Der dreibeinige Esel
… und andere Geschichten für Senioren
Katja Habicht
Der dreibeinige Esel ... und andere Geschichten für Senioren
Best.-Nr. 271 571
ISBN 978-3-86353-571-1
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg
Bibelverse wurden zitiert nach:
Hoffnung für alle, © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.® mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers
Fontis-Brunnen Basel; Lutherbibel, revidierter Text 1984, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart;
Schlachter-Übersetzung – Version 2000, © 2000 Genfer Bibelgesellschaft
1. Auflage
© 2022 Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg www.cv-dillenburg.de
Satz und Umschlaggestaltung:
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg Umschlagmotive: © shutterstock_1493529440_Simple Line (Esel) und freepik.com/rawpixel (Banner)
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
Ich habe gewonnen!
„Na, da ist ja das Postauto“, murmelt
Gerlinde und schaut aus dem Küchenfenster In ihren roten Pantoffeln schlurft sie zum Briefkasten, der neben der Haustür hängt
„Hallo Oma!“, ertönt eine bekannte
Stimme Es ist ihr Enkelsohn Peter, der nach Hause kommt Während seines
Studiums wohnt er bei ihr und lässt sich mit leckeren Kohlrouladen verwöhnen
„Geht es dir gut, Oma?“, fragt er und gibt ihr einen Kuss auf die Wange
Gerlinde lächelt Das Leben ist viel schöner, seit Peter bei ihr wohnt
„Gleich gibt es Essen!“, ruft sie ihm nach, als er ins Haus geht Sie öffnet den Briefkasten und zieht einen Brief heraus Er ist leuchtend gelb „Für Sie,
Frau Müller, ganz persönlich!“, steht vorne drauf Voller Neugier schlurft Gerlinde etwas schneller zurück in die Küche und reißt den Umschlag auf „Mal sehen, wer mir schreibt – Ach, du große Güte!“ Was steht da? Sie liest es noch einmal Hat sie sich verguckt?
Aber nein, es steht da:
„Freuen Sie sich, Frau Müller, Sie haben gewonnen!
5000 Euro! Unser Hauptgewinn!“
Kurz überlegt Gerlinde, dass sie gar kein Gewinnspiel mitgemacht hat, doch dieser Gedanke ist ruckzuck wieder vergessen
Auf dem Herd fängt der Schnellkochtopf mit den Kartoffeln an zu pfeifen, doch Gerlinde guckt nur auf ihren Brief 5000 Euro! Was könnte sie sich mit dem Geld kaufen? Ah jaeinen Fernsehsessel So einen wie ihre
Freundin Annegret ihn hat Einen, den man automatisch verstellen kann Und
Peter – der bekommt natürlich auch etwas Ach, wie schön!
Glücklich ruft sie Annegret an „Und von dem Geld “, berichtet sie, „ davon kaufe ich mir auch einen Fernsehsessel – Waaas? Was hast du gesagt, Annegret? Du musst lauter reden “
Peter kommt in die Küche gerannt „Oma, was ist denn hier für ein Radau?“, schreit er und schaltet den Herd aus Der Schnellkochtopf pfeift und dampft noch kurz – dann ist es still „Mensch, Oma, fast wäre der Topf in die Luft geflogen “
Das hat Gerlinde gar nicht gemerkt Sie legt das Telefon weg und drückt ihren Enkelsohn ganz fest „Peter – du weißt es ja noch gar nicht! Ich habe gewonnen – 5000 Euro!“ Voller Freude wedelt sie mit dem Brief vor seiner Nase herum „Da steht es – Nur das da unten kann ich nicht lesen, das ist so klein geschrieben Kannst du mal schauen? Du
hast noch gute Augen – Weißt du, du bekommst auch etwas von dem Geld Und für Annegret, da “
Nanu – Peter freut sich gar nicht Er liest den Brief, schnauft kurz und setzt sich auf die Küchenbank „Komm mal her, Oma“, sagt er und rückt ihr das Kissen zurecht
„Was ist denn?“, fragt Gerlinde „Stimmt was nicht?“
„Oma – du hast nichts gewonnen Im Gegenteil Hier unten steht es ganz klein Du sollst sogar etwas bezahlen
200 Euro Dafür bekommst du dann ein Reisebügeleisen geschickt “
Gerlinde schluckt „Ein Reisebügeleisen? Für 200 Euro? Aber ich verreise doch gar nicht manchmal gehe ich zu Annegret, aber bügeln tu ich da auch nicht “
Peter schaut sie mitleidig an „Ja, Oma, und erst, wenn du die 200 Euro bezahlt hast, kannst du vielleicht etwas
gewinnen Hier steht es: eine Tasse mit Katzenbabys drauf “ – „Ka-tzenba-bys?“ Gerlinde wird immer leiser „Aber da steht doch: 5000 Euro!“
Peter streicht über ihren Arm „Ja, das steht da – aber es ist gelogen Sie wollen dich nur anlocken und dir das Geld aus der Tasche ziehen Am besten wirfst du solche Post schnell in den Mülleimer “
Still deckt Gerlinde den Tisch, und immer noch still kaut sie auf den matschigen Kartoffeln herum, die viel zu lange im Kochtopf waren Also, so etwas! Sie hat einem Betrüger geglaubt!
Peter versucht, sie aufzumuntern „Aber deine Kohlrouladen, Oma, die schmecken wieder prima “ Dann zeigt er auf den Wandkalender „Du hast ja heute noch gar kein Kalenderblatt abgerissen “
„Wie? Ach ja“, murmelt Gerlinde, reißt das Blättchen ab und gibt es Peter
„Oma, der Bibelvers steht heute in den Psalmen: „Jedes Wort, das du sagst, ist wahr. Was du, gerechter Gott, entschieden hast, gilt für immer und ewig.“
„Guck mal, Oma, das ist ja auch eine persönliche Nachricht an dich! Diesmal aber von Gott Hier gibt es keine Lügen Nur Wahrheit! Was Gott verspricht, das meint er auch so Gott sagt immer die Wahrheit!“
Gerlinde nickt „Ja, du hast recht“, sagt sie mit fester Stimme „Menschen lügen mich an – aber Gott niemals! In der Bibel steht, dass er mir sogar das ewige Leben im Himmel schenkt Und das kann ich glauben – denn es ist die reine Wahrheit!“
„Genau, Oma!“ Peter zwinkert ihr zu „Damit hast du nun wirklich den Hauptgewinn!“
Das ist das Wichtigste
„Grüß dich, Gerda, hier ist Emmi“, sagt die alte Dame, als sich am anderen Ende der Leitung ihre Freundin meldet „Guten Tag, Emmi“, antwortet Gerda mit fröhlicher Stimme „Schön, dass du anrufst Wir haben uns ja schon so lange nicht mehr sehen können Dieses dumme Corona-Virus “
Oma Emmi nickt, als ob Gerda sie durchs Telefon sehen könnte „Ja, wirklich“, sagt sie dann „Ich bin auch froh, wenn ich dich endlich mal wieder zum Kaffeetrinken einladen kann “ Nun erzählt Oma Emmi, dass sie in der letzten Woche einen schlimmen Husten hatte „Ich dachte schon, es ist Corona“, berichtet sie „Aber der Arzt hat gesagt, es ist nur eine Erkältung