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SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

Die

Edition

erscheint in Zusammenarbeit zwischen SCM R.Brockhaus, Witten, und dem SCM Bundes-Verlag, Witten.

Herausgeber: Rüdiger Jope

© 2022 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Str. 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-brockhaus.de · E-Mail: info@scm-brockhaus.de

Die Bibelverse sind folgenden Ausgaben entnommen:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen. (NLB)

Elberfelder Bibel 2006, © 2006 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Holzgerlingen. (ELB)

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (LUT)

Lektorat: Marcus Beier

Umschlaggestaltung: Stephan Schulze, Stuttgart

Titelbild: ISMODE; iStock

Autorenfoto: © Rüdiger Jope

Innenseitengestaltung: Dietmar Reichert, Dormagen

Druck und Bindung: Finidr s.r.o.

Gedruckt in Tschechien

ISBN 978-3-417-00030-6

Bestell-Nr. 227.000.030

1. ZUPACKEN & TEE TRINKEN

ZUPACKEN & TEE TRINKEN

Bibelstelle: 1. Mose 6,1ff

Es geht um das Ende der Geschichte, nicht einer Geschichte. Sondern Apokalypse. Die Menschheit steht auf dem Spiel, denn Gott ist im Begriff, sie aufgrund ihrer Bosheit und Verdorbenheit auszulöschen. Die gigantische Flut wird kommen und alles ertränken. Aber ein Mann – wir kennen dies aus den großen Heldensagen – kann das Unheil abwenden: Noah.

KEIN PROTESTIERER

Aber anstatt eines strahlenden Helden ist Noah eher ein stiller Antiheld – ein folgsamer Mann, der erschreckend passiv und unterwürfig Gottes Auftrag annimmt und umsetzt. »Noah, ich werde mit einer Sintflut die Menschheit und alles Leben zerstören. Du aber baue eine Arche, damit wenigstens du, deine Familie und jede Tierart überlebt. Hier ist der Bauplan für die Arche. Leg los!« Und Noah fragt nicht nach, klagt nicht, protestiert nicht, kämpft nicht oder setzt sich, wie Abraham, für die anderen Menschen ein. Er ergreift nicht die Initiative, sondern gehorcht ohne Wenn und Aber. Buchstabengetreu befolgt er die göttlichen Instruktionen. Er tut, was Gott von ihm will bis zum Schluss. Und sichert damit das Überleben der Menschheit. So kann man ihn beschreiben. Oder ganz anders: Noah hat einen tiefen Glauben und tiefes Vertrauen in Gott. Denn als dieser zu ihm spricht, hat er offene Ohren und ein offenes Herz für seinen Auftrag. Er horcht und gehorcht. Er beginnt nicht zu zweifeln oder weiß es besser, sondern vertraut Gott bedingungslos, nimmt dessen Worte ernst und reagiert darauf, wird aktiv, übernimmt Verantwortung, handelt, fängt an, die Arche zu bauen, schuftet, um der Katastrophe zu entrinnen – obwohl weit und breit kein Wasser zu sehen ist. Er schwimmt nicht mit dem Strom und tut, was alle anderen um ihn herum tun, sondern hält sich an Gott. Er hat den Durchblick, denn er sieht, was die anderen Menschen noch lange nicht sehen, und hält den

Spott und das Geläster der Mitmenschen über dieses augenscheinlich sinnlose Projekt aus. Und sichert damit das Überleben der Menschheit.

Am meisten beeindruckt mich an Noah seine Geduld, das Aushalten und das Warten auf den nächsten Schritt. Er baut Jahre an der Arche, aber die Flut lässt auf sich warten. Er sitzt über ein Jahr in der Arche, während das Wasser um ihn herumtobt. Lange Jahre – ohne dass etwas passiert. Noah kann aber geduldig warten.

ABWARTEN LERNEN

Warten ist nicht Zeit totschlagen. Warten verändert. Darum ist Warten nichts Passives, sondern etwas Aktives. Warten und Geduld führen häufig zur Reife. Das trifft auf guten Whisky, Wein und Käse ebenso zu wie auf den Menschen. Im Warten entstehen neue Perspektiven, vertieft sich vieles und man wird ein anderer. Noah hat sich verändert in der Zeit des Wartens. Statt Zorn und Bitterkeit über die Vernichtung vieler Lebewesen wählt er die Dankbarkeit, dass das Leben weitergeht. Gott hat sich verändert in der Zeit des Wartens, denn er entschließt sich, die Welt nie mehr zu vernichten. Die entscheidenden Dinge im Leben brauchen Zeit und Geduld: Beziehungen, Heilung, Veränderung – so, wie es umgangssprachlich heißt: Gut Ding braucht Weile.

SCHLACKE ABKLOPFEN

NACHGEHAKT:

• Hast du schon einmal klar einen Auftrag von Gott gehör t? Wie hast du drauf reagiert? Gehorsam und vertrauensvoll wie Noah? Oder zweifelnd und skeptisch? Wozu hat deine Reaktion geführt?

• Welches Projekt von Gott solltest du dieses Jahr in Angriff nehmen?

• Kannst du warten oder betest du lieber: »Gott schenke mir Geduld, aber zackig.« Warum fällt es dir leicht oder schwer zu warten?

ELEKTRODEN

FILMTIPP : Spektakuläre und sehenswerte Umsetzung der Noah-Geschichte im Blockbuster »Noah« mit Russell Crowe, Emma Watson, Anthony Hopkins und weiteren Hollywoodstars.

EINE REISE

WERT : Johan Huibers ist Schreiner aus Leidenschaft. Er baute die Arche Noah zusammen mit lebensgroßen

Holztieren in der Stadt Dordrecht, Holland. Nach rund zwanzig Jahren und Kosten von über einer Millionen Euro wurde das Schiff fertig.

Mehr Infos unter www.arkmuseum.eu/de/ KARSTEN BÖHM

Bibelstelle: 1. Mose 18,1ff

Kannst du Entscheidungen anderer annehmen und akzeptieren? Äußerst du deine abweichende Meinung oder schluckst du deinen Protest still herunter? Kämpfst du auch gegen Widerstände für etwas, was dir als wichtig und richtig erscheint? Gegen einen Freund, deine Partnerin, den Kollegen, Chef, Gott?

GOTT GIBT NACH

Abraham nahm kein Blatt vor den Mund und widersprach sogar Gott. Rang mit ihm. Trotzte. Kämpfte. Protestierte. Blieb unzufrieden. Beeinflusste. Verhandelte – im wahrsten Sinne des Wortes.

Gott hat sich entschlossen, die Stadt Sodom aufgrund der vielen Sünden und Verbrechen, die dort auf der Tagesordnung stehen, zu vernichten. Der Plan steht fest. Sodom war dem Untergang geweiht. Doch Gott hatte Abraham nicht auf der Rechnung. Denn dieser akzeptiert Gottes Entscheidung nicht, widerspricht und empört sich, kämpft und rebelliert, ringt mit ihm und sucht eine zweite Chance, setzt sich ein und betet, um ihn von seinem Entschluss abzubringen: »Verschone Sodom um 50 Gerechter willen!« Und Gott lässt sich auf Abrahams Handeln ein. Doch er findet kein 50. »Einmal ist keinmal«, denkt Abraham und bittet erneut um 45 Menschen, die anständig sind. Gott willigt ein. Abraham merkt, Gott lässt sich erweichen, und als er keine 45 anständige Menschen findet, handelt er auf 40 Menschen, die kein Unrecht getan haben, herunter. Und so geht es weiter bis Abraham Gott auf 10 unschuldige Menschen heruntergebetet, heruntergehandelt, heruntergerungen hat. Abrahams Gebet beeinflusst Gott. Sodom soll tatsächlich aufgrund 10 anständiger Menschen verschont werden.

Gott lässt von seinem ursprünglichen Plan ab, weil Abraham nicht geschwiegen hat, sondern inständig gefleht, gerungen, gebetet, gehandelt hat. Dickköpfig und nicht demütig,

beharrlich und nicht gleichgültig, klar und nicht vage und im Einsatz für das Leben.

Auch an vielen anderen Stellen in der Bibel lassen Gott und Jesus Christus sich durch wirkliches Flehen, durch Gebet, durch Bitten, die aus dem tiefsten Herzen kommen, erweichen. Wir Christen glauben eben nicht an einen unveränderlichen Gott, der ein für alle Mal die Weltgeschichte vorherbestimmt hat, sodass an diesem Lauf der Geschichte nichts zu ändern ist. Sondern wir glauben an einen persönlichen Gott, zu dem wir reden können, von dem wir Antworten erwarten können und dem unsere Anliegen nicht egal sind.

DEN VATER ERWEICHEN

Deshalb sprechen wir im Vaterunser Gott als Vater an, was übrigens für andere Religionen ein Skandal ist. Die Anrede ist nicht »mächtiger Gott«, »großer Herrscher«, »allwissendes Etwas«, sondern »unser Vater«. Jesus selbst sagt zu Gott »Abba«, was übersetzt »Papa« heißt. Aus gutem Grund. Gott ist zu uns wie ein sorgender, fürsorglicher, liebevoller Vater – wie ein guter Papa eben ist. Das ist der entscheidende Punkt und deswegen hilft beten. Wie Eltern ihren Kindern manchen Herzenswunsch erfüllen, weil Kinder immer wieder darum bitten, dafür kämpfen, ringen, handeln, so erfüllt uns Gott auch manchen Wunsch. Besonders schön ist es, wenn wir mit Gott ringen, kämpfen, handeln, beten und dann letztlich andere Menschen davon profitieren. So, wie bei Abraham und seinem Kampf um Sodom.

SCHLACKE ABKLOPFEN

NACHGEHAKT:

• Abraham zeigt, dass Glaube nicht nur demütiges und stilles Annehmen von Gottes Wille ist, sondern man mit Gott auch ringen und sich auseinandersetzen darf. Darin ist Abraham für mich ein Vorbild im Glauben, wie er im Hebräerbrief genannt wird. Kannst du dem zustimmen, oder hinterfragt das dein Gottesbild?

• Wofür solltest du mit Gott ringen, beten und dich einsetzen?

ELEKTRODEN

AKTION : Bete zu Gott. Präzise. Eindeutig. Direkt. Nicht abstrakt um Weltfrieden oder Solidarität, sondern für eine bestimmte konkrete Sache. Immer wieder. Ringe mit Gott. Und sei gespannt, was dann durch dieses Gebet passiert …

FILMTIPP : »Die Bibel – Abraham«. Zweiteiliger Fernsehfilm aus dem Jahr 1993, der gut inszeniert ist und das Leben Abrahams ohne Klischees beleuchtet.

KARSTEN BÖHM

So sehr wie ich mich spontan freute, ein paar anregende Gedanken zu Abraham entwerfen zu dürfen, genauso schnell wurde mir bewusst, wie weit weg, fremd und unheimlich dieser Bibeltext daherkommt. Eigentlich ist es die vertraute Geschichte eines gottesfürchtigen Mannes, eines Vorbildes. Eingeimpft durch Kindergottesdienst und Christenlehre finde ich hier eine nahezu unumstößliche Wahrheit: Vertraue auf Gott! Habe keine Zweifel!

NEUER BLICK AUF EINE ALTE GESCHICHTE

Jetzt, nach vielen Jahren, lese ich den Text mit dem Blick eines Vaters von zwei Söhnen. Gedanken schießen mir durch den Kopf. Der »alte Mann«, von dem da berichtet wird, könnte ich sein. Schweißperlen. Kann Gott so etwas von mir wollen? Meine Kinder opfern? Schwierig. Unmöglich. Fremd. Vorsichtig frage ich mich trotzdem: Was bin ich bereit aufzugeben – für Gott, für eines meiner Kinder? Was haben andere, z. B. meine Eltern, für mich aufgegeben? Lohnenswerter Gedanke zum Nachforschen – nicht nur für Väter ...

Hier geht es um Vertrauen, hören auf Gott und um das Umsetzen einer schier unbegreiflichen, aber geglaubten Anordnung Gottes. Einer für alles. Alles für einen. Aber so? Ich entdecke beim Neu-Ergründen dieser alten Geschichte eine gewisse Irritation und leichte Abwehr in mir. Gefühlt fehlt mir hier etwas. Ich vermisse den Aspekt der Transparenz. Abraham hat seinen Sohn nicht wirklich eingeweiht, ihn sogar angelogen. Aus gutem Grund? Aus Tradition? Aus Angst?

Heute denke ich, es wäre gut, Menschen bei einer solchen Dimension an Gottes Offenbarung, Wegweisung und Veränderung mitzunehmen und sein Glaubenserlebnis zu teilen, vielleicht auch gemeinsam zu prüfen. Dabei kann eine Gemeinde, ein Hauskreis oder Ähnliches hilfreich sein. Abraham hat ge-

handelt und umgesetzt. Dieser Tatendrang und das Vertrauen sind bewundernswert. Dennoch lässt mich diese Frage nicht los: Möchte ich selbst so sein? Und wie ist dann die Beziehung von Abraham zu Isaak eigentlich weiter verlaufen? Hat das Erlebnis etwas zerbrochen? Sie gehen scheinbar nicht gemeinsam wieder zurück vom Berg. Aus moderner Sicht und beruflicher, pädagogischer Perspektive: So will ich auf keinen Fall meine Kinderbeziehung gestalten – trotz aller Anerkennung von Gottes Größe und Macht.

GOTT IST DER GANZ ANDERE

Ist das vielleicht das Besondere, dass Gott Geschichte mit dir schreibt, die genauso niemand haben würde? Weil du eben du bist? Das Stück Freiheit im großen Plan, welches du persönlich ausgestaltest? Eine gewaltige Chance, aber eben auch eine heftige Herausforderung. Gott ist manchmal so ganz fremd, unerwartet, überraschend, wagend, schräg.

Diese Geschichte zeigt, dass der Glaube und daraus resultierende Erlebnisse auch Spuren hinterlassen können, die wehtun, die quer liegen, die mehr Fragen als Antworten nach sich ziehen. Da sind eingebrannte Glaubenssätze, Überzeugungen, Oberflächlichkeit, die berühmte rosarote Brille oder fehlende Kommunikation.

Tröstlich: Gott schafft am Ende klare Sicht. Er gibt der Situation eine Wendung und zeigt damit deutlich, wie er sich Gemeinschaft mit uns vorstellt. Die Tradition der Menschenopfer wird durchbrochen. Gott freut sich über Opfer des Herzens. Gott segnet und beschenkt – auch wenn zwischen Auftrag und Losgehen eine längere Zeit liegt und uns manchmal beim Stochern im Nebel Schweißperlen auf der Stirn stehen.

SCHLACKE ABKLOPFEN

WEITERDENKEN:

• Hat Gott bei dir auch schon mal Schweißperlen ausgelöst?

• Wofür kannst du dankbar sein, was andere für dich tun?

• Wo wünschst du dir mehr Transparenz von anderen?

ELEKTRODEN

Schicke eine DankeschönNachricht mit Ton/Bild an einen wichtigen Wegbegleiter.

MARCEL BRETSCHNEIDER

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