Sam Allberry
Sieben Mythen über das Single-Sein
Best.-Nr. 271789
ISBN 978-3-86353-789-0
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg
Titel des amerikanischen Originals: 7 Myths about Singleness
Copyright 2019 by Sam Allberry
Published by Crossway, a publishing ministry of Good News Publishers Wheaton, Illinois 60187, U.S.A.
This edition published by arrangement with Crossway. All rights reserved.
Wenn nicht anders angegeben, wurde folgende Bibelübersetzung verwendet:
Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen. Außerdem wurde verwendet: NeÜ bibel.heute (NeÜ)
© 2010 Karl-Heinz Vanheiden und Christliche Verlagsgesellschaft. Zürcher Bibel (Ausgabe 2007), © Verlag der Zürcher Bibel beim Theologischen Verlag Zürich (ZÜ)
1. Auflage
© 2022 Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg www.cv-dillenburg.de
Übersetzung: Anna Knopf
Satz und Umschlaggestaltung: Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg Umschlagmotiv: © Pixabay.com/lobsart
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck Printed in Germany
Wenn Sie Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler entdeckt haben, können Sie uns gerne kontaktieren: info@cv-dillenburg.de
Stimmen zum Buch
Einleitung
1. Single-Sein ist zu schwer
2. Single-Sein bedarf einer besonderen Berufung
3. Single-Sein bedeutet:
4. Single-Sein bedeutet: keine Familie
Single-Sein
Anhang: Vier Wege, wie man sexuelle Sünde vermeiden kann
Für
Brian und Leslie Roe und Daniel und Sarah Roe, Dan und April DeWitt, Tim und Kathy Keller, Ray und Jani Ortlund.
Danke, dass Ihr mir einen Schlüssel überlassen habt, dass Ihr mich in Eure Familie aufgenommen und mir ein zweites Zuhause geschenkt habt.
Einleitung
Es hat sich gezeigt, dass wir gar nicht so viel wissen, wie wir meinen.
Eine der beliebtesten Comedy-Sendungen in Großbritannien ist QI (für Quite Interesting = Ziemlich interessant). Jede Woche werden den Podiumsgästen interessante und wenig bekannte Fakten zur Diskussion gestellt. Ein Teil der Sendung widmet sich der „allgemeinen Unwissenheit“ – Dingen, die man allgemein als Tatsachen voraussetzt, die aber in Wahrheit falsch sind. So haben wir gar nicht zwei Nasenlöcher, sondern vier (zwei davon kann man nicht sehen). Der Mount Everest ist gar nicht grundsätzlich der höchste Berg der Welt (das hängt davon ab, ob man vom Meeresspiegel oder vom Erdmittelpunkt aus misst). König Heinrich der VIII. hatte gar keine sechs Frauen (es ist kompliziert). Die Erde hat nicht nur einen Mond (es kreisen jede Menge nicht von Menschen gemachte Dinge um die Erde, die streng genommen als Monde gelten).1 Und so weiter. Oft scheinen wir deutlich weniger zu wissen, als wir annehmen.
Das gilt nicht nur für Berge, Monde, Könige und Nasenlöcher, sondern auch für das Single-Sein. Vieles von dem, was wir in Bezug auf das Single-Dasein gemeinhin annehmen, ist entweder schlichtweg falsch oder sollte es zumindest sein. Und bei fast allen dieser Dinge handelt es sich, wie wir sehen werden, um negative Aspekte. In unserem Denken ist das Single-Dasein zwar nicht ausgesprochen schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Ein
Schriftsteller hat einmal den Unterschied zwischen christlichen Büchern über die Ehe und über das Single-Dasein aufgezeigt2: In Ehe-Büchern wird diese als etwas Hervorragendes dargestellt, und es bleibt uns nur noch, sie besser zu verstehen und vielleicht ein, zwei potenzielle Fallstricke zu meiden. Aber Bücher über das Single-Dasein haben normalerweise einen anderen Ausgangspunkt: Das Single-Dasein ist schlimm, und diese Bücher wollen helfen, es lediglich etwas erträglicher zu machen.
Das zeigt sich sogar in unseren Beschreibungen des SingleDaseins. Es wird fast immer negativ definiert, als das Fehlen von etwas. Es ist der Zustand des Nicht-verheiratet-Seins. Es ist die Abwesenheit der besseren Hälfte. Diese Definitionen anhand von Negationen verstärken die Vorstellung davon, dass das Single-Sein an sich nicht gut sein kann, sondern vielmehr ein Zustand des Mangels ist – es fehlt an dem, was an der Ehe an sich gut ist.
Ich merke das oft, wenn sich Leute einander vorstellen. Wenn jemand fragt: „Sind Sie verheiratet?“, oder: „Haben Sie Familie?“, und die Antwort darauf fällt positiv aus, dann ist der Fragende entzückt, und es entwickelt sich eine lebhafte Diskussion darüber, wie Sie und Ihr Ehepartner sich kennengelernt haben oder wie alt Ihre Kinder sind. Doch bei einer negativen Antwort wissen die Leute oft nicht so recht, wie sie damit umgehen sollen. Die Unterhaltung gerät ins Stocken. In einem Gespräch ist das Thema Ehe so etwas wie eine Kreuzung, von der aus mehrere interessante Diskussionsstraßen abgehen. Das Stichwort „Single“ ist dagegen eher wie eine Sackgasse, aus der man sich umständlich wieder herausmanövrieren muss.
Es ist wichtig zu erklären, was genau ich mit „Single-Dasein“ meine, denn das hat große Auswirkungen auf unsere Diskussion.
Von der christlichen Warte aus bedeutet Single-Sein, dass man sowohl unverheiratet ist und (zumindest solange man nicht heiratet) sexuell enthaltsam lebt. Die Bibel macht klar, dass Sex außerhalb der Ehe Sünde ist, was auch Jesus in seinen Lehren unterstreicht. Ein Single muss sich von jeder sexuellen Aktivität enthalten. Wer langfristig single ist, ist als Christ auch langfristig sexuell enthaltsam.
Das unterscheidet sich radikal von der uns umgebenden säkularen Kultur, in der für Singles Ersteres (nicht verheiratet zu sein) zwar durchaus gilt, Zweiteres (enthaltsam zu sein) jedoch nicht. Und da die Ehe oft in mancher Hinsicht als Einschränkung wahrgenommen wird, gilt das Leben als Single im säkularen Kontext gerne als positiv und wohltuend frei. Hier kann man sexuelle Erfüllung finden, ohne all die lästigen Verpflichtungen, die eine Ehe mit sich bringt. Man kann eine Beziehung nach der anderen haben, wenn man meint, dass das glücklich macht. Die bekannte britische Journalistin und Moderatorin Mariella Forstrup beschrieb das Leben als Single einmal mit den Worten: „Man hat genug Geld, guten Sex und ein Leben ohne Schuldgefühle.“3
Für einen Christen kann das Single-Sein also etwas ganz anderes bedeuten als für einen Nichtchristen. Kein Wunder, dass vielen die christlichen Vorstellungen von Enthaltsamkeit und Keuschheit so gar nicht erstrebenswert erscheinen. Als ich die beiden Wörter „Enthaltsamkeit“ und „Keuschheit“ tippte, merkte ich, wie altmodisch sie sind. Sie scheinen eher zu einer Folge von Downton Abbey zu passen als zu unserem heutigen Leben. Ich vermute, dass es dafür einen ganz einfachen Grund gibt: Es gibt heute dafür keine gleichwertigen Begriffe, wir müssen uns also der Sprache vergangener Generationen bedienen, um sie zu beschreiben. Offen gesagt ist Enthaltsamkeit den meisten
Menschen unserer Zeit suspekt. Sie halten sie für ungesund. Vor diesem kulturellen Hintergrund ist es keine Überraschung, dass solche Gedanken auch vielfach in die Gemeinden Einzug gehalten haben.
Und damit kommen wir wieder zurück auf die „allgemeine Unwissenheit“. Henry VIII hatte gar keine sechs Frauen. Und das Single-Dasein ist nicht an sich schlecht. In der Bibel wird es als gut beschrieben. Sogar als Segen. An und für sich ist es ein wunderbares Geschenk Gottes, das wir annehmen und wertschätzen sollten. Lesen Sie weiter, dann finden Sie hoffentlich heraus, warum.
Das meiste, was wir zu wissen meinen, stimmt tatsächlich nicht. Das Ziel dieses Buches ist, der ganzen Gemeinde bewusst zu machen, wie gut das Single-Dasein ist. Es ist offensichtlich, dass Alleinstehende das wissen müssen, aber alle anderen eben auch. Die biblische Lehre über das Single-Sein wurde der ganzen Gemeinde gegeben.
Die längste und ausführlichste Abhandlung über das SingleSein finden wir in 1. Korinther 7, wobei sie auf den ersten Blick meinen bisherigen Ausführungen zu widersprechen scheint. Paulus spricht über Ehe und Single-Sein und wendet sich dabei an verschiedene Zielgruppen, die er direkt anspricht: „Ich sage aber den Unverheirateten und den Witwen ...“ (V. 8), „Den Verheirateten aber gebiete nicht ich ...“ (V. 10), „Den Übrigen aber sage ich ...“ (V. 12). Doch obwohl Paulus alle diese Gruppen gezielt anspricht, will und erwartet er, dass die ganze Gemeinde dabei zuhört. Ich bin kein Witwer (und werde nie einer sein), doch die Worte, die die Bibel an diese richtet, gelten trotzdem auch mir. Ich darf sie nicht überspringen. Und auch wenn ich kein Vater bin, sind an Eltern gerichtete Abschnitte dennoch
Gottes Wort für mich. Das Gleiche gilt für alle Bibelstellen über das Leben als Single. Gottes Worte an Alleinstehende über das Single-Dasein gehen alle etwas an, unabhängig von Alter oder Familienstand. Dafür gibt es zwei Gründe.
Erstens: Die meisten von uns, die heute verheiratet sind, werden eines Tages wieder alleinstehend sein. Als Verheirateter denkt man meist nicht gerne über diese Tatsache nach. Aber Sie sollten es. In der Regel sterben nämlich nicht beide Ehepartner gleichzeitig. Während ich diese Zeilen schreibe, sind es fast auf den Tag genau 24 Jahre her, dass meine Großmutter starb. Meine Familie war am Boden zerstört, und erst recht ihr Mann, mein Großvater „Pop“. Niemand von uns wusste, wie er damit zurechtkommen würde, trotz der großen und liebevollen Familie, die ihn unterstützte. Dennoch muss er seit ihrem Tod nun schon seit Jahrzehnten als Alleinstehender leben. Pop ist inzwischen beinahe so lange nicht verheiratet, wie er verheiratet war, und das will etwas heißen, denn immerhin waren sie über 50 Jahre lang verheiratet (er wird in wenigen Monaten 100).
Todesfälle machen aus vielen Verheirateten wieder Alleinstehende. Es ist ernüchternd und traurig, darüber nachzudenken, aber auch notwendig. Wenn man dazu alle Ehen zählt, die geschieden werden, steigt die Zahl derer, die am Ende wieder single sind, noch weiter. Ein Ring am Finger ist keine Garantie dafür, dass wir in der Zukunft nicht doch alleinstehend sind. Wir sollten besser früher als später sorgfältig darüber nachdenken, was die Bibel über das Single-Sein sagt.
Zweitens betrifft uns das Thema alle. Die Bibel spricht von der örtlichen Gemeinde wiederholt als von einem Leib; wir können also nicht kommen und gehen, wie es uns gefällt. Nein, Paulus sagt uns: „Denn wie wir in einem Leib viele Glieder haben, aber
die Glieder nicht alle dieselbe Tätigkeit haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander“ (Röm 12,4.5). Wir sind ein Leib. Wir gehören zusammen. Was einem von uns geschieht, hat somit Auswirkungen auf alle. Wenn jemand Probleme hat, leiden alle mit. Wir sind miteinander verbunden, daher muss ich wissen, wie Ihr Leben als Christ in Ihrer Situation ist, und Sie müssen wissen, wie es mir geht.
Das umfasst weit mehr als nur die Themen Ehe oder Single-Sein. Doch es zeigt mir, dass ich als Alleinstehender zu der Gesundheit von Ehen in meiner Gemeindefamilie beitrage. Und Verheiratete tragen zur Gesundheit meines Single-Seins bei. Das gehört zur Gemeinschaft dazu. Und wenn man bedenkt, wie viele in unserer örtlichen Gemeinde vielleicht alleinstehend sind, wird es noch dringlicher, dass wir alle an einem Strang ziehen, einander verstehen und in die gleiche Richtung gehen. Es liegt im Interesse von uns allen, der gesamten Gemeinde – ob alleinstehend oder verheiratet –, dass wir die positive Sicht der Bibel auf das Single-Sein verstehen.
Doch das bedeutet, mit einigen weitverbreiteten Missverständnissen aufzuräumen.