Michael Hardt
Die Bibel als Ganzes verstehen
Heilsgeschichtliche Epochen als Schlüssel
MICHAEL HARDT
Die Bibel als Ganzes

verstehen
HEILSGESCHICHTLICHE EPOCHEN ALS SCHLÜSSEL
Christliche Schriftenverbreitung
An der Schloßfabrik 30 42499 Hückeswagen
Die Bibelstellen sind nach der im gleichen Verlag erschienenen „Elberfelder Übersetzung“ (Edition CSV Hückeswagen) angeführt.
1. Auflage 2025
© by Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen
Umschlaggestaltung: BasseDruck GmbH, Hagen
Satz und Layout: BasseDruck GmbH, Hagen
Bildnachweise: unsplash.com; pixabay.com; pexels.com
Druck: BasseDruck GmbH, Hagen
ISBN: 978-3-98838-078-4
www.csv-verlag.de
9 Vorwort
KAPITEL 1
13
Einleitung
14 Das Schweinefleisch, der Unfall und der Sabbat
18 Zwischen Verwirrung und Willkür –
Christentum à la carte?
19 Weitere Beispiele: scheinbare Widersprüche
22 Den roten Faden entdecken – aber wie?
23 Heilsgeschichtlich denken
23 Bibelverse verstehen
24 Sich vor Irrtum schützen
25 Mehr als Epochen
26 Heilsgeschichte und die Praxis
KAPITEL 2
29 Welche biblischen Epochen gibt es?
30 Wer bestimmt, welche Epochen es gibt?
30 Woran erkennt man den Beginn einer neuen Epoche?
31 Epochen entdecken ist nicht schwer
33 Welche Epochen gibt es?
36 Die Epochen im Einzelnen
44 Aber warum nun all diese Epochen?
KAPITEL 3
49 Einwände gegen den heilsgeschichtlichen Ansatz
50 „Es gibt keine unterschiedlichen Epochen in der Bibel“
52 „Hat Gott sich etwa geändert?“
53 „Hat Gott etwa seine Meinung geändert?“
54 „Hat sich der Weg der Errettung denn geändert?“
55 „Wusste Gott nicht im Voraus, dass der Mensch versagen würde?“
55 „Ist Gottes Plan etwa gescheitert?“
56 „Wer heilsgeschichtlich denkt, steckt alles in Schubladen und zerschneidet die Bibel“
57 „Die Lehre der heilsgeschichtlichen Epochen ist zu jung, um wahr zu sein“
58 „Dispensationalisten sind schuld am Nahostkonflikt“
KAPITEL 4
Bausteine des christlichen Glaubens
BAUSTEIN 1 Die buchstäbliche Auslegung der Bibel
2 Die fortschreitende Offenbarung
3 Israel und die Versammlung
4 Israel hat eine Zukunft
5 Der neue Bund
6 Die Erprobung des ersten Menschen endet am Kreuz
7 Christen nicht unter Gesetz
8 Die christliche Hoffnung
BAUSTEIN 9 Wer sind die Gläubigen in der Drangsal?
BAUSTEIN 10 Christus erscheint –vor dem Friedensreich
KAPITEL 5
121 Eine ganz besondere Epoche
123 1. Ein vollbrachtes Werk der Erlösung
123 2. Ein verherrlichter Mensch im Himmel
124 3. Der Heilige Geist wohnt in den Gläubigen
124 4. Zu einem Leib getauft
125 5. Eine vollständige Offenbarung Gottes
126 6. Anbetung in Geist und Wahrheit
127 7. Eine himmlische Berufung
127 8. Eine unmittelbare Erwartung
128 9. Unter Gnade, nicht unter Gesetz
128 10. Geistliche Gaben
129 11. Söhne und Kinder Gottes
130 12. Gegenstände des ewigen Ratschlusses Gottes
130 Fazit
KAPITEL 6
133 Schluss: der rote Faden und die Herrlichkeit Gottes
134 Gottes Herrlichkeit
136 Das einende Prinzip der Bibel
137 Die Bibel – ein harmonisches Ganzes 141 Stichwortverzeichnis

VORWORT
Jeder Vers der 66 Bücher der Bibel ist wie ein Puzzleteil –und zusammen ergeben diese einzelnen Puzzelteile das großartigste Puzzle der Welt. Viele Bibelleser haben bereits einzelne Puzzlesteine entdeckt und schätzen gelernt.
Doch die große Preisfrage ist, ob alle Puzzleteil zusammenpassen. Ist es möglich, sie widerspruchsfrei, und ohne sie zu „verbiegen“, zusammenzufügen? Und wenn ja, welches Bild würde sich daraus ergeben? Das ist für viele Gläubige oft jahrelang ein Rätsel.
Aber das muss nicht so bleiben. Es gibt einen Schlüssel. Dieser Schlüssel erlaubt es, die Bibel als eine zusammenhängende Geschichte zu lesen und so Gottes Plan zu entdecken: für die Menschen, für verschiedene Völker, für Christen und für dich ganz persönlich.
Das vorliegende Buch will dich auf dieser Entdeckungsreise begleiten. Es will dir helfen, den „Schlüssel“ kennenzulernen und zu benutzen, um damit Gottes wunderbare Botschaft aufzunehmen.
Erklärung
In meinem ausführlicheren Buch1 wird dieselbe Thematik behandelt. Dort werden viele Details und zahlreiche Gegenargumente besprochen und anhand der Bibel beleuchtet. Weil das Thema recht komplex und doch so fundamental ist, kam der Wunsch nach einer einfachen und gut lesbaren Zusammenfassung auf – auch gerade, um jüngere Leser anzusprechen. Diesem Wunsch versuche ich hiermit nachzukommen.


CSV-VERLAG.DE
HEILSGESCHICHTLICH DENKEN
1 Heilsgeschichtlich denken – der rote Faden zur Bibel, CSV Hückeswagen, 2023.
WORUM ES GEHT: DER ROTE FADEN

Wie ist die Botschaft der Bibel als Ganzes zu verstehen? Wie passen historische, poetische und prophetische Bücher, Evangelien und Briefe zusammen? Es gibt tatsächlich einen roten Faden, der sich durch die Bibel hindurchzieht. Und es gibt eine einfache Methode, um ihn zu entdecken:
Man muss sich bewusst machen, dass es in der Bibel verschiedene Epochen gibt!
Wer das verstanden hat, kann jede einzelne Aussage einordnen und verstehen, warum Gott zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich handelt und auf unterschiedliche Weise mit Menschen verfährt. So, und nur so, kann er die Gesamtbotschaft der Bibel entdecken.

EINLEITUNG
14 Das Schweinefleisch, der Unfall und der Sabbat
18 Zwischen Verwirrung und Willkür –Christentum à la carte?
19 Weitere Beispiele: scheinbare Widersprüche
22 Den roten Faden entdecken –aber wie?
23 Heilsgeschichtlich denken
23 Bibelverse verstehen
24 Sich vor Irrtum schützen
25 Mehr als Epochen
26 Heilsgeschichte und die Praxis
Das Schweinefleisch, der Unfall und der Sabbat
Die Grillparty
Ein gläubiger junger Mann – nennen wir ihn Tim – ist zu einer Grillparty eingeladen. Es soll gerade losgehen, da lässt jemand die Bemerkung fallen: „Übrigens, das ist alles Schweinefleisch.“ Tim hat sich erst vor kurzem bekehrt. Er ist sich nicht sicher, wie es sich damit verhält: Ist es für Christen erlaubt, Schweinefleisch zu essen? Sagt die Bibel etwas dazu?
Mit einem Griff zum Handy versucht Tim, sich Klarheit zu verschaffen. Und tatsächlich: Eine Schnellsuche nach „Schwein“ und „Fleisch“ führt ihn prompt zu 5. Mose 14:
„… und das Schwein … unrein soll es euch sein.
Von ihrem Fleisch sollt ihr nicht essen“ (5. Mo 14,8) .
Etwas enttäuscht will Tim sich schon verabschieden, da kommt ihm ein Gedanke. Sagt die Bibel vielleicht noch mehr zu diesem Thema? Bei einer zweiten Suche stößt er prompt auf folgendes Ergebnis:
„Alles, was auf dem Fleischmarkt verkauft wird, esst, ohne zu untersuchen um des Gewissens willen“
(1. Kor 10,25).
Im ersten Moment atmet er erleichtert auf. Es ist also doch in Ordnung, er kann bleiben. Doch plötzlich wird ihm sein
Dilemma bewusst: Die zwei Bibelverse scheinen sich zu widersprechen. Welcher ist nun bindend für ihn? Und wer entscheidet das? Nach welchen Kriterien soll er vorgehen?
Und woher nimmt er sich das Recht, darüber zu befinden, ob 5. Mose 14 greift („nicht essen“) oder eher 1. Korinther 10 („essen, ohne zu untersuchen“)?
Tim entscheidet sich, nach 1. Korinther 10 vorzugehen, weil es später geschrieben wurde und zum Neuen Testament gehört. Aber ganz wohl ist ihm dabei nicht. Ist das Alte Testament etwa nicht Gottes Wort? Denn es heißt doch gerade in Bezug auf das Alte Testament: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“ (2. Tim 3,16).
Tim merkt, dass ihm der Kompass fehlt. Er braucht dringend einen Rahmen, mit dem er diesen scheinbaren Widerspruch auflösen kann. Er möchte beide Bibelverse respektieren, und dennoch Klarheit erhalten, ob er nun zugreifen darf oder nicht. Was er noch nicht weiß, ist, dass es diesen Rahmen bereits gibt: heilsgeschichtliches Denken! Dazu gehört, wie wir sehen werden, dass man Epochen unterscheidet und Aussagen einordnet.
Es hat gekracht
Die Grillparty ist vorbei. Gut gesättigt aber immer noch tief in Gedanken macht Tim sich auf den Weg nach Hause. Doch plötzlich passiert es. Ein PKW missachtet ein Stoppschild,
Tim kann nicht mehr ausweichen, es kracht! Zum Glück wird niemand verletzt – aber die Autos sind schrottreif.
Der Fahrer des anderen Wagens, ein Mann im mittleren Alter, und zwei Kinder steigen aus. Tim – der Schock sitzt ihm noch in den Knochen – überlegt: Wie soll er sich jetzt verhalten? Schließlich ist er überzeugter Christ. Aber ärgerlich ist er schon. Langsam geht er auf den Unfallverursacher zu. Dabei fällt ihm der Vers ein, den er am Morgen in seiner Andacht gelesen hat:
„Seine Söhne seien Waisen, und seine Frau sei Witwe! Und mögen seine Söhne umherschweifen und betteln und fern von ihren verwüsteten Wohnungen nach Brot suchen!“ (Psalm 109,9.10).
David hatte sicher gute Gründe für diesen Ausspruch, aber Tim spürt instinktiv, dass Rachegedanken dieser Art für einen Christen einfach unpassend sind. Zum Glück fällt ihm noch ein anderer Vers ein:
„Doch liebt eure Feinde, und tut Gutes, … und euer Lohn wird groß sein“ (Lukas 6,35).
Tim gibt sich einen Ruck. Er gibt dem Unbekannten die Hand und fragt, ob wirklich alle unverletzt sind. Irgendwie ist er erleichtert, aber wieder beschleicht ihn dieses mulmige Gefühl, dass er auch dieses Mal mehr oder weniger
willkürlich den einen Vers ausgeblendet und den anderen befolgt hat. Mit welchem Recht?
Der Aufsitzmäher
Endlich kommt Tim nach Hause und lässt sich erschöpft ins Bett fallen, um am folgenden Samstagmorgen ordentlich auszuschlafen. Aber um Punkt acht wird er durch einen lauten Motor geweckt. Sein Nachbar hat gerade am Vortag einen Aufsitzmäher erstanden und probiert diesen – anscheinend mit wachsender Begeisterung – unweit von Tims Schlafzimmerfenster ausgiebig aus. Tim überlegt verschlafen, was davon zu halten ist. Ihm fällt ein, dass der Samstag in der Bibel Sabbat heißt und es konkrete Vorschriften dazu gab. Noch blinzelnd tippt er das Wort Sabbat in sein Smartphone und wird tatsächlich fündig:
„Sechs Tage soll man Arbeit tun, aber am siebten Tag soll euch ein heiliger Tag sein, ein Sabbat der Ruhe dem Herrn; wer irgend an ihm eine Arbeit tut, soll getötet werden.“ (2. Mo 35,2)
Tim ist hellwach. Der letzte Teil des Verses lässt ihn aufhorchen. Hat sein Nachbar gerade eine Straftat begangen, die mit der Todesstrafe geahndet wird (oder werden sollte)?
Und wenn ja, wer ist dann dafür zuständig? Warum unternimmt niemand etwas? Glücklicherweise unternimmt Tim nichts – außer dass er sich fest vornimmt, herauszufinden,
wie man die Bibel richtig verstehen und auch solche Verse sinnvoll einordnen kann.
Diese Beispiele sind zwar erdacht – aber die Problematik ist real – und manchmal brisant.
Zwischen Verwirrung und Willkür –Christentum à la carte?
Das Beispiel von Tim zeigt: Die Bibel enthält Aussagen und Anweisungen, die sich zu widersprechen scheinen, und auch Aussagen, die Christen im Allgemeinen (zu Recht) nicht anwenden.
Aber wie kann das sein? Wenn die Bibel Gottes Wort ist, geht es nicht an, dass wir als Leser des göttlichen Wortes über dieses – und damit über Gott – zu Gericht sitzen und nach unserem Gutdünken (so gut es auch gemeint sein mag) entscheiden, was „geht“ und was nicht. Wenn die Bibel Gottes Wort ist, dann muss sie den Schlüssel enthalten, der die (scheinbaren) Widersprüche auflöst und der klarmacht, welche Teile des Wortes Gottes sich direkt auf Christen beziehen.
Und das Beste daran: Dieser Schlüssel existiert wirklich –Gott sei Dank! Gott selbst hat ihn in sein Wort hineingelegt.
Dieser Schlüssel heißt heilsgeschichtliches Denken. Er ist nicht schwer einzusetzen. Wir können ihn ganz einfach benut-
zen, indem wir die Aussagen der Bibel ernst nehmen, sie aber in ihrem Kontext interpretieren und verstehen.
Wenn jemand diesen Schlüssel links liegen lässt, liest er die Bibel so, als wenn jede Aussage ihn direkt beträfe. Er wird auf massive Schwierigkeiten stoßen. Ihm bleiben zwei mögliche Reaktionen:
• Er ist verwirrt, weil er auf widersprüchliche Aussagen stößt, oder
• Er benutzt die Bibel wie eine Speisekarte und wählt sich einfach die Verse aus, die er für plausibel, passabel, praktikabel oder auch zeitgemäß hält und daher für sich als bindend betrachtet, also eine Art „Christentum à la carte“.
Die erste Option ist Verwirrung, die zweite ist Willkür. Oft geht beides miteinander einher: Man versucht, der Verwirrung zu entkommen, indem man (willkürlich) festlegt, was gilt und was nicht. So kommt es, dass viele solcher Bibelleser zu ganz unterschiedlichen Überzeugungen gelangen.
Weitere Beispiele: scheinbare Widersprüche
Wer Bibelstellen nicht heilsgeschichtlich einordnet, stößt auf viele weitere Scheinwidersprüche. Aber sobald man die heilsgeschichtliche Brille aufsetzt, verschwinden die meis-
ten von ihnen, und so manches Paradox löst sich auf wie der Frühnebel in der Sonne. Ein paar Beispiele dazu:
• In Matthäus 5 bekommt man den starken Eindruck, dass Jesus Christus etwas lehrte, das nicht nur über das Alte Testament hinausging, sondern ihm sogar zu widersprechen schien: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge und Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen, sondern wer dich auf deine rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin“ (Mt 5,38.39). Wie ist das möglich?
• Dem Gefängnisaufseher in Philippi wurde gesagt: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst gerettet werden“ (Apg 16,31). Das war eine vollkommen neue Botschaft. Bis dahin galt in Israel die Devise: „Meine Rechte sollt ihr halten, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird“ (3. Mo 18,5). Was fordert Gott nun von uns, glauben oder tun?
• Paulus sagt, dass der Geist Gottes in uns wohnt und wir damit versiegelt sind (und der Herr bestätigt, dass der Geist immer bei und in uns bleibt), aber David bittet den Herrn, seinen Geist nicht von ihm zu nehmen (Ps 51,13).
• Im Alten Testament war Gott zunächst als Elohim bekannt, dann als Allmächtiger (El Schaddai) und schließlich als Herr (Jahwe), siehe 2. Mo 6,3. Auf der anderen Seite sprechen Johannes, Petrus und Paulus immer wieder von Gott als Vater: der Vater unseres
Herrn Jesus Christus und sogar unser Vater (Phil 1,2; 4,20; 1. Pet 1,17; Off 1,6).
• Der Herr sprach von Gläubigen, die „von“ Grundlegung der Welt an gesegnet sind (Mt 25,34), während andere Gläubige sogar „vor“ Grundlegung der Welt auserwählt sind (Eph 1,3.4). Warum dieser Unterschied?
• Die Psalmen sprechen wiederholt von der Hoffnung auf ein langes Leben auf der Erde. Das Neue Testament hingegen betont immer wieder die himmlische Hoffnung der Gläubigen und zeigt, dass sie jeden Moment eintreffen kann (was die Psalmen nie tun).
• Bestimmte besonders wertvolle Mitteilungen hat Gott über Jahrhunderte hinweg geheim gehalten (so zum Beispiel das „Geheimnis des Christus“). Erst durch den Apostel Paulus ließ Er es bekanntmachen (Eph 3,4.5). Das wirft die spannende Frage auf, warum Gott so unterschiedlich mit Gläubigen verschiedener Epochen umgeht. Vor den einen hält Er seinen Ratschluss geheim, den anderen öffnet Er sein ganzes Herz!
DIE HEILSGESCHICHTLICHEN STRUKTUREN, DIE ES ZU BEACHTEN GILT, LEGT DIE BIBEL SELBST FEST.
DIESER SPUR WOLLEN WIR NACHGEHEN. ES LOHNT SICH!