style in progress 2/2017 – Deutsche Ausgabe

Page 119

SO LÄUFT’S 115 NACHFOLGE DER NEUE DREH

Phil Petter Es braucht Idealismus Corinna und Kurt Petter haben Phil Petter 1973 gegründet, seit 1999 ist Tochter Anja Grabherr-Petter mit im Unternehmen. Gemeinsam haben sie für ihre Strickkollektion früh auf Werte gesetzt, die heute USP sind: Spezialistentum und Made in Austria. Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Phil Petter

Wäre Phil Petter ein Orchester, die Pauke wäre arbeitslos. Gründer Kurt Petter ist ein Meister der leisen Töne, auch seine Frau Corinna hat die große Bühne nie gesucht. Quirliger schon die Tochter Anja Grabherr-Petter, aber auch sie hat verinnerlicht, dass des Dirigenten Bravour von der Bestleistung aller abhängt. Diesem Selbstverständnis folgt so vieles in der Firma und die Fokussiertheit spiegelt sich auch in strategischen Fragen wieder: „In den frühen 2000er-Jahren, als alle ihre Produktionen verlagert und ihre Kollektionen vergrößert haben, haben wir zwei wichtige Entscheidungen getroffen. Wir wollten unbedingt die Produktion in Österreich halten und Spezialisten bleiben“, erzählt Anja Grabherr-Petter. Damit nahm die Familie eine Entwicklung vorweg. Heute ist es genau dieser Schatz, der die Marke von ihren Mitbewerbern unterscheidet. Dass man diese Werte auch im Marketing nützen müsse, hat Anja Grabherr-Petter früh gesehen: „Das war ein wichtiger Schritt in der Außenkommunikation, dass heute auf jedem Etikett ‚Made in Austria‘ steht, dass wir Vertretern und Kunden viele Details erklären. Das ist mir ein großes Anliegen. Wir haben so viele Geschichten zu erzählen: Ganz oft machen wir in der Produktion etwas ein bisschen anders und ein bisschen aufwändiger – und genau diese Kleinigkeiten machen dann in der Qualität den Unterschied. Ich bemühe mich sehr, diese Detailarbeit transparent zu machen.“

Anja, Kurt und Corinna Petter führen das Unternehmen gemeinsam, für die Generationsübergabe gibt es ein Szenario, aber keinen Stichtag. Auch Bruder Philippe ist ein bisschen mit dabei – obwohl nicht im Unternehmen tätig: Sein Vorname findet sich im Markennamen wieder.

nur mit Herzblut zu begründen sind – im Konzern würden sie sicher anders fallen. Als Familie ist man langfristig orientiert und nimmt auch mal in Kauf, auf Gewinne zu verzichten, um ein Investment zu tätigen.“ Anja Grabherr-Petter selbst erwog nie Alternativen zum

Gelebtes Spezialistentum

In Vorarlberg, ehemals Österreichs Dorado der Textilindustrie, eine Produktion wie die von Phil Petter aufrecht zu erhalten, ist eine Lebensaufgabe. „Unsere Branche braucht generell viel Idealismus, das könnte der Grund sein, warum es so viele Familienunternehmen gibt. Weil manche Entscheidungen einfach

Die Strick-DNA kommt auch in den konfektionierten Teilen, die seit einigen Saisons die Kollektion von Phil Petter ergänzen, voll zum Tragen.

Einstieg in die elterliche Firma. „Ich habe mich schon immer gerne mit schönen Dingen beschäftigt, da war Phil Petter ideal“, resümiert sie. 2009, zehn Jahre nach dem Einstieg, ist sie zur Geschäftsführerin und Anteilseignerin geworden. Die Zeit bis dahin hat sie genützt, um die Firma von der Pike auf kennen zu lernen und alle Abteilungen zu durchlaufen. „Ich habe nie die Juniorchefin gespielt, sondern immer mit angepackt.“ Wenn sie jetzt zum Vertretermeeting ruft und ihre Mutter Corinna währenddessen mit den Enkeltöchtern im Betrieb Puppen aus Wollresten bastelt, fühlt sich Anja Grabherr-Petter an Momente ihrer eigenen Kindheit erinnert. Das Aufwachsen mit und im Betrieb war bei zwei so engagierten Eltern selbstverständlich. „Ich glaube, dass es gleichermaßen für Kunden wie für die Mitarbeiter ein starkes Signal ist, wenn die nächste Generation im Unternehmen ist. Weil man dann sicher sein kann, dass es weitergeht.“ Wohlweislich: Jetzt spricht sie erst mal von sich selbst. Die Kleinen haben erst mal noch viel Zeit – und dann jede Freiheit. style in progress 217


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

Westside Story. Magasin/Los Angeles

2min
pages 178-179

Offen für Neues. Keller Warth/Biberach

2min
pages 180-181

Ernten, was wir säen. Wardrobe 19/Kopenhagen

3min
pages 174-175

Touristenfall. Icon/Salzburg

3min
pages 176-177

Zöpfe ab

3min
page 157

Supernova

4min
pages 158-159

Mehr mit Meer

5min
pages 154-155

Nichtfolge

1min
pages 146-147

Performance-driven Style

2min
page 156

Die Historie hat uns interessiert

2min
page 149

Ich brauche einen emotionalen Bezug

2min
pages 150-151

I need a change

3min
page 148

Die Nachfolge braucht Raum für Neues

2min
page 143

Die beste Idee gewinnt

2min
pages 144-145

Ab einem bestimmten Moment muss klar sein, wer das

3min
page 142

Bodenständig, aber mit Leichtigkeit

2min
pages 138-139

Wer Werte vorfindet, kann viel bewegen

2min
page 136

Trüffel und Afterwork-Bier

2min
page 137

Eine einmalige Chance für uns und die Familie

5min
pages 122-125

Produkt und Qualität bleiben das Herzstück

4min
pages 132-133

Wir sind eine Manufaktur, keine Kriegsmaschine

3min
pages 128-129

Wanderjahre

1min
pages 134-135

Schnelle Entscheidungen und solide Wurzeln

5min
pages 130-131

Es gibt keine Alternative zur Internationalisierung

4min
pages 126-127

Famiglia moderna

2min
pages 120-121

Es braucht Idealismus

2min
page 119

Mach nichts, was die anderen machen, dann ist es nichts wert

3min
page 118

Funktion, aber mit Stil

2min
page 117

Viele Bälle in der Luft

4min
pages 108-109

Buam, wie stellts euch des vor?

6min
pages 114-115

Amerikanische Ikone

2min
page 112

Digitalisierung macht Shops wieder spannend

15min
pages 82-93

Das dritte Geschwisterchen

3min
page 116

Der neue Dreh

1min
pages 110-111

Gesunde Paranoia für die Zukunft

3min
page 113

Das Rückgrat der Gesellschaft

2min
pages 94-95
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
style in progress 2/2017 – Deutsche Ausgabe by style in progress - Issuu