Die Kulturzeitschrift „Da schau her“ erscheint nun im 46. Jahr. In den jeweiligen Ausgaben wurden Beiträge aus kulturhistorischen und naturwissenschaftlichen Bereichen publiziert. Aktuelle Projekte aus unterschiedlichen Themenbereichen fanden ebenso Eingang und bestimmt erinnern Sie sich an die Vorstellung von Projekten in Beiträgen von Frau Mag.a Barbara Schiefer, Geschäftsführerin der LEADER Region Ennstal-Ausseerland. Sie berichtete in mehreren Ausgaben zusammenfassend über besondere Projekte aus den Bereichen Volkskultur, Naturschutz oder Tourismus.
Die aktuelle Ausgabe ist dem Jubiläum „30 Jahre LEADER“ gewidmet. LEADER ist seit 1991 das Förderprogramm der Europäischen Union zur Innovationsentwicklung im ländlichen Raum. Im Jahr 1995 starteten durch die Initiative von Ernst Daum die ersten Projekte der Region im Sölktal. Heute, 30 Jahre später, sprechen wir von der LEADER-Region Ennstal-Ausseerland, die 17 Gemeinden umfasst. In 30 Jahren wurden ca. 300 Projekte mit einem Fördervolumen von 15 Millionen Euro umgesetzt. Die Projekte wurden wiederum, dem partizipativen Ansatz entsprechend, von 45.000 Menschen bearbeitet.
„Das Ziel von LEADER ist es, die ländlichen Regionen Europas auf dem Weg zu einer eigenständigen Entwicklung zu unterstützen sowie Kooperationen und Maßnahmen zur Stärkung und Entwicklung des ländlichen Lebensraumes, der ländlichen Wirtschaft und der Lebensqualität zu fördern.“
Angesichts der Tatsache, dass sich Regionalität in ökonomischer, politischer, sozialer und kultureller Praxis deutlich als Gegensatz von Globalisierung formiert, stellt sich vor allem in
ländlichen Regionen die Frage nach Identität, nach Authentizität und nach der Schaffung neuer Räume.
Mit den Begriffen „regional“ und „global“ beschäftigen wir uns im Schloss Trautenfels nahezu permanent und durchaus bei jeder Sonderausstellung, weil die vielfältigen Sammlungsbereiche des Landschaftsmuseums durch einen geografischen Rahmen – den politischen Bezirk Liezen – eingegrenzt sind, während die Objekte eine überregionale Bedeutung haben. Weitere Auseinandersetzungen mit „global“ und „regional“ führten zur aktuellen Sonderausstellung Mensch, Welt und Ding. Eine Region erzählt, wobei es auch hier mit der LEADER-Region Ennstal-Ausseerland eine inhaltliche Kooperation gibt.
Regionale und überregionale Netzwerke sowie partizipatives Arbeiten stellen wichtige Komponenten der musealen Arbeit im Schloss Trautenfels dar. Über den Verein Schloss Trautenfels konnten bereits seit dem Jahr 2002 über LEADER geförderte Projekte („Erwachsenenbildung Schloss Trautenfels“, „Vom verschwundenen Alltag“) umgesetzt werden. Diese themenspezifische Ausgabe gibt einen Überblick bzw. eine exemplarische Vorstellung von umgesetzten Projekten aus unterschiedlichen Fachbereichen und zeigt das große Engagement von Menschen in der Region sowie wichtige methodische Ansätze für die Entwicklung unter dem Motto „aus der Region – für die Region“ auf.
Informieren dürfen wir Sie, sehr geehrte Leser*innen, dass diese Ausgabe von „Da schau her“ online auf den Seiten www.ennstal-ausseerland.at und www.schloss-trautenfels.at verfügbar sein wird.
Wir freuen uns immer wieder über interessante Beiträge aus den Bereichen Kultur und Natur im Bezirk Liezen und angrenzenden Gebieten. Nehmen Sie bitte mit uns Kontakt auf oder senden Sie Ihren Bericht an den Verein Schloss Trautenfels, Email: trautenfels@museum-joanneum. at, oder direkt an Katharina Krenn, Email: katharina.krenn@museum-joanneum.at. Die Berichte sollten einen Umfang von vier A4-Seiten Text inklusive Fotos nicht überschreiten. 5 10 12 16 25
Aus der Region, für die Region
„LEADER“ gilt als eine der besten Erfindungen der Europäischen Union (EU). Am 15. März 1991 wurde von der Europäischen Kommission die Rechtsgrundlage für „LEADER“ veröffentlicht, mit dem Ziel, ländliche Regionen in ihrer eigenständigen Entwicklung zu unterstützen. Beim Start waren europaweit 217 Regionen beteiligt – heute verantworten mehr als 3.300 LEADER-Regionen in 27 Mitgliedsstaaten Zehntausende Projekte zum Nutzen der wirtschaftlichen, kulturellen, sozialen und umweltbezogenen Entwicklung im ländlichen Europa.
Die Geschichte des LEADER-Programms in Österreich, der Steiermark und auch im Ennstal und Ausseerland begann in abgelegenen, benachteiligten ländlichen Regionen. Der Weg für innovative Regionalentwicklungsprojekte startete nicht in den großen Zentren, sondern abseits, in Seitentälern und Gegenden, die mit großen Herausforderungen zu kämpfen hatten – so wie es der Grundintention entsprach. LEADER orientiert sich an sogenannten „Förder- bzw. Programmperioden“, die sich nach dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU richten. Die 30-jährige Geschichte unserer LEADER-Region Ennstal-Ausseerland gliedert sich daher in diesem Beitrag auch nach diesen Programmperioden, die normalerweise sieben Jahre umfassen.
LEADER II: 1995–1999
Bergregion Sölktäler und Ausseerland als Pioniere
Mit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 wurden unterschiedlichste Förderprogramme für benachteiligte Regionen eingeführt, wie etwa die sogenannten „5b-Gebiete“ 1, Maßnahmen zur Dorfentwicklung und auch die Gemeinschaftsinitiative2 „LEADER“. Unter dem Programmnamen LEADER II gründeten sich erstmals 31 österreichische Regionen, fünf davon in der Steiermark. Von Beginn an mit dabei war hier die „Bergregion Sölktäler“ mit den Gemeinden Kleinsölk, Großsölk und St. Nikolai sowie vier Gemeinden des Ausseerlandes (Altaussee, Bad Aussee, Grundlsee und Pichl-Kainisch). Diese vier beteiligten sich gemeinsam mit dem Inneren Salzkammergut am LEADER-Programm in Oberösterreich. Im Dezember 1994 wurde in den Sölktälern zur Umsetzung
der Verein „Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Bergregion Sölktäler“ gegründet, unter Federführung von Ernst Daum, Bürgermeister von Kleinsölk. Er hatte in Südtirol von der Existenz des LEADER-Programms erfahren (Italien war ja bereits seit 1958 EU-Mitglied) und war die maßgebliche Person, die diese Idee in unsere Region brachte. Er wurde von den Gründungsmitgliedern (neben den drei Gemeinden unter anderem auch Tourismusverband und Naturpark Sölktälker sowie „Bäuerliche Arbeitsgemeinschaft für Umstellungsbetriebe Sölktäler“) zum ersten Obmann des Vereins gewählt. Vor jedem Förderzeitraum müssen sich die LEADER-Regionen für die Teilnahme bewerben, dies erfolgt durch die Erarbeitung und Einreichung einer sogenannten „Lokalen Entwicklungsstrategie“. Die Ausarbeitung dieses Arbeitsprogramms soll breit von der Bevölkerung getragen werden und Gemeinden, Organisationen aus den unterschiedlichen Themenbereichen und wichtige regionale Partner*innen einbinden. Die Strategie stellt die Stärken und Schwächen und den Handlungsbedarf in einer Region dar, ebenso wie die Maßnahmen und Ziele, die durch die Arbeit der LEADER-Region umgesetzt und erreicht werden sollen. Aus der damaligen ersten Bewerbung der LEADER-Region Bergregion Sölktäler lassen sich folgende Ziele lesen:
„Kooperation der noch traditionsbewussten Berglandwirtschaft mit einem ökologisch und sozial angepassten Tourismus mit all seinen Diversifikationsaspekten: Hobbykursen, Kunsthandwerk, Gesundheitsangebote, Naturlehrzonen und Naturpark, sowie der Zusammenarbeit mit Gewerbebetrieben mit dem Ziel der Erhaltung einer umweltgerechten Kulturlandschaft.“
Weiters werden die Menschen der Sölktäler beschrieben: „Der Menschenschlag ist selbstbewusst und freiheitsliebend, aber auch genügsam. Er zeichnet sich weiters durch langfristiges Denken und nachhaltiges Handeln aus, der gegenüber der Natur behutsam und demütig ist. Dem freien Unternehmertum ist man insbesondere bei der bäuerlichen Bevölkerung stark verhaftet.“3
Von Beginn an legte LEADER großen Wert auf die Bereiche Innovation, Zusammenarbeit (z. B. zwischen privaten und öffentlichen Träger*innen), Vernetzung in der Region, Informations- und Motivationsarbeit und die Beteiligung der Bevölkerung. Umgesetzte Projekte der ersten Jahre waren die Umgestaltung des Schlosses Großsölk zum „Naturparkhaus“, Aktivitäten zur Entwicklung von Qualitätsprodukten aus der Naturparkregion sowie Gestaltungsund Ausbaumaßnahmen im Naturpark Sölktäler. In Kleinsölk entstand unter großer Beteiligung der Bevölkerung ein „Kunstgewerbehaus“ mit einem Bauernladen, einem Café, dem neuen Musikheim und einer Wollwaschanlage. Im Ausseerland wurden beispielsweise der Schlachthof in Bad Aussee und verschiedene Themenwanderwege im Salzkammergut errichtet. Aus den
vielfältigen gemeinsamen Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung wurden viele Projekte entwickelt und umgesetzt.
2000–2006:
Erweiterung der Regionen in „LEADER plus“ LEADER II zeigte bereits starke Impulse und wertvolle Projekte in den Sölktälern, sodass für die nachfolgende Förderperiode „LEADER plus“ weitere Gemeinden Interesse an der Teilnahme zeigten. Die Mitgliedschaft in einer LEADER-Region ist eine freiwillige Entscheidung jeder Gemeinde – es können jedoch nur Fördermittel in eine Gemeinde fließen, die auch Teil einer Region ist. Somit standen große Änderungen bevor: Die Bergregion Sölktäler erweiterte sich von drei auf 17 Gemeinden – zwischen Aich und Aigen im Ennstal – und änderte auch den Namen zur „Bergregion obersteirisches Ennstal“. Ebenso begründete das Ausseerland mit allen sechs Gemeinden zwischen Altaussee und Tauplitz eine eigene LEADER-Region, im Bezirk Liezen entstand zusätzlich noch die Region Gesäuse-Eisenwurzen. Im Gegensatz zur vorangegangenen Förderperiode, in der LEADER in Österreich für jedes Bundesland (außer Wien) in einem eigenen Programm abgewickelt wurde, war LEADER plus in einem einzigen, österreichweit gültigen Programm zusammengefasst. In ganz Österreich gab es nun bereits 56 beteiligte LEADER-Regionen, die über Fördermittel von gesamt 107 Mio. Euro verfügten. Die Ennstaler LEADER-Gemeinden sahen sich eingebettet zwischen den beiden wirtschaftlich stärkeren Zentren Liezen als Bezirkshauptstadt und der
touristisch gut positionierten Dachstein-Tauern Region. Zentrales Anliegen der LEADER-plus-Entwicklung war die Zusammenarbeit der Gemeinden in der „Tälerkooperation“, die touristische Entwicklung zu einer „Erlebensregion“ und die Bewusstmachung kultureller Stärken durch Kulturprojekte. Neben bezirksweiten Kooperationsprojekten wie etwa „Herbst mit den Bäuerinnen“ nahmen auch Kultur- und Bildungsprojekte mehr Raum ein. Zahlreiche Projektideen rund um das groß angelegte Projekt „Sölker Marmorwelten“ mit der weltgrößten Hängebrücke zwischen Groß- und Kleinsölk konnten nicht verwirklicht werden. Mitentscheidend dafür war auch der plötzliche Tod von Obmann Ernst Daum Ende 2006. Nach ihm übernahm Franz Titschenbacher (damals Bürgermeister von Irdning und bereits Obmann-Stellvertreter) die Obmannschaft des Vereins. Aufgrund der Größe der Regionen und der neu dazukommenden Richtlinien und bürokratischen Vorgaben stellte sich auch die Frage nach einem professionellen Management der Projekte. Diese Aufgabe übernahm als erster „LEADER-Manager“ DI Hermann Trinker aus Rohrmoos.
2007–2013:
LEADER als „Mainstream“
Die bestehende „Bergregion Obersteirisches Ennstal“ hat bereits früh Überlegungen zu einer Neu-Positionierung und Erweiterung der bestehenden LEADER-Region angestellt. Gründe dafür waren das große Interesse weiterer angrenzender Gemeinden, veränderte regionale Rahmenbedingungen durch strukturelle Änderungen in der Tourismusregion Dachstein-Tauern und auch die in den neuen Förderrichtlinien geforderte Professionalisierung des Managements. So übernahm Mag.a Barbara Schiefer 2008 die Geschäftsführung des Vereins und 2012 Albert Holzinger (damals Bürgermeister von Großsölk) das Amt des Obmannes von Franz Titschenbacher. In dieser Förderperiode erreichte die Bergregion Obersteirisches Ennstal ihre größte räumliche Ausdehnung mit 26 Gemeinden von Pichl-Preunegg an der Salzburger Landesgrenze bis nach Lassing und Weißenbach bei Liezen. Die Region Ausseerland-Salzkammergut bewarb sich wieder mit 6 Gemeinden als LEADER-Region, österreichweit gab es nun bereits 86 LEADER-Regionen. Eine Besonderheit dieser Förderperiode
Eines der ersten LEADER-Projekte: Schloss Großsölk wird zum Naturparkhaus
war, dass LEADER erstmals Teil des Programms für „Ländliche Entwicklung“ wurde. Der „Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“, meist nur unter seiner Kurzbezeichnung ELER bekannt, wurde 2005 von der EU eingerichtet. Der ELER hatte 4 Schwerpunkte („Achsen“): Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Land- und Forstwirtschaft, Verbesserung des Umwelt- und des Tierschutzes in der Landschaft, die Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum und Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft sowie LEADER. Ziel war es, über die bereits erfolgreich erprobte LEADER-Philosophie (Beteiligung der Bevölkerung, eigene Projektentwicklung, Innovation, Vernetzung in der Region) in den drei erstgenannten Achsen Projekte umzusetzen. Dies wurde auch als „LEADER-Mainstreaming“ bezeichnet und hatte zur Folge, dass in diesem Zeitraum außerordentlich viele landwirtschaftliche Projektvorhaben „über LEADER“ abgewickelt bzw. diesem Budget zugerechnet wurden. Im Ennstal und Ausseerland waren dies etwa zahlreiche Projekte zu „Urlaub am Bauernhof“. Im Ausseerland setzte das umfangreiche Projekt „Region in Bewegung“ viele Impulse im Bereich von Tourismus und Besucher*innenlenkung. 2008 startete im Ennstal ein Vorzeige-LEADER-Projekt, das auch mehrfach mit Preisen ausgezeichnet und filmisch dokumentiert wurde: das „Ennstal Lamm“-Projekt des Steirischen Schafund Ziegenzuchtverbandes unter der Führung von Obmann Walter Schmiedhofer am Hauser Kaibling. Es besteht bis heute und war beispielhaft in den
Grundsätzen von LEADER: Innovation, Zusammenarbeit und Vernetzung, regionale Wertschöpfung. Rund 800 Schafe weiden am Hauser Kaibling, von Beginn an betreut durch Hirt*innen, und pflegen dabei Pisten- und Almflächen. Das hochwertige Lammfleisch wird in der Region verarbeitet und vermarktet. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
2014–2020/2022:
Zusammenarbeit Ennstal und Ausseerland, Gemeindefusionen, Pandemie
Für die Förderperiode ab 2014 stellten sich abermals neue Herausforderungen für die LEADER-Regionen: Die Mindestanzahl an Einwohner*innen wurde auf 15.000 angehoben, wodurch eine Bewerbung für kleine Regionen nicht mehr möglich war. Dies traf in der Steiermark beispielweise auf das Almenland (Bezirk Weiz) und die Gemeinden der Region Ausseerland-Salzkammergut zu. Somit entschlossen sich die damals noch 6 Gemeinden zwischen Tauplitz und Pötschenpass, sich dem Ennstal anzuschließen und gemeinsam zur LEADER-Region Ennstal-Ausseerland zusammenzuwachsen. Auch hier wurde eine gemeinsame Entwicklungsstrategie als Bewerbungsunterlage ausgearbeitet. Beeinflusst wurde die damalige Regionsbildung auch massiv von der steirischen Gemeindestrukturreform im Jahr 2015, was zur Folge hatte, dass die Mitgliedsgemeinde Weißenbach bei Liezen zur Stadtgemeinde Liezen kam und nicht mehr Teil der LEADER-Region war. Von ursprünglich 32 Gemeinden blieben nach den Zusammenlegungen
dann 18 Mitgliedsgemeinden mit rund 48.000 Einwohner*innen in der LEADER-Region.
Normalerweise erstreckt sich eine Förderperiode auf sieben Jahre, diese wurde jedoch durch die Ereignisse der Corona-Pandemie, den Austritt von Großbritannien aus der EU und die damit einhergehenden langwierigen Budgetverhandlungen auf EU-Ebene um zwei Jahre bis 2022 verlängert. Eine weitere einschneidende Veränderung zeichnete diesen Zeitraum aus: Erstmalig wurde den LEADER-Regionen ein definitives Förderbudget pro Region zugeteilt, für dessen Vergabe an die Projektträger*innen die Region nun selbstständig verantwortlich war. Bis dahin wurde der gesamte steirische Fördertopf in Graz (Abteilung für Landes- und Regionalentwicklung als verantwortliche Bewilligungsstelle) verwaltet. Nun war das regionale „Projektauswahlgremium“ noch mehr in seiner Verantwortung gefordert, eine transparente und möglichst gerechte Auswahl der Projekte gemäß der selbst erarbeiteten Entwicklungsstrategie vorzunehmen. Dazu wurden spezielle Projektauswahlkriterien erarbeitet, die die eingereichten Ideen nach Innovationsgrad, Umsetzbarkeit, regionaler Wichtigkeit, Vernetzung und Nachhaltigkeit bewerten.
Auch das Projektauswahlgremium stellt eine Besonderheit dar: Es gibt sonst kein Förderprogramm, bei dem die Entscheidung über die Fördervergabe direkt in der Region getroffen wird. Zudem gibt es genaue Vorgaben bezüglich der Besetzung dieses Gremiums: Es ist eine Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern (Verteilung Frauen- und Männeranteil) sowie privaten und öffentlichen Vertreter*innen zu schaffen (Gemeinde bzw. politische Vertreter*innen dürfen keine Mehrheit haben). Ebenso sind alle wichtigen regionalen Themen (z. B. Tourismus, Landwirtschaft, Kultur, Naturschutz, Jugend, Klimaschutz, Bildung etc.) mit kompetenten Personen zu besetzen.
Jede*r, die*der eine innovative Projektidee mit einem regionalen Nutzen hat, kann sich an das LEADER-Management (Mag. a Barbara Schiefer und Brigitte Schierhuber) wenden und wird dort umfassend beraten und betreut. Die Projektträger*innen haben dann die Möglichkeit, ihr Vorhaben vor dem Projektauswahlgremium persönlich vorzustellen. Dort erfolgt auch die Beurtei -
2008 startete das LEADER-Projekt „Ennstal Lamm“ am Hauser Kaibling
lung, ob das Projekt als LEADER-Projekt eingereicht werden kann oder nicht. Bei einer positiven Zusage wird der Förderantrag zur offiziellen Genehmigung an das Land Steiermark weitergeleitet. Von jeder Förderperiode zur nächsten gibt es einige Übergangsjahre, die den Abschluss und die Förderabrechnung der „alten“ Förderperiode ermöglichen, während auch schon Projekte im neuen Förderprogramm gestartet werden können. So wurde der Zeitraum 2014–2022 nun im Juni 2025 mit den letzten Auszahlungsschreiben an die Projektträger*innen abgeschlossen und die Bilanz kann sich sehen lassen: Es wurden insgesamt 130 Projekte abgeschlossen und mehr als 5 Mio. Euro an Fördergeldern in die Region geholt. Damit wurden Arbeitsplätze geschaffen und gesichert, neue touristische Angebote umgesetzt und Innovationen in Kultur, Naturschutz, Bildung und Gesellschaft ermöglicht. Ein Beispiel für letztgenanntes Thema ist die Seniorenalmhütte in Bad Aussee, die 2024 mit dem Preis „Teleios“ für Innovation in der Altenpflege ausgezeichnet wurde und täglich die Lebensqualität der Menschen verbessert. Weitere Projekte aus diesem Förderzeitraum werden in den nachfolgenden Beiträgen noch beispielhaft vorgestellt. Die Projekte lassen sich grundsätzlich drei großen Aktionsfeldern zuordnen, nämlich „Wertschöpfung“, „natürliche Ressourcen und kulturelles Erbe“ sowie „Gemeinwohl“. Entsprechend dieser Einteilung werden im Folgenden auch einige Projekte der letzten Förderperiode skizziert.
LEADER 2023–2027:
Gemeinsam sind wir ein Herz Mit der Zuordnung der Gemeinde Lassing zur Erlebnisregion Gesäuse im Zuge der Tourismusreform des Landes
Steiermark im Jahr 2021 bildete sich die aktuelle LEADER-Region Ennstal-Ausseerland – und die Konturen eines Herzens in der Mitte von Österreich wurden sichtbar. Aktuell umfasst die Region 17 Gemeinden, rund 46.570 Einwohner*innen und eine Fläche von 1.878 km 2 . Wiederum gab es leider einen Anstieg an bürokratischen Anforderungen und Richtlinien für die Förderabwicklung zu verzeichnen, was Projektträger*innen und Mitarbeiter*innen gleichermaßen fordert. Dieser aktuelle Zeitraum 2023–2027 konnte mit rund 30 Projekten wiederum erfolgreich gestartet werden.
Fazit … und die Zukunft?! Wir dürfen durchaus stolz auf die Regionalentwicklung der letzten 30 Jahre zurückblicken, zu der LEADER ein Stück beitragen konnte. Manche Themenbereiche haben sich über 30
Jahre nicht verändert – Tourismus, Landwirtschaft, Kultur und Naturschutz sind bis heute zentrale Themen unserer Region. In den letzten Jahren sind auch Bereiche wie Klimaschutz und Klimawandelanpassung neu hinzugekommen und werden in einem eigenen Aktionsfeld abgebildet, aber auch bei jedem einzelnen Projektvorhaben betrachtet. Andere Themen wie etwa die Belebung und Entwicklung von Ortszentren waren vor 20 Jahren genauso aktuell wie heute, wie Beispiele aus Aigen, Gröbming und Irdning zeigen. 2006 wurde in Aigen im Ennstal das Ortszentrum mit einem LEADER-Projekt komplett neu geplant, 2025 wurde in Gröbming mit der „Verweilzone Stoderplatzl“ ein Akzent zur Belebung des Ortskerns gesetzt. Johanna und Florian Lämmerer eröffneten Anfang Juli den schmucken neuen Bauernladen mit Café und Selbstbedienungsbereich im denkmalgeschützten alten Mesnerhaus direkt am Irdninger Kirchturm. LEADER als Förderinstrument hat sich weiterentwickelt und auch verändert und wird dies auch in Zukunft tun. Aktuell starten die Verhandlungen für den nächsten „mehrjährigen Finanzrahmen“ der EU von 2028 bis 2034. Am 16. Juli 2025 legte die EU-Kommission ihren Vorschlag dafür vor, der sich wiederum auf die ländliche Entwicklung und LEADER auswirkt. Die Mitgliedsstaaten, die einen nationalen Plan in Kooperation mehrerer Ressorts erstellen müssen, sind nach jetzigem Stand frei in ihrer Entscheidung, ob LEADER ein MUSS oder KANN wird. In den nun folgenden 1- bis 2-jährigen Verhandlungen wird sich zeigen, ob die 30-jährige Erfolgsgeschichte von LEADER in Österreich fortgeschrieben werden kann.
Belebung der Ortszentren als wichtiges Thema in der LEADER-Region: Ortsplatz Aigen I Foto: Gemeinde Aigen/Franz Gruber-Veit
Verweilzone Gröbming I Foto: Barbara Schiefer
Infobox:
„LEADER“ = Stärkung ländlicher Regionen in Europa4
LEADER ist ein englischsprachiges Akronym von französisch „Liaison entre actions de développement de l‘économie rurale“ - „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“.
1991 wurde LEADER auf EU-Ebene aus der Taufe gehoben, mit dem Ziel, die eigenständige, positive Regionalentwicklung von ländlichen Regionen zu fördern und zu unterstützen. LEADER steht für gelebte Beteiligung, ein starkes europäisches Netzwerk von Regionen und gezielte Förderung für die ländliche Entwicklung. Heute wird LEADER auch als „Entwicklung durch die regionale Bevölkerung“ bezeichnet, was die Entwicklung von der ländlichen Wirtschaftsförderung zur breiten Bevölkerungsbeteiligung (insbesondere von Gemeinden, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft) widerspiegelt. Menschen vor Ort spielen eine zentrale Rolle: Sie gestalten aktiv innovative Projekte in Bereichen wie Wirtschaft, Umwelt, Tourismus und soziale Infrastruktur.
LEADER kann in „LEADER-Regionen“ (teilweise auch LAGs – Lokale Aktionsgruppen genannt) umgesetzt werden, zu denen sich Gemeinden freiwillig zusammenschließen. Im Bezirk Liezen sind die
LEADER-Regionen Ennstal-Ausseerland, Liezen-Gesäuse und Steirische Eisenstraße aktiv. Aktuell leben insgesamt über 5 Millionen Menschen in Österreichs 83 LEADER-Regionen (Stand 2025). Dabei sind die Regionen sehr unterschiedlich groß. Die kleinste LEADER-Region zählt knapp 16.000 Einwohner*innen, die größte rund 165.000. In der aktuellen, verkürzten 5-jährigen Programmperiode (2023–2027) stehen rund 250 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln für LEADER bereit, finanziert zu 62 % von der EU, 19 % vom Bund und 19% von den jeweiligen Bundesländern. Jede LEADER-Region erarbeitet und verfolgt ihre eigene Entwicklungsstrategie, die auf die jeweiligen regionalen Besonderheiten, Stärken, Schwächen, Herausforderungen und zentralen Themen eingeht. Das Besondere an LEADER? Einerseits eine Ansprechstelle vor Ort, das „LEADER-Management“. Das Team vor Ort unterstützt und berät die Projektträger*innen bestmöglich und hilft bei der Bewältigung der bürokratischen Anforderungen. Die Mitarbeitenden engagieren sich auch in regionalen Netzwerken, stellen Verbindungen her, bringen Menschen zu Themen zusammen und initiieren auch eigene Projekte.
Andererseits: Die Regionen entscheiden selbst, welche Projekte gefördert werden, um ihre Region gezielt zu stärken. Dabei entstehen kreative Lösungen, neue Ko-
operationen und starke Netzwerke, die den ländlichen Raum lebenswert und wirtschaftlich zukunftsfähig machen. Das LEADER-Programm baut auf die Menschen und deren Bedürfnisse und Gegebenheiten vor Ort, daher können auch die Projekte sehr unterschiedlich ausfallen. Die Themenbereiche, in denen LEADER-Projekte möglich sind, sind vielfältig und reichen von Tourismus, Wirtschaft, Handwerk über Kultur und Naturschutz bis hin zu sozialen Themen, Bildung und Ortskernbelebung, um nur einige zu nennen. Wichtigster Grundsatz ist immer, dass eine innovative Idee verfolgt wird, die Vernetzung und der Nutzen für die Region im Mittelpunkt steht. LEADER-Projekte sind innovativ, probieren etwas Neues aus, schaffen Zusammenarbeit und Vernetzung. Die finanzielle Förderung ist eine Anschubfinanzierung, um den Start zu ermöglichen bzw. zu unterstützen.
LEADER ist also ein Mitgestaltungsprogramm für die Bevölkerung, eine Methode, eine Philosophie: Ideen für Projekte stammen aus der Region, für die sie positiv wirken sollen. Bewohner*innen, Unternehmen, Vereine und Gemeinden haben die Möglichkeit, sich zu beteiligen, ihre Zukunft selbst zu gestalten und als Unterstützung für die erfolgreiche Umsetzung von Projekten Fördergeld zu erhalten. Kurz gefasst: „Aus der Region – für die Region“.
1 Die Ziele der EU-Struktur- und Regionalpolitik wurden danach ausgerichtet, welche Ziele erreicht werden sollten, und in sogenannte Zielgebiete von 1 bis 5 eingeteilt. Ziel 5b umfasste die Förderung von ländlichen Regionen mit einem niedrigen wirtschaftlichen Entwicklungsstand und geringer Bevölkerungsdichte und/oder starker Tendenz zur Abwanderung. Umfangreiche Informationen zur Regionalpolitik der EU auf der Website der Österreichischen Raumordnungskonferenz ÖROK www.oerok.gv.at/region.
2 Zur Unterstützung der EU-Regionalpolitik wurden von der Europäischen Kommission zur Bewältigung besonderer Probleme sogenannte Gemeinschaftsinitiativen eingesetzt, eine davon war LEADER für ländliche Regionen, weiters z. B. INTERREG für grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
3 LEADER II Programm – Steiermark Antrag, Koordinationsstelle für Gemeinschaftsinitiativen: Landesbaudirektion, Referat Landes- und Regionalplanung Graz, 13.12.1995
4 Siehe auch www.leaderforum.at/was-ist-leader
KARIN HOCHEGGER
30 Jahre Europäische Union Naturschutzprojekte im LEADER Programm
Naturdenkmal Sommerlinde im Ausseerland I Foto: Karin Hochegger
Österreich ist nun seit 30 Jahren Mitglied der Europäischen Union und das ist naturgemäß ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen! In diesem Artikel geht es allerdings nicht um allgemeine politische Inhalte, sondern um den Naturschutz, der gemeinsam mit der Landwirtschaft ein Herzstück des europäischen Projektes darstellt. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union wurde Österreich auch Teil des sogenannten „Natura 2000“-Schutzgebiet Netzwerkes, mit dem Ziel, wildlebende Tier- und Pflanzenarten und wertvolle Lebensräume dauerhaft zu erhalten. Ursprünglich ging der Gedanke des europäischen Naturschutzes vom Vogelschutz aus, denn Vögel kennen keine Grenzen. Ihre Routen und Brutplätze in Europa sollten daher in Form einer gemeinsamen Anstrengung geschützt werden. Auf die daraus entstandene Vogelschutzrichtlinie folgte die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie, die den Schutz von Lebensräumen und Pflanzen- und Tierarten zum Ziel hat. Mit diesen zwei Richtlinien kann der europäische Naturschutz zusammengefasst werden. Doch was bedeutet dies in der Praxis?
Österreich steuert dem „Natura 2000“ Netzwerk 350 Gebiete bei, die sich über 15,3 % der Landesfläche erstrecken. Mit der Ausweisung dieser Gebiete sind wir aufgefordert, uns darum zu kümmern, dass die darin vorkommenden Schutzgüter, also die Tier- und Pflanzenarten, stabil bleiben oder sich sogar verbessern. Mehr Schmetterlinge, stabile Amphibienpopulationen, Verbesserungen in den Mooren, Erhalt von Magerwiesen, all das ist im Auftrag des europäischen Naturschutzes enthalten. Damit wir unseren Naturschutzauftrag erfüllen, gibt es eine wissenschaftliche Kontrolle und wir haben auch eine Berichtspflicht. Der aktuelle Bericht zeigt leider, dass der Zustand der Schutzgüter in Österreich besorgniserregend ist – nur knapp ein Fünftel der Lebensraumtypen und ein Siebentel der Arten befinden sich in günstigem Erhaltungszustand. Daher gibt es in Österreich im Naturschutz sehr viel zu tun. Damit die Mitgliedsländer diesen Aufgaben nachkommen können, gibt es Förderprogramme. Dazu zählt zum Beispiel die Gemeinsame Agrarpolitik der EU. Im Rahmen dieser Förderungen hat sich
auch das LEADER-Konzept als erfolgreiches Modell der kleinräumlichen ländlichen Entwicklungspolitik etabliert und bewährt. Die LEADER -Projekte ermöglichen es den Menschen in ländlichen Gebieten in ihrer Region aktiv zu werden und gemeinsam Projekte zu entwickeln. Die LEADER-Region im Ennstal und Ausseerland verbindet 17 Gemeinden und viele Menschen und ihre Ideen, wodurch zahlreiche Initiativen in den Bereichen Landwirtschaft, Naturschutz, Kultur und Tourismus realisiert werden konnten. Für den Naturschutz stellt LEADER eine gute Möglichkeit für die Umsetzung von kleinen und größeren Projekten dar, die sich auf die Aufgabenstellung in einer Region abstimmen lassen. Im Folgenden wird eine kleine Auswahl der zahlreichen umgesetzten Projekte in unserer Region kurz vorgestellt und vor den Vorhang geholt. Damit wird ersichtlich, wie vielfältig und unterschiedlich die Ansätze von LEADER-Projekten sind und wie sie eine Region beleben und unterstützen können. Zusätzlich bieten diese Projekte auch einen Blick in die Naturschutzarbeit in unserer Region.
Naturschutz-LEADER-Projekte im Ennstal und Ausseerland ab 2015
Naturerlebnis mittleres Ennstal Im Zuge des Projektes wurden Naturerlebnis- und Umwelterziehungsangebote für alle Bildungseinrichtungen des mittleren Ennstales geschaffen. Exkursionen, Schulprojekte, aktiver Naturschutz und Neophytenbekämpfung sowie ein gemeinsam mit der HBLFA Raumberg-Gumpenstein umgesetzter Iristag waren die Schwerpunkte des Projektes.
Wiesenmanagement Ausseerland
Eine Besonderheit des Ausseerlandes sind die Narzissenwiesen. Eine extensive Bewirtschaftung ist für die Erhaltung dieses Wiesentyps sehr wesentlich. Die Wiesen wurden kartiert und eine nachhaltige ökologisch orientierte Bewirtschaftung mit den Besitzer*innen besprochen. Weiters wurden Informationsveranstaltungen und Exkursionen durchgeführt und der Bevölkerung, den Besucher*innen des Narzissenfestes und den Wiesenbesitzer*innen und –
ein
bewirtschafter*innen bewusst gemacht, welch ein „Schatz“ die Narzissenwiesen sind, und dass dieser „Schatz“ ohne entsprechende Bewirtschaftung nicht mehr selbstverständlich vorhanden sein wird.
Biotoppflege
Die Pflegeeinsätze fanden in Niedermoorwiesen statt und umfassten das Schwenden von jungen Fichten und Faulbäumen bis hin zum Abtransport des Grünschnitts von den Flächen. Die längst überfälligen Arbeiten auf den geschützten Flächen zeigten den dringenden Handlungsbedarf deutlich auf. Auf den Moorwiesen wuchsen flächig junge Bäume und Büsche, wobei es sich hauptsächlich um Faulbaum und Fichte sowie Birken und Erlen handelte. Diese wurden bei den ein- bis fünftägigen Einsätzen mit Astscheren und Sägen entfernt.
Entwicklungsprogramm Ödensee
Im Zuge des Neubaus der Kohlröserlhütte wurden im Bereich rund um den
See und den Seezugang Maßnahmen gesetzt, die den „Eingang“ in ein Naturschutzgebiet verdeutlichen. Der Weg um den See wurde verbessert sowie Maßnahmen zur Barrierefreiheit und zum Schutz von Amphibien umgesetzt.
Renaturierung Sagtümpel
Beim Sagtümpel handelt es sich um eine der in Österreich eher selten anzutreffenden vauclusischen Riesenkarstquellen, was bedeutet, dass das Wasser aus einem Quellsee (Quelltopf) von unten emporgedrückt wird. Ziel des Projektes war die vollständige Räumung der Fassungsanlagen, um das typische Gepräge des steilwandigen und tiefen Quelltopfes wiederherzustellen.
Familienprojekt Naturpark Sölktäler Im Zuge dieses Almpflegeprojekts auf den Almen der Sölktäler, durchgeführt in Kooperation mit dem Alpenverein, führten Familien auf ausgewählten Almen unter professioneller Anleitung Pflegearbeiten durch (z. B. Schwenden). Das Projekt wurde als LEADER-Projekt 2017 gestartet und besteht nach wie vor. Kinder und Erwachsene helfen gemeinsam den Almbauern und -bäuerinnen, um die Qualität der Weideflächen zu verbessern. Dazu gehören das Entfernen kleiner Bäume, Sträucher, Äste und Steine von den Almflächen oder auch von Giftpflanzen wie dem Weißen Germer. Durch ihren freiwilligen Einsatz leisten die Teilnehmenden einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung bzw. Wiedererlangung der charakteristischen Kulturlandschaft im Naturpark Sölktäler, der spezifischen Biodiversität der Almen und des Erholungsraums für Einheimische sowie Tourist*innen. Ein wichtiger Nebeneffekt in der Zusammenarbeit ist die Erhöhung des gegenseitigen Verständnisses und der Anerkennung zwischen Almbewirtschafter*innen und Teilnehmenden.
Die renaturierte Sagtümpelquelle fließt wieder, hier ist der Überlauf zu sehen I Foto: Karin
Schule im Freien bietet für alle einen Mehrwert, hier bei einem Ausflug in die Seewiese I Foto: Karin Hochegger
Narzissenwiesen,
Charakteristikum der Region Ausseerland, sind nicht ohne extensive Bewirtschaftung zu erhalten I Foto: Karin Hochegger
Auch Landschaftspflege kann Spaß machen, vor allem in der Gemeinschaft, hier mit syrischen Flüchtlingen I Foto: Karin Hochegger
Hochegger
Der Wolf in der alpinen Kulturlandschaft
Die Ausstellung Der Wolf kehrt zurück im Naturparkhaus Schloss Großsölk sollte dieses aktuelle und emotionale Thema bereits 2017 einer breiten Öffentlichkeit in der Region anhand von sachlichen Informationen präsentieren. Die Ausstellung war für Schulen und Erwachsene konzipiert. Neben der Ausstellung wurde das Thema in einem umfangreichen Begleitprogramm auf regionaler bis internationaler Ebene aufbereitet (z. B. Tagung mit internationalen Expert*innen).
Neophytenmanagement Ausseerland
Das Projekt beinhaltet Information und Schulungen zu Vorkommen, Bekämpfung und Entsorgung des Japanischen Staudenknöterichs mittels Veranstaltungen sowie Beratung von Gartenbesitzer*innen und Multiplikator*innen. Zusätzlich wurde für private Grund- und Gartenbesitzer*innen die den Staudenknöterich schneiden und bekämpfen eine Entsorgungsmöglichkeit geschaffen. Das Projekt wird immer noch ehrenamtlich von der damaligen Projektleiterin im Ausseerland durchgeführt und bietet Gemeinden und der Bevölkerung eine fachliche Beratung.
Baumwelten Ausseerland
Alte Bäume werden in unserer Landschaft immer seltener und fallen oft auch den Sicherheitsmaßnahmen zum Opfer. Im Rahmen des Projektes wurde es privaten Baumbesitzer*innen oder den Ausseerland-Gemeinden ermöglicht, Altbäume bezüglich einer möglichen Gefährdung und der nötigen sachgerechten Pflege einschätzen zu lassen. Durch das Projekt ist es gelungen, 21 gefährdete Bäume durch einen Baumkataster zu schüt -
zen und zu pflegen. Weiters wurden über 200 Bäume begutachtet und ein Teil davon auch durch eine Baumpflege wieder verkehrssicher gemacht. Ebenso wurden alle Naturdenkmale im Ausseerland begutachtet und Anbote für Pflegemaßnahmen erstellt.
Die wilden Hühner der Sölk Eine Ausstellung im Naturparkhaus Schloss Großsölk 2018: In den Sölktälern sind alle vier österreichischen Arten (Auerhuhn, Birkhuhn, Schneehuhn, Haselhuhn) noch in relativ großer Zahl vorhanden. Alle vier Arten sind auch Schutzgüter des „Natura 2000“-Schutzgebietes Niedere Tauern. Daher war der Naturpark Sölktäler prädestiniert als Ort, wo man sich über die vier Arten informieren kann. Das Bewusstsein für die Arten und die Bedeutung ihrer Erhaltung wurde mit diesem Projekt gefördert.
Uferbegrünung zur Katastrophenprävention Auf ausgewählten Uferstrecken (Kleinsölkbach zwischen Kesslerkreuz und Hinterwald), die insbesondere durch das Hochwasser und Vermurungen 2010 und 2012 in Mitleidenschaft gezogen wurden und die nun nach dem letzten Unwettereinfluss 2017 „hart verbaut“ wurden, wurden nun zusätzlich standortgerechte Bäume gepflanzt. Das Aufkommen der Bäume soll über die Projektlaufzeit hinaus dokumentiert werden, um Informationen über die Schutz- und Biodiversitätswirkung der Bepflanzungen zu erhalten. Dieses Projekt wurde in Kooperation mit dem Naturpark Sölktäler und der „KLAR! Zukunftsregion Ennstal“ umgesetzt und mit dem „CliA - Österreichischer Staatspreis zur Klimawandelanpassung 2024“ ausgezeichnet.
Erlebnisbiotop Sölk
Das bestehende Biotop – „Scharzenberger Teich“ – befindet sich im Ortsgebiet von Stein an der Enns im Naturpark Sölktäler. Das Biotop wurde in den 1920er Jahren im Bereich der sogenannten „Winkelmühle“ angelegt. Es bestand dort bereits eine artenreiche Fauna und Flora rund um das und im Gewässer. Der Teich verfügt über zwei Zuläufe, die regelmäßig bzw. besonders auch bei Gewitter-Ereignissen Geschiebe transportieren und Ablagerungen im Teich verursachen. Wenn hier nicht verantwortungsvoll eingegriffen würde, drohte eine komplette Verlandung des Gewässers und der Lebensraum für Pflanzen und Tiere ginge verloren. Mit dem Erlebnis-Biotop Sölk wurde diesem Anliegen entsprochen und die Gewässer- und Lebensraumsituation verbessert, speziell für Amphibien, aber auch Insekten. Die Zusammenhänge des Lebensraumes werden auf Informationstafeln anschaulich erklärt. Das Biotop wurde zu einem attraktiven „Platz für Natur & Kultur“ gestaltet, da dort auch die eindrucksvolle Geschichte der Liegenschaft „Winkelmühle“ als seinerzeit größtes Sägewerk des Ennstales auf Schautafeln aufgearbeitet wurde.
Von Flöz und Fledermaus
In diesem LEADER-Projekt wurden die Fledermäuse des historischen Silberbergwerks Bromriesen in Rohrmoos/ Obertal (Gemeinde Schladming) untersucht. Die Stollenanlagen sind für die Tiere von großer Bedeutung und stellen wichtige Winterlebensräume und Refugien dar. Aktuell ist jedoch wenig über die Fledermausarten in der Region bekannt, weshalb ein fachlich fundierter Schutz schwierig ist. Dies zu ändern war die Motivation für das Vorhaben „Von Flöz und Fledermaus“ (siehe auch ausführlicher Beitrag im DSH 1/2024).
Kooperationsprojekte
„Naturparke Steiermark“
Seit der Gründung der LEADER-Region spielte naturgemäß der Naturpark Sölktäler eine große Rolle im Themenbereich Naturschutz. Der Naturpark initiierte nicht nur eigene Projekte, er war auch gemeinsam mit den anderen steirischen Naturparken (insgesamt sieben: Almenland, Steirische Eisenwurzen, Mürzer Oberland, Pöllauer Tal, Sölktäler, Südsteiermark und Zirbitzko -
Der Staudenknöterich dringt auch in den Uferböschungen vor I Foto: Karin Hochegger
Balzende Auerhähne gehören zu den interessantesten Naturbeobachtungen in der Vogelwelt I Foto: Veronika Grünschachner-Berger
gel-Grebenzen) in mehreren Kooperationsprojekten aktiv. Dies waren etwa die Themen „Blühende Gesundheit“ oder der Aufbau eines Naturvermittlungsprogramms gemeinsam mit den Naturpark-Partnerbetrieben.
Sternenpark und Sternenplätze Auch in der neu gestarteten Förderperiode 2023-2027 sind bereits wieder die ersten Naturschutz-Projekte in Umsetzung: Der Naturpark Sölktäler widmet sich dem Thema „Lichtverschmutzung“ bzw. dem Schutz des Sternenhimmels und strebt die Zertifizierung als „inter-
Infobox
In der LEADER-Region EnnstalAusseerland befindet sich eine große Vielfalt und Vielzahl von Naturschutzgebieten. So etwa 826 km2 an „Natura 2000“-Schutzgebieten, was rund ein Drittel der gesamten steirischen „Natura 2000“- Flächen ausmacht. Zusammengefasst gibt es in unserer LEADER-Region:
• Naturpark Sölktäler, 288 km2
• 11 Europaschutzgebiete
(z. B. Wörschacher Moos, Mitterndorfer Biotopverbund, Steir. Dachsteinplateau, Ödensee, Totes Gebirge mit Altausseersee, Ennsaltarme bei Niederstuttern etc.)
• 13 Naturschutzgebiete
(z. B. Ramsauer Torf, Klafferkessel, Ennsaltarme mit Feuchtwiesen etc.)
nationaler Sternenpark“ bei der International Dark Sky Association (IDA) an. Spezielle Sternenplätze an sechs verschiedenen Standorten in der Region wurden im Juni 2025 eröffnet. Die Sternenplätze sind mit besonderen astronomischen Karten ausgestattet, die den individuell auf den Standort angepassten Nachthimmel durch drehbare Sternkarten und Informationstafeln erklären. Zum Themenbereich Lichtverschmutzung gibt es eine neue Ausstellung im Naturparkhaus Schloss Großsölk und auch einen Bereich in der aktuellen Sonderausstellung Mensch,
Die reiche Ausstattung der Landschaft mit einer Vielzahl an Mooren und Gewässern bedingt das Vorkommen ganz seltener Orchideen und Moose sowie stark gefährdeter Arten wie Alpenkammmolch, Gelbbauchunke oder Steinkrebs. Diese sind in unserem Gebiet noch weit verbreitet, in anderen Bundesländern zum Teil schon ganz verschwunden. Die Karstplateaus des Toten Gebirges und des Dachteins bilden einen Hotspot der
Welt und Ding. Eine Region erzählt im Schloss Trautenfels.
Die bunten und vielfältigen LEADER-Projekte im Bereich des Naturschutzes zeigen eindrücklich, mit wieviel Kreativität und Begeisterung Naturschutz in einer Region umgesetzt werden kann. Der Kontakt mit der Natur und das gemeinsame Arbeiten an der Umsetzung der Projekte ist ein Mehrwert, der nicht zu unterschätzen ist. Viele der Projekte sind nachhaltig und aus der ersten Initiative entwickeln sich neue Arbeitsfelder. So wurde nach dem Projekt Baumwelten Ausseerland ein Buch herausgegeben und ein Unternehmen für Baumpflege konnte sich im Ausseerland etablieren. Die Kartierung der Narzissenwiesen brachte eine Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft und viele Narzissenwiesen konnten durch Vertragsnaturschutz langfristig gesichert werden.
Diese Beispiele zeigen, wie positiv sich die Initiative des Förderinstruments LEADER in unserer Region auswirkt. Anstelle von Konflikten entstehen Kooperationen und durch die gemeinsame Abwicklung langfristige Beziehungen. Getragen und unterstützt werden alle diese Projekte nicht zuletzt auch durch die persönliche Begeisterung unserer LEADER-Manager*innen, denen an dieser Stelle ein großes Dankeschön auszurichten ist.
Biodiversität in den nördlichen Kalkalpen. Das Ennstal zählt zu den „Important Bird Areas“ in Österreich und wurde deshalb auch als Vogelschutzgebiet nach der Vogelschutzrichtline verordnet. Seltene und stark gefährdete Wiesenbrüter wie der Wachtelkönig oder das Braunkelchen finden hier noch Brutplätze in den Streuwiesen; darüber hinaus haben die freien Fließstrecken der Enns und größeren Stillgewässer (inklusive der Salzkammergutseen) regionale Bedeutung als Rastund Überwinterungsgebiete für Wasservögel und überwinternde Greifvögel. Von überregionaler Bedeutung sind auch die hochstaudenreichen Streuwiesen, wie z. B. das größte zusammenhängende Teilareal der Art „Sibirische Schwertlilie“ (Iris sibirica) in Österreich.
Die hohe Anzahl und Wertigkeit der Schutzgebiete, die auf engstem Raum zu finden sind, ist eine herausragende Besonderheit unserer Region.
LEADER setzt den Fokus auf partizipative Regionalentwicklung im Dienste der ländlichen Gemeinden, Privatwirtschaft und Zivilgesellschaft. Beteiligung heißt hier Mitgestaltung und Mitfinanzierung.1
LEADER ermöglicht für den Bereich Kultur innovative Projekte, die ohne Engagement, Partizipation, Netzwerken und vor allem die zur Verfügung stehenden Förderungen in dieser Form nicht umsetzbar wären. Die Projekte zeugen von der Vielfalt und der Identität der Region – wie in einem Kaleidoskop verbinden sich Kultur, Natur, Mensch und Landschaft. In der Region ist das materielle und immaterielle Kulturerbe als selbstverständlicher Teil im Alltagsleben der Menschen verankert, die kulturelle Vielfalt ist als Garant einer nachhaltigen Entwicklung zu sehen. Dabei handelt es sich nicht um starr in der Tradition verhaftete Überlieferungsformen, sondern auch um Anpassungen, Innovationen oder Weiterentwicklungen im Rahmen der gelebten Tradition. Da wir diese Verbindungen auch im Museum Schloss Trautenfels und im Landschaftsmuseum definieren, war/ ist die Verbindung mit dem LEADER-Ma-
nagement von Anfang an von großem Interesse und es wurden Projekte konzipiert, eingereicht und umgesetzt. Dr. Volker Hänsel, Wolfgang Otte (†) und DI Karl Glawischnig waren die Initiatoren, die Projekte in Zusammenarbeit von Verein Schloss Trautenfels und Schloss Trautenfels als Abteilung des Universalmuseums Joanneum realisierten. Das Projekt „Erwachsenenbildung im Schloss Trautenfels“ in den Jahren 2003 bis 2006 wurde vom Verein Schloss Trautenfels unter der Leitung von Volker Hänsel und Wolfgang Otte von Mag. Dr. Michael Greger umgesetzt. Es bestand aus folgenden Projektteilen:
• Das „Bildungsnetzwerk Steirisches Ennstal“, die Vernetzung der Anbieter*innen von Bildungs- und Kulturprogrammen. Daraus entwickelte sich der erste Online-Kulturkalender für die Region.
• „Kultur Steirisches Ennstal“, ein Fortbildungsmodul für Touristiker*innen,
Gemeindemitarbeiter*innen, Beherbergungsunternehmer*innen sowie privat Interessierte.
• Die „ARGE Bräuche im Bezirk Liezen“ zur Erhebung neuer und überlieferter Bräuche des Jahreslaufes im Bezirk Liezen. Daraus entstand das Buch samt CD „Brauch und Jahr. Neue und überlieferte Bräuche im Bezirk Liezen“.2
Ein weiteres sehr gelungenes Projekt, „Vom verschwundenen Alltag“, wurde vom Verein Schloss Trautenfels nach einer Idee von Volker Hänsel durch OStR Prof. Mag. Dr. Josef Hasitschka umgesetzt und organisatorisch auch vonseiten des Museums mitbegleitet. Es wurden 30 öffentliche „Stammtischgespräche“ in Bild, Ton und teilweise Video aufgenommen. Im Seminarraum von Schloss Trautenfels erzählten zwischen Februar 2005 und Juli 2007 insgesamt 85 Zeitzeug*innen aus unterschiedlichen Berufsgruppen aus ihrem Alltag.
Mit diesen Inhalten wurde das Buch samt CD „Vom verschwundenen Alltag. Arbeitswelt im Wandel von zwei Generationen“ herausgegeben.3
Im Jahr 2007 wurde die 4. Ausgabe von Da schau her. Kulturzeitschrift aus Österreichs Mitte der Entwicklung des Landschaftsmuseums und der 25-jährigen Tätigkeit des Vereins Schloss Trautenfels gewidmet. Besondere Schwerpunkte bildeten die Beschreibungen und Vorstellungen der über LEADER geförderten Projekte. Durch die finanzielle Unterstützung war es möglich, diese Ausgabe an alle Haushalte im Bezirk Liezen zu versenden.4 Im Netzwerk von Schloss Trautenfels fand auch immer wieder das Thema Baukultur große Beachtung. Es wurden Exkursionen und Vorträge organisiert, die wohl auch durch den Anstoß von Karl Glawischnig und Volker Hänsel zu über LEADER geförderten Projekten von anderen Projektträger*innen geführt haben, wie z. B. auch in der Broschüre „Bauen im Ennstal. Leitfaden zur Baugestaltung im Ennstal“ ersichtlich.
Kommunizieren und Netzwerken war, ist und bleibt wesentlich. Im Namen der Teams im Schloss Trautenfels „zu unterschiedlichen Zeiten“ darf ich mich sehr herzlich bei den jeweils Verantwortlichen von LEADER für den guten fachlichen Austausch und für die Zusammenarbeit bedanken.
Um Projekte zu konzipieren, ist auch das Wissen um die Grundstrukturen und den LEADER-Ansatz 5, der durch sieben charakteristische Eigenschaften gekennzeichnet ist, von Bedeutung.
1. Der territoriale Ansatz: Darunter versteht man gebietsbezogene lokale Entwicklungsstrategien, die für genau umrissene ländliche Gebiete bestimmt sind. Die regionalen Besonderheiten bilden die Basis für eine langfristig angelegte Entwicklungsarbeit.
2. Der partnerschaftliche Ansatz: Lokale öffentlich-private Partnerschaften (so genannte Lokale Aktionsgruppen) agieren als Plattform und Motor der Entwicklung.
3. Der Bottom-up-Ansatz bedeutet, dass die Strategien und die Projekte in den Regionen entwickelt und nicht von externen Planungsstellen und Organisationen aufgesetzt werden. Zudem gewährleistet
dieser Ansatz eine Entscheidungsbefugnis für die lokalen Aktionsgruppen bei der Ausarbeitung und Umsetzung lokaler Entwicklungsstrategien und -projekte.
4. Der multisektorale Ansatz: Damit ist eine sektorübergreifende Konzeption und Umsetzung der Strategie, die auf dem Zusammenwirken der Akteurinnen und Akteure und Projekte aus den verschiedenen Bereichen der lokalen Wirtschaft beruht, gemeint.
5. Der innovative Ansatz: Neues versuchen – gewohnte Wege verlassen. Mit Kreativität, Fantasie und Risikobereitschaft sollen für die Region neue Ideen und Projekte aufgegriffen, entwickelt und realisiert werden.
6. Kooperation: Entwicklung und Umsetzung nationaler und transnationaler Kooperationsprojekte
7. Vernetzung: Nationale und europäische Vernetzung und Erfahrungsaustausch
Es geht immer darum, wie eine Projektidee entsprechend fachspezifisch vorbereitet werden kann, mit welchen Projektpartner*innen eine Zusammenarbeit oder eine Kooperation erfolgt. Wenn wir an die ersten „LEADER-Projekte“ denken, so waren alle bereits von einem hohen Innovationsgrad geprägt und brachten neue Ansätze in unterschiedlichen Bereichen mit in die Region ein. Mit der schnell voranschreitenden Technisierung und Digitalisierung ist das damals NEUE heute längst zum Standard geworden. Viele der Projekte funktionieren nach wie vor und sind zu Leitprojekten geworden, einige Publikationen zu Standardwerken.
Die Titel der Projekte in den Jahren von 2016 bis 2023 reichen von:
• Kleinkunstbühne im Kurpark / Stadtgemeinde Bad Aussee
• Jugendorchester auf der Pürgg / Verein auf der Pürgg
• Neu-Inszenierung Literaturmuseum Altaussee / Verein Literaturmuseum Altaussee
• Kunst- und Kulturlandkarte Schladming-Dachstein / Tourismusverband Schladming-Dachstein
1 LEADER Guide 2020
2 Michael J. Greger, Brauch und Jahr. Neue und überlieferte Bräuche im Bezirk Liezen. Trautenfels 2008, 263 Seiten (mit eingelegter CD).
3 Josef Hasitschka, Vom verschwundenen Alltag. Arbeitswelt im Wandel von zwei Generationen. Trautenfels 2010, 260 Seiten (mit eingelegter CD). Vergriffen.
4 Da schau her. Die Kulturzeitschrift aus Österreichs Mitte. 4/2007 Dezember, 28. Jahrgang, 24 Seiten.
5 Der LEADER-Ansatz - Leaderregion
6 Barbara Schiefer, Kultur.Regional.Digital. Die regionalen Museen starten in die digitale Zukunft. In: Da schau her. Die Kulturzeitschrift aus Österreichs Mitte. 2/2023, Seite 17–19.
7 www.ennstal-ausseerland.at
8 www.dachstein-dialoge.at
9 www.kult-arge-grundlsee.at
10 www.kammerhofmuseum.at
11 www.dachstein-museum-austriahütte.at
12 www.altaussee.at/Burgruine-Plindsberg
13 www.landart-rittisberg.com
Pressekonferenz „Kultur.Regional.Digital“, Mai 2023, Schloss Trautenfels Erste Reihe v.l.n.r.: Doris Hallama (Dachstein Museum Ramsau), Astrid Perner (Stadtmuseum Schladming), Brigitte Schierhuber, Herbert Gugganig, Barbara Schiefer (alle LEADER-Region Ennstal-Ausseerland), Christopher Drexler (2. Landtagspräsident), Thomas Fischbacher, Margit Walcher (beide Discover Culture), Katharina Krenn (Schloss Trautenfels), Ilse Rietzinger (Paula Grogger Haus, Öblarn)
Aus dieser Vielfalt werden hier einige Projekte näher vorgestellt www.ennstal-ausseerland.at
Kultur.Regional.Digital Zwölf regionale Museen im Ennstal und Ausseerland können seit 2023
nicht nur vor Ort, sondern auch virtuell besucht werden. Im Zuge eines gemeinsamen LEADER-Projekts wurden die Museen digitalisiert und sind im Internet auf der Kulturplattform discover-culture.com kostenfrei zugänglich. Die digitale Reise durch die
Das Mesnerhaus in St. Nikolai I Foto: Barbara Schiefer
Kultureinrichtungen zeigt die spannende Vielfalt und lädt zum Besuch vor Ort ein.
Neue Technologien und digitale Innovationen spielen in Kunst und Kultur eine immer wichtigere Rolle. Gerade für kleinere Kulturanbieter*innen – wie in diesem Fall die regionalen Museen – sind Digitalisierungsprojekte allein oft schwer umsetzbar und finanzierbar. Ziel und Inhalt des gemeinsamen LEADER-Projekts „Kultur.Regional.Digital“ ist es, den regionalen Museen den Zugang zur einzigartigen, internationalen Kulturplattform discover-culture.com zu ermöglichen. Jedes teilnehmende Museum wurde mittels modernster Technologie 3D-digitalisiert. Somit ist es möglich, die Ausstellungen virtuell zu erkunden.
Den „digitalen Gästen“ wird ein virtueller Rundgang durch das Museum bzw. Gebäude ermöglicht. Dieser geht über ein reines „Anschauen“ der Räume weit hinaus: Interaktiv erklären Videobotschaften interessante Details, Dokumente und besondere Objekte können genauestens studiert, Bücher durchgeblättert und Bereiche entdeckt werden, die ansonsten nicht öffentlich oder barrierefrei zugänglich sind. Es sind online sogar Ausstellungsführungen, Vorträge und Live-Veranstaltungen möglich. Nachdem die wichtigsten Faktoren für ein LEADER-Projekt – nämlich Innovation und Zusammenarbeit sowie Mehrwert für die Region – in diesem Projekt optimal erfüllt werden, hat die LEADER-Region Ennstal-Ausseerland das Projekt befürwortet und auch die Trägerschaft dafür übernommen. 6
Krippenschauraum für die Krippenkunst
Der Krippenverein Stein an der Enns besteht seit 1999 und hat ca. 100 Mitglieder. Von Beginn an veranstaltet der Verein Krippenbaukurse für Erwachsene und Kinder, um die besondere Kunst des Krippenbauens in unserer Region zu erhalten, weiterzugeben und zu fördern. Zusätzlich wurden Malkurse, Schnitzkurse und Kurse für Klosterarbeiten organisiert. Für seine wertvollen volkskulturellen Leistungen wurde der Verein 2010 mit dem Volkskulturpreis des Landes Steiermark ausgezeichnet. Die bisher in einem zweijährigen Rhythmus abgehaltenen Krippenausstellungen haben Tausende Besucher*innen
begeistert. Diese wurden nun durch eine dauerhafte Krippenschau in einem neu gestalteten Ausstellungsraum abgelöst, die so einen ganzjährigen Besuch ermöglicht. Dafür wurden leerstehende Räumlichkeiten (ehemaliges Musikheim) in der Volksschule Stein an der Enns mit sehr viel ehrenamtlichem Engagement (mehr als 2.000 Arbeitsstunden!) umgebaut.7
Dachstein Dialoge 2024
Die „Dachstein Dialoge“ sind ein internationales Festival für Toleranz in Filzmoos und Ramsau am Dachstein. Das Festival schafft mittels Vorträgen, Diskussionen und kulturellen Darbietungen Räume für Dialoge und Ideen, die ein respektvolles Miteinander fördern, Demokratie stärken und Toleranz in die Welt tragen. 8 Im Rahmen des LEADER-Projekts wurde 2024 ein Pilotprojekt mit drei
Festival-Tagen gestartet, das in der Folge die Umsetzung eines jährlichen einwöchigen Festivals ermöglichen soll. Im Jahr 2025 finden die „Dachstein Dialoge“ unter dem Motto „Wer gehört zu uns?“ von 19. bis 25. September in Ramsau am Dachstein und Filzmoos statt.
Sonderausstellung im Schloss Trautenfels: „Landschaft ist Bewegung“ Die Sonderausstellung Landschaft ist Bewegung. Geologie und Klima modellieren den Bezirk Liezen beschäftigte sich vor allem mit den Regionen Ennstal und Ausseerland sowie mit dem gesamten Bezirk Liezen unter Einbeziehung von überregional relevanten Themenbereichen.
Es galt dabei Phänomene zu beobachten und zu dokumentieren, die im gesamten Alpenraum in ähnlicher Form auftreten und somit in vergleichender
Methodik Rückschlüsse auf Ereignisse und Prozesse im regionalen Bereich ermöglichen. Berge und Täler stehen in direkter Wechselwirkung – Verwitterung, Erosion, aber auch Ablagerung dokumentieren eine Landschaft in permanenter Veränderung. Vorträge zu verschiedenen Themen, pointiert ausgerichtete Exkursionen in der Region sowie zielgruppenorientierte Vermittlungsprogramme für Schüler*innen und Erwachsene ergänzten die Sonderausstellung. Synergien zwischen innen und außen wurden geschaffen. Im Rahmen dieser Schau wurde auch eine Inventur von charakteristischen Landschaftsformen (Murenkegel, Karseen, Schwemmfächer etc.) in Kooperation mit dem EnnstalWIKI für den Bezirk Liezen aufgebaut. Diese Daten (Informationen und Fotos) wurden georeferenziert, in einem geografischen Informationssystem (GIS-Steiermark) erfasst, dargestellt und damit öffentlich zugänglich gemacht (www. ennstalwiki.at).
Eine 3D-Animation mit dem Titel „Das Ennstal erhält den (vorerst) letzten Schliff“, erstellt von der Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH, visualisiert die letzte Vereisung des Bezirkes und bildete den Einstieg in die Sonderausstellung. Während und nach dem Abschmelzen der Gletscher kam es zur Bildung der gegenwärtigen charakteristischen Geländeformen, die in der Animation gezeigt werden. Diese Animation ist seit 2017 in das Landschaftsmuseum von Schloss Trautenfels (Raum „Zwischen Berg und Tal“) integriert und macht die Entstehung der Landschaft erfahrbar.
Adaptierung „Kaiserlicher Stall“ Grundlsee
Der „Kaiserliche Stall“ ist ein zentrales Gebäude in Grundlsee, es gehört zu den ältesten Gebäuden in der Region Ausseerland-Salzkammergut und ist denkmalgeschützt. Sein Name erinnert an die Zeit, als das Fischmeistergütl in Mosern noch „Kaiserlich-Hohes Forstärar“ war. Schon 1568 stand an der „vorderen Clausen“ das Fischmeisterhaus, das noch heute bestehende Forsthaus (Mosern 19). Dazu gehörten neben Anger und Wiesen ein Stadl und ein Reitstall, einer davon ist der „Kaiserliche Stall“. Der „Kaiserliche Stall“ war ab 1952 im Besitz der Österreichischen Bundesforste und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Stall verwendet, sondern diente als Lagerraum und als Auszahlungsraum für die Holzknechte. 1987 kaufte die Gemeinde Grundlsee den „Kaiserlichen Stall“ von den Bundesforsten.
1992 pachtete die „Kulturelle Arbeitsgemeinschaft Grundlsee“ den Stall und veranstaltet seither alljährlich während der Sommermonate verschiedene Ausstellungen. Im Jahr 1992 konnte nur ein Raum als Ausstellungsraum genutzt werden, 1995 wurden zwei weitere Räume im holzgezimmerten Obergeschoss des Stalles adaptiert.
Der „Kaiserliche Stall“ ist ein Platz, der für die Bevölkerung einen hohen Identifikationswert besitzt, und somit war es allen Beteiligten wichtig, das Gebäude für die kommenden Generationen zu erhalten – auch um Platz zu haben für Kulturinteressierte, Künstler*innen sowie Kleinkunst, Veranstaltungen, Ausstellungen etc. Im Zuge des LEADER-Projekts wurde die Dachsanierung mitfinanziert, um das historische Gebäude zu erhalten. Die Arbeiten erfolgten natürlich in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt.9
Der im Ausseer Kammerhofmuseum in prominenter Lage befindliche Schauraum für die Archäologie wurde auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und mit der Zielvorgabe eines didaktisch durchdachten, optisch ansprechenden und durch digitale Medien ergänzten Gesamtkonzepts komplett neugestaltet. Die Ausstellung zeigt die sensationelle archäologische Fundsituation im Ausseerland, die nicht nur prähistorische Lebensaspekte, sondern auch den römerzeitlichen Salzabbau am Altausseer Sandling und die Lebenssituation der Menschen im Ausseerland bis zur Neuzeit beleuchtet. Sie ist ein wesentlicher Beitrag zur Vermittlung der Geschichte des Ausseerlandes.10
Dokumentation Krampusspiel Öblarn
Das Öblarner Krampusspiel zählt zu den geistlichen Volksschauspielen, die seit der Rekatholisierung vor allem im 18. Jahrhundert zum Bestand religiöser Unterweisung und geistlicher Belehrung der Bevölkerung dienten. Das historische Spiel wurde in den letzten 25 Jahren zeitgemäß adaptiert und weiterentwickelt. Als die Krampusgruppe Öblarn vor 30 Jahren versucht hat, das Spiel wieder neu zu beleben, war dies äußerst mühsam, da es fast keine schriftlichen Aufzeichnungen gab. Durch die mündliche Überlieferung war bereits ein Teil der Texte verloren gegangen. Feldforschung und Recherche vor Ort bei Bauern und im Altenheim führten allerdings zu Fortschritten. Hätte man ein paar Jahre später damit begonnen, wäre das Spiel unwiederbringlich verloren gewesen. Dies soll in Zukunft nicht mehr passieren.
Die Öblarner Krampusgruppe wurde im September 2014 von der Österreichischen UNESCO-Kommission in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen. Dies zeigt, um welch wertvolles Kulturgut es sich hierbei handelt. Der Vorstand der Öblarner Krampusgruppe hat sich entschieden, eine professionelle Aufarbeitung in Wort und Bild durchzuführen.
Ziel war es, das Krampusspiel Öblarn umfassend in Buchform zu dokumentieren und damit für die Jugend, die nächste Generation, zu erhalten. Es entstand ein Zeitdokument, das
einerseits der Öblarner Bevölkerung dient und andererseits in öffentlichen Archiven hinterlegt wird.
Dachstein Museum Austriahütte Neugestaltung des höchstgelegenen Museums der Steiermark
Das Dachstein Museum befindet sich in der Austriahütte auf 1.638 m Seehöhe und wurde 1989 als Bergsteigermuseum eröffnet. Es ist zu Fuß von der Talstation der Dachsteinsüdwandbahn in 20 Minuten leicht erreichbar.
Das Museum lädt dazu ein, sich auf Spurensuche nach den vielfältigen Beziehungen zwischen Mensch und Berg in der Regional- und Alpenvereinsgeschichte zu begeben. Es hat die alpinistische Erschließung und touristische Entwicklung rund um den Dachstein zum Thema. Den roten Faden bilden fünf Handlungsfelder, mit denen sich Menschen in Beziehung zum Berg setzen: sich den Berg vorstellen, zum Berg gelangen, am Berg sein, hinaufsteigen und sicher herunterkommen.
Anhand von restaurierten Sammlungsobjekten, Fotos, Interviews und Filmausschnitten wird von der Neugier am Berg, vom Dachstein als Forschungs- und Arbeitsgebiet, vom Gehen, Steigen und Klettern an seinen Wänden, vom Führen und Retten, aber auch vom Berg als Objekt, als Projektionsfläche und Kulisse erzählt.11
Burgruine Pflindsberg reloaded
Um die historischen Reste an einem besonders schönen Aussichtsplatz für
die Nachwelt zu erhalten, wurden im LEADER-Projekt die stark verfallenen Burgmauern teilweise wieder aufgebaut. Dafür war großes ehrenamtliches Engagement und enorm viel Handarbeit zur korrekten Wiederherstellung – in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt - erforderlich.12
Die mittlerweile stark verfallene Burg Pflindsberg in Altaussee, erbaut um 1250, diente einst als Wehranlage zum Schutz des nahen Salzbergwerkes Sandling, die Geschichte der Burg ist eng mit der Entwicklung des Salzabbaus im Ausseerland verbunden. Um 1400 fungierte die Burg als Kerker und Hinrichtungsstätte. 1755 verließ der letzte Bewohner die Burg Pflindsberg und sie wurde dem Verfall preisgegeben. Seit 1972 bemüht sich der „Burgenverein Pflindsberg“ um die Erhaltung der Ruine. Im Jahr 2000 errichteten die Österreichischen Bundesforste auf dem Gelände der ehemaligen Burganlage eine Aussichtswarte. 2005 wurde die Burgruine Pflindsberg unter Denkmal -
schutz gestellt. Durch die Förderung von LEADER konnten die verfallenen Mauern wieder aufgebaut und ein Teil der Anlage saniert werden.
SingSpiel Öblarn
Kindern und Jugendlichen aus der Region wurde in 3 Projektjahren die Möglichkeit geboten, unter der Anleitung von Professionist*innen und unter professionellen Bedingungen im Kunst- und Kulturhaus Öblarn in mehreren Sparten an der Produktion eines Musicals teilzunehmen. Jedes Jahr entstand so ein komplett neues, innovatives „SingSpiel“ zu einem aktuellen und für die Jugend wichtigen Thema, das die mitwirkenden Kinder und Jugendlichen selbst gewählt und gestaltet haben.
Das Programm startete jährlich mit der Literaturgruppe, die sich ein Thema überlegte und dazu eine neue Geschichte schrieb. Dieses Thema wurde anschließend von der Gesangsgruppe und der Band aufgenommen; es wurden Musiktitel (Rock, Pop, Jazz, Musical, Weltmusik, …) ausgesucht und diese der Geschichte textlich und inhaltlich angepasst. Diese Stücke wurden geprobt und aufführungsreif einstudiert. In rund 15 Proben wurden die Teilnehmer*innen des Musiktheaters gesanglich und darstellerisch gecoacht und auf die darzustellende Rolle im „SingSpiel“ vorbereitet. Gleichzeitig wurde am Bühnenbild und an den Kostümen gearbeitet und die Bewerbung des Stücks durchgeführt. Ebenso wurden Interessierte mit den licht- und tontechnischen Möglichkeiten im [ku:L] vertraut gemacht. Die Zusammenführung aller Sparten mündete nach intensiven Proben in ca. 5-7 Aufführungen jährlich, die meist
vor einem vollen Haus dargeboten werden konnten. Das Publikum zeigte sich begeistert, jedes Jahr nahm auch so der Zustrom von Teilnehmer*innen zu. Von ca. 20 mitwirkenden Kindern und Jugendlichen im ersten Jahr steigerte man sich auf über 50 im 3. Projektjahr 2019. Es wurden auch die Schulen der Region zu kostenlosen Aufführungen eingeladen, was sehr gut angenommen wurde. Gemeinsam entstand so mit vielen Handgriffen, Teamarbeit, Proben und in der Gruppe erarbeiteten Entscheidungen ein Gesamtwerk, das nicht nur künstlerische Qualität hatte, sondern auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der jungen Menschen steigerte und ihnen viele wertvolle Kenntnisse für das weitere Leben mitgab. Es war auch schön zu sehen, wie sich die Kinder von Jahr zu Jahr entwickelten, sie alle samt ihren Familien Zugang zu Kunst
und Kultur gewannen und sie von den Proben, Auftritten und Coachings auch viel für ihre Persönlichkeit mitnehmen konnten. Manche entdeckten auch den Wunsch, sich in der weiteren schulischen Laufbahn mit Musik und Gesang zu beschäftigen.
Land-Art Rittisberg 2024
Der Gipfelweg am Rittisberg wurde von internationalen Land-Art-Künstler*innen gestaltet, begonnen wurde bereits 2023. Dieses Land-Art-Kunstprojekt schafft Synergien zwischen Natur, Kultur und Tourismus und zeigt auf, wie ein touristisch genutzter Berg umweltverträglich mit Skulpturen aus Naturmaterial gestaltet werden kann. Im Fokus stehen Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Klimaschutz, um mit der Koexistenz von intakten Lebensräumen und touristischer Entwicklung zu experimentieren. Für das Projekt am Rittisberg konnten im Jahr 2024 die internationalen LandArt-Künstler Stuart Ian Frost (Norwegen) und Edvardas Racevicius (Litauen/Deutschland) gewonnen werden, kuratiert wurde von Robin Molenaar (Niederlande). So wird der Rundweg auf dem Gipfel des Rittisbergs zu einem internationalen Kunstprojekt, das auf Initiative der Vereins Ursprung entstanden ist. Für die Installationen verwenden die Künstler*innen ausschließlich Naturmaterialien, die nach einigen Jahren wieder in die Natur zurückgeführt werden.13
Im Zeitraum von 2014 bis 2022 konnten in der LEADER-Region Ennstal-Ausseerland rund 900.000 Euro an Fördermitteln in Kulturprojekte investiert werden. Besonders zu erwähnen ist auch, dass spezielle Projekte aus dem Bereich Kultur gefördert werden konnten/können, deren Realisierung über allgemeine Kulturförderungen nicht möglich gewesen wäre. Herzlichen Dank dafür im Namen aller Projektträger*innen. Aktuelle Projektideen sind nach wie vor von Vernetzung, Bottom-up, Partizipation, von regionaler Identität, von „global und regional“ sowie von Innovation, von den Besonderheiten der Region und von Einzigartigkeit geprägt. Ein wesentlicher Faktor im Denken von Projekten ist auch der „Mehrwert für die Region“. Wie es der LEADER-Philosophie entspricht, sind die Projekte aus dem Bereich Kultur mit anderen Sektoren wie Natur, Tourismus und Bildung vernetzt und bilden weitreichende Synergien.
Stuart Ian Frost bei der Arbeit an seiner Land-Art-Skulptur namens „Verehrt / Enshrined“ im Sommer 2024 am Rittisberg.
I Foto: Barbara Schiefer
Regionale Wertschöpfung: LEADER als Impulsgeber
Von Beginn an stand bei LEADER (wie schon im Namen erwähnt, siehe Seite 7) die „Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“ im Mittelpunkt. Dies ist bis heute ein zentrales Thema, dem in der regionalen Entwicklungsstrategie im Aktionsfeld „Wertschöpfung“ Rechnung getragen wird. Hier finden Projekte rund um die Regionalwirtschaft und die Themen Wirtschaft, Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe ihren Platz. Ziel war und ist es, regionale Wertschöpfungsketten in Gang zu setzen bzw. zu verstärken, Arbeitsplätze zu schaffen und abzusichern, Kooperationen zwischen unterschiedlichen Sektoren zu stärken und somit eine wichtige Lebensgrundlage für die regionale Bevölkerung zu schaffen. Da sowohl das Ennstal als auch das Ausseerland stark touristisch geprägt sind, war die Geschichte der LEADER-Region Ennstal-Ausseerland von Beginn an eng mit der touristischen Entwicklung der Region verknüpft. In einem Gespräch mit Dir. Georg Bliem (Geschäftsführer Planai-Hochwurzen-Bahnen Gmbh) und Mathias Schattleitner (Geschäftsführer Tourismusverband Schladming-Dachstein) blickten wir auf die Hintergründe, die Entwicklungen und Herausforderungen zurück.
Zur Zeit der Gründung der LEADER-Region 1995 war Georg Bliem als Geschäftsführer des Tourismusverbandes Dachstein-Tauern tätig. Als Proponent zur Gründung des Naturparks Sölktäler (1983) war er mit Ernst Daum (Gründungsobmann der LEADER-Region) eng verbunden und somit auch in die Entstehung der ersten LEADER-Region in den Sölktälern eingebunden.
Tourismus von Beginn an großes Thema Bereits im allerersten Antrag der LEADER-Region „Bergregion Sölktäler“ 1995 wird der Tourismus thematisiert und als „schwach entwickelt und hauptsächlich auf die Sommermonate konzentriert“ beschrieben. Auch wird die fehlende Zusammenarbeit und Kooperation der Tourismusorganisationen und Betriebe kritisiert, ebenso wie die Verkehrsbelastung durch Tagestourismus aus der benachbarten Tourismusregion Dachstein-Tauern. Als Stärken wurden hingegen der intakte Natur- und auch Kulturraum definiert. Hier wurde auch gleich ein Anknüpfungspunkt für eine positive Weiterentwicklung gefunden: Durch den Aufbau von lokalen Kooperationen sollten die Stärken der Region gemeinsam genutzt werden, um am Aufschwung der Dachstein-Tauern-Region zu partizipieren.
Gemeinsam wurde dann mit der Tourismusregion über die Positionierung nachgedacht, erste Formen von Produktinszenierungen (z. B. Themenwege, geführte Wanderungen, Sommerprogramm) und Werbematerialien entstanden. Das Almleben wurde zelebriert – die Sölktäler nahmen in diesem Bereich zur damaligen Zeit eine Vorreiterrolle ein. Mitgeholfen hat hier auch, dass es durch den Naturpark Sölktäler bereits eine Kultur der Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und weiteren Organisationen gab.
Ab dem Jahr 2000 erweiterte sich die LEADER-Region (Aich bis Aigen, siehe auch Seite 4) und weiterhin nahm der Tourismus eine zentrale Rolle ein, mit
BARBARA SCHIEFER
der gewünschten Positionierung als „qualitätsvolle Tourismusregion mit vielfältigen Natur- und Kulturerlebnissen“. Gemeinsam entstanden Tourismus-LEADER-Projekte für eine gemeinsame Markenstrategie der Region oder die Inszenierung von Wassererlebnissen. Nicht alles konnte auch umgesetzt werden – wie etwa das umfassend geplante Projekt der „Sölker Marmorwelten“ mit der (damals als weltgrößte) angedachten Hängebrücke als Verbindung von Klein- und Großsölk.
Vielen wird das LEADER-Projekt „Herbst mit den Bäuerinnen“ noch ein Begriff sein. Dieses bezirksweite Projekt –unter Federführung der damaligen Bezirksbäuerin Marianne Gruber aus Gröbming – hatte die Kooperation von Tourismus, Landwirtschaft, Gastronomie, Wirtschaft und Kultur zum Ziel. Rund um ein Jahresmotto, Alm- und Hoffeste und Aktionstage mit heimischen Produkten bei Partnerwirt*innen standen die Bäuerinnen im Mittelpunkt, was medial und in der Aufmerksamkeit von Einheimischen und Gästen großen Anklang fand. Im Laufe des mehrjährigen Projekts wurden Kochbücher veröffentlicht („Herdgeschichten“, „Lindenblüten“), im regionalen Netzwerk mit dem Naturpark Sölktäler das „Ennstaler Almdiplom“ und das jetzt bereits gut etablierte „Kasfest“ begründet und viele Aktivitäten mit dem Bauernladen Gröbming umgesetzt. Daraus entwickelten sich in weiterer Folge auch wichtige Aktionen rund um den „Ennstaler Steirerkas“, was zum einen zur Anerkennung als „AMA Genussregion Ennstaler Steirerkas“
Das „Gipfelbad“ auf der Riesneralm – ein preisgekröntes LEADER-Tourismusprojekt I Foto: Erwin Petz
und zum anderen nach jahrelanger intensiver Arbeit zur Erreichung des europäischen Herkunftsschutzes „geschützter Ursprung g. U.“ führte (siehe dazu auch ein umfassender Beitrag im DSH 2/2021 und Bezug zur aktuellen Sonderausstellung im Schloss Trautenfels Mensch, Welt und Ding. Eine Region erzählt). Das Projekt „Herbst mit den Bäuerinnen“ wurde außerdem 2014 mit dem Volkskulturpreis des Landes Steiermark ausgezeichnet, da es ein wichtiges Anliegen des Projekts war, die bäuerlichen Traditionen und Bräuche im Jahreslauf hervorzuheben und weiterzugeben – ein weiteres Beispiel für die von LEADER so wertgeschätzte regionale Zusammenarbeit und Vernetzung.
Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten
Auch die Verbindung von Tourismus und Wirtschaft und der Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten war immer schon ein großes Thema: In der
gesamten Steiermark wurden 2006 Mustermodule für den Einsatz von Holzbau umgesetzt – auf der Planneralm entstand die „Holzbox“, die nicht nur den Holzbau im alpinen Gebiet testete, sondern auch einen Impuls für die touristische Weiterentwicklung setzte. Auch auf der Planneralm wurde die komplette Neu-Errichtung der Latschenbrennerei mit LEADER-Fördermitteln unterstützt. Hier stand ebenfalls die Verbindung der Herstellung von besonderen regionalen Latschenkiefer-Produkten mit einem zusätzlichen touristischen Angebot als Ausflugsziel im Mittelpunkt. Die Riesneralm in Donnersbachwald setzte sehr früh auf die Entwicklung von eigenen Ideen für LEADER-Projekte. So entstand das „Bergerlebnis Riesneralm“ mit unterschiedlichsten Attraktionen vom Gipfelbad über den TierHOLZpark bis hin zum Kegelstadl. Durch diese Projekte und dem daraus resultierenden Publikumszuspruch konnten der Sommerbetrieb der Seilbahnen abgesichert und Ganzjahresarbeitsplätze geschaffen werden. Mit den speziellen Angeboten erzielte die Riesneralm regelmäßig Auszeichnungen und Preise und auch die wichtige mediale Aufmerksamkeit. Und nicht nur das Seilbahnunternehmen profitiert vom Erfolg, sondern auch Vermieter*innen, Handels- und Gastronomiebetriebe in der Umgebung und die ganze Region durch ein attraktives Angebot. Die Riesneralm sei hier als Beispiel für viele weitere Projekte genannt – auch viele weitere Seilbahn-Unternehmen im Ennstal und Ausseerland, zwischen Reiteralm und Loser, erhielten über LEADER-Projekte einen Anschub. Völlig neue Angebote entstanden durch innovative Menschen und deren Ideen: Das „Ennsflusswandern“ des Unternehmers Helmut Knauss
(ausgezeichnet mit dem Preis „Wasserland Steiermark“) verbindet durch die Enns Sehenswürdigkeiten, Ausflugsziele und Beherbergungsbetriebe in der Region und nützt die Besonderheit der Enns, die ab Mandling einen etwa 90 Kilometer langen Abschnitt bis zum Gesäuseeingang aufweist, der frei von Kraftwerken und Wehren ist. Eine im Alpenraum einzigartige Gegebenheit! Für die Umsetzung der Einstiegsstellen und Tourenplanung wurde mit den Partner*innen aus den Bereichen Naturschutz und Fischerei sowie den Grundbesitzer*innen eng zusammengearbeitet.
Im Ausseerland entstand die Kooperation „Selektion Ausseerland-Salzkammergut“. Sie verbindet außergewöhnliche Betriebe mit hervorragenden Produkten und Dienstleistungen aus der Mitte Österreichs und damit wiederum die Themen Tourismus, Wirtschaft, Handwerk, Kulinarik und Kultur. Dorfläden und Bauernläden bereichern ebenso das kulinarische und gastronomische Angebot der Region und sind zudem wichtig für die Belebung von Ortszentren. Auch hier konnte LEADER die Umsetzung großartiger Projekte unterstützen – unter anderem in Ramsau am Dachstein, Irdning oder Bad Mitterndorf.
Produktentwicklung und Inszenierung
Für die Förderperiode 2007–2013 und die Erweiterung auf eine noch größere LEADER-Region spielte wieder der Tourismus eine zentrale Rolle. Hier fand die Veränderung in der Tourismusstruktur durch die Gründung der Schladming Dachstein Tourismusmarketing GmbH 2007 ihren Niederschlag. Durch die strukturelle Bündelung im Rahmen des Tourismusregionalverbandes Dachstein Tauern und dem damit verbundenen großen Potenzial
eines gemeinsamen Regionsauftrittes wurde die LEADER-Region um die Gemeinden Haus, Pichl-Preunegg, Ramsau am Dachstein, Rohrmoos, Schladming, Stainach, Wörschach, Lassing und Weißenbach bei Liezen erweitert. Mathias Schattleitner verstärkt den LEADER-Vorstand seit 2013, als er die Geschäftsführung der Tourismusregion übernahm. Die touristische Entwicklung der Region wurde zu dieser Zeit hauptsächlich von den Aktivitäten rund um die Alpine Schi-WM 2013 beeinflusst. Viele Investitionen im Seilbahnbereich, der Infrastruktur, aber auch bei Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben lieferten den Startschuss für eine wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung. Auch die Digitalisierung hielt Einzug im Tourismus und in den LEADER-Projekten. Schon 2013 wurde hier eine digitale 3D-Regionskarte etabliert. Der Tourismusverband Schladming-Dachstein übernahm auch selbst die Rolle des Projektträgers von LEADER-Projekten, um wichtige Themen voranzutreiben. So wurden mit „Bewegung in der Region“ schon vor 10 Jahren neue Trends wie Trail-Running oder Bike & Hike aufgegriffen und dazu Touren und Leitsysteme erarbeitet. Bereits 2018 wurde ein Projekt zum „Employer Marketing“ gestartet, wo sich die Region insgesamt als attraktiver Arbeitgeber für Fachkräfte im Tourismus präsentiert. Heute eine Selbstverständlichkeit – doch damals war dieses Werben um Mitarbeitende (nicht nur um Gäste) noch wenig bekannt und schon gar nicht üblich. Mit Unterstützung von LEADER konnte auch hier ein Startschuss gesetzt und anfängliche Skepsis überwunden werden. Mit dem Projekt „Regionale Lebensmittel – aus der Region, für die Region“ wurden die Verbindungen zwischen bäuerlichen Produzent*innen und den Gastronomieund Beherbergungsbetrieben der Region
gestärkt, die „Schladming-Dachstein Genusspartner“ entstanden. Und auch das Thema der Besucher*innenlenkung wurde auf vielfältige Weise – analog und digital – innovativ weiterentwickelt und konzipiert. Dazu passt auch das LEADER-Projekt „SummitLynx“, wo ein junges Schladminger Unternehmen eine App als digitales Tourenbuch und zum Sammeln von Wandernadeln entwickelt hat. Mit der App am Handy ist es möglich, weltweit die eigenen Wanderungen Wanderungen zu dokumentieren, zu speichern und zu teilen. SummitLynx enthält knapp 600.000 alpine Ziele weltweit und das Sammeln von Wandernadeln ist in vielen Regionen Österreichs, Deutschlands und Süditrols möglich. Außerdem verfügt die Anwendung über ein innovatives Notruf- und Sicherheitssystem. Im Ausseerland entstanden unter dem gemeinsamen Titel „Region in Bewegung“ zahlreiche Projekte wie Klettersteige am Loser und auf der Tauplitz, die Beschilderung von Wanderwegen, der Barfußpark in Bad Mitterndorf oder die Aussichtswarte am Tressenstein. Die größte Veränderung im Tourismus in den letzten 30 Jahren war laut Bliem und Schattleitner die Notwendigkeit der „Produktinszenierung“ unter dem Motto „Wo nichts ist, ist nichts“. Durch eine Hängebrücke wird ein Wasserfall zum Ausflugsziel, durch eine Aussichtsplattform der Panoramablick gelenkt und durch eine durchdachte Inszenierung den Menschen die Natur spielerisch nähergebracht. Mit vielen LEADER-Projekten in unserer Region konnten neue Produkte und Angebote für Einheimische und Gäste gestaltet werden, vor allem für den Sommertourismus. LEADER – und die damit verbundene Anschubfinanzierung für Projekte – darf hier durchaus als Motor der Regional- und Tourismusentwicklung bezeichnet werden und als Chance, Themen auszuloten und
vorauszudenken. Durch LEADER wurde auch bei Gemeinden und regionalen Partner*innen eine Kultur der Zusammenarbeit entwickelt und das regionale Denken in den Mittelpunkt gestellt, was auch für die Tourismusorganisationen von großem Wert ist. Auch die Bildung von regionalen Wertschöpfungsketten und die Verbindung von Tourismus mit Wirtschaft, Naturschutz, Handwerk und Kultur ist ein entscheidender Faktor für die gesamte Region. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es entscheidend, weiterhin an der Profilierung und der stetigen Entwicklung zu einer hochwertigen Region zu arbeiten. Abschließend zum Thema „Tourismus und Regionalentwicklung“ noch zwei Denkanstöße:
Georg Bliem: „Unsere Gäste sind Sommerfrischler, sie lieben die Gemütlichkeit, wollen die Natur erleben und das Panorama genießen. Für die Zukunft ist es wichtig, den Menschen weiter die Natur näherzubringen und auch zu erklären, bei der Bewusstseinsbildung kann LEADER sehr gut unterstützen. Ernst Daum war ein Macher, er hat Aufbruchsstimmung erzeugt – diesen Mut zu Entscheidungen und zur Veränderung brauchen wir auch heute!“
Mathias Schattleitner: „LEADER war und ist für uns Support und Anschub für zusätzliche Themen und Projekte, die sonst nicht machbar wären. Bei LEADER-Projekten ist immer die Besonderheit wichtig, der Pioniergeist. Und es hängt immer an den Menschen, an den handelnden Personen, ob Projekte und Entwicklungen gelingen.“
Quellen:
Interview mit Dir. Georg Bliem und Mag. (FH) Mathias Schattleitner am 18. Juni 2025 in Schladming
Der Dorfladen in Ramsau am Dachstein: kulinarischer Nahversorger & sozialer Treffpunkt I Foto: Pur Styria
Regionale Lebensmittel im Tourismus – aus der Region, für die Region. I Foto: Schladming-Dachstein
LEADER-Projekte und Kooperationen mit Raumberg-Gumpenstein
BIO-Gartenbau mit dem sozialen Etwas! Jungpflanzenaufzucht und Gemüseanbau am Feld Im Mai 2001 wurde eine einzigartige Kooperation per Handschlag mit der damaligen BAL Gumpenstein, heute HBLFA Raumberg-Gumpenstein, und der Lebenshilfe Ennstal initiiert. Gemüseanbau hatte in Gumpenstein ursprünglich Tradition. In den 1950er- und 60er-Jahren wurden auf einem 4 Hektar großen Areal Gemüse und Sonderkulturen angebaut, die Produktion von Feldgemüse mechanisiert bzw. zu Erdbeersorten mit Folien geforscht, später aber in die Gunstlagen an die Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt Schönbrunn verlagert. Auf dem für die Lebenshilfe Ennstal zur Verfügung gestellten Acker von 300 m2 begann der naturnahe Gemüseanbau. Im Laufe der Jahre wurde die Fläche auf ca. 1.200 m2 erweitert und ein Folientunnel für die erste Anzucht von Jungpflanzen gebaut, der im Jahr 2009 durch ein Folienhaus mit Lüftung, jedoch ohne Heizung, ersetzt wurde. In den folgenden Jahren entwickelte sich
der Anbau von Gemüsejungpflanzen immer professioneller.
Der Verkauf der Jungpflanzen hat sich in der Region herumgesprochen, sodass der Gartenbau der Lebenshilfe nun ein wichtiger Anlaufpunkt für Gartenbegeisterte im Ennstal geworden ist und über einen großen Kund*innenstamm verfügt. Einige Kund*innen kommen sogar aus der Ramsau und von Oberösterreich – aufgrund der hohen Auswahl und Qualität der Pflanzen.
Altes Handwerk neu und professionell ausgerichtet
Das „alte Handwerk“ können sich die großen Gärtnereien nicht mehr leisten. Viele Pflanzen aus Großbetrieben haben Probleme mit den klimatischen Bedingungen und den fehlenden leicht verfügbaren Nährstoffen, wenn sie aus den geschlossenen Gewächshaussystemen kommen. Jungpflanzen, die traditionell angebaut werden, haben diese Probleme nicht. Seit 2016 ist die Jungpflanzen- und Gemüseproduktion der Lebenshilfe Ennstal bio-zertifiziert
und seit 2024 werden jene Pflanzen, die für diese Region typisch sind (z. B. Kohlsorten, Kraut, Salate und diverse kälteunempfindliche Kulturen) mit dem EU-gültigen Pflanzenpass für Blumengeschäfte und Gärtnereien ausgezeichnet. Beim Jungpflanzenverkauf sehen die Kund*innen die wertvolle Arbeit von Menschen mit Beeinträchtigung und können die Motivation, im Grünen zu arbeiten, und die Geduld besonders beim Pikieren, Eintopfen und Unkrautjäten miterleben. Die Mitarbeiter*innen mit Bedürfnissen freuen sich sehr über die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung, welche ihnen entgegengebracht wird. Viele Initiativen mit (inter)nationalen Partnerschaften konnten durch dieses einzigartige Projekt mittlerweile umgesetzt werden.
Projekt „Ennstaler Freilandtomate“ Seit ein paar Jahren setzt der Gartenbau der Lebenshilfe einen Schwerpunkt auf die Kultivierung verschiedener Tomatensorten. Für das LEADER-Projekt zur Züchtung einer „Ennstaler Freilandtomate“
BIRGIT ECKER, RENATE MAYER, CHRISTOPH GAHBAUER
Das Gartenbauteam der Lebenshilfe Ennstal vor dem Tomatenanbaufeld I Foto: Christoph Gahbauer
stellte die HBLFA Raumberg-Gumpenstein einen 300 m2 großen Acker zur Verfügung. Das Forschungsareal bietet die besten Voraussetzungen für diese Initiative mit regionalen Kooperationspartner*innen. Rankgestelle aus Lärchenpfosten von der Fa. Bergholz in Admont bildeten die Basis für die Aufzucht. Mit Unterstützung der Bauernparadeisgruppe der Arche Noah fand man die Eltern der zukünftigen Ennstaler Freilandtomate und die Züchtung durch Kreuzung zweier Sorten konnte beginnen. Natürlich wurde mehr als eine Tomate gekreuzt und somit können in Zukunft mehr als zwei Tomatensorten auf den Markt kommen, die besonders an die vor Ort herrschenden Wetterbedingungen angepasst sind und im Freiland neben Geschmack durch Widerstandsfähigkeit und schnelles Wachstum überzeugen können. Die Zucht einer Tomate dauert in der Regel 6 bis 8 Jahre. Derzeit sind als Jungpflanzen auch Versuchstomaten bei uns erhältlich, die immer noch weiterentwickelt werden und noch keine festen Sorten sind. Workshops wie „Die richtige Kreuzung von Tomaten“, „Eigene Saatgutgewinnung“ oder „Mit leckeren Tomatenrezepten lukullische Köstlichkeiten zaubern“ lockten die interessierte Bevölkerung und Schulklassen sowie die Kinderakademie Rottenmann bereits in das Gartenparadies.
Projekt Bauern- und Heilkräutergarten
Der Heil- und Bauerngarten am Gelände der HBLFA Raumberg-Gumpenstein ist
eine weitere Initiative für barrierefreies Gärtnern. Das Gartenbauteam der Lebenshilfe entwickelte und testete zwei verschiedene Hochbeete auf ihre Rollstuhltauglichkeit. Die unterfahrbaren Hochbeete baute die Fa. Hoizzeit nach eigenen Entwürfen. Im Heil- und Bauerngarten sind noch viele regionale Heil- und Bauerngartenpflanzen zu sehen, die neben dem Gemüse in der eigenen Gastro-Küche im Haus der Inklusion in Liezen für die „Mittagsteller“ in den Schulen, Kindergärten, Werkstätten und Wohnhäusern der Lebenshilfe und auch von regionalen Firmen und Privatpersonen oder Caterings angeboten werden. Kräuterführungen werden angeboten, um das Wissen über in Vergessenheit geratene Pflanzen neu zu entdecken – inklusive Beschriftung und Information zu den Pflanzen über deren Standortansprüche, ihre richtige Verarbeitung und Verwendung. „Mit diesem Projekt wenden wir uns ganz besonders an Kindergärten und Schulen, um ein neues und nachhaltiges Bewusstsein für die Heilkraft der Natur zu entwickeln. Wir freuen uns sehr, dass unsere Arbeit durch die Leader-Region Ennstal-Ausseerland gefördert wird“, so die Gartenbauler*innen.
Projekt Saatgutvermehrung im Ennstal und Ausseerland Alte, lokale Gemüse- und Kräutersorten geraten in Vergessenheit, besonders wenn alte Bauerngärten aufgegeben werden. Speziell die Vermehrung von typischen Gemüse-, Blumen- und Kräu-
tersorten in den meisten bäuerlichen Hausgärten war eine traditionelle Praxis und es entwickelten sich robuste Sorten, die besonders an die Höhenlagen, die Böden und das regionale Klima (große Wetterschwankungen im Frühjahr und Spätfröste bis in den Mai) angepasst sind. Die unterschiedlichsten Samen wurden getauscht und weitergegeben und so verbreitet. Ein kleines Projekt vom Naturpark Sölktäler brachte Personen und Institutionen wie den Gartenbau der Lebenshilfe Ennstal zusammen, um im Ennstal und Salzkammergut über alte, robuste Sorten in den Gärten zu sprechen und diese für den Erhalt regionaler Gemüsepflanzen weiter zu züchten. Aus dieser Initiative bildeten sich Gartentage und -stammtische, die weitergeführt werden. Mit dem Elternverein der Volksschule Irdning wurden die ersten Pflanzentauschbörsen mit Garten-Café beim ehemaligen Gasthaus zur Traube in Irdning initiiert. Es steht besonders der Austausch mit Gartenliebhaber*innen im Vordergrund, Raritäten werden angeboten und für die Kinder gibt es genügend Platz zum Spielen.
Forschungs- und Bildungskooperationen
Mit regionalen Kindergärten und Schulen konnten in den letzten Jahren einige Projekte mit regionalen Betrieben umgesetzt werden. Die „Biolandwirtschaft Ennstal“ ermöglichte den Bau von Hochbeeten in vielen Kindergärten im Bezirk, die dann von Mitarbeiter*innen des Gartenbauteams gemeinsam mit
Ennstaler Freilandtomate auf der Versuchsfläche in Raumberg-Gumpenstein
I Foto: Lebenshilfe Ennstal
Kreuzung von Tomatenpflanzen im Folienhaus
I Foto: HBLFA Raumberg-Gumpenstein
Frisch geerntete Tomatenraritäten I Foto: Lebenshilfe Ennstal
Kennzeichnung von Tomatenpflanzen I Foto: Lebenshilfe Ennstal
Rollstuhlmodell Christoph beim barrierefreien
Hochbeet I Foto: Christoph Gahbauer
Rollstuhlgerechtes Hochbeet
I Foto: Lebenshilfe Ennstal
Samengewinnung aus Tomatenpflanzen
I Foto: Lebenshilfe Ennstal
den Kindern als Gemüsebeet bepflanzt wurden. Am häufigsten war das kreative und einsatzerprobte Team rund um Birgit Ecker zu Besuch im Gemeindekindergarten und in der Volksschule Irdning. Als Kinderferienprogramm konnten auch Forscherwochen umgesetzt werden. Dabei produzierten die Jungforscher*innen Pechsalben und nach dem Motto „sam -
Bauern- und Heilkräutergarten
I Foto: Christoph Gahbauer
meln, produzieren und konsumieren“ konnten aus gepflückten Wildkräutern grüne Nudeln hergestellt und zum Mittagessen serviert werden.
Gartentag im Schloss Großsölk und offene Besucher*innen-Türen in Raumberg-Gumpenstein Neben den bereits genannten Kooperationen ist auch die enge mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Naturpark Sölktäler hervorzuheben. Beim jährlichen Gartentag im Schloss Großsölk verkauft das Gartenbauteam der Lebenshilfe Ennstal seit vielen Jahren Jungpflanzen. Die Mitarbeiter*innen vom Gartenbau Ennstal freuen sich stets über einen Besuch.
Quellen:
Eker, B., Mayer, R., Plank, C., Plank., B., Schweiger, T., Keiblinger, S., Zainer, I., 2016: Naturnahes Gartl’n Anleitung für den Hausgarten, Eigenverlag, ISBN 13:978-3902849-38-0 https://www.agroinclusion.eu, Good Practices Book Erasmus+ Agroinclusion: GOOD PRACTICES BOOK AGROINCLUSION PROJECT. pdf - Google Drive
Saatgutvermehrung im Ennstal und Ausseerland - Netzwerk Zukunftsraum Land
Perspektivenwechsel – Barrierefrei Natur erleben
Pflanzentauschbörse im Jahr 2016 I Foto: Lebenshilfe Ennstal
30 Jahre LEADER – ein Resümee
Bgm. ÖR Herbert Gugganig
Obmann der LEADER-Region seit 2020
30 Jahre LEADER in aller Kürze zusammenzufassen, ist nicht einfach. Immerhin waren es in 3 Jahrzehnten sage und schreibe 300 Projekte, die umgesetzt wurden, und damit rund 15 Millionen Euro Fördergelder von EU, Bund und Land Steiermark, die in das Ennstal und Ausseerland geflossen sind. Damit wurden Investitionen in doppelter bis dreifacher Höhe ausgelöst und auch viele weitere Projekte angestoßen. Große Zahlen und hohe Summen, hinter denen aber viele einzelne engagierte Menschen, Gemeinden und Organisationen stehen. Die Gemeinden sind unsere Basis, die Grundlage des Vereins, ohne sie gäbe es keine LEADER-Region. Und ohne Projektträger*innen gäbe es keine Projekte – daher gebührt ihnen ein großes Dankeschön für die innovativen Ideen, für den Mut, etwas anzugehen, für den tatkräftigen Einsatz und auch für die Geduld, wenn die Wege der Bürokratie einmal länger gedauert haben.
LEADER spielt sich in einem Spannungsfeld ab zwischen ganz neuen innovativen Ideen, viel Kreativität und Engagement einerseits und den Richtlinien und Vorgaben eines Förderprogramms andererseits. Hier das richtige Maß zu finden und alle Vorschriften gemeinsam mit den Menschen so gut als möglich einzuhalten, ist eine große Herausforderung, der wir uns täglich stellen. Es ist ebenso eine große Aufgabe und Verantwortung für die Damen und Herren, die in unserem Vorstand bzw. Projektauswahlgremium mitwirken, möglichst kompetent und gerecht über die eingereichten Projekte zu entscheiden. Danke an alle, die für unsere Region mitarbeiten und dies in den letzten drei Jahrzehnten getan haben.
Bgm. Reg.-Rat Friedrich Zefferer
Obmann-Stellvertreter, im Vorstand der LEADER-Region seit 2006
Dass der Europäischen Union der ländliche Raum besonders wichtig war und ist, kommt durch das „Europäische Programm“ LEADER in Zusammenarbeit mit den Bundesstaaten und Bundesländern besonders zum Ausdruck. Seit 30 Jahren wird der ländliche Raum in den unterschiedlichsten Formen gefördert. In unserer LEADER-Region Ennstal-Ausseerland konnten dadurch insbesondere touristische, landwirtschaftliche, kulturelle und umwelttechnische „Vorzeigeprojekte“ umgesetzt werden. Als langjähriger Obmann-Stellvertreter begrüße ich vor allem die Entscheidungskompetenz des regionalen Projektauswahlgremiums bei der Fördervergabe der eingebrachten Projektideen. Ich hoffe, dass diese tolle Einrichtung weiterhin im Sinne der Stärkung des ländlichen Raumes bestehen bleibt.
Albert Holzinger Obmann der LEADER-Region von 2012-2020
Meine Erinnerungen über LEADER beginnen mit der Gründung der Bergregion Sölktäler, wo ich als Vizebürgermeister der ehemaligen Gemeinde Großsölk
bereits aktiv im Gremium vertreten war. Das erste Projekt war die Revitalisierung des von der Gemeinde Großsölk von der Diözese Graz-Seckau auf 40 Jahre angemieteten Pfarrhofes, der zum Naturparkhaus umfunktioniert wurde. Die LEADER-Region Ennstal-Ausseerland hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, in der mit der Umsetzung von Hunderten kleineren und größeren Projekten viele Millionen Euro in die Region flossen. Das konstruktive und harmonische Miteinander des Vorstandes mit der Geschäftsführung ist ein großer Erfolgsfaktor. Mit Freude blicke ich gerne zurück und bin dankbar, dass ich auch als Obmann etliche Jahre mitwirken durfte.
Wenn es die Leader-Region Ennstal-Ausseerland noch nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Es ist erstaunlich und erfreulich, welch innovativer Geist in den Menschen der Region vorhanden ist. Ich wünsche den Verantwortlichen für die künftigen Aufgaben alles Gute und den Projektträgern viel Erfolg bei der Umsetzung ihrer Ideen.
ÖR Franz Titschenbacher Obmann der LEADER-Region von 2007-2012
30 Jahre LEADER-Region Ennstal-Ausseerland sind 30 Jahre gemeinsame „Basis“-Arbeit, Zukunftsentwicklung und regionale Verankerung. LEADER ist Fundament, Drehscheibe und Leuchtturm gleichermaßen:
• Fundament für Zusammenwirken und Vernetzen von Landwirtschaft, Gewerbe und Tourismus
• Drehscheibe für die Gemeinden und die Entwicklung in unserer Region
• Leuchtturm für Bildung und Kultur, Innovationsgeist und aktive Zukunftsgestaltung!
Herzliche Gratulation zum Jubiläum und weiterhin viel Freude und gemeinsame Energie in der großen „Leader-Familie“.
Bgm. DI Hermann Trinker LEADER-Manager von 2001 bis 2008
Das Besondere bei LEADER ist, dass sich hier Menschen zusammenfinden, um Positives für die Region, für ihre Heimat zu schaffen. Ein gemeinsames Arbeiten und Entwickeln, ohne Befindlichkeiten, ohne Parteipolitik, ohne Kirchturmdenken! In besonders guter Erinnerung ist mir Bgm. Ernst Daum, der die vielen Gemeinsamkeiten der Berggemeinden im Alpenraum und die Chancen der EU-LEADER-Gemeinschaft erkannt und genutzt hat. Besonders erfreulich sind auch die vielen Projekte, die auch heute noch gut funktionieren und das regionale Miteinander stärken. Ob es um den Erhalt kultureller Besonderheiten, die Förderung lokaler Wirtschaftskreisläufe oder nachhaltige Tourismusinitiativen geht – sie alle zeigen, was möglich ist, wenn Menschen über Gemeindegrenzen hinweg an einem Strang ziehen. LEADER hat nicht nur Ideen ermöglicht, sondern vor allem Vertrauen geschaffen – in die Kraft der Gemeinschaft, in regionale Identität und in die Zukunft unserer ländlichen Räume!
LEADER:
Woher es kam und was es noch kann
Wir erleben und gestalten zurzeit LEADER in seiner sechsten Auflage. Genauer gesagt, wir in Österreich haben mit unserem EU-Beitritt 1995 mit der zweiten begonnen. Doch woher kam es und was waren seine Entstehungsbedingungen? Was hat es so besonders gemacht? Wieso gibt es LEADER heute noch und wie viel Kraft ist noch drin? Ist darin etwas geborgen (oder verborgen?), das wir in weiterer Zukunft noch sehr gut brauchen können?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich das LEADER-Traktat, das ich vor über einem Jahr auf Englisch veröffentlicht habe (die deutsche Version wird noch 2025 vorliegen). Was lässt sich in groben Zügen daraus lesen?
LEADER entsprang einer historisch einmaligen Konstellation in der europäischen Kohäsionspolitik. Immerhin hat es den Wandel von einer experimentellen Initiative zu einer Institution geschafft und sich unter vielerlei und vor allem wechselhaften Rahmenbedingungen bewährt.
Der Blick in die Geschichte zeigt, dass LEADER das Produkt eines intensiven Austausches war zwischen höchst engagierten Leuten in der Generaldirektion,
Beschäftigung und soziale Inklusion der Europäischen Kommission und externen Expert*innen, die teils in Beziehung mit anderen Institutionen wie der OECD (Organization for Economic Cooperation and Development), teils mit Universitäten und beruflichen Fortbildungsstätten standen. Die entscheidenden Impulse kamen von Praktiker*innen der lokalen Entwicklungsarbeit.
LEADER I wurde 1991 als „Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen“ von der Europäischen Kommission ausgeschrieben. Adressaten waren damals Entwicklungsgruppen in benachteiligten ländlichen Regionen. Die formalen Voraussetzungen waren damals denkbar gering. Gefordert waren lediglich Geschäftspläne für partizipative und sektorübergreifende Aktionen, die einen Unterschied in der Entwicklung der Kleinregion machen sollten.
Die wesentlichen Eckpfeiler des LEADER-Ansatzes waren bereits in den Achtzigerjahren in kleinen Förderprogrammen für besonders gefährdete Regionen erprobt worden, vor allem im Mittelmeerraum, aber auch in den alten Industrie-, Bergbau- und Textilregionen der 1973 beigetretenen Länder Ukraine und Irland. Nicht zuletzt daher
kommt der wesentliche methodische Beitrag britischer und französischer Expert*innen. Nicht wenige von ihnen arbeiteten mit Konzepten, die sie in ihrer Berufspraxis im globalen Süden kennen und schätzen gelernt haben. Der Erfolg von LEADER I rief die Mitgliedsländer auf den Plan. Sie wollten LEADER in die Programmlogik der Strukturfonds eingebaut wissen. Was auch geschah. LEADER wurde zu einer „Gemeinschaftsinitiative“ der DG Agri (Directorate-General for Agriculture and Rural Development) und an die ländliche Strukturförderung gebunden. Bis heute sind aus den 217 Lokalen Aktionsgruppen (LAGs) von LEADER I deutlich über 3.000 geworden. Sie verteilen sich über alle ländlichen (seit 2000), Küsten- (seit 2007) und städtischen (seit 2014) Regionen Europas. Die Entwicklung verlief keineswegs linear und harmonisch. Es gab einige Klippen in der Geschichte, an denen LEADER fast zerschellt wäre. Die wohl gefährlichste war jene nach der Jahrhundertwende, im Übergang von der Gemeinschaftsinitiative zu einer Maßnahme der Fonds für ländliche Entwicklung, denn LEADER hatte viele Gegner im Agrarsektor. Doch stärkte
die Evaluierung von LEADER II die Argumente der LEADER-Befürworter*innen. So stand der Umwandlung der Gemeinschaftsinitiative in eine Maßnahme des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) ab 2007 nichts mehr im Wege. Hingegen schien das neue Korsett die wirkungsmächtigen LEADER-Prinzipien zu unterminieren. Immerhin ist ELER ein Instrument der Agrarpolitik, dient also vor allem den Zielen des Landwirtschaftssektors. Die LEADER-Prinzipien der Multisektoralität, der Gebietsbezogenheit drohten verwässert zu werden, von Bottom-up und Innovation gar nicht zu reden. Schließlich brachte die Transformation von LEADER in CLLD (Community-Led Local Development) ab 2014 den Durchbruch: So wie LEADER einst gedacht war, stand es nun schwarz auf weiß in der entsprechenden allgemeinen Rahmenverordnung der EU-Strukturfonds, und die ist nicht sektoral orientiert, sondern stellt ein bedeutsames Zahnrad im Betriebssystem der europäischen Kohäsionspolitik dar. Die Institutionalisierung von LEADER/ CLLD war hiermit vollzogen. Wer hat sich in den kritischen Phasen besonders dafür eingesetzt hat? Wieder spielten Vernetzung und Dialog die Hauptrolle, und zwar zwischen Beamt*innen der Europäischen Kommission, der inzwischen herangereiften LEADER-Community, die auf den Erfahrungsschatz der Akteur*innen der nationalen und regionalen Netzwerke, nationaler Verwaltungsbehörden, der lokalen Aktionsgruppen und externen Expert*innen zurückgreifen konnte. Anhand zahlreicher Biografien lässt sich zeigen, dass einzelne Akteur*innen zwischen diesen Feldern hin und her wechselten, und wie wichtig dabei der durch die Neubesetzung von Posten bedingte horizontale Know-howTransfer innerhalb der Europäischen Kommission war (vor allem zwischen den Generaldirektionen, die für Landwirtschaft, Fischerei und Strukturpolitik zuständig sind).
Gegenwärtig ist infolge großer geopolitischer Umwälzungen und technologischer Sprünge ein Ende der europäischen Strukturpolitik, wie wir sie seit den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts gekannt haben, absehbar. Die territoriale, also regionalpolitische Dimension der Entwicklung spielt nur
mehr eine untergeordnete Rolle im politischen Diskurs, „obwohl“ (nein – zumindest unter anderem: weil) sich das Staccato nationalistischer Marschtöne immer vernehmbarer in den symphonischen Klang europäischer Kohäsionspolitik mischt.
Es ist verständlich, dass Themen wie innere und äußere Sicherheit, globale Migration und Handelspolitik nicht direkt mit territorialer Entwicklung innerhalb der Union in Zusammenhang gebracht werden, weniger verständlich ist aber, dass Themen wie Klimawandel, Umwelt, Demografie, Ernährung und Gesundheit nicht unmittelbar und deutlich als Themen territorialer Entwicklung erkannt und operationalisiert werden.
Denn da liegt der Schatz, den LEADER für uns noch bereithält: Als ausgereiftes Konzept territorialer Entwicklung (das sich in unglaublicher Vielfalt in der Union ausgemendelt hat!) vermag es weit mehr, als neue touristische Angebote und Begegnungsstätten zwischen Jung und Alt zu fördern. Es ist auch bestens geeignet, sich mit ganzer Kraft den erwähnten Themen zu widmen: Nicht nur lokale Impulse zu setzen (was in großer Zahl und Qualität bereits passiert), sondern als demokratische Instrumente zu dienen, die Bildung lokaler „Pakte“ zu befördern, in denen sich die lokalen Akteur*innen verpflichten, Beiträge zu liefern in Bezug auf Klimagerechtigkeit, Inklusion und Integration, Qualifizierung (nicht nur digitaler Art), Renaturierung, lokale Kreislaufwirtschaft und andere brennende Themen der Gegenwart. Regionale und europäische Kooperationen und Netzwerke werden dabei noch stärker zur Geltung kommen, da es in all diesen Bereichen auch darum geht, kritische Größen zu beachten. Ja, LEADER als Philosophie, Konzept und Methode birgt noch so einiges und es hat mit unser aller Zukunft zu tun. Entbergen wir es.
Zum Autor:
Robert Lukesch (geb. 1955), Studium Landwirtschaft, Soziologie und Politikwissenschaften. Seit 1989 Berater der ÖAR (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Eigenständige Regionalentwicklung), ab 1995 im nationalen und europäischen LEADER-Netzwerk tätig, lebt auf einem kleinen Biobauernhof im steirischen Vulkanland.
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Jubiläumsfest 30 Jahre LEADER-Region
Ein festlicher Jubiläumsabend „30 Jahre LEADER“
Mit einem großen Jubiläumsfest im Schloss Pichlarn feierte die LEADER-Region Ennstal-Ausseerland Ende Juni ihr 30-jähriges Bestehen. Mehr als 150 Gäste – Bürgermeister*innen der Region, Behörden- und Medienvertreter*innen, Partnerorganisationen, aber vor allem viele Projektträger*innen –waren gekommen, um auf die Erfolge zurückzublicken.
„Im Mittelpunkt des LEADER-Gedankens stehen die Menschen in den Gemeinden. Sie haben innovative Ideen und setzen Projekte zum Wohle der Region um“, stellte Obmann Bgm. Herbert Gugganig den Dank an die Projektträger*innen und die Gemeinden als Basis der LEADER-Region in den Vordergrund. Geschäftsführerin Barbara Schiefer moderierte den Festabend und holte Menschen vor den Vorhang: Franz Frosch (ehemaliger Bürgermeister von Bad Aussee) wurde für seine langjährige Arbeit als Obmann-Stellvertreter gedankt. Ihm folgt in der Funktion der neue Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad Aussee, Thomas Schönauer, nach. Ewald Gabardi aus Haus im Ennstal wurde für seine intensive Mitarbeit am regionalen Online-Lexikon „Ennstal Wiki“ ausgezeichnet. Er hat im Laufe der letzten 10 Jahre nahezu 60.000 eigene Fotos in das Online-Lexikon hochgeladen. Vorgestellt wurden auch die jüngsten Projektträger*innen Johanna und Florian Lämmerer, die das LEADER-Projekt „Bauernladen im Mesnerhaus Irdning“ präsentierten, das Anfang Juli Eröffnung feierte.
Im letzten Jahr entstand auch ein Jubiläumsfilm zu „30 Jahre LEADER-Region“, der beim Festabend erstmalig gezeigt wurde. Der Ausseer Filmemacher Daniel Bernhardt zeichnete dabei anhand von Menschen und ihren Projektgeschichten die Entwicklung der LEADER-Region nach. Eine bunte Bilder-Ausstellung gab Einblick in 60 verschiedene Projekte, darunter auch einige, die mit Preisen ausgezeichnet wurden. Der feierliche Abend fand seinen Ausklang bei Musik, Kulinarik und vielen Gesprächen der Festgäste.
Ausblick „Lange Nacht der Museen“ Schloss Trautenfels, 4.10.2025, 18.00 bis 24.00 Uhr Im Rahmen der Langen Nacht der Museen wird es einen Programmschwerpunkt zum Thema „30 Jahre LEADER“ geben. Der Jubiläumsfilm und weitere Projektvorstellungen werden im Seminarraum von Barbara Schiefer präsentiert.
Weitere Programmpunkte stehen im Zeichen der Sonderausstellungen Mensch, Welt und Ding sowie Signal vom Dachstein
Obmann Bgm. Herbert Gugganig mit dem LEADER-Team Brigitte Schierhuber (links) und Barbara Schiefer (rechts)
Führungsteam der LEADER-Region Ennstal-Ausseerland: v.l.n.r.: Brigitte Schierhuber, Obmann-Stv. Bgm. Thomas Schönauer (Bad Aussee), Obmann Bgm. Herbert Gugganig (Irdning-Donnersbachtal), Obmann-Stv. Bgm. Fritz Zefferer (Mitterberg-St. Martin), Geschäftsführerin Barbara Schiefer