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Lisa J. Krengel / Christiane Zimmermann-Fröb / Angelika Veddeler / Yoram K. Karusya / Svenja Blaczek

Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe

Leseprobe

Lisa

/

Philia FenChel und die SaChe miT de R Liebe

Leseprobe

INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

Liebe Leser*innen, „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“

Was für ein Satz! Was für ein Wunsch! Oft begleiten uns die Worte einer Jahreslosung das ganze Jahr über, so manche*r von uns Erwachsenen nutzt sie für Ausblick und Rückblick auf das Gewesene oder Kommende. Nicht selten bieten die Worte der Jahreslosung Material für mehrere Jahre, wenn nicht gleich für ein ganzes Leben. 2024 geht es also um die Liebe.

Auch Kinder stellen Fragen nach Liebe und wissen um unterschiedliche Bedeutungen aus ihrem unmittelbaren, meist familiären Kontext. Liebe fühlt sich nach Zuhause an, nach Geborgenheit und Zugehörigkeit, aber auch nach den damit verbundenen Konflikten und unerfüllten Sehnsüchten, manchmal nach Scham. Auch fehlende Liebe durch Vernachlässigung, Einschränkungen oder Zeitmangel erleben viele Kinder.

Als Autor*innenteam haben wir uns gefragt: Wie können wir mit Kindern die Worte der Jahreslosung entdecken, uns ihnen behutsam nähern und die unterschiedlichen Perspektiven gemeinsam erkunden? Die biblische Tradition hat einen großen Schatz an Geschichten. Sie stiften Teilhabe an der Welt, bieten Deutungen an und schaffen Identität. Geschichten fördern Kreativität, Sprachgefühl und regen die Fantasie an. Gerade erzählte Geschichten – und biblische Geschichten laden aufgrund ihrer mündlichen Überlieferung zum Erzählen ein – begeistern Kinder und bieten ihnen vielfältige Zugänge an, ihre eigene Lebenswirklichkeit zu erschließen, indem sie ihre eigenen Erfahrungen in Geschichten eintragen. In den Erzählungen erspüren Kinder existenzielle Erfahrungen wie Angst und Mut, Liebe und Eifersucht, Angenommensein, Freude und Trauer. Im besten Fall können Kinder ihre eigenen Erfahrungen in Geschichten auswerten und vor einem theologischen Horizont deuten. Kinder brauchen ausdrucksstarke Bilder und Geschichten, die sie ermutigen und religiöse Erfahrungen wie Liebe vermitteln, vorausgesetzt die biblische Überlieferung wird mit der Lebenswirklichkeit in Beziehung gesetzt.

Deshalb war es für uns naheliegend, die Jahreslosung anhand weiterer biblischer Geschichten zu verdichten. Die Erzählungen sind anschaulich aufbereitet, sodass Kinder sich biblische Inhalte erschließen und diese für ihre eigene Lebenswirklichkeit verstehen lernen. Die biblischen Texte sind jeweils über Bibelstellen ausgewiesen und nicht separat abgedruckt.

Die Basis all unserer Überlegungen ist das biblische Dreifachgebot der Liebe (5. Mose 6,5; 3. Mose 19,18; Markus 12,28-34; Lukas 10,27), das die Aufforderung zur Liebe auffächert in die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst. Entsprechend sind die Kapitel dieser Arbeitshilfe gestaltet.

Das Kinderbuch „Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe“ von Maike Siebold und Anna Lisicki-Hehn nimmt diese biblische Grundlage implizit auf und entfaltet sie im Hinblick auf das Leben der Hauptfigur Teo. Die Kinder lernen Teos Familie kennen und werden so angeregt, der Liebe in ihrem eigenen Leben auf die Spur zu kommen.

Vielleicht möchten Sie die Jahreslosung anhand der Kinderbuchgeschichte mit Kindern entdecken? Dann finden Sie das entsprechende Material und Anregungen zur kreativen Weiterarbeit in Kapitel 4.

In den Kapiteln 5 bis 8 finden Sie Material, um die Jahreslosung selbst oder einzelne Aspekte des Dreifachgebots der Liebe gemeinsam mit Kindern zu erarbeiten. Grundlage für alle Ausarbeitungen ist jeweils ein biblischer Text. Neben einer kurzen Einführung zum Hintergrund des Textes und einer Erörterung zum Thema „Der Text und die Kinder“ finden Sie jeweils konkrete Erzählvorschläge mit unterschiedlichen Methoden sowie Kreativvorschläge zur Weiterarbeit.

Das vorliegende Material zur Jahreslosung lässt sich in unterschiedlichen Kontexten (Kindertageseinrichtung, Kindergottesdienst, Kinderbibelwoche, Religionsunterricht u.v.m.) sowohl punktuell als auch als Reihe mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Blickrichtungen einsetzen. Wir möchten dazu ermutigen, die Jahreslosung nicht nur einmalig am Jahresanfang zu

thematisieren, sondern immer wieder neu einen Zugang zu suchen und – mit Hilfe des biblischen Geschichtenreichtums – neue Aspekte zu entdecken.

Die Materialien nehmen Kinder in verschiedenen Lebenssituationen in den Blick. Sie bemühen sich darum, Vielfalt als selbstverständliche Gegebenheit in den genannten Kontexten vorauszusetzen und als positive, alltägliche Realität zu bewerten.

Wir danken Meike Walcha-Lu von den Singfingern (www.singfinger.club), die den Psalm zur Jahreslosung mit lautsprachunterstützenden Gebärden um einen wichtigen Aspekt erweitert hat. Lautsprachunterstützende Gebärden eignen sich besonders in der Arbeit mit Kindern mit multilingualem Hintergrund. Sie erhöhen durch ihre Multimodalität die Konzentrationsfähigkeit von Kindern und bieten einen Zugang zum Verstehen mit Kopf und Hand.

Dr. Volker Haarmann und Dr. Andar Parlindungan danken wir für ihr aufmerksames Gegenlesen unserer Manuskripte und viele hilfreiche Anmerkungen.

Danken möchten wir an dieser Stelle auch der Verlagsleiterin Ruth Atkinson, die uns unkompliziert und abseits von jeglichen Zeitplänen des Verlags in das Programm aufnahm und unser gemeinsames Projekt wohlwollend und unterstützend begleitet hat. Ein herzlicher Dank gebührt ebenfalls

Viktoria Tersteegen, die uns als Lektorin bei der Entstehung dieses Buches begleitet hat.

Wir wünschen Ihnen viel Freude dabei, gemeinsam mit Kindern die Breite und Länge, Höhe und Tiefe der Jahreslosung auszuloten und zu entdecken.

Svenja Blaczek (Pädagogisch-Theologisches Institut der EKiR)

Yoram Karusya (Vereinte Evangelische Mission)

Dr. Lisa J. Krengel (Evangelische Kirche im Rheinland/Kirche mit Kindern)

Angelika Veddeler (Vereinte Evangelische Mission)

Christiane Zimmermann-Fröb (Förderverein Kirche mit Kinder in der EKiR e.V.)

4. PHILIA FENCHEL

UND DIE SACHE MIT DER LIEBE

4.1. ZUM HINTERGRUND DES TEXTES

Die Jahreslosung für das Jahr 2024 aus dem 1. Korintherbrief handelt von der Liebe. Ohne Frage ein wichtiges und großes Thema. Das schreibt auch Maike Siebold, die Kinderbuchautorin der Geschichte „Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe“: „Alle wichtigen Bücher handeln von der Liebe, also ist dies ein wichtiges Buch.“

Doch wie nähert man sich diesem wichtigen und großen Thema mit Kindern? Maike Siebold hat für die Erarbeitung der Jahreslosung 2024 mit Kindern eine sensible und zugleich humorvolle Geschichte mit viel Tiefgang über die verschiedenen Dimensionen der Liebe geschrieben. Die theologische Grundlage bildet das Dreifachgebot der Liebe (Liebe zu Gott, Liebe zum Nächsten, Liebe zu sich selbst), das jedoch implizit und im natürlichen Fortgang der Geschichte entfaltet wird.

Die Hauptfigur der Geschichte ist Teo. Ein kreatives und äußerst pfiffiges Grundschulkind mit einer ganzen Menge guter Ideen, die zum Schmunzeln einladen. Nachdem Teos Mama entschieden hat, dass in der Familie nichts mehr auf den Tisch kommt, was ein Gesicht hat, beginnt Teo, jeglichem Gemüse ein Gesicht zu malen. Eines Abends findet er im Kühlschrank den herzförmigen Fenchel und malt auch hier wie gewohnt Augen, Nase und Mund auf. Und schon beginnt das nächtliche Abenteuer. Denn Teo bekommt Besuch. Niemand geringeres als die Liebe selbst ist plötzlich im Kinderzimmer zu Gast. Die herzförmige Fenchelfigur mit den aufgezeichneten Augen hat plötzlich Ärmchen und Beinchen bekommen und stellt sich ihm als Philia Fenchel (griech. philía = freundschaftliche Liebe), die Liebe vor.

Teo und Philia gehen auf Erkundungstour. Und Teo entdeckt die Liebe: Im Wunder der Schöpfung, in der Beziehung zu seiner kleinen Schwester Klara und in der Liebe zu sich selbst, einem Jungen, der eine ganze Menge

kann und der durch die Begegnung mit Philia Fenchel nochmal einen neuen Blick auf sich selbst und sein Leben bekommt.

4.2. DER TEXT UND DIE KINDER

Die Kinderbuchgeschichte „Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe“ bietet Kindern unterschiedliche Möglichkeiten der Identifikation und Anknüpfung an eigene Erfahrungen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Teo. Seine witzigen Ideen bringen sicher nicht nur Kinder zum Schmunzeln und lassen viel Raum für die eigene Vorstellungskraft. Wie sieht es aus, wenn ein Picknick unter Wasser stattfindet? Wie schmeckt wohl Teos Zaubertrank? Die Figur von Teo bietet weitere Möglichkeiten der Anknüpfung an eigene Erfahrungen der Kinder: Teo rebelliert gegen den Entschluss seiner Mutter, nichts mehr zu essen, was ein Gesicht hat und greift kurzerhand selbst zum Filzstift. Gemüse scheint nicht ganz seine Sache zu sein. Auch das Miteinander mit seiner kleinen Schwester Klara bringt Teo an den Rand seiner Geduld: „Ihr könnt das Baby umtauschen. Ich will es nicht.“ Viele Kinder können hier sicherlich an eigene Erfahrungen aus ihrem Alltag anknüpfen und sich mit Teo verbunden fühlen. Nicht alle Entscheidungen der Eltern sind für Kinder nachvollzieh- und verstehbar. Jüngere (und auch ältere) Geschwister nerven oft ganz schön und sind in der Lage, einen selbst an den Rand des Wahnsinns zu bringen.

Aber dann macht Teo eine Begegnung, die einem Abenteuer gleicht und zudem seine eigene Perspektive auf sein Leben und das Miteinander mit anderen erweitert. Der Kontakt mit Philia Fenchel hat deutliche magische Züge, die vor allem für jüngere Kinder ohne Probleme in das eigene Weltbild integrierbar sind. Welches Kind wünscht sich nicht eine Freundin, einen Freund mit Superkräften, der/die alles schaffen kann?

4.3. ERZÄHLVORSCHLAG

Je nach Kontext, in dem Sie mit Kindern die Geschichte „Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe“ erkunden wollen, suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie mit den Kindern Seite für Seite die Geschichte von Teo und Philia vorlesen und entdecken können. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, damit die Kinder die Bilder auf jeder Seite in Ruhe wahrnehmen und in den Austausch gehen können. Schon das Cover lädt dazu ein, gemeinsam mit den Kindern zu überlegen, worum es in der Geschichte gehen könnte. Was könnte wohl die „Sache mit der Liebe“ sein? Nach was riecht, schmeckt, hört sich Liebe an? Wie heißt das Gemüse, das auf dem Cover zu sehen ist? Wer hat es schon mal gegessen? Die Geschichte kann im Ganzen oder in einzelnen Abschnitten erkundet werden. Bei Letzterem empfiehlt es sich, besonders die Einleitung, das Wunder der Schöpfung, Teo und seine Schwester Klara sowie Teos Blick auf sich selbst in den Fokus zu nehmen.

Nach dem Lesen der Geschichte können Sie mit den Kindern ins Gespräch kommen und auch anhand von Methoden zur kreativen Weitearbeit einladen, das Gehörte in Verbindung zum eigenen Leben zu bringen.

Impulsfragen

–Was hat euch besonders gut gefallen an der Geschichte?

–Gibt es etwas, das euch nicht gefallen hat?

–Gibt es einen Teil in der Geschichte, von dem ihr meint: Das ist das Wichtigste?

–Gibt es etwas in Teos Leben, das ihr kennt? Vielleicht habt ihr etwas Ähnliches auch schon einmal erlebt?

–Teo hat eine ganze Menge erlebt in der Geschichte. Wo, würdet ihr sagen, ist die Liebe in der Geschichte? Könnt ihr sie entdecken?

–Im Deutschen sagt man manchmal „Mit dem Herzen entscheiden“, wenn man meint, dass etwas aus Liebe geschehen ist. Findet ihr Situationen, in denen Teo mit dem Herzen entschieden hat?

4.4. KREATIVES ZUR WEITERARBEIT

4.4.1. Ein eigenes Liebesbuch basteln und gestalten

Mit einer einfachen Falt- und Schneideanleitung in acht Schritten (s. Kapitel 9.3.) können die Kinder selbst ein kleines Büchlein herstellen. Die einzelnen Seiten können nun von den Kindern gestaltet werden. Es können Situationen gemalt oder notiert werden, in denen sie die Liebe in ihrem Leben entdecken.

Arbeitsauftrag

Teo hat durch den Besuch von Philia die Liebe in seinem Leben entdeckt. Wo gibt es Situationen in eurem Leben, die auch voller Liebe sind? Überlegt in Ruhe und malt/schreibt dann pro Seite eine Situation.

Material weißes DIN-A4-Papier

Schere

Stifte

4.4.2. Wo spürst du die Liebe? Landkarte der Liebe

An vielen unterschiedlichen Stellen in „Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe“ wird erzählt, wo man die Liebe im Körper wahrnehmen und spüren kann. Anhand einer eigenen „Landkarte der Liebe“ können die Kinder sich selbst auf die Spur und ins Gespräch miteinander kommen. Den eigenen Körper zeichnen zu lassen und über persönliche Erfahrungen im Blick auf die Liebe ins Gespräch zu kommen setzt voraus, dass die Kinder sich sicher und geschützt fühlen. Je nach Größe der Gruppe bietet es sich an, von Vertrauenspersonen betreute Kleingruppen zu installieren.

Auf Tapetenrollen können die Kinder mit Hilfe/gegenseitig ihre Körperumrisse aufmalen.

Arbeitsauftrag

Wo spürt ihr die Liebe in eurem Körper? Welche Farben hat die Liebe? Vielleicht hat sie auch bestimmte Formen? Malt überall auf eurem Körper-

umriss die Liebe auf, wo ihr sie spüren könnt. Vielleicht findet ihr besondere Farben oder Formen, die deutlich machen, wie ihr die Liebe spürt?

Material

Tapetenrolle

Stifte/Wasserfarbe

4.4.3. Liebe geht durch den Magen. Wie schmeckt die Liebe?

In Deutschland gibt es das Sprichwort „Liebe geht durch den Magen.“ Kommen Sie mit den Kindern ins Gespräch darüber, was damit gemeint sein könnte. In Vorbereitung auf das Gespräch mit den Kindern können Sie Fenchelbonbons durch die Runde geben. Denn für Teo schmeckt die Liebe ganz sicher nach Fenchel.

Jesus selbst hat mit seinen Freund*innen gerne zusammen gegessen und getrunken. Auch bei ihm ging die Liebe durch den Magen. Das Abendmahl, das wir noch heute an vielen Orten auf der Welt gemeinsam feiern, ist nichts anderes als die Gewissheit: Gott liebt uns. Das können wir auch schmecken, wenn wir Brot und Wein miteinander teilen.

4.4.4. Philia für dich. Kinder gestalten ihre eigene Fenchelfigur

Für Teo verändert sich durch die Begegnung mit Philia eine ganze Menge. Er gewinnt einen neuen Blick auf sein Leben und seine Möglichkeiten, die Liebe im eigenen Leben wirksam werden zu lassen. Mit einfachen Materialien können die Kinder eigene Philias gestalten.

Material

Filz in weiß/creme

Acrylfarbe in (hell)grün, Pinsel

Bastelschere

Bleistift

Filzstift in schwarz und rot

(Füll-)Watte

Textilkleber

Basteldraht grün, 3 mm, alternativ: Pfeifenputzer grün optional: Wackelaugen, Wäscheklammern, Nadel und Faden zum

Aufnähen der Drahtbrille

Anleitung

Zunächst wird das Schnittmuster von Philia (s. Kapitel 9.4.) auf den Filz aufgezeichnet und doppelt ausgeschnitten. Mit einem Textilkleber lassen sich nun die beiden Hälften von Philia am Rand gut zusammenkleben.

Achtung: Am unteren Teil von Philia muss eine kleine Öffnung gelassen werden, um nach dem Trocknen der Klebe die Watte hineinzufüllen.

In einem nächsten Schritt kann mit Acryl- oder Abtönfarbe der obere Teil von Philia hellgrün angemalt werden. Das Gesicht (s. Schnittmuster) kann – ebenso wie bei Teo – mit einem Filzstift aufgezeichnet werden. Eine weitere Möglichkeit für die Gestaltung des Gesichts bieten runde Wackelaugen, die mit dem Textilkleber aufgebracht werden können. Die Brille von Philia kann optional aus Pfeifenputzerdraht oder Basteldraht gebogen werden. Der Pfeifenputzerdraht klebt anschließend wunderbar mit dem Textilkleber. Die Drahtbrille müsste mit zwei oder drei Stichen festgenäht werden, da brauchen v.a. jüngere Kinder Hilfe und Unterstützung.

Zum Schluss kann Philia mit der Füllwatte gefüllt werden. Anschließend wird die Öffnung mit dem Textilkleber geschlossen. Wäscheklammern halten die Klebenaht ganz gut, bis der Kleber durchgetrocknet ist.

5. "ALLES, WAS IHR TUT, GESCHEHE IN LIEBE." JAHRESLOSUNG 2024

5.1. ZUM HINTERGRUND DES TEXTES (1. KORINTHER 16,14)

Der Satz der Jahreslosung 2024 führt mitten hinein in das Wirken und Denken von Paulus, dem großen Apostel im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt. Denn dieser begann nur wenige Jahre nach Jesu Tod die ersten Gemeinden von Anhänger*innen Jesu zu gründen. Er unternahm lange und aufreibende Reisen im Mittelmeerraum, um den Menschen dort von Jesus Christus zu erzählen. Paulus war, wie Jesus, Jude. Durch die Botschaft von Jesus wollte er besonders nichtjüdische Menschen aus vielen fremden Ländern zum Glauben an Gott bringen. Die Gemeinden in den griechischen Städten Philippi, Thessaloniki, Beröa, Korinth und Ephesus, in der Gegend Galatien in der heutigen Türkei und in und um Damaskus im heutigen Syrien gehen aller Wahrscheinlichkeit nach auf Paulus und seinen missionarischen Einsatz zurück.

Nach den Gemeindegründungen blieb Paulus mit den Gemeinden durch Briefe in Kontakt. Da es allerdings im ersten Jahrhundert n.Chr. kein öffentliches Postwesen gab und Briefe durch Boten und/oder Reisende überbracht werden mussten, war der Austausch zu akuten Fragen oder Problemen vor Ort schwierig. Denn es konnte keinesfalls mit einer schnellen brieflichen Reaktion gerechnet werden.

Für Paulus jedoch waren seine Briefe ein geeignetes Mittel, um Probleme zu analysieren und womöglich zu lösen, theologische Positionen zu erklären und die Gemeinden an das gemeinsame Fundament – Leben, Sterben und Auferstehung Jesu Christi – zu erinnern. Sie sind also tatsächlich Zeugnisse eines echten Dialogs. Nicht unwichtig ist dabei die Identifikation der Empfängergemeinden. Denn diese waren – nicht anders als heute – sehr unterschiedlich zusammengesetzt und hatten mit verschiedensten Problemen zu kämpfen. Die Gemeinde in Korinth hatte viele Schwierigkeiten. Woher wir das wissen?

Der 1. Korintherbrief ist durchgängig durch die Lage vor Ort bestimmt und informiert uns auf diesem Weg so detailliert über die Adressat*innen wie kein anderer paulinischer Brief. Die Gemeinde scheint – wohl etwa vier Jahre nach ihrer Gründung – von starken Spannungen geprägt zu sein. Neben verschiedenen Parteien innerhalb der Gemeinde erwähnt Paulus eine Spannung zwischen Arm und Reich beim Herrenmahl, Differenzen bei der Haltung zum Götzenopferfleisch, in der Wertung der Geistesgaben und der Totenauferstehung. Alles in allem: Eine schwierige und konfliktreiche Situation! Paulus versucht nun in seinem Brief, zu all den einzelnen Problemen und Schwierigkeiten Stellung zu nehmen und schwört die Korinther im Hinblick auf Einheit und Eintracht im Hinblick auf das gemeinsame evangeliumsgemäße Leben ein. Der Satz der Jahreslosung stammt aus dem letzten, abschließenden Teil des Briefes im 16. Kapitel und gleicht einer inhaltlichen Zusammenfassung des Vorhergehenden: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korinther 16,14)

Das paulinische Verständnis von Liebe (griech. Agape) ist sehr allumfänglich und durchzieht alle seine Briefe. Es kann sogar eine gewisse Entwicklung dieser Liebestheologie im Laufe seiner Briefe nachvollzogen werden. Ursprung und Quelle der Liebe ist für Paulus immer Gott selbst. Weil Gott die Menschen so sehr liebt, gibt er seinen Sohn Jesus Christus in die Welt, in der er gekreuzigt wird. Gott lässt Jesus aber nicht im Tod, sondern zeigt in seiner Auferweckung das neue Leben. Für Paulus kann daraus nur folgen, dass wir selbst, Gottes geliebte Kinder, zur Liebe in all unserem Tun und Denken aufgerufen sind.

5.2. DER TEXT UND DIE KINDER

Auf den ersten Blick scheint die Jahreslosung 2024 einfach und klar verständlich zu sein. Aber ist dieser Vers, der sich bei vielen Brautpaaren großer Beliebtheit erfreut, tatsächlich so einfach und klar? Was genau ist eigentlich Liebe? Wieso soll ich alles, was ich tue – Hausaufgaben, die kleine Schwester ärgern, das Kinderzimmer aufräumen – in Liebe tun? Und wie geht das eigentlich? Geht auch Streiten in Liebe?

Die Verwendung des Wortes „Liebe“ als Substantiv könnte bei Kleinen wie auch bei Großen Irritationen hervorrufen. Denn „Liebe“ kennen wir im alltäglichen Gebrauch oft als Verb. Wir lieben die Eltern, Geschwister, Großeltern, vielleicht das Haustier. Manche Menschen lieben wir auch nicht und haben im Miteinander unsere liebe Müh, vielleicht eine ähnliche Erfahrung, wie die Korinther sie damals miteinander gemacht haben.

Womöglich sind manche Kinder auch peinlich berührt, wenn sie von der Liebe hören. Die Liebe wird vielleicht als Privatangelegenheit verstanden, ein Gespräch darüber – zumal in einem nicht-familiären Kontext – erscheint dann fast unmöglich.

Was also meint Paulus mit seinen Worten? Was genau ist Liebe? Wo können wir sie entdecken? Und wie geht das genau, anderen Menschen in Liebe zu begegnen?

5.3. ERZÄHLVORSCHLAG

Der nachfolgende Erzählvorschlag nimmt den historischen Kontext der Entstehung der Jahreslosung 2024 auf und stellt ihn in einen für Kinder nachvollziehbaren Zusammenhang. Die paulinischen Worte „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ sind für eine in Streit geratene Gemeinde geschrieben worden, die Mühe hatte, als Gemeinschaft zusammenzubleiben. Die Geschichte von Linos, Klio und Loukas erzählt den Konflikt der Gemeinde in Korinth aus der Perspektive der Kinder und bietet Möglichkeiten des Weiterdenkens und Anknüpfens für Kinder.

Mit der Methode des sog. Sprechzeichnens, unkomplizierten Zeichnungen für die wichtigen Charaktere der Geschichte, lässt sich die Erzählung mit einfachen Mitteln und ohne große kreative Fähigkeiten anschaulich und eindrucksvoll für Kinder erzählen. Die Zeichnungen können auf einer Flipchart zeitgleich zur Erzählung gemalt oder aufgeklebt werden. Genauso gut lassen sich aber auch die vorbereiteten und ausgeschnittenen Zeichnungen (festes Papier, mind. 160 g) in den Sand des Erzählsacks stecken.

Seit Stunden sind sie nun schon im Haus von Titius zusammen. Wie immer am ersten Tag der Woche.

Linos und Klio kennen das gut. Sie sind mit ihren Eltern gekommen. Sie freuen sich auf ein Wiedersehen und das leckere Essen.

Denn wie immer gibt es rund um das Abendmahl viele leckere Dinge: Weintrauben, Feigen, frisch gebackenes Brot und gebratenes Fleisch. Hm, lecker.

Während die Großen nun noch zusammensitzen, weiter essen und trinken, machen sich Linos und Klio auf leisen Sohlen davon. Denn im Haus von Titius lebt Loukas, der Sohn des Sklaven. Sie mögen ihn gerne. Er hat viele tolle Ideen und sie spielen gerne mit ihm. Wo er nur steckt? Wird er noch irgendwo gebraucht und hat vielleicht gar keine Zeit, mit ihnen zu spielen? Linos und Klio schauen in jeden Raum. Wo ist er nur?

Da, endlich entdecken sie ihn. Loukas sitzt mit herunterhängenden Schultern auf dem Boden und lehnt sich an einen Baum.

„Hey, Loukas“, stößt Linos ihn an. „Komm, lass uns spielen!“ „Ich will nicht spielen!“, brummelt Loukas nur. „Du willst nicht spielen? Was ist los? Ist etwas passiert?“ „Nein!“, bringt Loukas wütend hervor. „Es ist alles wie immer! Das ist ja das Problem!“ „Es ist alles wie immer?!“, Klio schaut Loukas fragend an. „Was meinst du? Wir verstehen dich nicht!“

Loukas hebt den Kopf und schaut Linos und Klio ärgerlich an. „Ja, es ist alles wie immer! Ihr habt euch alle schön satt gegessen. Ihr und eure Eltern. Und Titius. Und der Tuchhändler Dareios und seine Familie, die Händlerin Phoebe und ihr Haus. Die Teller und Platten sind leer. Gleich, wenn die Sklaven der anderen Häuser dazukommen, wenn mein Vater endlich fertig ist mit der Arbeit, ist nichts mehr da. Denn ihr habt alles aufgegessen! Und wir haben weiter Hunger!“ Wütend kickt Loukas einen Stein weg. Linos und Klio machen betretene Gesichter. Es gibt Ärger und Streit beim Abendmahl?! Das ist neu für sie. Ganz ruhig lassen sie sich neben Loukas nieder. Warten ab. Nach einer Weile sagt Klio: „Loukas, uns war nicht klar, dass es hier Schwierigkeiten und Streit gibt. Willst du uns vielleicht nochmal davon erzählen? Vielleicht können wir gemeinsam überlegen, was wir tun können?“

Endlich schaut Loukas sie an. „Ich weiß, dass ihr beide nichts dafürkönnt. Und ich freue mich immer, wenn ihr hier seid und wir zusammen spielen können. Aber so geht es einfach nicht weiter. Am Tag des Herrn kommt die Gemeinde hier im Haus zusammen. Aber einige von uns gehören irgendwie nicht richtig dazu. Mein Vater zum Beispiel. Er arbeitet hart hier im Haus von Titius und kann erst dazukommen, wenn alles andere erledigt ist. Ebenso die Fischer und Hafenarbeiter. Wenn wir am späten Nachmittag dazukommen, um mit allen Anderen Abendmahl zu feiern, sind alle Teller und Platten leer. Vom gemeinsamen Essen sind nur noch ein paar Reste übrig. Das kann doch nicht der Sinn der Sache sein! Mein Vater sagt immer, dass wir alle gleich sind am Tisch des Herrn. Jeder gehört dazu. Und es wird geteilt, was da ist. Aber das ist hier nicht der Fall. Hier schlagen die Reichen sich die Bäuche voll. Und wir dürfen schauen, wo wir bleiben!“

Linos und Klio reißen die Augen auf. So haben sie noch nicht darüber nachgedacht. Aber Loukas hat recht: Das ist nicht in Ordnung. So ging es nicht weiter. Klio fragt: „Aber was sollen wir tun? Habt ihr eine Idee?“

Loukas seufzt: „Wir warten seit Wochen auf eine Antwort von Paulus. Wir haben ihm einen Brief geschrieben und ihn gefragt, was wir nun machen sollen. Was der richtige Weg ist! Aber noch ist keine Antwort von ihm da…“

Linos sagt: „Wisst ihr was?! Wir warten nicht auf Paulus Antwort! Das kann ja noch ewig dauern! Wir überlegen uns selbst, was wir tun können!“ Loukas und Klio starren ihn an: „Wir?!“ „Na klar“, sagt L inos. „Wir beraten uns und nehmen das Ganze selbst in die Hand! Seid ihr dabei?“ Ein Lächeln huscht über Loukas Gesicht. „Also, ich bin dabei“, sagt er. „Ich auch“, ergänzt Klio. „Dann lasst uns überlegen“, sagt Linos. „Wie können wir das Problem lösen?“

Impulsfragen

In der Gemeinde von Linos, Klio und Loukas gibt es Streit. Wann habt ihr das letzte Mal einen Streit erlebt? Wie geht es euch, wenn ihr streitet? Spürt ihr das irgendwo in eurem Körper? Wie fühlt sich Streit im Körper an?

–Was macht ihr, wenn es einen Streit gibt?

–Was habt ihr gemacht, um den Streit zu lösen? Was hat geholfen? Was nicht?

–Sammelt gemeinsam Ideen, was Linos, Klio und Loukas tun könnten, um den Streit in der Gemeinde zu klären. Was könnte helfen, den Streit beizulegen?

Mit älteren Kindern

–Ergänze den Satz: „Alles, was ihr tut, …“ Wenn Sie mit einer konstanten Gruppe von Kindern arbeiten, können die Kinder gemeinsam einen Vertrag/eine Vereinbarung für das gemeinsame Miteinander ausarbeiten. Leitfragen können sein: Wie wollen wir miteinander umgehen? Was tun wir, wenn es Ärger und Streit gibt? Worauf wollen wir in unserer Gruppe besonders achten? Was ist uns in unserem Miteinander wichtig? Es bietet sich an, diese Überlegungen als Vertrag gemeinsam zu gestalten und für alle sichtbar und einsehbar z.B. im Klassenraum aufzuhängen.

5.4. KREATIVES ZUR WEITERARBEIT

Der Satz der Jahreslosung steht über dem Jahr 2024 wie ein Motto oder eine Überschrift. Wie schön ist es, wenn Kinder diesen Satz im Rahmen einer eigenen Gestaltung mit nach Hause nehmen können und dort das ganze Jahr hinweg immer wieder sehen können. Die kreative Gestaltung kleiner Rahmen oder Leinwände bietet sich hierfür an. Kleinere Kinder können Symbole, Farben und Materialien aussuchen, die für sie die Jahreslosung symbolisieren. Als Materialien sind buntes Papier, Farben und Stifte, Glitzersteinchen, Perlen, Naturmaterialien und vieles andere denkbar. Ältere Kinder haben sicherlich schon Freude daran, die Worte der Jahreslosung besonders zu gestalten. Vielleicht möchten sie einzelne Worte hervorheben oder kalligraphische Buchstaben mit einarbeiten.

Material

kleine Rahmen, kleine Leinwände

farbiges Papier, Stifte, Acrylfarben, Glitzersteine, Perlen, Naturmaterialien

Klebe

für ältere Kinder: kalligraphisches Alphabet, kalligraphische Elemente

Herausgegeben von: Evangelische Kirche im Rheinland, Vereinte Evangelische Mission, Pädagogisch-Theologisches Institut der EKiR, Förderverein Kirche mit Kindern in der EKiR e.V.

Der Bibelvers der Jahreslosung 2024 wurde entnommen aus: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2024 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn Alle Rechte vorbehalten

Gesamtgestaltung und DTP: Grafikbüro Sonnhüter, www.grafikbuero-sonnhueter.de, unter Verwendung eines Bildes von © Anna Lisicki-Hehn Lektorat: Viktoria Tersteegen Verwendete Schriften: Minion, Chinchilla, Sofia

Gesamtherstellung: Drukarnia Dimograf Sp. z o.o., Bielsko-Biała Printed in Poland

ISBN 978-3-7615-6985-6

www.neukirchener-verlage.de

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