Globaler Wachstumsausblick 06/2021

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Die amerikanische Lokomotive der Weltwirtschaft | Aufschwung im Norden, Risiken im Süden 23/06/2021

mit knapp sechs Prozent wachsen. Venezuela wird wohl nach einer tiefen Rezession von 30 Prozent dieses Jahr um weitere zehn Prozent einbrechen. Der IWF betont, dass die Länder in der Region bis auf wenige Ausnahmen (Chile, Costa Rica) noch nicht ausreichend Impfstoff erwerben konnten und daher noch mit dem Risiko von Infektionswellen und Beschränkungen leben müssen. Afrika südlich der Sahara wird mit knapp 3½ Prozent die Einbrüche des Vorjahres mehr als wettmachen können. Südafrika wird jedoch nach dem harten Einbruch (minus sieben Prozent) dieses Jahr nur mit gut drei Prozent wachsen, Nigeria wenigstens mit 2½ Prozent (minus 1,8 Prozent 2020).

Die Finanzpolitik stützt die Erholung weiterhin, aber in geringerem Umfang Die Regierungen der großen Volkswirtschaften haben im letzten und im laufenden Jahr die wirtschaftliche Aktivität durch eine Vielzahl von Programmen gestützt. Der IWF hat ein Volumen von 16 Billionen US-Dollar an Maßnahmen, die bis Ende März beschlossen waren, errechnet; davon entfielen zehn Billionen US-Dollar auf Mehrausgaben und Mindereinnahmen und sechs Billionen auf Kredite, Garantien und Eigenkapitalhilfen; über die Hälfte der Maßnahmen war zur Einkommenssicherung von Arbeitnehmern vorgesehen (IWF 2021b). Der Löwenanteil entfiel auf die Industrieländer, die auch in diesem Jahr die Wirtschaft weiter stützen werden. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer konnten 2020 in nur geringerem Umfang gegenhalten, und viele beginnen bereits dieses Jahr mit der Konsolidierung. Ohne diese massiven Maßnahmen wäre die Wirtschaftsleistung in der Welt wohl um weitere sechs Prozentpunkte eingebrochen (IWF 2021a). Insgesamt dominierten bislang die Rettungselemente in der Finanzpolitik, während echte konjunkturelle Stimuli in Verbindung mit politischen Schwerpunktsetzungen in der Regel zugunsten von Klimaschutz, Digitalisierung, Infrastruktur und Wachstum noch nicht breit vertreten sind. Insbesondere die Konjunkturprogramme in Deutschland, Frankreich und Japan enthielten bereits früh solche Elemente, während die entsprechenden Ansätze in den USA erst in den nächsten beiden geplanten Maßnahmenpaketen der Biden-Administration zum Zuge kommen sollen. In den USA hatte bereits die Trump-Administration zwei Programme beschlossen, die durch das jüngste Biden-Paket noch ergänzt worden sind. Die Maßnahmen umfassten 2020 16,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Kombination aus dem Dezember-Paket der Trump-Administration in Höhe von 900 Milliarden US-Dollar und dem Biden-Paket in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar in diesem Jahr wird einen Impuls von gut zehn Prozent der Wirtschaftsleistung setzen. Biden plant zwei weitere Maßnahmenpakete in der Größenordnung von vier Billionen US-Dollar, die steuerfinanziert werden sollen. Ob dies alles auch im Rahmen von Haushaltsgesetzgebungen möglich sein wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall dürfte die US-Finanzpolitik das wirtschaftliche Wachstum in Kanada und Mexiko um bis zu einem Prozentpunkt und in Europa und China um gut einen Viertel- bis einen Halbpunkt stärken (OECD 2021); für Deutschland hat der Sachverständigenrat einen Effekt von 0,4-0,7 Prozent errechnet (Sachverständigenrat 2021); wir gehen von gut einem halben Punkt aus. China hatte 2020 nur moderat gegengesteuert und wird dieses Jahr die öffentlichen Finanzen leicht konsolidieren. Japan hat mit mehreren Nachtragshaushalten Impulse in beiden Jahren gesetzt, die sich auf knapp 16 Prozent beliefen, das Vereinigte Königreich hielt mit 13 Prozent gegen. Allein im Euroraum beliefen sich die Stützungsprogramme auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung durch direkte Maßnahmen, auf weitere fünf Prozent im Rahmen automatischer Stabilisatoren und auf 19 Prozent durch indirekte Maßnahmen wie Kredite und Garantien (IWF 2021b). Die Europäische Kommission rechnet für dieses Jahr erneut mit Stützungsmaßnahmen in der Größenordnung von knapp vier Prozent der Wirtschaftsleistung, die nächstes Jahr dann auf ein Prozent sinken dürften

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