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ROBERTS LIARDON Gottes Generäle VI

Die Märtyrer

RUACH

Copyright © 2016 by Roberts Liardon

Originally published in English under the title: God’s Generals: The Martyrs published by Whitaker House, 1030 Hunt Valley Circle, New Kensington, PA 15068, USA

All rights reserved.

Für die deutschsprachige Ausgabe ©2024, by

Ruach Verlag

Koch & Sohn GbR

Musikantenstraße 11 D – 31737 Rinteln

Alle Rechte vorbehalten

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

1. Auflage, September 2024

ISBN 978-3-98590-006-0 (Buch) E-Book ISBN 978-3-98590-045-9 (E-Book)

Die Bibelzitate wurden, wenn nicht anders angegeben, der Schlachter 2000 entnommen: Bibeltext der Schlachter, Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Hervorhebung durch den Autor.

info@ruach-verlag.de www.ruach-verlag.de

WIDMUNG

Ich widme dieses Buch meinem Vorfahren, Wilhelm Heckardt. Wilhelm Heckardt wurde 1498 in Dresden, Sachsen, Deutschland, geboren und wuchs in einer wohlhabenden und einflussreichen Familie auf. Wie die meisten Sachsen zu jener Zeit wurde er römisch-katholisch erzogen. Doch kurz bevor sein Vater starb und er den Titel und das riesige Anwesen seines Vaters erbte, nagelte ein Mann namens Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche. Wilhelm wurde mitgerissen von der Offenbarung „aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben“ (Epheser 2:8). Dies änderte den Verlauf seines irdischen Lebens ebenso wie den seines ewigen Lebens.

Wilhelms familiärer Reichtum und sein Ansehen konnten ihn nicht vor der Verfolgung der neuen Protestanten durch die römisch-katholische Kirche bewahren, und so floh er aus Deutschland. Da er sehr gebildet war und die englische Sprache fließend beherrschte, zog er nach England und anglisierte seinen Namen. Nun als William Hacker bekannt, gelang es ihm jedoch nicht, sich der Religion von Großbritannien „anzupassen“, das zu jener Zeit (unter Heinrich VIII.) dem römischen Papst treu ergeben war. Stattdessen erzählte William, getreu seiner neuen Natur in Jesus Christus, jedem, den er traf, dass er durch den Glauben gerettet worden war.

Da er bei seiner Auswanderung nach England sein gesamtes finanzielles Vermögen verloren hatte, waren die meisten Menschen, zu denen William predigte, weder wohlhabend noch einflussreich. Er hatte jedoch einige wohlhabende Gönner, die ihm Bibeln kauften, um sie zu verteilen, und ihm erlaubten, in ihren Schlössern zu predigen. Als Kardinal Wolsey vom Papst unter Druck gesetzt wurde, um Geld für die Fertigstellung des Petersdoms in Rom zu erhalten, sammelte der Kardinal protestantische „Ketzer“ ein und folterte sie, um die Namen aller wohlhabenden Gläubigen zu erfahren. Dann ließ er sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen und beschlagnahmte ihr Vermögen für den Baufonds des Papstes.

William Hacker wurde inhaftiert und gefoltert, weigerte sich aber, die Namen derjenigen zu nennen, die ihm geholfen hatten. Er wurde auf die Folterbank gelegt und gestreckt, bis seine Gelenke auseinandergezogen wurden. Als das nicht funktionierte, wurden heiße Kohlen auf seine Wirbelsäule gelegt, bis das Fleisch abblätterte. Zu diesem Zeitpunkt lallte er nur noch und war nahezu bewusstlos. Alles, was er sagte, war: „Ja, ja, ja.“ Sie fragten ihn, ob ein bestimmter Adliger einer seiner Wohltäter sei, und er sagte: „Ja, ja, ja“.

Nachdem die Männer des Kardinals Wilhelms „Geständnis“ über diese „Ketzer“ erhalten hatten, richteten sie seine Wohltäter hin und schickten ihr

Vermögen nach Rom. William wurde freigelassen und starb kurz darauf, im Jahre 1528 in London, an den Folgen der Folter.

Dieses Buch ist den vielen gewidmet, die, wie William, alles für Jesus Christus hingegeben haben, sogar bis hin zu Verfolgung, Folter und Tod. Lasst uns in unseren Herzen durchbohrt sein, dass wir nicht weniger für den tun, der für uns durchbohrt wurde!

(AD 2000–heute)

Die ganze Welt in Aufruhr versetzen

(AD 1–100)

Auf dem Weg in die Herrlichkeit

(AD 100)

(AD 100–300) 5 Gott pausiert nie

(AD 300–1300) 6 Tausend Jahre bis zur Freiheit

(AD 1300–1500)

Flammen überwinden die Dunkelheit

(AD 1500–1600)

Missionare gehen in die ganze Welt

(AD 1600–1900) 9 Der Kommunismus: Satans Massenvernichtungswaffe 231 (AD1900–2000)

Nazismus: Der Preis der Jüngerschaft 261 (AD 1900–2000) 11 Die Kraft des Evangeliums in der Dritten Welt

(AD 1900–2000)

Die Bibliothek von Gottes Generäle ist zu einer literarischen Schatztruhe mit geistlichen Größen der Kirchengeschichte geworden – eine mächtige Quelle, die zum Glauben inspiriert und Weisheit vermittelt. Mein Freund und Evangelistenkollege Roberts Liardon hat nachgeforscht und die mühsame Ausgrabung übernommen; wir dürfen den Schatz teilen. Sein neuester Teil, Die Märtyrer, ist meiner Meinung nach der wichtigste Band der Sammlung geworden. Lassen Sie mich erklären, warum.

Als Missionar und Evangelist in Afrika hatte ich das unglaubliche Privileg, Christen kennenlernen zu dürfen, die ihr Leben für das Evangelium gaben. Einige von ihnen starben nur wenige Augenblicke, nachdem sie auf unserer Plattform öffentlich Zeugnis von ihrer Bekehrung abgelegt hatten. Ich kenne auch Familienmitglieder, die von Märtyrern zurückgelassen wurden. Viele unserer Teammitglieder sind mehrmals nur um Haaresbreite dem Märtyrertod entgangen. Andere haben ihr Leben für die Arbeit gegeben, und wir alle sind bereit, das Gleiche zu tun.

Ein Buch wie dieses liegt mir daher sehr am Herzen. Es hilft, zwei Welten innerhalb des Leibes Christi zu verbinden. Westliche Christen müssen den Schleier entfernen, der oft verbirgt, was „normales“ Christentum für den Rest der Welt ist. In der Tat leben die meisten Christen heute außerhalb von Nordamerika und Europa. Mehr noch, der größte Teil der Geschichte der Kirche – unsere Geschichte – musste in einem sehr feindlichen Gebiet wachsen und gedeihen. Viele unserer Brüder und Schwestern mussten Druck, Ablehnung, Diskriminierung, Schläge, Folter, Tod und den Verlust geliebter Menschen erleiden, einfach nur wegen ihres Glaubens an Christus und ihrer Treue zum Evangelium. Das ist die Realität – und es ist eine andauernde Realität.

Im Gegensatz zu dem, was manche glauben, ist die Zeit der Märtyrer nicht zu Ende. Im letzten Jahrhundert haben mehr Menschen ihr Leben für das Evangelium gegeben als in der gesamten Kirchengeschichte zuvor. Die verbleibenden unerreichten Gebiete in der Welt sind heute gefährlich und stehen dem Christentum feindlich gegenüber. Um sie zu erreichen, bedarf es einer Generation, die bereit ist, den höchsten Preis zu zahlen.

In Offenbarung 12:11 werden diejenigen beschrieben, die den Feind überwunden haben „… um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen und haben ihr Leben nicht geliebt bis in den Tod!“ Diese unerschütterliche Treue zum Namen Christi, selbst im Angesicht von Verfolgung, Leiden und Tod, wird ein Schlüssel zum Sieg der Kirche in der Endzeit sein. Und diese Realität spielt sich schon jetzt überall auf der Welt ab.

In einer Zeit, in der das westliche Christentum das Kreuz allzu oft ignoriert, um den Konsumenten zu gefallen, gibt uns Roberts’ Buch eine Dosis Realität, die wir dringend brauchen.

Und es ist eine Sache, die die Bibel von uns verlangt. Die Schrift fordert uns auf, derer zu gedenken, die für ihren Glauben gelitten haben (siehe Hebräer 11:1-12:3). Sie sagt uns, dass wir uns von ihren Beispielen nicht nur inspirieren, sondern auch lehren lassen sollen, wo immer wir leben. Wenn diesen mutigen Zeugen das Reich Gottes wichtiger war als ihr eigenes Wohlergehen, dann können wir das auch. Wenn Jesus für sie das alles wert war, kann Er auch für uns das alles wert sein!

Die Märtyrer erinnern uns daran, dass diese Welt nicht unser Zuhause ist. Gottes ewiges Reich ist unsere Bestimmung, die schon jetzt all unserer Zuneigung und unseres Strebens würdig ist. Das Leben auf der Erde ist nur ein kurzer Aufenthalt. Jesus wird wiederkommen. Die Toten werden auferstehen, und alle werden vor dem Richterstuhl Christi stehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere christlichen Freiheiten und unser Reichtum uns so sehr hypnotisieren, dass wir das kommende Zeitalter praktisch verleugnen. Es reicht nicht aus, sich auf eine bequeme biblische Rechtsgläubigkeit zu berufen, während wir in dieser Welt verwurzelt leben. Jesus ist gestorben, um uns ewiges Leben zu geben.

Gibt es neben der Heiligen Schrift eine bessere Möglichkeit, die ewige Perspektive zu bewahren und geistig nüchtern zu bleiben, als etwas über die Märtyrer zu lesen? Roberts Liardon bietet uns die perfekte Quelle für ihre Geschichten. Natürlich musste er einige Beispiele auswählen, um die vielen anderen zu repräsentieren. Doch dies ist ein Buch, in dem es von erstaunlichen Berichten über Heilige aus allen Zeiten, die Jesus und Sein Evangelium über ihr eigenes Leben stellten, nur so wimmelt.

Gleich zu Beginn konfrontiert uns Roberts mit Martyrien, die sich aktuell in den globalen Konflikten unserer Zeit ereignet haben. Dann geht er zurück in die Zeit des Neuen Testaments und verfolgt die Geschichten der Märtyrer chronologisch bis in unsere Zeit zurück. Nach der Lektüre dieses Buches hatte ich tatsächlich das Gefühl, die christliche Geschichte aus der Vogelperspektive betrachtet zu haben. Aber lassen Sie sich von dieser Aussage nicht täuschen. Dieses Buch ist kein langweiliges Lehrbuch. Es informiert wie ein Geschichtsbuch und liest sich wie ein Thriller. Roberts außergewöhnliche Fähigkeit, Geschichten zu erzählen, und seine leichte Prosa werden Sie von Absatz zu Absatz und von Seite zu Seite fesseln. Doch das intensive Drama und die atemberaubende Action sind real. Diese Geschichten sind wahr, tadellos recherchiert und durchweg gut dokumentiert.

Deshalb empfehle ich Ihnen dieses Buch von ganzem Herzen. Es ist wie ein aktualisiertes Foxe’s Book of Martyrs für eine neue Generation. Jeder Christ sollte es lesen und es sich zu Herzen nehmen. Wir haben nur eine Chance, in dieser Welt für Jesus zu leben, und Er ist es allemal wert.

– Daniel Kolenda Präsident und CEO, Christus für alle Nationen

EINFÜHRUNG

„Das Blut der Heiligen ist die Saat der Kirche“

In den letzten zweitausend Jahren ist die christliche Kirche von zwölf ungebildeten Aposteln in Judäa, auf einhundertzwanzig gesalbte Jünger in einem Obergemach, auf Tausende von bekehrten Juden und Heiden im Nahen Osten, auf Hunderte von Millionen von Menschen, aus fast allen Stämmen und Nationen der Erde, angewachsen. Die wahre Kirche Jesu Christi, die gefüllt ist mit Gläubigen, welche durch den Heiligen Geist wiedergeboren wurden, ist trotz aller Taktiken Satans, der versucht hat, sie zu zerstören, gewachsen. Jesus hat versprochen, dass Er derjenige sein wird, der Seine Kirche baut, und „… die Pforten des Totenreiches sollen sie nicht überwältigen“ (siehe Matthäus 16:18). Er hält sein Versprechen.

Eine der erstaunlichsten Möglichkeiten, wie der Leib Christi durch die Jahrhunderte gewachsen ist, ist das Martyrium treuer Zeugen Jesu Christi. Tertullian, ein Kirchenführer im zweiten Jahrhundert, schrieb ein prophetisches Wort: „Das Blut der Heiligen ist der Same der Kirche.“ Dieses Wort und das Vergießen von Blut um Christi willen sind durch zweitausend Jahre christlicher Geschichte hindurch wahr geblieben. Wo immer es ein Martyrium im Namen Jesu gibt, blüht die Kirche im Leib Christi auf. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viel Frucht“ (Johannes 12:24 ff.).

ES GEHT DARUM, EIN ZEUGE ZU SEIN!

Ein Märtyrer zu sein, bedeutet, ein Zeuge für Jesus zu sein. Was war die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Märtyrer“? Das Wort stammt vom griechischen Wort martur ab und wurde ursprünglich mit „Zeuge“ übersetzt. Ursprünglich war ein Märtyrer jemand, der Zeuge eines wichtigen Ereignisses war und dann öffentlich über das Gesehene sprach. Das heutige Wörterbuch beschreibt einen Zeugen als „eine Person, die persönlich anwesend ist, um etwas zu sehen oder wahrzunehmen; ein Zuschauer oder Augenzeuge“.

Ein Zeuge kann nicht einfach seine eigene Geschichte erfinden! Das wäre ein falscher Zeuge. Ein echter Zeuge muss Tatsachen und Lebensereignisse so berichten, wie er oder sie diese gesehen hat. Wenn es mehr als einen Zeugen für ein Ereignis gibt, verleiht das natürlich noch mehr Glaubwürdigkeit.

Jesus wusste genau, wie wichtig es ist, Zeugen zu haben, um die Wahrheit zu beweisen. Er sagte zu den Jüngern: „Und der Vater, der mich gesandt hat, hat

selbst von mir Zeugnis gegeben“ (Johannes 5:37). Nach jüdischem Recht waren mindestens zwei Zeugen erforderlich, um ein Zeugnis zu bestätigen. Jesus kannte dieses Gesetz und wusste, wie wichtig es war, Zeugen zu haben. Jesus versicherte Seinen Jüngern: „Ich bin es, der ich von mir selbst Zeugnis gebe, und der Vater, der mich gesandt hat, gibt auch Zeugnis von mir.“ (Johannes 8:18). In der Nacht vor Seiner Kreuzigung sagte Er zu Seinen Jüngern: „Wenn aber der Beistand kommen wird, den ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, so wird der von mir Zeugnis geben; und auch ihr werdet Zeugnis geben, weil ihr von Anfang an bei mir gewesen seid“ (Johannes 15:26-27).

Es ist Gottes ewiger Plan, menschliche Zeugen einzusetzen, um die Botschaft des Evangeliums von Jesus Christus in der ganzen Welt zu verbreiten. Deshalb war es so wichtig, dass die Jünger verstanden, wie wichtig es ist, Seine Zeugen zu sein. Der letzte Befehl Jesu an sie lautete, in der Kraft des Heiligen Geistes hinauszugehen und Zeugnis zu geben. „Sondern ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist, und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde!“ (Apostelgeschichte 1:8). Jesus wollte Seinen Standpunkt vollkommen klar machen: Das Leben eines Christen besteht darin, ein Zeuge zu sein.

ZEUGEN WERDEN ZU MÄRTYRERN

Sechzig Jahre nachdem Jesus in den Himmel aufgefahren war, schrieb der Apostel Johannes einen Brief, in dem er den Auftrag des Herrn bekräftigte, ein Zeuge zu sein. Johannes schrieb: „Was von Anfang war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen [bezeugt] haben, was wir angeschaut und was unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens [Jesus] … was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus“ (siehe 1. Johannes 1:1+3). Nichts war den ersten Aposteln wichtiger: Sie waren berufen, mutige Zeugen zu sein und das, was sie von Jesus Christus gesehen und gehört hatten, von Jerusalem aus in Judäa und dann auf der ganzen Erde zu verkünden.

Johannes schrieb diesen Brief ungefähr 97 n. Chr.. Die anderen elf Apostel und Tausende von Jüngern waren bereits von Nero und anderen ausländischen Führern wegen ihres Glaubens brutal umgebracht worden. Ein Zeuge für Christus zu sein, hatte eine ganz neue Bedeutung bekommen. Das Wort „Märtyrer“ bezog sich nicht mehr nur auf diejenigen, die für Jesus Zeugnis ablegten, sondern auf diejenigen, die bereit waren, lieber zu sterben, als ihn zu verleugnen.

Es ist Jahrhunderte her, dass die westliche christliche Kirche die Brutalität des Martyriums für den christlichen Glauben erlebt hat. Für die meisten westlichen Christen gehört das Martyrium der fernen Vergangenheit an. Dank der digitalen Medien und des Aufstiegs des Globalismus rückt das christliche Martyrium, das jahrhundertelang in „dunklen Ecken“ stattfand, nun jedoch in unser Blickfeld. Entführungen, Enthauptungen und Massenmorde an Christen werden in grausamen Internetvideos schmerzhaft dargestellt. Islamische Extremisten und politische Rebellen stellen ihre Gewalt gegen christliche Gemeinschaften zur Schau. In Ländern des Nahen Ostens, Asiens und Afrikas sind ganze Dörfer mit Männern, Frauen und Kindern im Namen des Hasses mit Schwert, Pistole und Feuer niedergemetzelt worden. Organisationen wie Voice of the Martyrs und Open Doors haben unermüdlich daran gearbeitet, uns auf die Tragödie von verfolgten Christen in aller Welt aufmerksam zu machen.

Heute durchstreift der Geist des Antichristen die Erde und erfüllt die Herzen von Männern und Frauen mit Hass auf die Anhänger Christi, so wie er es seit der Entstehung des Christentums getan hat. Satan hat seine Bemühungen erneuert, das Volk Gottes brutal vom Angesicht der Erde zu tilgen. Er wird jedes Mittel und jede Ideologie nutzen, die ihm zur Verfügung stehen, um dieses Ziel zu erreichen.

Aber es gibt eine gute Nachricht! Wir wissen, wer diesen Kampf gewinnt! Weil Jesus in uns wohnt, wissen wir, dass der endgültige Sieg unser ist. Das Wort Gottes versichert uns: „Kinder, ihr seid aus Gott und habt jene überwunden, weil der, welcher in euch ist, größer ist als der, welcher in der Welt ist“ (1. Johannes 4:4). Die Nachfolger Jesu werden diese Welt und den wahren Feind, Satan, überwinden „um des Blutes des Lammes und um des Wortes ihres Zeugnisses willen“ (Offenbarung 12:11).

EHRUNG CHRISTLICHER MÄRTYRER AUS

VERGANGENHEIT UND GEGENWART

In Gottes Generäle VI: Die Märtyrer möchte ich ein wenig Licht in unsere christliche Geschichte bringen, die manchmal längst in Vergessenheit geraten ist. Wann immer möglich, habe ich direkt aus dem Originaltext der Erfahrungen der Märtyrer zitiert – ihre Worte sind stärker als alles, was ich hätte schreiben können. Es ist unmöglich, dass ich auch nur ein Prozent der Leben von all den treuen christlichen Märtyrer beschreiben könnte. Ein paar ihrer Geschichten zu erzählen, ist mein Versuch, sie alle zu ehren. (Manchmal habe ich einige bildliche Details von ihrem Tod geschildert,

damit wir verstehen können, wie viel sie für Christus geopfert haben.) Ich bin sicher, dass der Vater den Namen jedes einzelnen gemarterten Mannes, jeder Frau und jedes Kindes kennt und dass Er sie mit ihrem ultimativen Lohn – der ewigen Ehre im Himmel – gesegnet hat.

Die Märtyrer von heute und die Millionen, die vor ihnen gegangen sind, wiederholen den Ruf des Apostels Paulus: „Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nun lebe ich, aber nicht mehr ich (selbst), sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Galater 2:20).

Kapitel 7

FLAMMEN ÜBERWINDEN DIE DUNKELHEIT

(AD 1500–1600)

ANNE ASKEW: GEFOLTERT IM TOWER OF LONDON

„Sie brachten mich in den untersten Raum im Weißen Turm und legten mich auf die Folterbank, weil ich kein Geständnis zu irgendwelchen Damen oder vornehmen Frauen machen wollte, die meinen [christlichen] Glauben teilen. Weil ich still dalag und nicht weinte, gaben sich mein Lordkanzler und Master Rich alle Mühe, mich mit ihren eigenen Händen zu foltern, bis ich fast tot war.“

– Anne Askew, 1546

Viele der frühen Märtyrer der Reformation waren Männer – ehemalige katholische Priester, die durch das Lesen der Bibel zu einem starken Glauben an Jesus fanden und versuchten, die Fehler der Kirche von innen heraus zu ändern. Es dauerte jedoch nicht lange, bis auch Frauen den Schrei nach Freiheit in Christus aufnahmen. Eine der berühmtesten war

Anne Askew aus Lincolnshire, England, die erste Frau, die im Tower of London gefoltert wurde, und die einzige (bis heute), die dort gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Anne war eine mutige, intelligente und willensstarke Frau, die sich weigerte, sich der Herrschaft der falschen kirchlichen Autorität zu beugen. Sie verdient es, für ihre Tapferkeit als Märtyrerin für Christus gefeiert zu werden.

Anne wurde 1521 in Lincolnshire, England, als Tochter von William und Elizabeth Askew geboren. Ihr Vater war ein wohlhabender Landbesitzer und Berater am Hof von König Heinrich VIII. Nach dem Tod von Elizabeth zahlte William eine reiche Mitgift für seine älteste Tochter Martha, weil sie Thomas Kyme, einen wohlhabenden katholischen Grundbesitzer, heiraten sollte. Unglücklicherweise starb Martha, bevor die Hochzeit stattfand, und um die Mitgift zu schützen, zwang William die fünfzehnjährige Anne dazu, Kyme an Marthas Stelle zu heiraten.121

Im England des 16. Jahrhunderts erhielten junge Frauen in der Regel keine umfassende Ausbildung, aber William hatte Anne eine seltene Gelegenheit

121. James Gairdner, „Askew, Anne“ Dictionary of National Biography, vol. 2 (London: Smith, Elder & Company, 1885).

gegeben; sie konnte lesen und studierte die Bibel und das englische Recht. Außerdem war sie eine überzeugte und offenkundige Protestantin, noch bevor sie in den Bund der Ehe einging – eine Ehe mit einem Katholiken, die zum Scheitern verurteilt war.

Die egoistische Welt von König Heinrich VIII.

Anne Askew wurde während der Mitte der Regierungszeit von König Heinrich VIII. geboren, als der Kampf zwischen der katholischen Kirche und der englischen Reformation immer heftiger wurde. Unter dem egozentrischen und unberechenbaren König Heinrich war es gefährlich, als Katholik oder Reformator starke religiöse Ansichten zu haben. Der König war ein so gewiefter Egoist, dass er 1531 jede Verbindung mit dem Papst und der katholischen Kirche kündigte und seine eigene christliche Denomination gründete. Dies geschah nicht aus rechtschaffenen Gründen oder um die Wahrheit des Wortes Gottes zu unterstützen. Heinrich beanspruchte seine „rechtmäßige“ Position als souveränes Oberhaupt der Kirche von England nur, um die Bibel so auszulegen, dass er seine eigenen Ziele erreichen konnte.

Heinrich war 1509 zum König von England gekrönt worden und heiratete sofort Katharina von Aragon, eine spanische Prinzessin, die Witwe seines älteren Bruders. Nach siebenundzwanzig Jahren Ehe mit Katharina (sie gebar sechs Kinder, aber nur eine Tochter, die spätere Königin Maria, überlebte das Kindesalter) suchte Heinrich nach einem „biblischen Grund“, um seine Ehe annullieren zu lassen. Er war von der jungen und schönen Anne Boleyn fasziniert, und wollte eine weitere Chance, einen männlichen Erben zu zeugen. Seine Begründung für die Annullierung war ein absichtlicher Missbrauch der Heiligen Schrift, der sich auf 3. Mose 20:21 stützte: „Wenn ein Mann die Frau seines Bruders nimmt, so ist das eine Unreinheit; sie sollen kinderlos bleiben, weil er die Scham seines Bruders entblößt hat.“ Heinrich bat den Papst um eine sofortige Annullierung, da seine Ehe gemäß 3. Mose 20 „eine Sünde vor Gott“ sei.122

Papst Clemens VII., der kein Günstling Heinrichs war, durchschaute die Manipulation des Bibelverses durch den König und weigerte sich, die Annullierung zu gewähren. Heinrich VIII. war wütend – wie ein Kind, das einen Wutanfall bekommt, um seinen Willen durchzusetzen! Theologen in London und Rom schrieben hitzige Briefe, in denen sie beide Seiten des Streits verteidigten. Am Ende war der Papst unnachgiebig. Es würde keine Annullierung geben.

122. „Henry VIII, King of England 1491–1547,“ Biography.com, http://www.biography.com/ people/henry-viii-9335322.

In seiner Wut brach Heinrich alle Verbindungen zur römischen Kirche ab. Im Jahre 1531 lehnte er die Autorität des Papstes in ganz England ab und verlangte, dass alle katholischen Geistlichen in England den Eid der Vorherrschaft leisteten, der Heinrich als souveränes Oberhaupt der neuen Kirche von England anerkannte. Katharina wurde ihres Titels als Königin beraubt und erhielt eine geringere Rolle als Prinzessinwitwe von Wales. Mit gebrochenem Herzen wurde sie vom Hof verbannt und für den Rest ihres Lebens nach Kimbolton Castle geschickt.

Als Sir Thomas More, ein enger Freund des Königs und Hoher Lordkanzler von England, sich weigerte, den Eid der Vorherrschaft abzulegen oder die Annullierung anzuerkennen, wurde er des Hochverrats angeklagt, in den Tower of London geworfen und anschließend enthauptet. Später im selben Jahr stimmte das Parlament Heinrichs Annullierung zu, und er heiratete glücklich die bereits schwangere Anne Boleyn.

Die Beziehungen Englands zum Papst wurden gekappt, aber die Bischöfe und Priester betrachteten sich weiterhin als Katholiken und behielten die gesamte traditionelle katholische Lehre als Glaubensgrundlage der englischen Kirche bei, einschließlich der Feier der Messe.

Auf Drängen seiner Kardinäle unterzeichnete Heinrich 1539 ein neues Edikt, den Akt der Sechs Artikel, die es zur Ketzerei machte, die körperliche Anwesenheit von Christi Leib und Blut in der Eucharistie zu leugnen, die Notwendigkeit der Messfeier durch Priester abzulehnen oder die Lehre zu widerlegen, dass alle Sünden einem Priester gebeichtet werden müssen, um Vergebung zu erlangen. Diese Sechs Artikel sollten in den folgenden Jahrzehnten Hunderten von englischen Christen das Leben kosten. Eines der einzigen positiven Ergebnisse von Heinrichs Herrschaft war, dass der König – nur um dem Papst zu trotzen – zuließ, dass in jeder Kirche Englands ein Exemplar der englischen Bibel zum Lesen für das einfache Volk ausgelegt wurde.

Predigen auf den Straßen von London

In diesem stürmischen geistlichen Umfeld nahm Anne Askew die Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus allein an. Das Studium

Porträt von Anne Askew von Hans Eworth. Gemeinfrei.

der englischen Bibel wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens. Jedem, der ihr zuhörte, verkündete sie: „Lieber lese ich fünf Zeilen aus der Bibel, als fünf Messen im Tempel zu hören.“123 Da die Bibel dem Volk immer wieder entrissen werden konnte, machte Anne es sich zur Aufgabe, so viel wie möglich vom Neuen Testament auswendig zu lernen. Sie blieb fast zehn Jahre lang mit Thomas Kyme zusammen und gebar ihm zwei Kinder, obwohl er sie grausam behandelte. Doch je mehr sie sich für Jesus Christus einsetzte, desto unerträglicher wurde ihre Ehe. Schließlich trieb Kyme sie „gewaltsam aus seinem Haus“, und Anne machte sich auf den Weg nach London. Sie selbst nannte sich nie wieder Anne Kyme.

Als Frau war es Anne nicht erlaubt, von den Kanzeln Londons zu predigen, aber sie verkündete das Evangelium mutig auf den belebten Straßen der Stadt. Sie wurde als „Gospeller“ bekannt, eine Laienpredigerin, die durch auswendig gelernte Bibelstellen stundenlang predigen konnte. London war voll von Bibelstudienkreisen, die sowohl von Adligen als auch von einfachen Leuten besucht wurden, und Anne saugte alles in sich auf. Aufgrund der Rolle ihres Vaters am Hof von König Heinrich erhielt Anne eine Stelle am Hof von Heinrichs sechster Frau, Katharina Parr, die insgeheim eine Anhängerin des Protestantismus war. Die Anwälte des Gerichts überlisten

Am 10. März 1545 wurde Anne wegen des Verstoßes gegen den Akt der Sechs Artikel verhaftet und der „Ketzerei und Handlungen gegen die katholische Kirche“ beschuldigt. Es folgten zwölf Tage Haft und Verhöre durch den Bischof und den Oberbürgermeister. Anne führte während ihres Prozesses ein persönliches Tagebuch, in dem sie die Fragen der Vernehmer und ihre Antworten am Ende eines jeden Tages festhielt. Einige Gelehrte haben sie als brillant bezeichnet, weil sie jeder Anschuldigung der Hofräte mit Weisheit und dem Wort Gottes begegnete. Sie kannte ihre Rechte vor einem englischen Gericht und behielt die Kontrolle über die Gespräche, um die Fallen ihrer Ankläger zu umgehen. Hier sind einige ihrer persönlichen Schilderungen aus The First Examination of Anne Askew, als sie zuerst vom Oberbürgermeister Christopher Dare befragt wurde.124

Dare begann: „Glauben Sie, dass das Sakrament, das über dem Altar hängt, der eigentliche Leib Christi ist?“ (Die Priester bewahrten ein Stück des eucharistischen Brotes in einem verzierten Gefäß auf, das über dem Altar

123. Foxe, Book of Martyrs, 329.

124. Der folgende Dialog stammt aus Select Works of John Bale, First Examination of Anne Askew, Henry Christmas, ed., (Cambridge, MA: University Press, 1851), 149–155. Digitalisiert durch das Internet Archiv, 2014. https://archive.org/stream/selectworksofjoh00bale/selectworksofjoh00bale_ djvu.txt.

Flammen überwinden die Dunkelheit

hing.) So wie Jesus den Pharisäern oft antwortete, reagierte auch Anne mit einer Gegenfrage: „Beantworten Sie mir zuerst die Frage: Wurde der heilige Stephanus zu Tode gesteinigt?“ „Das kann ich nicht sagen“, antwortete Dare. Er kannte sich in der Bibel überhaupt nicht aus. „Dann werde ich Ihre Frage auch nicht beantworten“, schloss Anne.

Später fügte sie hinzu: „Eins weiß ich: Gott wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind. Er wohnt auch nicht in einer Kiste. ‚Der Himmel ist mein Schemel‘, sagt der Herr in Psalm 113. Christus lehrte uns zu beten, ‚Vater unser, der du bist im Himmel‘ und nicht, ‚Vater unser, der du bist in der Kiste‘. Nun unterscheide und urteile du!“

Als Dare merkte, dass er überlistet worden war, ließ er einen Priester die Befragung fortsetzen. Auch dieses Gespräch ist in Annes Tagebuch festgehalten: „Der Priester fragte mich, ob ich glaube, dass private Totenmessen dazu beitragen, dass die verstorbenen Seelen den Himmel schneller erreichen. Ich antwortete: ‚Es ist großer Götzendienst, mehr an diese Messen zu glauben als an den Tod, den Christus für uns gestorben ist!‘ Der Priester fragte weiter: ‚Herrin, warum werdet Ihr beschuldigt?‘ Annes schnelle Antwort: ‚Fragt meine Ankläger, denn ich weiß es noch nicht.‘“

Nach zwölf Tagen siegreicher Verhöre wurde Anne in die Obhut ihres Vetters entlassen. Im nächsten Jahr predigte sie weiterhin über die befreiende Kraft von Gottes Wort und das Opfer Jesu Christi für die ewige Erlösung.

Auf der Folterbank gefoltert

Annes Freiheit zu predigen sollte nicht lange währen. Am 16. Juni 1546, nur wenige Monate nachdem George Wishart in St. Andrews auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war, wurde Anne Askew vor den Rat des Königs in Greenwich, London, geladen und beschuldigt, öffentlich zu predigen, die katholische Messe abzulehnen und vor allem zu leugnen, dass Brot und Wein vollständig in den physischen Leib und das Blut Christi verwandelt würden. Wegen dieser letzten Lehre und ihrer Weigerung, die Identität der protestantischen Gläubigen am Hof preiszugeben, wurde sie grausam gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Kurz nach ihrer Verhaftung wurde Anne fünf Stunden lang ins Kreuzverhör genommen. Zum ersten Mal drohte man ihr, sie wegen Ketzerei zu verbrennen. Doch sie antwortete ihren Anklägern: „Ich habe die ganze Heilige Schrift durchforstet, aber ich habe nie gelesen, dass Christus oder Seine Apostel irgendeine Kreatur zum Tode verurteilt hätten.“125

125. Ibid., 201.

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