsangehö rigkeit. 107 Gem Ă€ss Strobl wurde das Ehe paar Glaser in der Zeit seines Exils als «vermö gend» be zeichnet. 108 Offenbar suchte Glaser auch in New York eine Stelle, trotz der Tuberkulose, die ihn bereits plagte,109 wie wir einem Brief vom 11. Januar 1942 von Goldschmidt an Glaser entnehmen: «Sie sind in der guten Lage, dass Sie sich dort ein hĂŒbsches Heim bilden konnten, ohne Andere dafĂŒr in Anspruch zu nehmen, und werden dort gut arbeiten können. Sie haben ja 4 gute Bibliotheken zur VerfĂŒgung.» 110 Goldschmidt ermutigte ihn und gab ihm verschiedene Hinweise fĂŒr berufliche Kontakte, obwohl es fĂŒr Immigrant:innen schwierig sei, eine Stelle in der Lehre zu finden; er sei ja auch fĂŒr eine «Museumsstel lung» zu gebrauchen. Aber auch in den USA gelang es Glaser nicht, beruflich wieder Fuss zu fassen, obwohl er erst Anfang 60 war. Am 23. Februar 1943 starb seine Tochter im Alter von sieben einhalb Jahren an «HerzlĂ€hmung».111 Gleichzeitig war seine Krankheit fortgeschritten und er erlag ihr noch im gleichen Jahr am 23. November im Alter von 64 Jahren in der Klinik von Lake Placid (New York).112

Von den ihm verbliebenen Kunstwerken scheint Glaser nur Zeichnungen mit in die USA gebracht zu haben.113 Erst nach Glasers Tod wird seine Witwe am 14. MĂ€rz 1947 zwei der in ZĂŒrich eingelagerten Werke von Munch durch seinen TreuhĂ€nder, den KunsthĂ€ndler Charles Albert de Burlet (1882–1956) aus dem Kunsthaus abholen und im Kunstmu seum Basel deponieren lassen.114 Glaser konnte offenbar noch zwei weitere GemĂ€lde in die Schweiz retten, deren Aufbewahrungsort aber unbekannt ist – bis zu dem Zeit punkt, als sie seine Witwe 1954 bzw. 1958 durch die Kunst handlung Walter Feilchenfeldt in ZĂŒrich verkaufen liess. Möglicherweise waren sie dort schon lĂ€nger deponiert: Max Beckmanns Selbstbildnis mit Saxophon (Abb. 46) und des sen Bildnis Curt Glaser (Kat. 226).115

Am 6. Oktober 1947 berichtete Purrmann in einem Brief an Scheffler, dass er Maria Glaser, die einen Buchladen in New York betreibe, im Tessin getroffen habe: «Ich empfand es traurig, dass man von ihrem Mann nur noch in Erinnerung sprechen konnte. Kaum einen Menschen hÀtte ich einmal wieder so gern gesehen als ihn.»116

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Curt Glaserr aus der Mitte der Berliner Kunstwelt in die Emigration

1 The New York Times, 25.11.1943, S. 26. Der vorliegende Beitrag basiert im Wesent lichen auf dem historischen Sachverhalt, wie er vom Kunstmuseum Basel 2018 vorgelegt wurde: Entscheid der Kunstkommission in Sachen Curt Glaser vom 21.11.2018, verfĂŒgbar unter kunstmuseumbasel.ch/curtglaser, im Folgenden zitiert als Entscheid Basel 2018.

2 Walravens 1990a, Walravens 1990b, siehe auch Walravens 2012.

3 Strobl 2006, ferner Strobl 2012.

4 Brand/Schulze Altcappenberg 2014.

5 Entscheid Basel 2018.

6 Wenn nichts anderes angegeben ist, stammen die biographischen Angaben aus Strobl 2006 und Brand/Schulze Altcappenberg 2014.

7 Pauls Einreisegesuch nach Liechtenstein wurde 1939 abgelehnt (FĂŒrstentum Liechten stein, Amt fĂŒr Kultur, Landesarchiv, LI LA RF 184/270/001 und LI LA RF 184/270/004; e -archiv.li/textDetail.aspx?backurl= editionSuche.aspx?eid=1&etID=41920&eID=1).

8 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 370.

9 Zu ihrer Biographie und Rolle in Glasers Leben siehe den Beitrag von Lynn Rother und Max Koss.

10 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 370, betonen Elsa Glasers zentrale Rolle in diesem Zusammenhang; siehe auch Entscheid Basel 2018, S. 11–12, sowie den Beitrag von Lynn Rother und Max Koss, S. 43–44.

11 Entscheid Basel 2018, S. 114. Zur Sammlung Glaser siehe den Beitrag von Judith Rauser.

12 Strobl 2006, S. 12.

13 Ebd., S. 13. Glaser war mit Gustav Kirstein und Hans Tietze als Herausgeber tĂ€tig, bis die Beilage im MĂ€rz 1926 aus wirtschaftlichen GrĂŒnden wieder mit der Zeitschrift f ür bildende Kunst zusammengelegt wurde.

14 Ebd., S. 15. Der erste Band ist erst 1920 erschienen.

15 Glaser 1908.

16 Entscheid Basel 2018, S. 13; siehe auch den Beitrag von Andreas Schalhorn, S. 49–50.

17 Curt Glaser, «Claude Monet», in: Hamburgi scher Correspondent, Nr. 119, 12.3.1903.

18 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 372; siehe auch Strobl 2006, S. 70–81, und Kuwabara 2012.

19 Strobl 2006, S. 25.

20 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 382.

21 Kunstchronik , NF 28, 1916/1917, Nr. 43 (21.9.1917), Sp. 519.

22 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 373; siehe auch das Zitat von Elsa Glaser in: Kuwabara 2012, S. 84. Ob auch Elsa konver tierte, ist nicht bekannt.

23 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 382; siehe auch den Beitrag von Andreas Schalhorn.

24 Siehe dazu den Beitrag von Joachim Brand.

25 Curt Glaser an Edvard Munch, 10.11.1923, Munchmuseet, Oslo, MM K 2346.

26 Ebd.: «Unseren Kunstbesitz im ganzen Umfange zu erhalten, bin ich nicht mehr in der Lage. So hat sich in der Wohnung einiges verÀndert.»

27 Es handelte sich nicht um eine Dienstwoh nung, die Glaser automatisch als Direktor der Kunstbibliothek mieten konnte. Vgl. Entscheid Basel 2018, S. 31–40. Dieser «WohnflĂŒgel» wurde auch «Professorenan bau» genannt. Mit herzlichem Dank fĂŒr den Hinweis an Ulrich Tempel, Berlin, vgl. auch Topographie des Terrors 2008, S. 8–27.

28 Zu seinen Reiseberichten siehe Strobl 2006, S. 95–97.

29 Siehe dazu den Beitrag von Joachim Sieber.

30 Zur Privatsammlung des Ehepaars Glaser

siehe Strobl 2006, S. 22–26, und den Beitrag von Judith Rauser.

31 Curt Glaser an Edvard Munch, 7.9.1913, Munchmuseet, Oslo, MM K 2270.

32 «Personalien. Curt Glaser», in: Die Kunst auktion. Deutsches Nachrichtenblatt des gesamten Kunstmarktes und Buchmarktes, 3, 1929, Nr. 22, 2.6.1929, S. 12.

33 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 375. Glasers umfangreiche Publikationsliste ist abgedruckt in: Strobl 2006, S. 236–284.

34 Zur Todesursache siehe den Beitrag von Lynn Rother und Max Koss, S. 46, Anm. 19.

35 Bulletin of the Fogg Art Museum, Bd. 1, Nr. 4, Mai 1932, S. 78. Die Reiseberichte dieses Aufenthalts erschienen in Buchform mit dem Titel Amerika baut auf!

36 Brand/Schulze Altcappenberg 2014, S. 470.

37 Scheffler 1946, S. 218.

38 Edvard Munch an Curt Glaser, [1933?] Munchmuseet, Oslo, MM K 2244.

39 Zur weiteren Geschichte des GemĂ€ldes siehe den Beitrag von Joachim Sieber, S. 138–140.

40 Schmitz 1931, S. 164–165.

41 Zit. n. Entscheid Basel 2018, S. 41.

42 Ebd., S. 42.

43 Entscheid Basel 2018, S. 19–24, Walk 1981, FriedlĂ€nder 1998.

44 Walk 1981, S. 12.

45 Zur Aktenlage siehe Entscheid Basel 2018, S. 24, bes. Anm. 100.

46 «Herr Glaser geht in Urlaub», in: Deutsche Zeitung, Nr. 80, 4.4.1933.

47 Entscheid Basel 2018, S. 26.

48 Basler Nachrichten, 89, 1933, Nr. 126.

49 Zum Thema «Kunsthistoriker im Exil» siehe Wendland 1998.

50 Sauerlandt 1957, S. 415.

51 FriedlÀnder 1998, S. 40.

52 Ebd., S. 31–40, siehe auch den Beitrag von Joachim Brand, S. 73.

53 Entscheid Basel 2018, S. 27–28.

54 Aukt.-Kat. Berlin 1933a.

55 Entscheid Basel 2018, S. 43.

56 Zu Restitution und RĂŒckkauf des GemĂ€ldes durch die Hamburger Kunsthalle siehe die Mitteilung der Hamburger Behörde fĂŒr Kultur und Medien vom 30.7.2018 (hamburg.de/ pressearchiv-fhh/11449606/restitution -landschaftsgemaelde-rueckkauf-kunsthalle/).

57 Aukt.-Kat. Berlin 1933b.

58 Siehe den Beitrag von Anita Haldemann, S. 105.

59 Entscheid Basel 2018, S. 46–47, 50.

60 Curt Glaser an Edvard Munch, 19.5.1933, Munchmuseet, Oslo, MM K 2387.

61 Zur Erwerbung von 200 Werken durch die Öffentliche Kunstsammlung Basel siehe den Beitrag von Anita Haldemann.

62 Siehe dazu auch den Beitrag von Lynn Rother und Max Koss, S. 44.

63 Curt Glaser an Edvard Munch, 19.5.1933, Munchmuseet, Oslo, MM K 2387.

64 Entscheid Basel 2018, S. 39, bes. Anm. 184.

65 Sie tat dies in Form einer eidesstattlichen Versicherung im Rahmen des EntschĂ€digungs verfahrens fĂŒr NS-verfolgungsbedingte Verluste, siehe Entscheid Basel 2018, S. 89 mit Anm. 466.

66 Ebd., S. 83.

67 Ebd., S. 86–87.

68 Ebd., S. 87–88 mit Anm. 459.

69 Curt Glaser an Herbert Ihering vom Berliner B örsen-Courier, 24.8.1933, Archiv der Akade mie der Bildenden KĂŒnste Berlin, Signatur Ihering 1336: «Nach reiflicher Ü berlegung scheint es mir richtig, wenn ich mich von der stĂ€ndigen Kunstberichterstattung

zurĂŒckziehe. Ich sehe voraus, dass ich mich in einem stĂ€ndigen schweren Gewissens konflikt befinden wĂŒrde. [...] Als entlassener Beamter und als Jude wĂŒrde ich in eine sehr schiefe Situation geraten.»

70 Curt Glaser an Edvard Munch, 6.11.1933, Munchmuseet, Oslo, MM K 2388.

71 Curt Glaser an Edvard Munch, 9.12.1933, Munchmuseet, Oslo, MM K 2389.

72 Von der Heydt/von Rheinbaben 1958, S. 74: «Ich nenne den bekannten Curt Glaser mit seiner ersten Frau Elsa, der in den kĂŒnstlerischen Kreisen Berlins eine grosse Rolle spielte und hĂ€ufig interessante EmpfĂ€nge gab, wo man alles kĂŒnstlerisch Interessante in guter Zusammenstellung traf.»

73 Curt Glaser, «Reise im Auto. III. Von Basel ĂŒber die AlpenpĂ€sse nach dem SĂŒden», in: Berliner B örsen-Courier, Nr. 443, 21.9.1928, und «Ascona», in: Berliner B örsen-Courier, Nr. 447, 23.9.1928; siehe auch Illner 2013, S. 242–243.

74 FĂŒr Details zu Glasers finanzieller Lage, Pension und Kompensationsforderungen siehe Entscheid Basel 2018, S. 94–107.

75 Zit. n. Strobl 2006, S. 19, Anm. 32.

76 Siehe Details und Quellen in Entscheid Basel 2018, S. 104–105.

77 UnabhĂ€ngige Expertenkommission Schweiz –  Zweiter Weltkrieg 2001, S. 283, und Entscheid Basel 2018, S. 90–91.

78 Zit. n. Entscheid Basel 2018, S. 101.

79 Zit. n. ebd., S. 101–102.

80 Curt Glaser an Edvard Munch, 22.7.1935, Munchmuseet, Oslo, MM K 2391.

81 Siehe Entscheid Basel 2018, S. 93–94.

82 Abgedruckt in: Walravens 2012, S. 85–387.

83 Karl Scheffler an Hans Purrmann, 6.5.1940, zit. n. Billeter/Kennedy/Matelowski 2021, S. 100.

84 Curt Glaser an Edvard Munch, 10.12.1934, Munchmuseet, Oslo, MM K 2390.

85 Zu Schmuklerski siehe archiv.gta.arch.ethz. ch/nachlaesse-vorlaesse/max-schmuklerski -19051995.

86 Zur Villa Romana siehe Ausst.-Kat. Bonn 2013.

87 Kunstmuseum Basel, Archiv, G12-02_1938.

88 Protokoll der Sitzung der Kunstkommission vom 9.9.1938, Kunstmuseum Basel, Archiv: B1/16-Protokolle der Kunstkommission, S. 134–135; siehe auch Entscheid Basel 2018, S. 129–130.

89 Brief der Kommission zur Öffentlichen Sammlung an den PrĂ€sidenten der Universi tĂ€t Basel, Prof. Dr. M. Gerwig vom 15.12.1938, Kunstmuseum Basel, Archiv, E07-03.

90 Billeter/Kennedy/Matelowski 2021, S. 90.

91 Curt Glaser an Edvard Munch, 18.12.1938, Munchmuseet, Oslo, MM K 2394.

92 Siehe den Beitrag von Joachim Sieber, S. 138–139.

93 Brief von Leo S. Gutman an Paul J. Sachs, 10.10.1940. Paul J. Sachs Papers (HC 3), folder 724. Harvard Art Museums Archives, Harvard University, Cambridge, MA.

94 Brief von Paul J. Sachs an Leo S. Gutman, 15.10.1940, ebd.

95 Irmo Marini und Mark A. Stenicki (Hrsg.), Psychological and Social Impact of Illness and Disability , New York 2017, S. 3–13. Eine Gewichtskurve von Kindern im «Sonnen hof» vom September 1940 bis Mai 1941 zeigt, dass Evas Gewicht sehr gering war, siehe Ita Wegman Institut, Arlesheim. Sie starb zwei Jahre spĂ€ter, siehe Anm. 111.

96 Werner Pache (Leiter des «Sonnenhofs») an Ita Wegman, 18.11.1940: «Frau Glaser war

20
Anita Haldemann und Noemi Scherrer

unangemeldet ganz plötzlich hier und hat bei Evchen hineingeschaut, wollte aber nicht, dass man Jemanden von uns holte. Sie hat dabei en passant zu FrĂ€ulein Eisenmenger gesagt, dass sie jetzt bald nach ZĂŒrich ĂŒbersiedelten und ihr Mann sobald wie möglich nach Amerika wollte, wenn sie nur noch zurecht kĂ€men. Evchen dachten sie natĂŒrlich hier zu lassen; denn sie sei ja gut aufgehoben; sie kĂ€me noch einmal im Dezember hierher. Wir meinen, dass es doch nötig wĂ€re, vor einer eventuellen Abreise der Eltern mit diesen die Situation von Evchen fĂŒr EventualfĂ€lle durchzusprechen. Es könnte sonst finanzielle und andere Schwierigkeiten geben. Allerdings sind Glasers ehrenwerte Leute und ich denke dass sie schon daran gedacht haben werden, dass Evchen sichergestellt sein muss. WĂ€re es Ihnen nicht möglich, ein GesprĂ€ch mit Glasers herbeizufĂŒhren, bevor diese Ascona verlassen?», Archiv Ita Wegman Institut, Archiv Sonnenhof, Arlesheim. Mit herz lichem Dank an Tessa Rosebrock fĂŒr die Erschliessung dieser Quelle und Gunhild Pörksen sowie Niklaus Hottinger fĂŒr die ArchivauszĂŒge.

97 Ita Wegman an Curt Glaser, 22.11.1940, Archiv Ita Wegman Institut, Archiv Sonnen hof, Arlesheim.

98 Curt Glaser an Ita Wegman, 25.11.1940, ebd.

99 Curt Glaser an Wilhelm Wartmann, 9.12.1940, ZĂŒrcher Kunstgesellschaft/Kunst haus ZĂŒrich, eingehende Korrespondenz Archiv 10.30.30.067; siehe auch den Beitrag von Joachim Sieber, S. 139–140.

100 Siehe den Beitrag von Joachim Sieber, S. 138–139.

101 Siehe Anm. 99.

102 Curt Glaser an Wilhelm Wartmann, 12.12.1940, Archiv ZĂŒrcher Kunstgesell schaft/Kunsthaus ZĂŒrich, eingehende Korrespondenz Archiv 10.30.30.067.

103 Ebd.

104 Max J. FriedlĂ€nder an Curt Glaser (Ascona), 14.1.1941, zit. n. Walravens 1990a, S. 111–112 (Original im Leo Baeck Institute, New York).

105 Brief von Ita Wegman an Werner Pache (Ascona), 8.2.1941, Ita Wegman Institut, Arlesheim.

106 Mit freundlichem Dank an Tessa Rosebrock fĂŒr diesen Hinweis; siehe Krohn 1998, und Heimat und Exil 2006.

107 Ebd., Anm. 574.

108 Strobl 2006, S. 21.

109 Zum Leben Glasers im Exil in den USA siehe den Beitrag von Jennifer Tonkovich, S. 158.

110 Adolph Goldschmidt (Basel) an Curt Glaser (New York), 11.1.1942, zit. n. Walravens 1990a, S. 109–110 (Original im Leo Baeck Institute, New York).

111 Eintrag in den Akten des «Sonnenhofs», Archiv Ita Wegman Institut, Archiv Sonnen hof, Arlesheim. Strobl 2006, S. 20 mit Anm. 40, gibt das Todesdatum 10.2.1935 an, das wohl in der EntschÀdigungsakte falsch ver merkt worden war; siehe Entscheid Basel 2018, S. 93, Anm. 500.

112 Strobl 2006, S. 20–21.

113 Siehe den Beitrag von Jennifer Tonkovich, S. 158.

114 Kunstmuseum Basel, Archiv, Depositenbuch, Eintrag vom 23.8.1947: «Depositum von Frau Maria Glaser, 27 West 96th St. New York 25, N.Y[.]»; siehe Entscheid Basel 2018, S. 122–123.

115 Freundliche Auskunft Walter Feilchenfeldt vom 15.5.2018.

Curt Glaser. Aus der Mitte der Berliner Kunstwelt in

116 Hans Purrmann an Karl Scheffler, 6.10.1947, vgl. Billeter/Kennedy/Matelowski 2021, S. 133.

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Emigration
die

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