Prophetie für die Nationen
Obadja Jona
Nahum Habakuk
Arno Froese
Prophetie für die Nationen
Obadja, Jona, Nahum, Habakuk Arno Froese
Copyright by:
Verlag Mitternachtsruf
Ringwiesenstrasse 12a CH-8600 Dübendorf
1. Auflage 2023 (Koproduktion)
Verlag Mitternachtsruf, CH-8600 Dübendorf www.mitternachtsruf.ch
Artikel-Nr. 180216
ISBN 978-3-85810-594-3
Christliche Verlagsgesellschaft mbH, DE-35683 Dillenburg www.cv-dillenburg.de
Artikel-Nr. 271815
ISBN 978-3-86353-815-6
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Martin Plohmann Umschlag, Satz und Layout: Verlag Mitternachtsruf Herstellung: ARKA Druck, PL-43-400 Cieszyn Bildnachweis Titelseite: shutterstock.com/Leigh Prather
Bibelzitate folgen in der Regel der Schlachter Version 2000, © 2000 Genfer Bibelgesellschaft
EINLEITUNG
Von den zwölf kleinen Propheten ist Obadja der erste, der sich mit den Heiden auseinandersetzt – genauer gesagt mit dem Volk Edom. Es mag eine starke Aussage sein, Edom, das heisst Esau, den Zwillingsbruder von Jakob, als Heiden zu bezeichnen. Wie wir in dieser Studie aber noch feststellen werden, wurde Esau tatsächlich zu einem Heiden und sollte deshalb «auf ewig ausgerottet werden» (Ob 1,10).
Obadja ist der vierte der zwölf Propheten, und obgleich er die kürzeste Botschaft zu verkünden hat, ist sie doch, wie wir sehen werden, äusserst kraftvoll.
Nahezu alle alttestamentlichen Propheten haben eine zweifache Botschaft:
1. Gericht über diejenigen, die gegen Gottes Gesetz verstossen haben; und
2. Wiederherstellung, insbesondere für das Volk Israel.
Der Grund für das Gericht wird anhand von wichtigen Details geschildert. Davon handelt dieses 21 Verse umfassende Buch von Obadja.
Seine einzigartige Einleitung unterscheidet Obadja von den anderen Propheten: «Dies ist die Offenbarung an Obadja.» Die anderen Propheten machen eher direkte Aussagen wie «das Wort des Herrn erging an ...» Worin besteht der Unterschied?
Bevor wir die Frage beantworten, wollen wir uns ein Beispiel aus dem Buch Daniel anschauen. Dieses Buch ist ein präziser, historischer Bericht über reale Menschen, Könige und Völker.
Daniel nennt Zeit, Orte, Masse, Namen und geografische Grenzen; er berichtet von tatsächlichen Begebenheiten. Aber dann, etwa zur Hälfte des Buches, lesen wir von Visionen: «Daniel hatte einen Traum und Gesichte» (Dan 7,1). Ab diesem Punkt spielen die Namen von Königen und Völkern eine geringere Rolle verglichen mit dem, was er gesehen hat und von dem er berichtet. Daniel erzählt uns von Visionen, die er von Gott empfangen hat.
Im letzten Buch der Bibel findet sich ein weiteres Beispiel. Nachdem die sieben Gemeinden geoffenbart und mit Namen und geografischer Lage genannt wurden, lesen wir: «Nach diesem schaute ich, und siehe, eine Tür war geöffnet im Himmel; und die erste Stimme, die ich gleich einer Posaune mit mir reden gehört hatte, sprach: Komm hier herauf, und ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen muss! Und sogleich war ich im Geist; und siehe, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Thron sass einer» (Offb 4,1-2).
Johannes schreibt die Dinge auf, die er in Bezug auf die Ewigkeit sieht. Wie Daniel beschreibt er sie aus geistlicher Perspektive – als würden sie genau in diesem Augenblick stattfinden. Aber aus seiner Sicht waren es noch Tausende von Jahren, bis sie auf der Erde sichtbar erfüllt werden sollten.
Obadjas Vision enthält zunächst die Gerichtankündigung über Edom. Danach folgt das Gericht über die Nationen der Welt. Und zum Schluss handelt sie von der Wiederherstellung Israels.
Wir sollten wissen, dass der hebräische Name Obadja «Knecht des Herrn» bedeutet. Sein Name unterstreicht die Wahrheit, dass er eine Botschaft Gottes weitergibt.
Daher überrascht es nicht, dass dieser Mann Obadja nicht weiter identifiziert wird. Wir haben keinen historischen Beleg für sein Geburtsdatum, den Namen seines Vaters oder andere Hinweise, die ihn in einer bestimmten Zeit in der Geschichte verankern. Wir können sagen, dass er ein Niemand war, nur ein Sprachrohr Gottes des Herrn. Daher passt sein Name «Knecht des Herrn» recht gut.
KAPITEL 1
Edom wird herabgesetzt
Obadja 1,1-2
«Dies ist die Offenbarung an Obadja: So spricht GOTT, der Herr, über Edom: Wir haben eine Botschaft gehört vom Herrn, und ein Bote wurde damit an die Völker entsandt: «Auf, lasst uns aufbrechen zum Krieg gegen sie!» Siehe, ich habe dich klein gemacht unter den Völkern; sehr verachtet bist du» (vgl. Jes 21,11; Hes 25,12-14; Joe 4,19; Mal 1,4).
Was bedeutet es, dass «ein Bote damit an die Völker entsandt» wurde? Es ist eine Prophezeiung über die Zerstörung der Nationen der Welt während der letzten Konfrontation, bekannt als die Schlacht von Harmageddon. Mit anderen Worten, alle Völker der Welt beteiligen sich am Widerstand gegen Gott. Es ist Gott der Herr, der den Heiden eine klare Botschaft von der Zerstörung Edoms offenbart.
Das hebräische Wort für «Botschaft» deutet so etwas wie «Lehre», «Bericht» oder «Nachricht» an. Ganz offensichtlich finden wir hier das Wirken des Herrn, da Edom dazu bestimmt ist, unter den heidnischen Völkern «sehr verachtet» zu werden.
Wer ist Edom?
Die Antwort steht in 1. Mose 36,8: «Esau, das ist Edom.» Es ist wichtig, das zu verstehen, da Esau der Zwillingsbruder von
Jakob ist. Der Konflikt zwischen diesen beiden Brüdern wird in 1. Mose 25 geschildert, in der Prophezeiung an Rebekka, die Mutter von Jakob und Esau: «Und der Herr sprach zu ihr: Zwei Völker sind in deinem Leib, und zwei Stämme werden sich aus deinem Schoss scheiden; und ein Volk wird dem anderen überlegen sein, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen» (V. 23).
Aus diesem Kapitel wissen wir, dass Esau sein Erstgeburtsrecht an seinen Zwillingsbruder Jakob verkaufte: «So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht» (V. 34). Esau war ganz offensichtlich eine fleischliche, irdisch gesinnte Person; er wollte seinen Anteil jetzt und hier. Er scherte sich weder um Gottes Ordnung noch um die speziellen Verheissungen für den Erstgeborenen. Die Tatsache, dass Jakob den Vorteil des Erstgeborenen kannte, lässt darauf schliessen, dass sie auch Esau bewusst waren. Aber geistliche Dinge waren Esau egal; sein Ziel war es, seinen Bauch jetzt zu füllen. Dieser Mann war ein Realist: Er glaubte nur an das, was er sah, oder in diesem Fall, was er riechen konnte: «Und Jakob kochte ein Gericht» (V. 29).
Später macht der Judasbrief deutlich, welchen Geistes Kain und Bileam waren – irdische Realisten: «Diese aber lästern alles, was sie nicht verstehen; was sie aber von Natur wie die unvernünftigen Tiere wissen, darin verderben sie sich. Wehe ihnen! Denn sie sind den Weg Kains gegangen und haben sich um Gewinnes willen völlig dem Betrug Bileams hingegeben und sind durch die Widersetzlichkeit Korahs ins Verderben geraten! Diese sind Schandflecken bei euren Liebesmahlen und schmausen mit euch, indem sie ohne Scheu sich selbst weiden; Wolken ohne Wasser, von Winden umhergetrieben, unfruchtbare Bäume im Spätherbst, zweimal erstorben und entwurzelt» (Jud 1,10-12).
In diese Kategorie gehört auch Esau.
Esau kontra Jakob
In der heutigen Zeit würden wir Esau wahrscheinlich als guten Typ bezeichnen, jemand, der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmert, sein eigenes Ding macht. «Und als die Knaben gross wurden, da wurde Esau ein tüchtiger Jäger, ein Mann des freien Feldes; Jakob aber war ein sittsamer Mann, der bei den Zelten blieb» (1Mo 25,27). Im Grunde wirkt Jakob wie eine unehrliche Person. Sogar sein Name bedeutet «Überlister» oder «Betrüger». Als seine Mutter den Plan hatte, Esau zu hintergehen, sagte Jakob zu ihr: «Vielleicht könnte mein Vater mich betasten, da würde ich in seinen Augen als ein Betrüger erscheinen; so brächte ich einen Fluch über mich und nicht einen Segen!» (1Mo 27,12). Später lesen wir, dass Esau im Gespräch mit seinem Vater die Bedeutung des Namens Jakob enthüllt: «Er heisst mit Recht Jakob; denn er hat mich nun zweimal überlistet! Mein Erstgeburtsrecht hat er weggenommen, und siehe, nun nimmt er auch meinen Segen!» (1Mo 27,36). Beachten Sie die typische Reaktion eines Sünders, der die Wahrheit ein bisschen verdreht, indem er Jakob beschuldigt. Er sagt: «Mein Erstgeburtsrecht hat er weggenommen» statt «Ich habe mein Geburtsrecht verachtet».
Wenn wir Jakobs Geschichte lesen, erfahren wir, dass sein Herz am rechten Fleck war. Er fürchtete Gott und tat, was recht war in Seinen Augen.
Jakob, der Betrüger
Aber ein Problem gab es noch – der Name Jakob bedeutet «Überlister» oder «Betrüger». Gott musste sich darum kümmern. Als Jakob ins Land seines Vaters mit grossem Reichtum, seinen Frauen und elf Söhnen zurückkehrte, machte sich sein Bruder Esau auf, ihm zu begegnen. Jetzt wird Jakob mit seinem Namen
«Betrüger» konfrontiert. Aber wieder einmal tat Jakob das Richtige. 1. Mose 32,25 berichtet: «Jakob aber blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach.» Beachten Sie, nicht Jakob rang mit dem Mann, sondern der namenlose Mann mit ihm. Was geschah dort? Gott brach Jakobs Eigensinn, und Jakob akzeptierte es. Das geht aus den Worten in Vers 27 hervor: «Lass mich gehen; denn die Morgenröte bricht an! Jakob aber sprach: Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich!»
Von tiefster Seele wusste Jakob, dass er Esau nur mit Gott an seiner Seite wiedersehen konnte; er musste den Segen des Himmels haben.
Aus Jakob wird Israel
Dann kam die entscheidende Frage: «Was ist dein Name?» (1Mo 32,28). Als er seinen Namen nannte, übergab er sich selbst und gab seine alte Natur auf. Was passierte als Nächstes? «Dein Name soll nicht mehr Jakob sein, sondern Israel; denn du hast mit Gott und Menschen gekämpft und hast gewonnen!» (V. 29).
Das zeigt uns den klaren Unterschied zwischen Esau, dem Mann des Fleisches, und Jakob, dem Mann des Geistes. Jakob versuchte alles, was in seiner Macht stand, um Wiedergutmachung zu leisten. Er war bereit, Busse zu tun. Über Esau aber lesen wir: «Und Esau wurde dem Jakob feind» (1Mo 27,41). In Hebräer 12,17 lesen wir dann: «Denn ihr wisst, dass er nachher verworfen wurde, als er den Segen erben wollte, denn obgleich er ihn unter Tränen suchte, fand er keinen Raum zur Busse.»
Angesichts dieser Fakten begreifen wir die Worte aus dem letzten Buch des Alten Testaments: «Ist nicht Esau Jakobs Bruder?, spricht der Herr. Dennoch habe ich Jakob geliebt, Esau aber habe ich gehasst» (Mal 1,3).