top.tirol Lehre (Dezember 2020)

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INNOVATION

Molekulare Spuren Drei bis fünf DNA-Moleküle – das ist alles, was Sinsoma braucht. Das Tiroler Start-up hat sich darauf spezialisiert, anhand kleinster Erbgutspuren Arten zu identifizieren, und besitzt Know-how, das in verschiedensten Bereichen enorm gefragt ist. T E X T: D A N I E L F E I C H T N E R

Ü

berall, wo es Leben gibt, gibt es DNA. Mit ihr enthält jede Zelle einen Bauplan für den gesamten Organismus – egal ob Mensch, Pferd oder Kartoffel. „DNA – beziehungsweise im Fall von Viren die RNA – sind molekulare ‚Fingerabdrücke‘“, erklärt Corinna Wallinger, Gesellschafterin und Mitbegründerin von Sinsoma, einem von startup.tirol unterstützten Spin-off der Universität Innsbruck. „Das erlaubt uns, Spezies eindeutig über diese genetischen Spuren zu identifizieren.“ Und weil DNA überall zu finden ist – von Haut- und Schuppenzellen über Pollen und Sporen, in der Luft, im Boden oder im Wasser, in dem beispielsweise Fische und Amphibien schwimmen – ist unsere Umwelt voller genetischer Spuren. So ist es sogar möglich, Arten in einem Lebensraum nachzuweisen, ohne dass sie dort je gesichtet worden sind. WERKZEUGKASTEN & DATENBANK Genau darauf hat sich Sinsoma spezialisiert: Den Einsatz biomolekularer Werkzeuge, um anhand von DNA-Spuren Spezies zu identifizieren – egal ob man einen bestimmten Erbgutspender sucht oder sämtlichen Lebewesen, die in der Probe Spuren hinterlassen haben, auf die Schliche kommt. Dabei kommen verschiedene, hochkomplexe Methoden zum Einsatz. Und das ist es, was Sinsoma besonders macht: „Unsere Stärke liegt

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Zur Person Die Biologin Corinna Wallinger spezialisierte sich in den letzten 15 Jahren auf das Aufspüren und Identifizieren von DNA-Spuren. Sie gründete mit Daniela Sint sowie Michael und Thomas Traugott und der Universität Innsbruck 2018 die Sinsoma GmbH.

darin, dass wir uns nicht auf eine oder wenige Analysemethoden beschränken, sondern Expertisen in einem breiten Spektrum an Werkzeugen mitbringen“, erklärt Wallinger. „Je nach Fragestellung und Art der Probe sind jeweils unterschiedliche Wege zum Ziel am vielversprechendsten.“ Grundlage für alle diese Analysen ist die Polymerasekettenreaktion, kurz PCRMethode (siehe Infobox), mit der die DNAAbschnitte in den Proben vervielfältigt werden. So genügen wenige Moleküle, um dem „Spender“ auf die Spur zu kommen. Ist ausreichend DNA vorhanden, bedient sich Sinsoma Datenbanken, wie „Barcode of Life“. „Dort sind DNA-Sequenzen nahezu aller bekannten Pflanzen-, Tier- und Pilzarten erfasst“, erklärt Wallinger. „Allerdings meist nicht das gesamte Genom, sondern nur Abschnitte – und zwar genau jene, anhand derer sich Spezies unterscheiden lassen, die jedoch bei Individuen derselben Art identisch sind.“

VIELFÄLTIG EINSETZBAR Anwendung findet das Know-how von Sinsoma in verschiedensten Bereichen. Und so wenden sich Behörden und Organisationen ebenso an die Experten wie die Lebensmittel- und Pharmaindustrie, aber auch Privatpersonen. „Umwelt- und Artenschutz sind natürlich besonders wichtige Themen für uns“, erklärt Wallinger. „Wenn der Schutzstatus eines Biotops erhoben wird, hängt das oft vom Vorhandensein einer Art ab.“ Diese direkt nachzuweisen sei mitunter schwierig bis unmöglich. Aber Wasser- und Bodenproben, in denen die DNA der Art nachweisbar ist, können mit vergleichsweise geringem Aufwand entnommen werden. Zudem ist aktuell mit der Coivd19-Pandemie auch der Nachweis von Viren zusehends in den Fokus des Start-ups gerückt. Und so beteiligt sich Sinsoma nicht zuletzt an der Analyse von Sars-COV2-Proben. Dafür entwickelte


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