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Denen, die mir ein Segen sind!

Mit Segen soll Gott dich überschütten

Segensworte

über Jahr und Tag

Mit Herzen, Mund und Händen Vorwort

7

Im Tageslauf 11

Im Jahreslauf 39

Im Lauf des Kirchenjahres 57

Im Lebenslauf

Auf dem Weg

Mit Herzen, Mund und Händen

Vorwort

Wunderbare Dialoge gibt es noch ab und zu in den Straßen der schwäbischen Kleinstadt, aus der meine Frau stammt. Da kommt die Nachbarin zum Nachbarn und fragt freundlich, ob es zwei Eier zum Leihen gäbe oder etwas Butter für den Kuchen, so ein Viertelpfund vielleicht – und gleich bekommt sie’s in die Hand. Die Menschen helfen einander aus! »Vergelt’s Gott!« sagt die Nachbarin zum Dank, sie hat gerade keinen Groschen zur Hand und zwischen Menschen, die Wand an Wand leben, wird für Ehrengaben auch nichts bezahlt! Antwortet der Nachbar, freundlich und zugewandt (und ein Stück vom Kuchen, das weiß er, wird sicher herübergereicht, wenn der fertig gebacken ist): »Segn’s Gott!«.

Was für ein Wunsch! Ein Hühnerei, drei Scheiben Brot oder der Schraubenzieher, weil an der Duschkabine was locker ist – die sind allen Segen wert!

Frau Nachbarin, die übermorgen auch weiterhelfen wird, und Herr Nachbar im Schwäbischen – und sonstwo gewiss auch –, die haben zutiefst verstanden, was ein Segen ist. Segen: Der ist keine abgehobene heilige Handlung im Gottesdienst, den spricht nicht bloß der Herr Pastor aus, mit einem leichten Singsang in der Stimme, Segen ist nicht nur was für Sonn- und Feiertage. Segen ist: ganz konkret, ist zwischenmenschlich

und dinglich, sinnlich und handfest. Und er taugt für den Alltag, für Glück und Verlegenheiten, in der Trauer und zum Lachen.

Im evangelischen Gesangbuch gibt es das nun fast vierhundert Jahre alte, gleichwohl noch gerne gesungene Lied – von denen, die in Gottesdiensten einen Segen sehen und suchen – von Martin Rinckart (1586-1649) Nun danket alle Gott (Evangelisches Gesangbuch, Nr. 321):

Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan.

Darum geht es im Segen: um Herzen, Mund und Hände. Um Herzen, die fühlen, die verletzlich sind, auch mutig und aufgetan. Um den Mund, der aussprechen kann, was auf dem Herzen lastet oder was es beglückt, der klagen kann, singen kann, der Liebesschwüre kennt und Zornesfalten. Um Hände, die sich öffnen, die zupacken, die zur Versöhnung gereicht werden oder die warten, dass sie empfangen können. Denken Sie sich Segen so konkret wie nur möglich! Er umfängt Sie, er ist Ihnen zugesprochen: beim Aufstehen am Morgen, wenn der Schluck Kaffee zu heiß ist und der Nachbarshund schon wieder bellt; wenn der lang ersehnte Anruf eines Freundes

endlich kommt, oder die überteuerte Rechnung, auf die Sie gewiss nicht gewartet haben; beim Spaziergang nach dem Mittagessen oder wenn die Arbeit Sie atemlos macht; am Abend, wenn das Sodbrennen kommt oder die Freundinnen ausbleiben und wieder eine einsame Nacht, eine schlaflose, bevorsteht; oder wenn die Träume süß sind und der Schlaf erholsam ist.

Abraham und Sara, der Erzvater und die Erzmutter der Hebräischen Bibel, sind die Gesegneten schlechthin. Bevor sie aufbrechen, wird ihnen beides mitgegeben, ein Versprechen und eine Aufgabe: »Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!« (1. Buch Mose, im 12. Kapitel der 2. Vers). Gott sagt zu, dass er sie begleiten wird, segensreich, nahe und hilfreich, auf dem Weg, den sie nicht kennen, in ein Land, das ihnen fremd ist, durch Wüstennächte und Hitzetage, während die Ziegen meckern, die Einheimischen misstrauisch sind, während das Wasser knapp wird und der Mut sinkt ab und zu. Dafür braucht es Gottes Segen: zum Durchhalten, zum Wege-Finden und für die Neugierde. Und indem sie nicht als Eroberer, sondern als fremde Gäste kommen, freundlich und aufmerksam, indem sie den Segen teilen und gastfrei einladen zum Mittagessen oder in den kühlen Schatten des Zeltes, indem sie neue Geschichten und ihre Lebenserfahrung als Wandernde mitbringen, werden Abraham und Sara denen, die ihnen begegnen, zum Segen. Segen, wissen die beiden, ist wertvoll, und kein Mensch behält ihn für sich. Wagemutige Herzen haben sie, sie loben den Gott, der ihnen zur Seite geht, mit Gebeten und Liedern, sie packen zu mit ihren Händen, beim Zäuneziehen um die Herde und wenn ein Nachbar

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