186333

Page 1


Andachten 2023

Inhalt Vorwort

Inhalt Seite

Vorwort 3

Verschiedenes zur Jahreslosung

Andacht zur

Jahreslosung 1. Mose 16,13 (L) 4

Bildbetrachtung: „Blickwechsel” 6

Lied zur Jahreslosung 8

Gedanken

zum Jahreslosungslied 11

Impuls zur Jahreslosung 12

1. Andachten Monatssprüche

Januar 1. Mose 1,31 (E) 13

Februar 1. Mose 21,6 (E) 14

März Röm 8,35 (E) 15

April Röm 14,9 (E) 16

Mai Spr 3,27 (L) 17

Juni 1. Mose 27,28 (L) 18

Juli Mt 5,44+45 (E) 19

August Ps 63,8 (L) 20

September Mt 16,15 (L) 21

Oktober Jak 1,22 (L) 22

November Hiob 9,8+9 (L) 23

Dezember Lk 2,30+31 (L) 24

2. Sehen und gesehen werden.

» Einleitende Worte 25

Heiliger Trotz 26

Opfer bringen 27

Richter oder Retter? 28

Gottlos gehen – geht’s noch? 29

Augen auf! 30

Schäm dich nicht! 31

Eine umwerfende

Liebeserklärung 32

3. Durchschaut und im Gespräch.

» Einleitende Worte 33

Aus Liebe beeinflusst 34

Aufmerksam 35

7/24/365 36

Der Plan 37

Lebens-Dirigent 38

4. Übersehen?

» Einleitende Worte 39

Schau mich endlich an! 40

Grüne Ampeln 41

Gott im trockenen Kraut 42

Gottverlassen 43

Der Ast, auf dem alle sitzen 44

Erwischt! 45

Kirche? Niemals! 46

5. Ansehnlich und anschaulich.

» Einleitende Worte 47

Wie beim Fahrradfahren 48

Mal angenommen 49

Gehört und gesehen 50

Das Unheil nimmt seinen Lauf 51

Tat-Ort 52

Ich sehe was, was du nicht siehst 53

Wegweisung 54

6. Perspektiven.

» Einleitende Worte 55

Im Rückspiegel 56

Durch die Augen der Leidenden 57

Unter der Lupe 58

Viel mehr als ein Insta-Filter 59

Panoramafotos aus dem Wartezimmer 60

Hör auf das, was du nicht siehst! 61

Von Angesicht zu Angesicht 62

7. Augen auf, Mund auf –Sehen und singen.

» Einleitende Worte 63

Zu dir hin 64

Ist da jemand 65

Jireh – Du bist genug 66

Dein liebevoller Blick 67

Stern, auf den ich schaue 68

Wege vor mir 69

Open My Heart! 70

Impressum, Zeichenerklärung 71

Autorinnen und Autoren 72

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Wertschätzung ist in aller Munde.

Von der Krankenkasse über Seminare für Führungskräfte bis zur Kirche: Überall ist davon die Rede, wie wichtig Wertschätzung ist.

Und doch ist Wertschätzung weit mehr als nur eine Methode. Sie ist eine Haltung. Weil es um eine Sehnsucht geht: gesehen zu sein.

Die Jahreslosung für 2023 spricht auf ganz eigene Art von Wertschätzung: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ (1. Mose 16,13 L)

Diese Worte stammen von einer Frau, die am Tiefpunkt ihres Lebens Gott begegnet. Und Gottes Blick auf ihr Leben verändert sie. Sie erlebt, von Gott angesehen und geliebt zu sein.

Das vorliegende Andachtsbuch soll dazu helfen, geistliche Impulse zu setzen und Besinnungsmomente zu ermöglichen!

Sie werden merken – es ist eine kleine, aber feine Schatzkiste zum Thema „Wertschätzung“. Es regt auf unterschiedlichste Weise an, Gottes liebevollen Blick auf unser Leben zu entdecken und einander aufmerksame Wertschätzung zu schenken.

Ich hoffe, dass Wertschätzung dadurch nicht nur in aller Munde, sondern in unseren Herzen ist!

Ganz herzlich danke ich allen Autorinnen und Autoren der Andachten. Besonders danke ich Pfarrer Johannes Seule für die Konzeption des Heftes.

Pfarrer Cornelius Kuttler Leiter des EJW

ITexte, Lieder und weitere Materialien zur Jahreslosung 2023 können für nichtkommerzielle Zwecke heruntergeladen werden unter: www.jahreslosung.net

Unser Tipp

Impulse zu den Monatssprüchen gibt es auf www. 99 seconds.info: Jeden Monat eine 99 Sekunden-Andacht zum jeweiligen Monatsspruch! Eine Aktion von EJW und CVJM.

Andacht

zur Jahreslosung 2023

Vor ihr breitet sich die Wüste aus. Flimmernde Hitze – weit über 40 Grad. Steine und Sand – soweit das Auge reicht. Eine lebensfeindliche Gegend.

Hagar ist verzweifelt – und am Ende ihrer Kraft. In was ist sie da nur hineingeraten? Ich stelle mir vor, wie sie unwillkürlich die Hand auf ihren Bauch legt. Sie ist schwanger. Und der Vater des Kindes ist nicht nur verheiratet, er ist auch noch der Mann von Sara, ihrer Herrin. Was für ein Desaster. Und das Verrückteste daran: Das alles war genau so geplant, um der Kinderlosigkeit Saras und Abrahams ein Ende zu setzen.

Hatte sich Hagar freiwillig darauf eingelassen? Sollte diese Aktion für sie der Weg aus der Knechtschaft werden? Oder war sie dazu gezwungen worden? Wie auch immer. Sie war Teil eines durchkalkulierten Unternehmens geworden mit dem entscheidenden Haken: Der Plan ging nicht auf. So wie er nie aufgeht, wenn Menschen versuchen, Gott auf die Sprünge zu helfen.

Du bist ein Gott, der mich sieht.

(1. Mose 16,13 L)

Zum Schluss war Hagar nach einem heftigen Streit vor Sara in die Wüste geflohen. Ohne Ziel und ohne jede Idee, wie das nun weiter gehen sollte mit ihr und dem Kind. Nun saß sie da. Und um sie herum nichts als Steine und Sand und diese unerträgliche Hitze.

Auch bei ihm lief es anders als geplant: Abraham, der Vater von Hagars ungeborenem Sohn Ismael. Jahre nach der Geschichte mit Hagar und nachdem er sich von Hagar und Ismael getrennt hat, steigt er langsam einen Hügel hinauf. Jeder Schritt fällt ihm schwer. Neben ihm geht der lang ersehnte Nachfolger: Isaak, der Sohn, den Sara ihm dann doch noch geboren hatte. Gott hatte Wort gehalten. Und eigentlich schien alles gut. Aber dann forderte Gott Abraham auf, diesen Isaak wieder loszulassen, ihn Gott zu opfern – wieder „hinzuhalten“, wie da im Urtext steht. Auf diesen Sohn hatte er alles gesetzt und nun war er drauf und dran, ihn wieder zu verlieren. Auch bei Abraham lief es nicht wie geplant und erhofft.

Eine Frau, ein Mann. Der Erzvater und die Magd. Zwei Menschen, zwei Geschichten, auf geheimnisvolle Weise verbunden. Am Schluss sind es zwei je eigene Situationen, die auswegloser nicht sein könnten (1. Mose 16 und 1. Mose 22). Und dann sendet Gott mitten hinein in die Not dieser beiden Menschen jeweils einen Engel, der beide – so unterschiedlich sie auch waren – am Ende sagen lässt:

Ich habe einen Gott, der mich sieht! Er hat mich nicht vergessen. Ich habe einen Gott, der mich nicht an meinen Fehlern oder meinen Unzulänglichkeiten misst. Und auch wenn er unverständliche Wege mit mir geht – mein Gott ist ein gnädiger und einfallsreicher Gott. Einer, der Wege für mich findet, wo ich keine mehr sehe. Wenn alles aussichtslos erscheint, dann ist er immer noch da und öffnet mir einen Lebensraum, der mich in die Weite führt.

Am Ende weist Gottes Bote Hagar einen Weg aus der Wüste. Und Abraham erlebt auf dem Hügel, wie Gott sich ein anderes Opfer sucht. Gott belässt es bei der Lehreinheit, die alle Eltern irgendwann lernen müssen: dass Kinder loszulassen sind, weil sie nicht uns, sondern Gott gehören. Noch oben auf dem Berg versteht Abraham und kann wie Hagar nur dankbar sagen: „Der Herr sieht!“ Und der Schreiber der Mosebücher setzt hinzu: „Daher sagt man noch heute über diesen Ort: Es ist der Berg, auf dem der Herr sieht.“ (1. Mose 22,14)

Dieser Berg, dieser Felsen, auf dem Abraham den Isaak an Gott zurückgegeben hat, liegt heute in der Altstadt von Jerusalem: der Berg Morija, der Tempelberg. An seinem westlichen Ende liegt der Felsen Golgatha. Der Ort, an dem Gott jede und jeden von uns in ganz besonderer Weise liebevoll in den Blick genommen hat. Der Ort, an dem er uns im Sterben und Auferstehen von Jesus mehr geschenkt hat, als Hagar und Abraham vermutlich auch nur zu ahnen gewagt haben.

Wir haben einen Gott, der uns ansieht. Auch wenn wir seine Wege für uns manchmal nicht verstehen. Auch wenn unsere gut durchdachten Pläne manchmal nicht aufgehen und wir dazu neigen, unsere eigenen Ideen als letzte Möglichkeit zu sehen, gilt für uns, was schon Hagar und Abraham galt: Wir haben einen Gott, der uns sieht. Und das ändert alles – in Zeit und Ewigkeit.

Bildbetrachtung zur Jahreslosung 2023

„Blickwechsel”

Allein ist sie – diese Person auf dem Weg. Niemand begleitet sie. Nicht leichtfüßig und fröhlich schreitet sie voran: Es scheint, als ob ihr Schritt stockt. Wohin soll sie denn gehen? Sie – die Sklavin Hagar! Ein Zuhause hat sie nicht mehr und erwartet wird sie nirgendwo –aber dann ist da plötzlich dieser helle Lichtstrahl, der sie sanft berührt.

Enttäuscht

Das Bild zur Jahreslosung von Dorothee Krämer erzählt eine Geschichte. Die Geschichte der Sklavin Hagar aus 1. Mose 16. Es ist eine triste Umgebung, in der diese Person so einsam unterwegs ist. Und auch die Person selbst wirkt unscheinbar mit ihren grau-schwarzen Schattierungen. Ja, unscheinbar ist diese Frau, die hier den einsamen Weg geht. Nur eine Sklavin ist sie. Und doch hatte sie gehofft, so viel mehr zu sein. Sie war ausgewählt worden, als Leihmutter für ihre Herrin. Aber diese scheinbar gute Idee der kinderlosen Sarai scheiterte am realen Leben. Hagar hat das unerwartete Glück genossen, den Stammhalter zur Welt zu bringen und dies wohl auch vor Sarai zur Schau gestellt. Sarai aber hat sich gerächt und mit aller Härte gezeigt, wer Herrin und wer Sklavin ist. Bis Hagar es nicht mehr erträgt und ins Nirgendwo flieht.

Links und rechts des Weges ist die grau und erdfarben gehaltene Landschaft zu sehen. Hart und fest scheint der Boden zu sein. So wie es wohl auch im Herzen der Hagar ist: Die harte Schicht der Enttäuschung liegt auf ihr. Am Anfang stand bei Sarai und Hagar die Sehnsucht, beachtet zu sein. Am Ende bleibt nur die Enttäuschung. Vielleicht kennen auch wir dieses Gefühl: Wenn die Enttäuschung zudeckt, was an Hoffnung und Zuversicht gewachsen ist.

Gibt es Konflikte oder schwierige Situationen, die bei mir zu einer Enttäuschung geführt haben? Wie gehe ich damit um?

Gesehen

Es ist, als ob die Sonne aus einem dunklen Himmel bricht und die hellen Strahlen sich den Weg bahnen bis auf diesen einsamen Weg, auf dem Hagar geht. Mitten auf diesem Weg ist sie umgeben vom Licht.

Für mich stehen diese Lichtstrahlen dafür, was die Geschichte von Hagar erzählt: Gott selbst begegnet ihr in der Person eines Engels. Gott spricht mit ihr. Gott sieht in ihr Leben hinein – mitten hinein in alles, was festgefahren und verhärtet ist. Der Lichtstrahl aus der Ewigkeit reicht hinein in die Einsamkeit der unscheinbaren Sklavin. Sie ist gesehen und begleitet – auch wenn sie das wohl nie geahnt hatte.

Gott sieht in unser Leben hinein. Damals bei Hagar und bei uns. „Du bist ein Gott, der mich sieht!“ (1. Mose 16,13 L) In Licht und Schatten sieht er. Er sieht, wenn wir in uns ruhen und wenn wir zerrissen sind. In die einsamen Momente sieht er. Und selbst, wenn uns das Licht seiner Liebe verborgen ist, selbst, wenn wir nicht mehr glauben können, dass er mit uns ist auf dem Weg, ist Gott da und sieht uns ins Herz.

M

Wenn ich mir vorstelle: Gott sieht jetzt auf mein Leben. Was sieht er? Was löst es in mir aus, wenn ich mir vorstelle: Er sieht mich nicht mit prüfenden, sondern mit liebevollen Augen an?

Verändert

Wenn ich das Bild zur Jahreslosung betrachte, dann überlege ich: Ob dieser Weg wohl schon immer so eine scharfe Kurve hatte? Oder hat das Licht ihn vielleicht verändert?

Für mich ist dieser Weg, der so unerwartet abbiegt, ein starkes Zeichen: Bei Hagar ändert sich nicht auf einmal alles zum Guten. Der Konflikt löst sich nicht auf. Aber eines ist anders: Ihr Weg geht anders weiter. Das Licht der Gegenwart Gottes berührt ihr Leben und sie weiß: Sie geht nicht allein weiter, sondern Gott ist da. Sie kann zurückkehren in ihr altes Leben und wird es doch nicht mehr in den alten Mustern führen.

Es kann etwas in uns verändern, wenn wir entdecken: Auf die einsamen Wege unseres Lebens und auf die verhärteten Stellen unseres Herzens scheint das wärmende Licht der Liebe Gottes.

Dann können sich eingefahrene Wege ändern. Manches kann anders weitergehen, weil wir anders auf unserem Lebensweg weitergehen. Menschen, die den liebevollen Blick Gottes spüren, können loslassen, was war und wagen, was kommt. Weil sie angesehen sind, geliebt und begleitet.

Gibt es einen Menschen, für den ich selbst zu einem Lichtstrahl der Liebe Gottes werden könnte? Was könnte ich tun, damit dieser Menschen diesen Lichtstrahl auch wirklich spürt?

Dezember

Das Leben ist endlich. Selten wird es einem so bewusst wie am Sterbebett eines Angehörigen. Es kommt der Zeitpunkt, an dem Menschen sich von dieser Welt verabschieden müssen. Dabei drängt sich eine Frage in den Vordergrund: Welchen letzten Wunsch habe ich in diesem Leben? Die Erfüllung dieses Wunsches bedeutet: Das Leben noch einmal bewusst erleben. Den Moment wahrnehmen. Freude und Glück verspüren. Die Sorgen und Ängste für einen Augenblick vergessen. Eine Sekunde Hoffnung haben.

Um zufrieden auf den eigenen Lebensweg zurückblicken zu können, wünschen sich viele etwas, was sie schon immer mal machen wollten oder was sie in der Vergangenheit erfüllt hat. Die „Bucket-List“ kann bei jedem Menschen anders aussehen. Das Verfassen eines Briefes an den besten Freund, eine letzte Reise an die Ostsee, die Aussprache mit der zerstrittenen Familie, der Besuch des Ortes, an dem man die große Liebe kennengelernt hat.

Meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern.

(Lukas 2,30–31 L)

Acht Tage nach Jesu Geburt wird uns im Lukasevangelium ein hochbetagter Mann namens Simeon vorgestellt. Wir wissen nicht viel über ihn. Außer, dass er in Jerusalem wohnte, gerecht vor Gott lebte und ihm vertraute. Und wir erfahren noch etwas: Sein letzter Wunsch war es, den Trost für sein Volk Israel zu sehen. Ein Trost, der seinem Volk Befreiung von Leid und Fremdherrschaft ankündigt. Der göttliche Trost, der plötzlich Mensch wurde und Hoffnung für das irdische Leben und für die Ewigkeit ausstrahlt. Dieser Wunsch ging für Simeon in Erfüllung, als er das Jesus-Baby im Tempel sah und in den Händen hielt.

Für Simeon war mit seinem Wunsch die Hoffnung auf bessere Zeiten verbunden. Sein Wunsch hatte eine Ewigkeitsperspektive. In ihm lebte eine lebendige Hoffnung, die selbst dem Tod die Macht nimmt. Ein Wunsch, der durch die dunkelsten Stunden des Lebens trägt.

Welchen letzten Wunsch hast du? Worauf setzt du in deinem Leben?

ΩΩ Ein Kind ist uns geboren (LB2 61)

Maximilian Mohnfeld

2 . Sehen und gesehen werden.

Zwei Seiten einer Medaille.

Du siehst mich.

Aufmerksam. Liebevoll. Fragend.

Du schaust hin.

Wirst sichtbar.

Wagst die Nähe.

Ich sehe dich.

Reicht mir das Gesehen-Sein?

Schaue ich hin?

Ich wage den Blick. Fragend. Forschend. Staunend.

Aus Sehen und Gesehenwerden wird Begegnung.

Heiliger Trotz

Das Insta-Foto (#blessed) ist gemacht, die Kerze brennt, der Kaffee steht daneben, die Bibel liegt aufgeschlagen vor dir – und schon nach drei Sätzen denkst du: „Oah. Vielleicht genug für heute?“ Jetzt noch beten. Aber was eigentlich, und bringt’s überhaupt was? Schon ist die #mood für die Stille Zeit vorbei. Und eine inspirierende Gottesbegegnung kann man das irgendwie nicht nennen.

Falls dir das bekannt vorkommt, kann ich dich beruhigen: mir auch. Und nicht nur uns. Auch in biblischen Zeiten kannten Menschen schon das Problem, sich Gott irgendwie nicht so nah zu fühlen, wie sie sich das vorgestellt hatten. In Psalm 27 steht etwas davon:

„Mein Herz hält dir vor dein Wort: »Ihr sollt mein Antlitz suchen.« Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz.“ Und weiter: „Verbirg dein Antlitz nicht vor mir.“

Dass Gott also nicht immer so einfach zu finden und zu spüren ist, ist keine neue Erfahrung. Und aus dem biblischen Erfahrungsschatz dürfen wir lernen und Gott seine eigenen Worte „vorhalten“. Dieses Wort zeugt von einem heiligen Trotz, den ich tief beeindruckend finde:

Mein Herz hält dir vor dein Wort: „Ihr sollt mein Antlitz suchen.“ Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz. (Psalm 27,8 L)

Gott glauben, dass er gut ist, dass er zu finden ist – auch, wenn es gerade nicht meine Erfahrung ist. Ob bei der Stillen Zeit, der Frage nach dem Leid der Welt oder angesichts eigener geplatzter Träume.

Er hat uns Gutes versprochen! Wenn wir ihn daran erinnern, sind wir damit in guter Gesellschaft: mit Abraham, der mit Gott für Sodom und Gomorrha verhandelt. Mit der Witwe, die einem Richter ständig in den Ohren liegt und die Jesus uns zum Vorbild gibt. Oder mit denen, die diesen Psalm beten. Der Psalm hat übrigens kein Happy End, sondern bleibt trotzig. „Ich glaube aber doch, dass ich sehen werde die Güte des Herrn.“ Und damit passt er so unglaublich gut ins Leben, wo das Happy End auch oft noch nicht in Sicht ist. Mit Gottes Güte ist trotzdem zu rechnen!

ΩΩ What About Us? (LB2 56)

Isabelle Kraft

Opfer bringen

Anderes Land, anderes Zuhause, andere Schule. Alles fremd. Zumindest konnte sie Deutsch. So ging es meiner Mutter. Sie kam als Spätaussiedlerin mit ihrer Familie nach Deutschland. Und alles nur, weil sie sich hier ein besseres Leben erhofften.

Wenn ich darüber nachdenke, welche Opfer Menschen heutzutage bringen, muss ich an die vielen Menschen denken, die auf der Flucht sind. Sie geben alles auf, verlassen ihre Heimat, ihre vertraute Umgebung und müssen sich in einem neuen Land mit anderer Sprache, anderer Kultur und anderen Menschen zurechtfinden. Sie bringen ein Opfer, weil sie für sich oder ihre Kinder eine bessere Zukunft erhoffen. Wir, die noch nie so radikal unsere Heimat verlassen mussten, können uns, glaube ich, nicht vorstellen, welche Sorgen und Ängste diese Menschen durchmachen.

Abraham nannte diesen Ort „Der Herr sieht.“ Deshalb sagt man noch heute: „Auf dem Berg, wo der Herr sich sehen lässt.“ (1. Mose 22,14 BB)

Ich vermute, dass es auch Abraham sehr schwerfällt, als er mit Isaak den Berg hinaufgeht. Was für eine Last muss von ihm abgefallen sein, als der Engel Gottes einschreitet und ihm sagt, dass er seinen Sohn nicht opfern muss. Abraham macht die Erfahrung: „Der Herr sieht“. Gott sieht meine Bereitschaft, aber auch meine Angst, die Sorgen, meine Wünsche und Hoffnungen. Er sieht, wie ich mit manchen Situationen kämpfe und wie schwer es mir fällt, etwas herzugeben, das ich gerne behalten würde. Und Gott lässt sich sehen. Er schreitet ein und erwartet eben nicht von Abraham, dass er Isaak opfert.

Die Geschichte ist für mich gleichzeitig eine Aufforderung. Wie kann ich mich für die Menschen, die geflüchtet sind, einsetzen, um deutlich zu machen: „Gott sieht dich“?

Guter Gott, du siehst die Menschen, die alles aufgegeben haben, die große Opfer für ihr Leben und das ihrer Kinder gebracht haben. Sei du bei ihnen und zeig uns, wie wir sie unterstützen können.

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
186333 by Fontis-Shop - Issuu