WEGWEISER
Sie beten und suchen sein Angesicht Glaubenszentrum
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Sie beten und suchen sein Angesicht Glaubenszentrum
In unserer Buchreihe WEGWEISER erscheinen Bücher zu Kernthemen der Bibelschule im Glaubenszentrum – verfasst von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des Werkes. Diese Bücher sollen dem Leib Christi dienen und den Weg weisen, den Gott für jeden Einzelnen in der Nachfolge Jesu vorbereitet hat.
© 2023 Glaubenszentrum e. V. Dr.-Heinrich-Jasper-Str. 20, 37581 Bad Gandersheim www.glaubenszentrum.de
ISBN 978-3-947304-33-2
1. Auflage 2023
Alle Rechte zur Vervielfältigung vorbehalten.
Die zitierten Bibelverse sind, mit Ausnahme der angegebenen Stellen, der Elberfelder Übersetzung 2006 entnommen. Für die übrigen Übersetzungen gelten folgende Abkürzungen:
Hfa = Hoffnung für alle
LU84 = Luther-Übersetzung 1984
NGÜ = Neue Genfer Übersetzung
SCH = Schlachter-Übersetzung 2000
Satz und Umschlaggestaltung: Jan Henkel, www.janhenkel.com Druck und Bindung: Wydawnictwo ARKA, Cieszyn/Polen
Printed in Poland
Sie beten und suchen sein Angesicht – dieser Titel drückt das Verlangen aus, dass wir in einer Zeit wie dieser verstärkt beten und Gottes Angesicht suchen müssen.
»Dies ist das Geschlecht derer, die nach ihm fragen, die dein Angesicht suchen – das ist Jakob!« PSALM 24,6 (SCH)
Jemand sagte einmal: »Gott hat sich nicht versteckt, den muss man nicht suchen!«. Das stimmt, doch wie beim Sündenfall hat sich der Mensch versteckt. Gott sucht nach Menschen, die sich nicht verstecken, sondern sich ihm zuwenden und sein Angesicht suchen. Menschen, die nicht nur seine Hand oder seinen Segen suchen, sondern sein Angesicht, also ihn selbst. Ihn selbst zu suchen, darum geht es in diesem Buch. In unserer chaotischen Zeit brauchen wir nicht nur ein paar Segnungen vom Himmel, sondern ihn selbst. Viele Beispiele in der Bibel zeigen auf, dass dem Suchen nach seinem Angesicht auch Segnungen folgen.
Wenn man Christen aber auffordert oder sie selbst das Verlangen haben, sein Angesicht zu suchen, dann wissen viele gar nicht, wie sie das machen sollen. Dass wir meist gewohnt sind, Bittgebete vor Gott zu bringen – vorwiegend für unseren eigenen Bedarf –, zeigt auf, dass unsere Beziehung zu Gott eine starke Einbahnstraße ist und wir deshalb auch ganz schnell nicht mehr weiter wissen. Bei Kleinkindern ist dies auch meist der Fall. Sie kommen zu den Eltern mit Bitten, weil sie eben noch fast immer auf Hilfe angewiesen sind. Das Ziel Gottes ist aber, dass wir in unserem Glaubensleben wachsen und damit aus dem Status herauskommen, in dem wir nur Bitten äußern.
Wenn unsere Beziehungsebene zu unserem himmlischen Vater wächst, reift auch die Kommunikation und unsere Gebete werden umfangreicher und vielschichtiger.
Genau das ist das Anliegen dieses Buches, dass wir diese Vielschichtigkeit erkennen und lernen einzusetzen. Letztlich ist der Wunsch, dass unsere Beziehung, die uns durch die Erlösung Jesu geschenkt wurde, und damit auch unsere Kommunikation mit Gott, auf eine ganz neue Ebene kommt. Deshalb sollen die Kapitel mit sehr unterschiedlichen Gebetsformen einfach und verständlich vermitteln, dass wir je nach Anliegen oder dem, was wir von Gottes Herzensanliegen erfahren, auch unterschiedlich im Gebet reagieren.
An diesem Buch haben verschiedene Personen mitgewirkt, die teils ein oder mehrere Kapitel geschrieben haben, gerade in der Gebetsform, in der sie auch ihre Stärken mit Gott entwickelt haben: Wes Hall (Einführung) – Näheres zu seiner Person im Anschluss an dieses Vorwort –, Monika Flach (Proklamation und regierendes Gebet) – sie ist Gründerin und Leiterin von Kingdom Impact – sowie die weiteren Kapitel von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des Glaubenszentrums. Jedem einzelnen Schreiber bin ich sehr dankbar, dass er seine kostbare Einsicht, die er im Gebet empfangen hat, hier weitergibt. Es ist so wertvoll, von ihren Einsichten zu profitieren. Mögen sie jedem Leser zum Segen im persönlichen und gemeinschaftlichen Gebet werden.
Das Ziel dieses Buches ist, nicht einfach nur zu sagen, man sollte in dieser Zeit mehr beten! Das stimmt und ist dringend notwendig. Doch wie lernen wir, auch in den unterschiedlichsten Momenten des Gebets die Form der Kommunikation zu finden, die unseren Vater im Himmel ehrt und ihm Raum schafft? Verstehen wir eigentlich, dass wir mit dem Schöpfer
des Himmels und der Erde, dem alles gehört und zu dem hin alles geschaffen wurde, im Gebet sprechen dürfen? Mit demjenigen, der auch eine Beziehung zu uns wünscht?
Kommunikation ist nicht nur reden, sondern auch hören und reagieren – und gehört zu einer Beziehung. Dankbarkeit kann dabei zum Beispiel ein gewaltiger Schlüssel in unserer Gebetszeit sein, denn wo Wertschätzung zu Gott ausgedrückt wird, entsteht auch gleichzeitig eine ganz persönliche Nähe im Gebet. Wie oft haben wir diese Wahrheit verpasst und merken höchstens, dass das Gebet trocken und unpersönlich ist. Oder wenn es darum geht, mit Christus an himmlischen Orten im Gebet Herrschaft auszuüben, dann ist nicht Bitten dran, sondern vielmehr eine Proklamation mit ihm!
Mit diesen Gedanken hoffen wir, Appetit auf mehr Gebet geweckt zu haben. Ich wünsche jedem Leser Inspiration und ein Wachstum im Gebet, sodass der Wille unseres Herrn wie im Himmel, so auf Erden zur Erfüllung kommt.
Markus Germann, Gesamtleiter Glaubenszentrum e. V.
WES HALL ist Bibellehrer und Pastor und war bis 2021 Leiter des Revival Training Centers im Gospel Forum Stuttgart. Von 2000 bis 2016 diente er als Mitglied des Leitungsteams des International House of Prayer Kansas City (IHOPKC). Seit Mitte 2022 wohnt Wes mit seiner Familie in Florida und führt von dort aus seinen Lehrdienst im In- und Ausland. Die folgende Einführung ist zwei Predigten entnommen, die er 2019 im Glaubenszentrum gehalten hat.
Im Zusammenhang mit der Endzeitgemeinde redet das Wort
Gottes von einer Braut – und stellt damit indirekt auch die Frage: Wie sollen wir uns für unseren Bräutigam vorbereiten?
Dazu müssen wir verstehen, welches unsere Hauptaufgaben sind. Eine Braut wird durch eine intime Beziehung zu ihrem Bräutigam definiert. Diese intime Beziehung wächst hauptsächlich durch regelmäßigen Austausch und Kommunikation. Als Braut Christi ist es deswegen unsere Hauptbestimmung, ein betendes Volk zu sein. Ein Volk, das mit seinem Gott redet –und er will auch mit uns reden!
Gott hat uns als Braut Christi zum Gebet gerufen! Für einige Christen ist aber das Gebet leider nur eine Nebensache und die Verkündigung des Evangeliums zur Hauptaufgabe geworden. Doch eigentlich ist das Gebet unsere Hauptaufgabe, und dies hat mit Beziehung zu tun. Gebet ist das, was uns als Gottes Volk definiert. Ich provoziere bewusst ein bisschen: Wenn du kein Gebetsleben hast, bist du kein Christ.
Wir meinen vielleicht, dass Gebet eine besondere Berufung, eine besondere Begabung ist. Gebet ist aber nichts anderes als Reden mit Gott. Gebet ist das, was es ausmacht, Christ zu sein. Wenn wir beten, reden wir mit Gott und bauen unsere Beziehung mit ihm auf. Ein Christ redet mit Gott, und Gott redet mit ihm. Wer hat auf natürlicher Ebene Beziehungen, in denen kein Gespräch stattfindet? Wer redet nicht mit seinem besten Freund? Wenn Sie mit jemandem nicht reden, haben
Sie eigentlich auch keine (lebendige) Beziehung mit ihm. Deshalb ist es unmöglich, Christ zu sein und nicht zu beten!
Aber Gebet – Reden mit Gott – ist das Einzige, was die Beziehung lebendig macht!
Wenn Sie kein Gebetsleben haben, sind Sie schlichtweg religiös, weil Sie »Christ« nur als einen Namen tragen, vielleicht einen Ruf haben, vielleicht gewisse Verhaltensweisen an den Tag legen, von denen Sie meinen, so soll sich ein Christ benehmen. Aber Gebet – Reden mit Gott – ist das Einzige, was die Beziehung lebendig macht!
Der Motor Ihres Lebens in Jesus ist Gebet, und viele Christen begreifen einfach nicht, wie wichtig das Gebetsleben ist. Wir müssen unsere Beziehung zu Jesus fördern und stärken. Denn alles, was wir in unserem Leben für Gottes Königreich erfolgreich machen, fließt aus dieser Beziehung heraus.
Wir sind berufen, für Jesus Früchte zu tragen, sein Königreich auszubreiten, Heilung, Licht und Kraft in die Nationen zu tragen. Und alles, was dazu nötig ist, ist eine gesunde Beziehung zu Jesus. Dafür muss lediglich diese Beziehung zu ihm gepflegt werden. Doch viele sind hauptsächlich auf ihre Fruchtbarkeit oder ihren Mangel an Fruchtbarkeit fokussiert und nicht auf die Beziehung, wodurch die Frucht kommen wird. Das Geheimnis, wie die Frucht kommt, ist: durch das Leben Gottes in Ihnen. Die Beziehung muss gepflegt werden – und diese Beziehung heißt Gebet.
Leider hat das Gebet in unserem Leben so eine religiöse Form angenommen, weil wir nicht verstanden haben, dass Gebet nicht hauptsächlich eine Aufgabe ist, die wir ab und zu tun sollen, sondern eher das, was wir sind – was uns ausmacht als Christen. Mein Leben ist davon bestimmt, was ich in Bezug auf Gott bin – in meinem Alltag. Jesus hat gesagt: »Ohne mich könnt ihr nichts tun«. Doch wir handeln häufig ganz falsch.
Wir versuchen, zuerst durch eigene Leistung Frucht hervorzubringen, damit wir in tiefere Intimität kommen und uns irgendwie eine innigere Beziehung mit Jesus verdienen können, statt aus der Beziehung heraus fruchtbar zu sein. Warum? –Weil wir so von der Welt geprägt sind. In der deutschen Sprache gibt es einen Ausdruck, den ich nirgendwo anders gehört habe: Leistungsdruck. Wir müssen etwas leisten, damit Gott uns annimmt und wir irgendwie durch unsere Leistung mit einer tieferen Beziehung belohnt werden. Doch in der Bibel ist es genau andersherum.
Genauso ist es auf der natürlichen Ebene, denn Fruchtbarkeit ist in jedem Bereich der Gesellschaft immer die natürliche Folge von engen, intimen Beziehungen. Wenn man z. B. in der Ehe eine enge, intime Beziehung mit seinem Ehepartner hat, ist es normalerweise unmöglich, nicht fruchtbar zu sein. Wenn alles richtig klappt, wenn alles gesund ist, ist es unmöglich. Meine Frau und ich haben vier Kinder. Warum? Weil ich auf Kinder fokussiert war? – Nein! Weil ich auf die Beziehung mit meiner Frau fokussiert war. Weil die Beziehung in Liebe gewachsen ist, ist im Laufe der Zeit sichtbare Frucht daraus geworden. Die Kinder wurden aus dieser Beziehung geboren. Und Jesus hat seine Gemeinde berufen, eine betende Gemeinde zu sein. Nicht weil er mehr von uns will im Sinne von Leistung,
sondern weil er mit uns in eine tiefere Beziehung wachsen will und daraus Frucht einfach als natürliche Folge wachsen sollte. Manchmal werten wir das so: Ich habe nicht genug gebetet, deswegen sehe ich nicht so viel Frucht. Gebet ist aber vielmehr eine organische Sache, die hauptsächlich mit Beziehung zu tun hat.
Was ist Gebet? – Vielmehr als eine Liste von Anliegen. Gebet ist der Ort, an dem wir unsere Liebe zu Gott ausschütten und seine Liebe empfangen. Im Gebet drücken wir unsere Liebe aus, indem wir mit Jesus übereinstimmen (wir reden von seiner Liebe, davon, wer er ist und was er tun will), und er reagiert auf uns mit Liebe. Es folgt eine natürliche Fruchtbarkeit, die durch eine intime, starke und enge Beziehung geboren wird. Deswegen hat Jesus beständig die Beziehung zwischen Gebet und dem Königreich betont, weil unsere Fruchtbarkeit nichts anderes als die sich ausbreitende Herrschaft des Königs ist. Gott will durch sein Königreich seine Herrschaft auf die Erde bringen. Wie sieht das aus? – Heilung, Gerechtigkeit, gesunde Familien, Gottes Versorgung und Transformation. Und die Verbreitung des Königreichs fließt aus dieser Beziehung. Gott will durch sein Königreich seine Herrschaft auf die Erde bringen.
In Jesaja 56,7 und dann auch später, als Jesus gekommen ist, hat er betont: »Mein Haus soll ein Gebetshaus sein«. Gott hat entschieden, was sein Volk kennzeichnet: vor allem, dass es ein betendes Volk ist, das mit ihm redet. Wenn wir nicht beten,
Das persönliche Gebet ist etwas Faszinierendes. Man wird sofort an die Zeit von Adam und Eva erinnert, als beide im Garten Eden tiefste und völlig natürliche Gemeinschaft mit Gott selbst pflegten. Auch Jesu Gespräche mit dem Vater haben eine äußerst persönliche Note. Diese Art zu beten, hebt sich insoweit von den anderen Formen ab, als dass es sich dabei um einen sehr offenen, völlig ehrlichen und äußerst tiefgehenden Herzens-Dialog zwischen einem Menschen und Gott bzw. Gott und einem Menschen handelt. Dabei tauchen teilweise sehr heftige Emotionen auf: Enttäuschungen, Fragen, Freude, Überzeugungen und interessanterweise, völlig parallellaufend, durch den Heiligen Geist geschenkte, verstärkte Offenbarungen von Gott und von sich selbst. Das Gebet macht den Anschein, als sei es menschzentriert oder sogar egozentrisch, ist es aber nicht. Es geht um die Ehre und den Lobpreis Gottes.
Um dieses persönliche Beten besser verstehen zu können, wollen wir ein konkretes Beispiel aus der Bibel untersuchen, und zwar das Gebet der verbitterten und weinenden Hanna. Wir finden es in 1. Samuel 1,9–16. Hanna hatte allen Grund, sich persönlich an Gott zu wenden, denn sie war unfruchtbar. Es heißt wörtlich: »… aber der HERR hatte ihren Mutterleib verschlossen« (1.Sam 1,5 b). Was kann es in der damaligen Zeit Schlimmeres für eine Frau gegeben haben, als kinderlos zu sein? Nichts auf der Welt konnte sie über diesen nicht zu ertragenden Zustand hinwegtrösten. Aber sie schiebt das Problem nicht auf ihren Mann, auch nicht auf sich selbst oder die Umstände ab. Nicht nur das, sie gibt sich mit dem Zustand der Unfruchtbarkeit nicht zufrieden, sondern aktiviert ihren
Glauben an die Existenz und Wunderkraft des allmächtigen Gottes Israels. – Was können wir aus dieser Begebenheit über das persönliche Gebet lernen?
Wie schnell begeben wir uns bei Problemen auf die menschliche Ebene. »Wie konnte mir das passieren?«, »Wieso ich?«, »Warum macht mein Mann das?«, »Wie kann mein Chef nur so gemein sein?«, »Warum bin ich immer noch krank?«. Kennen Sie solche oder ähnliche Fragen? Hanna hatte interessanterweise einen anderen Ansatz – einen jüdischen. Einen Ansatz der Einheit zwischen dem Schöpfer und der Schöpfung. Sie setzt voraus, dass Gott der Ursprung ist, der Allwissende und Alles-Sehende, der allmächtige, absolute Herrscher und Vater, der Dinge zulässt oder selbst aktiv tut. Dieser Gott bestraft auch Sünde, wo angebracht, und übt in seiner Gerechtigkeit Gericht. Hanna nennt ihn »HERR der Heerscharen«, das ist »Jahwe (der ›Ich bin, der ich bin‹), der Heeresführer«, der im Kampf Vorangehende. Sie glaubte, dass Gott nicht nur im Himmel ist, sondern persönlich für sie kämpfen wird – und zwar dann, wenn sie sich direkt und ehrlich an ihn wendet. Sie kannte Gott und nannte ihn bewusst bei einem seiner Namen, um auszudrücken: »Ich kenne dich und erinnere dich an dein Wesen, daran, wie du bist«. Gott zu kennen und ihn bei seinem Namen anzusprechen, ist übrigens ein ganz wichtiger Aspekt des persönlichen Gebets. Schauen Sie doch mal, wo Sie bei Ihrem nächsten Gebetsanliegen einen Namen Gottes ganz konkret anwenden können.
Gott zu kennen und ihn bei seinem Namen anzusprechen, ist übrigens ein ganz wichtiger Aspekt des persönlichen Gebets.
Das persönliche Gebet darf und soll so ehrlich wie nur möglich sein. Wenn ich meine Gedanken und Gefühle rauslasse und so mit Gott rede, fällt er nicht vom Thron. Hanna hat ihr »Herz vor dem HERRN ausgeschüttet« (V. 15). Das hebräische Wort ausschütten beinhaltet Aktionen wie werfen, sprudeln oder ausgießen . Hanna hat alles rausgelassen. Sie »war in ihrer Seele verbittert« (V. 10) und betete aus ihrem »großen Kummer und Herzeleid« (V. 16) heraus. Wir denken oft, dass man mit so einem Herzen nicht zu Gott kommen kann. Aber dieses Denken ist nicht biblisch. Weiß Gott nicht sowieso alles? Warum kann ich ihm dann nicht ehrlich sagen, dass ich ärgerlich auf ihn bin, verbittert und enttäuscht? Dass ich ihn nicht verstehe und eigentlich etwas anderes von ihm erwartet hätte? Oft wollen oder können wir unser Inneres auch gar nicht in Worte fassen. Von Hanna heißt es: »Hanna aber redete in ihrem Herzen. Nur ihre Lippen bewegten sich, aber ihre Stimme hörte man nicht« (V. 13). Wenn ich so ehrlich bete, wird Gott dann zornig mit mir und schimpft mich aus (wie es der Prophet Elia mit Hanna tat)? – Nein. Er hört zu. Er weiß doch, dass ich ein Mensch bin und vieles nicht verstehe. Er ist barmherzig. Auch ich muss
immer noch lernen, dass ich mit Gott wie mit einem Freund reden kann, völlig normal und unreligiös. Da sind mir die Psalmen eine große Hilfe, z. B. die Psalmen 4, 42 oder 139. Lassen Sie uns also voller Vertrauen, mit allem was in uns los ist, mit Gott ganz persönlich reden. In Sprüche 16,13 heißt es: »Das Wohlgefallen des Königs finden gerechte Lippen; und wer aufrichtig redet, den liebt er«. Solche intimen und aufrichtigen Gebete gehören allerdings eher hinter verschlossene Türen als in die Öffentlichkeit.
Lassen Sie uns also voller Vertrauen, mit allem was in uns los ist, mit Gott ganz persönlich reden.
Hanna betete »lange vor dem HERRN« (V. 12). Denkt man an das kurze Vaterunser und die Aussage Jesu, dass wir nicht plappern sollen wie die Heiden, dann könnte man fälschlicherweise schlussfolgern, dass Gott keine langen Gebete haben will. Aber das stimmt nicht. Denken Sie mal an den Psalm 119. Das ist ein ziemlich langes Gebet. Warum hat Hanna denn so lange gebetet? Wollte sie Gott überreden? – Nein, bestimmt nicht. Sie hat geglaubt, dass Gott sie hört und ihr gerne ausgiebig zuhört. Hebräer 11,6 sagt uns: »Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen; denn wer Gott naht, muss glauben, dass er ist und denen, die ihn suchen, ein
Belohner sein wird«. Wenn wir ganz persönlich mit Gott reden und ihn suchen, dann doch auf der Grundlage, dass wir an ihn und ihm selbst glauben sowie volles Vertrauen haben, dass er uns gerne hört und auch belohnen wird. Ist das nicht ein Ansporn, die Dinge des Lebens mit Gott persönlich zu besprechen und auf seine Hilfe zu warten, als uns vorschnell in die Hände von Menschen zu begeben?
In Vers 17 heißt es: »Eli antwortete und sagte: Geh hin in Frieden! Der Gott Israels wird dir deine Bitte erfüllen, die du von ihm erbeten hast.« Und Hanna »ging ihres Weges und aß und hatte nicht mehr ein so trauriges Gesicht« (V. 18). Und was geschah dann? – »Hanna wurde schwanger« (V. 20). Das Beten hat sich gelohnt. In diesem Fall hat Gott schnell und sehr konkret geantwortet, nur dürfen wir bei Gott keinen Automatismus voraussetzen. Er ist und bleibt der souveräne Herrscher, der gut und gerecht ist und in seinem Handeln keine Fehler macht. Wie gerne will ich immer mehr erkennen, dass er in allen Dingen des Lebens sehr persönlich mit mir umgeht und mir oft durch sein Wort oder andere Mittel seine persönlichen Gedanken mitteilt. Er zieht mich mehr und mehr in die Gemeinschaft mit ihm hinein. Dazu bin ich geschaffen worden. Welch ein Vorrecht. Herr, ich liebe und verehre dich!
In der Bibel finden wir viele persönliche Gebete. Lassen Sie sich ermutigen, das ein oder andere mithilfe des Heiligen Geistes zu studieren und dadurch Ihr persönliches Gebetsleben zu bereichern.