Josef Š.
Ich gebe meinen Namen nicht an
An Pohrlitz und den Todesmarsch erinnere ich mich nur schwach, ich sehe lediglich Menschen vor mir und es fehlt mir meine Mutter, die zwar immer noch mit mir ist, doch schiebt sie einen Kinderwagen, sie ist hinter mir und ich sehe sie nicht, ich weiß nicht, ob ich heulte oder still war, aber an die Beklemmung erinnere ich mich und dann an nichts mehr. Von dem Brünner Todesmarsch habe ich von meiner Mami erst irgendwann in den 1970er Jahren erfahren und obwohl nach dem Krieg bereits so viele Jahre vergangen sind, ich ein erwachsener Mann war und sie eine fast schon alte Frau, erzählte sie es mir wie ein großes Geheimnis, über das man nicht sprechen darf. Es sollte besser keiner wissen, dass wir Deutsche sind. Dabei hatte unser Deutschsein eine sehr kuriose Gestalt: Mein Vater, aller Wahrscheinlichkeit nach ein Volksdeutscher mit tschechischem Namen fiel bei Stalingrad, eh´ ich ihn überhaupt wahrgenommen habe, er aber hatte mein Foto dabei gehabt. Während des Marsches nach Pohrlitz hatte man meinen Opa und meine Oma beiseite genommen und ich habe sie seitdem nie mehr gesehen, ich weiß nicht, was ihnen zugestoßen ist, es war bestimmt nichts Angenehmes.
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