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W LFGANG BÜHNE ICH PFEIF AUF DEINE FRÖMMIGKEIT!

SCHWELM | STUKENBROCK | SCHOPPEN STATIONEN EINER GESCHICHTE, WIE NUR GOTT SIE SCHREIBEN KANN

1. Au age 2023

© 2023 by CLV

Christliche Literatur-Verbreitung e.V. Ravensberger Bleiche 6 · 33649 Bielefeld www.clv.de

Lektorat: Oliver Reichl (CLV) und Martin Kaal

Satz: Johannes Heckl (CLV)

Umschlaggestaltung: Andreas Fett, Meinerzhagen

Umschlagfoto: David Bühne, Köln

Druck und Bindung: BasseDruck GmbH, Hagen

Hardcover:

Artikel-Nr. 256690

ISBN 978-3-86699-690-8

Paperback:

Artikel-Nr. 256738

ISBN 978-3-86699-738-7

Widmung

Meiner lieben Frau Ulla, die mich mehr als fünf Jahrzehnte lang durch dick und dünn begleitet hat. Immer wieder hat sie mich ermutigt und korrigiert, nie hat sie mich daran gehindert, dem Herrn zu dienen. Meine Wertschätzung und Dankbarkeit für ihren treuen und selbstlosen Dienst an mir, an unseren Kindern und an den vielen jüngeren und älteren Freunden habe ich leider viel zu wenig ausgedrückt.

Unseren sieben Kindern Michael, Tine, Daniel, Debora, Hannes, Tabitha, David und unseren Schwiegerkindern Nadja, Ralf, Marei, Claudia und Markus, denen wir es ho entlich nicht zu schwer gemacht haben, an den Herrn Jesus zu glauben, ihm zu folgen und ihn zu lieben.

Den bisher 14 Enkelkindern, für die wir beten, dass sie alle rechtzeitig und konsequent ihre Lebensweichen zur Ehre Gottes und zu ihrem eigenen Segen stellen.

Den vielen lieben Geschwistern der Gemeinde in Schoppen, die uns wirklich eine »Herberge zur Heimat« waren und deren Gebete, Liebe und Fürsorge uns getragen und begleitet haben.

Und schließlich den vielen jüngeren und älteren Freunden und Mitarbeitern in der Jugendarbeit, Literaturarbeit, in der Mission im In- und Ausland, in der Verkündigung und der Verteidigung der biblischen Wahrheiten, und solchen, die uns in der Stille mit ihren Gebeten zum großen Segen waren.

Mögen diese Aufzeichnungen dazu dienen, sie vor unseren Fehlern zu bewahren, und sie zugleich anspornen, treu, glaubwürdig und mit großer Freude unserem Herrn Jesus zu folgen und zu seiner Ehre zu leben.

Meinerzhagen, im Winter 2022/23

6. Ausgerechnet

Erschütternde Nachrichten aus Kuba –  und »Kfz-Kennzeichen: GM-KF 828« _________________________

für möglich gehalten: Auf nach China! _____________________

8.

9. Wie bitte? »Bomber« und Bücher? _______________

»Andi ist tot!« Unfassbar! ____________________________________

10. Wie Gott uns Väter auf die Knie bringt

Konferenzen, Bibeltagen, »Taupunkten« und »Kraftsto en«

»Was wir gehört und erfahren und unsere Väter uns erzählt haben, das wollen wir ihren Kindern nicht verschweigen, sondern dem künftigen Geschlecht verkünden die Ruhmestaten des Herrn und seine Stärke und seine Wunder, die er getan hat. … damit die Nachwelt Kenntnis davon erhielte, die Kinder, die geboren würden, sollten aufstehen und ihren Kindern davon erzählen, dass sie auf Gott ihr Vertrauen setzten und die Taten Gottes nicht vergäßen und seine Gebote befolgten …«

PSALM 78,3-7 (ÜBERSETZUNG »MENGE 2020«)

Sei es, dass wir leben, wir leben dem Herrn; sei es, dass wir sterben, wir sterben dem Herrn.

Sei es nun, dass wir leben, sei es, dass wir sterben, wir sind des Herrn.

RÖMER 14,8

Anp昀椀ff!

»Wehmütig grüßt der, der ich bin, den, der ich sein möchte.«

— Sören Kierkegaard

Es war im Sommer 2022. Wie jeden Sonntagmorgen war ich mit meiner Bibeltasche unterm Arm zu Fuß unterwegs, um in 600 Metern Entfernung unseren Gemeindesaal zu erreichen. Dort fand pünktlich 15 Minuten später die Abendmahlsfeier statt, die wir jeden Sonntag als Gemeinde nach dem Wunsch unseres Herrn durchführen. Bereits in Gedanken an das Leben und Sterben Jesu versunken, sah ich – wie fast an jedem Sonntag um diese Uhrzeit – einen mir bereits jahrelang bekannten Wanderer entgegenkommen. Wir waren »per Du« und hatten uns bisher bei fast jeder Begegnung meist gegenseitig freundlich einen gesegneten Sonntag gewünscht und waren dann weitergegangen.

Dieses Mal blieb er allerdings vor mir stehen. Er sah mir mit zorniger Miene in die Augen und fühlte sich o ensichtlich genötigt, mir etwas zu sagen, was ihm schon länger auf der Seele brannte:

»Weißt du eigentlich, was für ein seltsamer Kauz du bist? Selbstgerecht, eingebildet, eigensinnig, ehrsüchtig, rücksichtslos, unfreundlich und geizig!«

Das saß! Ich habe zwar nicht mehr alle Adjektive genau in Erinnerung, die er über mich ausschüttete. Jedenfalls war ich ziemlich verdattert und betro en über diesen unerwarteten Anp . Was sollte ich darauf erwidern?

Es el mir spontan nichts Besseres ein, als ihm zu antworten, dass ich ihm für seine O enheit danke, denn ich sei wirklich ein schlechter Mensch. Doch dann fügte ich nach einer kurzen Verlegenheitspause hinzu, ich könnte ihm noch eine Anzahl von weiteren schlechten Eigenschaften von mir aufzählen, die sein Urteil bestätigen und deutlich machen, welch ein Sünder ich sei und warum ich die Gnade Gottes nötig habe.

Danach trennten sich unsere Wege. Ich ging wie ein begossener Pudel weiter. Wenige Minuten später reihte ich mich unter jene ein, die mit mir an diesem Morgen Gott dafür danken und anbeten wollten, dass er seinen Sohn Jesus Christus als Stellvertreter für unsere Sünden ans Kreuz schlagen ließ.

Natürlich musste ich noch lange über diese Schelte nachdenken. Es war nicht der erste Anp , den ich in der Vergangenheit schlucken musste, und wird sicher auch nicht der letzte sein …

Es ging mir wie Dietrich Bonhoe er in seinem ergreifenden Gedicht: »Wer bin ich?«

Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?

Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß? …

Wer bin ich? Der oder jener? …

Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.

Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott! 1

— Dietrich Bonhoe er

1 Dietrich Bonhoe er, Widerstand und Ergebung, Stuttgart: Evangelische Buchgemeinde, 1951, S. 263-264.

Zu dieser Zeit war ich gerade dabei, meine Lebenserinnerungen zusammenzustellen. Ernüchtert, aber auch verwundert überlegte ich: Wem soll das dienen? Was habe ich zu bieten?

Eine vorbildliche Frömmigkeit, ein beeindruckendes, anziehendes Wesen konnte es nicht sein, warum Gott einen Menschen wie mich für seinen Dienst gebrauchen will. Das wird der Leser anhand dieser Aufzeichnungen sicher bestätigen. Daher will ich auf den folgenden Seiten den Befund herausstreichen, den auch der ehemals superfromme Pharisäer Paulus für sich anerkennt:

»Erinnere sie daran, … einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, irregehend, dienten mancherlei Begierden und Vergnügungen … Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Heiland-Gottes erschien, errettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten, sondern nach seiner Barmherzigkeit …« — Titus 3,1-4

Gott braucht nicht meine Frömmigkeit, aber Gott handelt mit uns nach seiner Barmherzigkeit.

»Ein Mensch ruht dann in der Vergebung der Sünde, wenn der Gedanke an Gott ihn nicht an die Sünde erinnert, sondern daran, dass sie vergeben ist. Sodass das Vergangene keine Erinnerung daran ist, wie viel er verbrochen hat, sondern daran, wie viel ihm vergeben worden ist.« 2 — Sören Kierkegaard

2 Sören Kierkegaard, Tagebücher Band 2, Düsseldorf/Köln: Eugen Diederichs Verlag, 1963, S. 152.

© https://heimatkunde-schwelm.de/Kriegsschaeden/Kriegsschaeden.html

Kapitel 1 Schwelm –und die Faszination guter Gerüche …

Die erste Erinnerung an meine Heimat ist eine zerbombte Kleinstadt am Rande des Ruhrgebiets in der Nähe von Wuppertal.

Schwelm, das Tor zu Westfalen, zum Sauerland und zum Ruhrgebiet, war mitbetro en, als der Bombenhagel der Alliierten 1944 auf Wuppertal herunterprasselte. Wir – das sind meine Eltern und ihre sechs Kinder – wohnten mitten in der Stadt, und als ich im Mai 1946 geboren wurde, lag Schwelm noch weitgehend in Trümmern. Aber überall wurde aufgeräumt, Schutt beseitigt, Fundamente freigelegt und das Kopfsteinp aster erneuert. Es dauerte allerdings noch Jahre, bis die letzten Spuren des Zweiten Weltkriegs völlig beseitigt waren.

An der Hauptstraße hatten meine Eltern bereits vor dem Krieg von Juden ein Haus kaufen können und dort eine kleine Drogerie erö net, die man allerdings nicht mit den heutigen Drogerie-Ketten vergleichen kann.

Hier prägte nicht der Geruch von Kosmetik, sondern der Duft vieler Heilkräuter die Atmosphäre. Aus zig Schubladen wurden Kräutertees gegen allerlei eingebildete und echte Krankheiten von meinem Vater Friedrich Wilhelm – »Fritz« genannt – und auch von meiner Mutter Helene – als »Leni« bekannt – fachkundig zusammengestellt.

Neben allen möglichen Kräuterdragees, P anzensäften und Tropfen und einer kleinen Kosmetikabteilung standen allerdings auch nicht wenige Flaschen hochprozentiger Spirituosen in unseren Regalen, unter ihnen die Schwelmer Hausmarke »Leverings Klaren« – zum Kummer der Blaukreuzler unter unseren Kunden, die das unverantwortlich fanden, zumal meine Eltern als überzeugte Christen und »Versammlungsleute« bekannt waren, die aus ihrem Glauben und ihren biblischen Überzeugungen keinen Hehl machten.

Nachdem mein Vater recht früh aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war – anders hätte ich nicht im Mai 1946 geboren werden können –, hatten meine Eltern diesen Laden mit viel Mühe und Liebe wiederaufgebaut, denn glücklicherweise war unser Haus von den Bombeneinschlägen verschont geblieben.

Eine Besonderheit zierte unsere Ladenmitte, und das war ein riesiger Sack mit frisch getrockneten Pfe erminzblättern. Der hatte einen Durchmesser von etwa 1,2 bis 1,5 Metern, war einen Meter hoch und prägte den Wohlgeruch des Ladens. Das lockte viele Kunden an, denn darin waren wir konkurrenzlos.

Viele, meist ältere Leute kamen in unser Kräuterhaus und klagten meinen Eltern ihre Herz-, Kreislauf-, Magen-, Leber- und

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