FMI Thesen zur Entwicklung des alpinen Wintersports im D-A-CH-IT Alpen-Raum 2025
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Redaktionsteam:
Ralf Roth | German Sport University; Thomas Bieger | Universität St. Gallen; Berno Stoffel | Seilbahnen Schweiz; Hubert Siller | MCI Management Center Innsbruck
Prolog
Der Wintersport bleibt in vielen Alpenregionen ein zentraler Wirtschaftsfaktor und ist tief in der kulturellen Identität verankert. In der Wintersaison 2024/25 verzeichneten die Hotels in Österreich rund 72,25 Millionen Übernachtungen, in der Schweiz 18,5 Millionen (ohne Parahotellerie). Die Seilbahnen erzielten in diesem Zeitraum in Österreich über 50 Millionen Skierdays und einen Personenverkehrsertrag von 1,9 Milliarden Euro. In der Schweiz wurden 26,1 Millionen Skierdays gezählt, bei einem Ertrag von 902 Millionen Schweizer Franken. Italien erreichte 33 Millionen Skierdays und einen Ertrag von 1,2 Milliarden Euro.
Wintersport ist jedoch mehr als ein Wirtschaftsfaktor. Er fördert als Volkssport mit hohem Gesundheitswert und generationenübergreifender Strahlkraft, die soziale Teilhabe und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wintersport vereint Menschen über Generationen und soziale Gruppen hinweg auf sozialer und emotionaler Ebene durch gemeinsame körperliche Aktivität. Er schafft Räume für gesundes Leben, sichere Begegnungen und intensive Naturerlebnisse in einer einzigartigen Umgebung. Dieses Potenzial gilt es zu stärken und zukunftsfähig zu gestalten.
Die meist privatwirtschaftlich organisierten Bergbahnen sind zentrale Leistungsträger im alpinen Wintersport, insbesondere in den föderal strukturierten, deutschsprachigen Alpenländern. In Österreich und der Schweiz gibt es über 5000 Bergbahnanlagen, die breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu einem vielfältigen Wintersportangebot ermöglichen – vom klassischen Pistensport über Winterwandern und Rodeln bis hin zu alpinen Freizeitformen wie Klettern. Diese Angebote wurden in vielen Alpentälern von unternehmerischen Pionieren als Selbsthilfe zur Sicherung der Existenz der lokalen Bevölkerung geschaffen. Heute haben sie sich teilweise zu integrierten Freizeitunternehmen oder sogar internationalen Konzernen entwickelt.
Die geschaffenen Infrastrukturen, wie Bergtransport, Verpflegung, Anbindung an den öffentlichen Verkehr, Parkraum sowie Entsorgungs- und Abwasserlösungen, bilden die Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang mit hohen Besucherzahlen. Diese Strukturen tragen wesentlich dazu bei, um die gesellschaftlichen Bedürfnisse nach Naturerlebnissen und deren ökologischen Auswirkungen in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten.
Die Rahmenbedingungen für den alpinen Wintersport haben sich in den vergangenen Jahren spürbar gewandelt. Diese Entwicklung wird geprägt von neuen
Nutzererwartungen, gesellschaftlichem Wandel, ökologischen Herausforderungen und ökonomischem Druck. Umso mehr bietet sich heute die Chance, den Wintersport weiterzudenken: zugänglich, vernetzt, nachhaltig und zukunftsorientiert.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich die traditionellen Saisonzeiten infolge des Klimawandels sowie der Flexibilisierung der Freizeitbedürfnisse auflösen. Beispiele hierfür sind Wanderangebote im sonnigen Bergwinter oder die Verlängerung der Herbstsaison . Ziel muss es sein, die Infrastrukturen und die vorgenommenen Eingriffe in die Natur so weit wie möglich zur Befriedigung der Sport- und Freizeitbedürfnisse zu nutzen und dabei einen 300-Tage-Betrieb anzustreben.
Die folgenden 10 Thesen zu Trends, Hintergründen und Herausforderungen sind das Ergebnis der Zusammenarbeit von Forschung und Praxis, unter Berücksichtigung verschiedener Umweltsphären und Anspruchsgruppen. Es ist die erste Ausgabe eines Dokuments, das regelmäßig überarbeitet wird.
#Thesen
FMI Thesen zur Entwicklung des alpinen Wintersports im D-A-CH-IT Alpen-Raum 2025
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#10
Wintersport verbindet – über Generationen, Grenzen und Gesellschaften hinweg
Klimaanpassung und Klimaschutz – proaktiv handeln
Qualitätsentwicklung – übergreifend und gemeinsam
Relevanz sichern – Resilienz steigern
Emotionen und Lifestyle Produkt – ein Erfolgsfaktor
Neue Finanzierungs- und Betreibermodelle
Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden
Medien und transparente Kommunikation
Mit Leistungspartnern den Winter stärken
Wintersport für kommende Generationen und Märkte sichern
#1
Wintersport
verbindet –über Generationen, Grenzen und Gesellschaften hinweg
In einer Zeit gesellschaftlicher Spannungen und wachsender Fragmentierung kommt dem Wintersport eine besondere Rolle zu. Als tief in der alpinen Kultur verwurzelter Volkssport schafft er Begegnung, stärkt das Wir-Gefühl und fördert regionale Identität. Er verbindet Generationen, unterschiedliche Lebensrealitäten und Herkünfte – sowohl auf als auch abseits der Piste. Um dieses Potenzial zu sichern und weiterzuentwickeln, braucht es ein klares Bekenntnis: zu einem inklusiven, vielfältigen und weiterhin leistbaren Wintersport, der zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt.
Hintergrund:
Die Spaltung der westlichen Gesellschaft nimmt in verschiedenen Facetten zu, getrieben durch soziale Medien, geopolitische Spannungen, Migration und zunehmenden Budgetengpässen der öffentlichen Hand. Für den Schneesport besonders relevant sind die immer stärker wahrnehmbaren Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Bevölkerungsgruppen. Es ist davon auszugehen, dass bei der wachsenden, kulturell diversen internationalen urbanen Bevölkerung die Affinität zum Wintersport tendenziell geringer ist. Dennoch eröffnet der Schneesport vielen Menschen einen Zugang zur regionalen Kultur, Identität und zur Bergnatur. Er bietet Spitzen-, Nachwuchsleistungs- und Breitensportlern sowie Touristen und Einheimischen, unabhängig von Alter und körperlicher Verfassung, eine gemeinsame Plattform für Sport und Bewegung.
Herausforderung:
Die öffentliche Wahrnehmung des Schneesports ist zunehmend kritisch geprägt. In den Medien werden Umweltbelastungen, Verkehrsthemen sowie die Kosten des Wintersports häufig einseitig betont, wodurch eine sachliche Diskussion über notwendige Infrastruktur- und Produktentwicklungen erschwert wird. Zugleich führt die Wahrnehmung des Schneesports als teuer und exklusiv dazu, dass für viele Bevölkerungsgruppen finanzielle Zugangshürden entstehen und die gesellschaftliche Akzeptanz langfristig abnimmt.
Initiativen von Vereinen, Organisationen und Schulen, die den Zugang erleichtern, bieten jedoch wichtige Chancen für Breiten- und Nachwuchsförderung.
#2Klimaanpassung und Klimaschutz –proaktiv handeln
Immer mehr Wintersportregionen passen ihre Angebote an den Klimawandel an. Das umfasst effizientere Beschneiungsmethoden, die Weiterentwicklung des Pisten- und Loipenangebotes in höheren Lagen, die Anbindung an den öffentlichen Verkehr und die Entwicklung schneeunabhängiger Freizeitangebote. Diese Transformation eröffnet die Chance, sich als resiliente, vielseitige Freizeitinfrastruktur für Sommer und Winter zu positionieren – mit besonderem Wert für die wachsenden Bevölkerungszentren im Alpenvorland und im Einklang mit regionalen Bedürfnissen.
Eine zukunftsorientierte Entwicklung des Alpenraums erfordert konsequente Klimaanpassungsstrategien und wirksame Klimaschutzmaßnahmen. Beides sind keine Optionen, sondern zentrale Voraussetzungen für die Zukunftsfähigkeit der Region. Intelligente Energie- und Mobilitätslösungen sowie Investitionen in nachhaltige Angebote, die über die Sicherung der Schneelage hinausgehen, stellen hierbei wichtige Handlungsfelder dar. Ein respektvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen, verbunden mit einer pragmatischen Integration von Klimaanpassung und Klimaschutz ist dafür unabdingbar.
Hintergrund:
Die Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung sind zunehmend spürbar – nicht nur durch abnehmende Schneesicherheit, sondern auch durch neue Formen und Intensitäten von Naturgefahren. Größere Wintersportgebiete begegnen diesen Veränderungen häufig durch Investitionen aufgrund ihrer Lage in höheren Regionen oder Schutzmaßnahmen. So gelingt es ihnen, eine ausreichende Gebietsgröße und eine ausreichend lange, sichere Saison aufrechtzuerhalten. Kleinere, meist tiefer gelegene Skigebiete müssen hingegen verstärkt alternative Angebote entwickeln.
Gleichzeitig zum Temperaturanstieg verändert sich die Niederschlagsstruktur sowie die Stabilität und Dauer spezifischer Wetterlagen. Das hat direkte Folgen für die Planungssicherheit und die Betriebsführung im alpinen Raum. Die notwendige Transformation eröffnet die Chance, die bestehenden Schneeangebote des Winters um schneeunabhängige Angebote zu erweitern, eine nachhaltige Ganzjahresfreizeitinfrastruktur zu entwickeln und das Mehr-Saison-Modell langfristig zu sichern. Insbesondere in den voralpinen Gebieten, die unter dem Einfluss von wachsenden Bevölkerungszentren stehen, steigt der Wert dieser Angebote und erhöht die Aussicht auf verstärkte öffentliche Unterstützung.
Herausforderung:
Kleinere, tiefer gelegene aber siedlungsnahe Wintersportanlagen, die eine zentrale Bedeutung für die regionale Bevölkerung sowie für Sport- und Freizeitaktivitäten haben und als wichtige Schulungs- und Trainingsstandorte dienen, sind in ihrem Bestand gefährdet. Der Verlust dieser Anlagen würde die Entwicklung und den Fortbestand des gesamten Wintersports schwächen.
Qualitätsentwicklung –übergreifend und gemeinsam
Die kontinuierliche Weiterentwicklung technischer, digitaler und persönlicher Servicequalität ist ein essenzieller Erfolgsfaktor für den alpinen Wintersport. Moderne Anlagen mit hoher Betriebssicherheit, barrierefreie Zugänge, sichere und vielseitig präparierte Pisten sowie attraktive lokale Erlebnisangebote schaffen ein hochwertiges, inklusives und sicheres Umfeld für Gäste aller Alters- und Leistungsgruppen. Eine konsequente Ausrichtung an den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe ist vor dem Hintergrund der steigenden Kosten für Qualität notwendig. Dabei wird in Zukunft nicht nur der klassische Skisport auf den Skipisten, sondern ebenso das Ausflugserlebnis mit kulinarischen Angeboten im Winter stärker in den Vordergrund rücken, vor allem für Destinationen mit stark internationaler Ausrichtung. Kooperationen zwischen kleineren und größeren Gebieten gewinnen an Bedeutung, da sie den Wissensaustausch fördern, betriebliche Synergien ermöglichen und zur langfristigen wirtschaftlichen Stabilität der beteiligten Regionen beitragen.
Hintergrund:
Die hohe Qualität und Betriebssicherheit moderner Bergbahnen steigert die Kundenzufriedenheit sowohl im Bereich der persönlichen Services (Unterstützung der Kunden an den Anlagen, zusätzliche Freizeit-Erlebnisangebote) als auch der digitalen Servicequalität (Information und Ticketing). Zugleich erfolgten bedeutende Investitionen, um die Zugänglichkeit für alle Menschen zu gewährleisten. Die moderne Pistenpräparation erlaubt sichere Abfahrten für vielfältige Schneesportgeräte und gestattet Winterwandern für alle Leistungsklassen.
Seilbahnen finden zunehmend Anerkennung als attraktive alternative öffentliche Verkehrsmittel auch im alpinen Raum und sind in Bezug auf Betriebsverfügbarkeit darauf ausgerichtet. In Skigebieten werden ältere Anlagen durch neue, moderne Systeme ersetzt. In der Summe ist die Anzahl der Anlagen, Pistengebiete und Pistenflächen stagnierend bis rückläufig. Zusätzlich zu den ständig wachsenden Anforderungen an die Betriebssicherheit, nimmt der Anspruch auf Benutzerfreundlichkeit einer Anlage deutlich zu. KI-gestützte Systeme vereinfachen den Gästen den Ein- und Ausstieg, unabhängig, ob mit Skiern oder anderen Geräten. Auch die barrierefreie Zugänglichkeit für Gäste mit Einschränkungen (Rollstühle, Gehilfen) ist gewährleistet. Gleichzeitig nimmt die Anforderungen an das Personal zu, was neue Ausbildungs- und Karrieremodelle sowie, angesichts des Fachkräftemangels, andere Kompensationsschemas erfordert. Qualitätsentwicklung ist notwendig, kostet aber. Eine Ausrichtung an den spezifischen Erwartungen der jeweiligen Zielgruppen ist notwendig und ermöglicht ein vielfältiges Angebot.
Herausforderung:
Kleinere und finanzschwächere Skigebiete können sich die notwendigen Investitionen zunehmend nicht mehr leisten. In der Folge sind sie gezwungen, den Betrieb einzustellen, neue Eigentümer zu suchen, staatliche Unterstützungen in Anspruch zu nehmen, sich auf Marktnischen zu spezialisieren oder Kooperationen mit größeren Gebieten einzugehen, um Synergien zu nutzen und ihre wirtschaftliche Basis zu sichern.
#4
Relevanz sichern –Resilienz steigern
Die strukturelle Weiterentwicklung der Branche – durch Fusionen, Kooperationen und die Etablierung moderner Unternehmen – ist ein zentraler Hebel zur Steigerung der Resilienz im alpinen Tourismus. Solche Strukturen schaffen Effizienzgewinne, sichern strategisch relevante Quellmärkte, fördern Innovation und erleichtern den Zugang zu Schlüsselkompetenzen. Gleichzeitig erhöhen sie die Investitionskraft und Krisenfestigkeit einzelner Standorte. Um langfristig wettbewerbsfähig, anpassungsfähig und stabil zu bleiben, ist es erforderlich, die bestehenden Ansätze der Zusammenarbeit gezielt auszubauen und professionell weiterzuentwickeln. Hierfür braucht es auch in Zukunft erfolgreiches Unternehmertum.
Hintergrund:
Die Branche befindet sich in einer Konsolidierungphase, in der Bergbahnen fusionieren, in Unternehmensgruppen aufgehen oder Kooperationen eingehen. Die Tourismusorganisationen übernehmen innerhalb der Destination eine unterstützende Rolle, die sich an den Bedürfnissen der Gäste und des Lebensraums orientiert. Die Destinationsentwicklung selbst ist jedoch das Ergebnis vielschichtiger, systemischer Prozesse mit zahlreichen Akteuren. Für die Sicherung des Schneesports sind immer höhere Investitionen nicht nur in Schnee- und Pistenmanagement oder in die Speicherung von Wasserressourcen notwendig. Ebenso steigen die Aufwendungen für neue Attraktionen und Angebote, die Anbindung an den öffentlichen Verkehr und für moderne, kostenintensive Transportanlagen. Die smarten Technologien erfordern spezialisiertes Fachpersonal, die Arbeit am Lift ist immer weniger eine saisonale Nebentätigkeit.
Die erforderlichen Investitionen und die Bereitstellung von spezialisiertem, professionellen Personal stellen kleinere Unternehmen vor große Herausforderungen, was die Konsolidierungsprozesse in der Branche weiter vorantreibt. Größe bietet zudem Potential für Diversifikation und erhöht die Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten. Verbund-Saisonkarten für mehrere Skigebiete steigern die Attraktivität und fördern die Kundenbindung. In dieser Konsolidierung entsteht ein Innovationswettbewerb, der neue Konzepte wie Dynamic Pricing hervorbringt. Auch in Zukunft ist lokal verankertes Unternehmertum gefordert.
Herausforderung:
Größere Unternehmensgruppen nimmt die Bevölkerung häufig als weniger stark in der Region verwurzelt wahr. Diese geringere wahrgenommene lokale Verankerung kann dazu führen, dass deren Interessen und Entscheidungen in Planungsund Beteiligungsprozessen weniger akzeptiert werden oder als weniger gemeinwohlorientiert gelten.
#5
Emotionen und Lifestyle Produkt –ein Erfolgsfaktor
Das Potenzial des Wintersports geht heute weit über das sportliche Angebot hinaus – es liegt im emotionalen Gesamterlebnis. Natur, Bewegung, Ruhe und Gemeinschaft sprechen grundlegende menschliche Bedürfnisse an und machen Wintersport zu einem sinnstiftenden Lifestyle-Produkt. Wer diesen Mehrwert konsequent in den Mittelpunkt stellt, schafft Identifikation, erreicht neue Zielgruppen und stärkt die Nachfrage langfristig. Smarte, sanfte Angebote, die Gesundheitsaspekte und Erlebnisqualität hervorheben, treffen besonders bei urbanen Zielgruppen, jungen Erwachsenen und Frauen auf Resonanz. Trends wie Achtsamkeit und Individualisierung eröffnen neue Potenziale. Mit KI-gestützten Prognosen, Automatisierung und datenbasierten Dienstleistungen lässt sich volatile Nachfrage effektiver steuern und Wintersport als modernes, flexibles Erlebnis neu denken. Jetzt gilt es, den bisherigen Fokus auf die Bedürfnisse der Babyboomer schrittweise zu beenden und eine klare Ausrichtung auf die Erwartungen und Werte der Generation Z zu etablieren. Dieser Wandel erfordert ein tiefgreifendes Verständnis ihrer Motive, Kommunikationsformen und Prioritäten, um langfristig relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Hintergrund:
Für jüngere Generationen haben Emotionalisierung und ein gesellschaftlich getragener Purpose bei regelmäßig ausgeübten Schneesportarten eine hohe Bedeutung. Ein wichtiger Zweck ist neben dem Gemeinschaftsaspekt des Skifahrens, eine integrierte Gesundheit von Körper und Geist in einer intakten natürlichen Umwelt. Bei dieser neuen Kundengruppen führt die Nutzung mobiler Endgeräte zu einem neuen, noch kurzfristigerem Buchungsverhalten, was bei den Unternehmen eine erhöhte Volatität der Nachfrage nach sich zieht. Der Skisport muss seinen Lifestyle-Bezug bewahren, um auch für die jüngeren Generationen relevant zu bleiben.
Herausforderung:
Der Skisport, als eine technisch orientierte Aktivitätsform mit Fokus auf Geschwindigkeit und Exklusivität, gerät zunehmend unter Druck. Skifahren findet zunehmend nur noch unter optimalen Bedingungen und zu bestimmten Zeiten statt. Dadurch verliert das traditionelle Bild des Wintersports an Bedeutung, wie es vor allem von den Babyboomern und der Generation X geprägt wurde.
#6
Neue
Finanzierungs-
und Betreibermodelle
In vielen Regionen erfordert die Weiterentwicklung des alpinen Wintersports einen erweiterten Blick auf Eigentumsverhältnisse, Betriebsstrukturen und Investitionsmodelle. Die zunehmende Beteiligung externer Akteure – von engagierten Stammgästen über branchenfremde Investoren bis hin zu internationalen Schneesportkonzernen – kann Chancen für Innovation, Professionalisierung und den Zugang zu zusätzlichem Kapital eröffnen. Um dieses Potenzial gezielt zu nutzen, braucht es Offenheit gegenüber neuen Betreiber- und Geschäftsmodellen: Pacht- und Leasingkonzepte, modulare Beteiligungen oder hybride Finanzierungsmodelle können die Basis widerstandsfähiger, zukunftsorientierter Infrastrukturen bilden. Jetzt gilt es, regulatorische Spielräume zu nutzen, Pilotprojekte zu fördern und sektorübergreifende Partnerschaften aktiv voranzutreiben.
Hintergrund:
Investitionen im Wintersportbereich gelten zunehmend als risikoreich. Neue Investoren sind häufig sogenannte Legacy- oder Lifestyle-Investoren, die Skigebiete als persönliche Gestaltungsobjekte erwerben. Darüber hinaus engagieren sich Investoren aus anderen Tourismusbereichen sowie größere Unternehmen im Rahmen von M&A-Transaktionen. Unternehmertum bleibt jedoch ein zentraler Erfolgsfaktor – in vielen Regionen spielen familiengeführte Strukturen weiterhin eine bedeutende Rolle.
Herausforderung:
Kleinere Gebiete, die keine besonderen Standortvorteile oder Bindungspotenziale aufweisen, haben Schwierigkeiten, traditionelle Finanzierungsquellen außerhalb staatlicher Förderungen zu nutzen.
#7
Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden
Technologischer Fortschritt und zunehmende Professionalisierung in größeren Unternehmensstrukturen generieren im alpinen Tourismus neue, attraktive Berufsfelder. Besonders junge Fachkräfte finden vielfältige Karrierechancen, die von technischer Spezialisierung über digitale und serviceorientierte Tätigkeiten bis hin zu Rollen mit Fokus auf Nachhaltigkeit reichen. Personalentwicklung stellt dabei einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar: Unternehmen, die gezielt in Aus- und Weiterbildung sowie in eine der Generation Z entsprechenden Kommunikation investieren, sichern langfristig ihre betriebliche Leistungsfähigkeit. Kooperationen und strukturierte Zusammenschlüsse können dabei helfen, Know-how zu bündeln, Ressourcen effizienter zu nutzen und Karriereperspektiven zu verbessern.
Hintergrund:
Die Tätigkeit in einem Schneesportgebiet ermöglicht einen besonderen Lebensstil, erfordert jedoch stets höhere und spezifischere Qualifikationen. Zusätzlich steigt die Nachfrage nach Tätigkeiten in Randgebieten infolge gesellschaftlicher Trends wie neue Familienformen. Durch den technischen Wandel und zunehmende Automatisierung werden Arbeitsplätze bei Bergbahnen, den Tourismusunternehmen und den DMO‘s generell immer spezialisierter und qualifizierter. Human Resources (HR) und Personalrekrutierung sowie Personalbindung und -entwicklung werden immer wichtiger.
Herausforderung:
Für kleinere Unternehmen in Randgebieten wird es immer schwieriger, die notwendigen Mitarbeitenden zu rekrutieren. Kooperationen mit anderen Unternehmen bzw. der Einkauf professioneller Leistungen von Dritten sind Perspektiven.
#8
Medien und transparente Kommunikation
Wintersport begeistert Menschen über Generationen hinweg. Die anhaltend hohe mediale Präsenz macht ihn zu einem starken Kommunikations- und Identifikationsthema in den Hauptmärkten. Neue Formate wie Freeride, Freestyle, Skitouring oder Biathlon sprechen eine wachsende Community an, schaffen Nähe und laden neue Zielgruppen emotional ein.
Diese Reichweite und Fanbindung bieten enormes Potenzial. Jetzt gilt es, Marketing und Kommunikation strategisch zu nutzen, um ein modernes, wertebasiertes Image des Wintersports zu gestalten – nahbar, vielfältig und zukunftsorientiert. Wer die Faszination des Schneesports erlebbar und Fans zu Botschaftern macht, festigt nicht nur die Nachfrage und Relevanz, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz.
Hintergrund:
Nahezu die Hälfte aller weltweiten Skitage entfallen auf die Alpen. Die Nachfrage ist auf einem noch stabilen Hoch, verzeichnet jedoch strukturell einen Rückgang. Gründe hierfür sind das sukzessive Ausscheiden der für den Skisport wichtigen Babyboomer und die Zunahme der kulturellen Diversität der Bevölkerung. Im steigenden Wettbewerb um Aufmerksamkeit oder auch Stimmen ist die Gleichung „Newswert/öffentliche Erregung“ im Verhältnis zum Rechercheaufwand die maßgebliche Größe. In dieser Hinsicht schneidet der Schneesport negativ ab. Große Zielgruppen ohne Bezug zum Schneesport reagieren schnell auf negative Bilder oder News. Das kann den Schneesport in die Defensive bringen, vor allem auch, wenn durch Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstum der Wert des Tourismus generell hinterfragt wird. Diese Entwicklungen sowie eine zunehmende Absicherungsmentalität der Behörden führen zu immer mehr Regulierungen.
Herausforderung:
Der Verlust der gesellschaftlichen Legitimation erschwert die Umsetzung von Projekten, die auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind. Die traditionelle Kommunikationsstrategie muss daher hinsichtlich Inhalt, Form und Ansprache an die Erwartungen und Kommunikationsgewohnheiten der nachfolgenden Generationen angepasst werden.
#9
Mit Leistungspartnern den Winter stärken
Die Weiterentwicklung des Wintersports erfordert ein leistungsstarkes, zukunftsorientiertes Netzwerk von Partnern. Aktuelle Trends – von Alpine Living über digitalisierte Dienstleistungsketten bis hin zu neuen Mobilitätslösungen – eröffnen vielfältige Potenziale für Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dazu zählen zum Beispiel neue Modelle im Sportartikelhandel, hybride Beherbergungskonzepte, moderne Skischulangebote und flexible Aktivitätsformate. Als zentrale Akteure des alpinen Wintersports tragen die Bergbahnen eine besondere Verantwortung: Sie müssen als Impulsgeber, Koordinatoren und Vernetzer agieren. Jetzt ist der Moment, das Netzwerk Winter aktiv auszubauen – als Grundlage für Zukunftsfähigkeit und Wertschöpfung in den Regionen.
Hintergrund:
Der Wintersport zeichnet sich grundsätzlich durch einen hohen Grad an CoCreation aus. Das eigentliche Wintersportprodukt entsteht nicht isoliert durch ein einzelnes Unternehmen, sondern durch das Zusammenwirken eines Netzwerks verschiedener Leistungsträger innerhalb der Destination. Hierzu zählen insbesondere Beherbergungsbetriebe, Gastronomie, Skischulen, Bergbahnen, Sport- und Detailhandel sowie Transport- und Serviceanbieter DMO. Erst das Zusammenspiel dieser Partner ermöglicht ein stimmiges und qualitativ hochwertiges Gesamterlebnis für die Gäste.
Dieses Netzwerk ist – mit Unterstützung der DMO – gefordert, neue Markt- und Konsumtrends frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und in innovative Angebote umzusetzen. Nur durch eine enge Abstimmung und koordinierte Weiterentwicklung der einzelnen Leistungen kann sowohl das einzelne Unternehmen als auch die gesamte Destination nachhaltig von Veränderungen und neuen Kundenbedürfnissen profitieren.
Herausforderung:
Aufgrund mangelnder unternehmerischen Engagements oder unzureichender Investitionskraft kann eine Erneuerung bzw. Weiterentwicklung der Leistungspartner ausbleiben. In diesem Fall sind die Bergbahnunternehmen gefordert, bestimmte Teilleistungen selbst zu übernehmen, um die Angebotsqualität aufrechtzuerhalten. Andernfalls droht eine schleichende Erosion der Destination, die nur durch eine strategische Neuausrichtung – etwa durch eine verstärkte Fokussierung auf den Tagestourismus – teilweise kompensiert werden kann.
#10
Wintersport für kommende Generationen und Märkte sichern
In einer zunehmend digitalen Welt fehlen Kindern und Jugendlichen häufig Bewegung, Gemeinschaft und Naturerlebnisse – speziell im Winter. Wintersport in Schule, Familie und Verein schafft hier einen wichtigen Ausgleich: Skifahren, Snowboarden und Schneespiele fördern die körperliche Gesundheit, den Teamgeist und die sozialen Kompetenzen. Sie ermöglichen echte Begegnungen, stärken das Miteinander und beugen soziale Isolation vor.
Gerade weil viele junge Menschen Natur nur noch virtuell erleben, sind schulische Wintersportangebote heute wichtiger denn je. Skikurse und Wintersportfreizeiten vermitteln intensive Erfahrungen im Freien, fördern die Konzentrationsfähigkeit, stärken das Immunsystem und verbessern das seelische Wohlbefinden. Diese Angebote sind kein Luxus, sondern ein Beitrag zu Bildungsgerechtigkeit und ganzheitlicher Entwicklung. Damit kein Kind ausgeschlossen bleibt, müssen Politik, Schulen und die Wintersportbranche gemeinsam den Zugang zu solchen Angeboten sichern und weiter ausbauen. Darüber hinaus eröffnen die positiven Wirkungen und Werte des Wintersports auch Potenziale für die Erschließung neuer Zukunftsmärkte.
Hintergrund:
In einer immer digitaler werdenden Lebenswelt verbringen Kinder und Jugendliche den Großteil ihrer Freizeit vor Bildschirmen. Bewegungsmangel, sozialer Rückzug und der Verlust direkter Naturerfahrungen sind die Folge. Besonders in der dunklen Jahreszeit verstärken sich diese Tendenzen und haben negative Auswirkungen auf Gesundheit, Wohlbefinden und soziale Entwicklung.
Regelmäßige Bewegung im Freien, insbesondere in der Natur, wirkt dem gezielt entgegen. Sie verbessert das Herz-Kreislauf- und Immunsystem, steigert die Konzentrationsfähigkeit und fördert emotionale Stabilität sowie Resilienz. Gemeinsame Aktivitäten im Schnee, wie beim Skifahren, Snowboarden oder Spielen, stärken den Teamgeist, die Rücksichtnahme und die Kommunikationsfähigkeit und sie schaffen Zusammengehörigkeit.
Wintersport in Schule, Verein oder Familie eröffnet Kindern und Jugendlichen wertvolle Erfahrungsräume. Gerade für junge Menschen, die Natur oft nur virtuell erleben, bieten solche Aktivitäten Selbstwirksamkeit, Gemeinschaft und bleibende Erlebnisse.
Schulische und vereinsbasierte Wintersportangebote leisten zudem einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit. Für viele Kinder aus weniger privilegierten Familien sind sie oft die einzige Möglichkeit, Wintersport zu erleben. Diese Maßnahmen sind pädagogisch relevant und besitzen eine nachhaltige Wirkung - und damit kein Freizeitluxus.
Thesen zur Entwicklung des alpinen
Daher sollten Politik, Bildungseinrichtungen und die Wintersportbranche gemeinsam daran arbeiten, diese Zugänge zu sichern und auszubauen, sodass alle Kinder von den positiven Effekten profitieren. Zudem wächst in vielen (Fern) märkten die Nachfrage nach Wintersport, dessen gesundheitliche, soziale und emotionale Vorteile zunehmend an Attraktivität gewinnen.
Herausforderung:
Kinder aus einkommensschwachen Familien haben häufig nur eingeschränkten Zugang zu Wintersportangeboten. Hohe Ausgaben für Ausrüstung, Anreise und Unterkunft verhindern oftmals eine Teilnahme und tragen zur Vertiefung sozialer Ungleichheiten bei. Die steigenden Kosten im Wintersport sowie strukturelle Herausforderungen an Schulen, wie Zeitknappheit und der Mangel an qualifizierten Fachkräften, verschärfen diese Problematik zusätzlich.
Zudem sind die Vermarktungsstrategien vieler Wintersportanbieter stark auf bestehende Kernmärkte ausgerichtet. Um zukünftige Zielgruppen zu gewinnen und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine strategische Neuausrichtung und Konsolidierung dieser Strukturen notwendig.
Zu FMI Future Mountain International
Future Mountain ist ein Netzwerk von engagierten Menschen aus Praxis und Wissenschaft, Unternehmen und Institutionen, die sich auf Grundlage ihrer Tätigkeit in und für die Alpen mit der Zukunft dieser Region als Lebens- und Wirtschaftsraum auseinandersetzen. Die Expertengruppe, unter dem Vorsitz von Jakob Falkner, Bergbahnen Sölden, befasst sich seit 1995 mit der Transformation des Bergerlebnisses. Im Jahr 2007 konsolidierte sich die Runde als Verein „FMI Future Mountain International“ mit Sitz in Innsbruck.
Die exklusiven Mitglieder reflektieren, ordnen Themen ganzheitlich ein, erarbeiten Trendberichte und Positionspapiere, um langfristige Trends, die sich abzeichnen, sichtbar zu machen. Dazu fördert der Verein „future mountain international“ den Wissensaustausch und vernetzt Schlüsselakteure aus Wissenschaft, Praxis und Politik. Die gewonnenen Erkenntnisse werden auf der Plattform www.futuremountain.org veröffentlicht und fließen in den öffentlichen Diskurs ein.
Sein Credo lautet:
«Berge voller Leben – Strategien für die Zukunft»
FMI Future Mountain International | List of members
Bieger Thomas | Universität St. Gallen (CH)
Doppelmayr Michael | Doppelmayr Ropeways (A)
Falkner Jakob | Bergbahnen Sölden (A)
Margreiter Josef | Lebensraum Tirol (A)
Marko Peter | Silvretta Montafon (A)
Kessler Urs | (former) Jungfraubahnen (CH)
Phleps Florian | Ski Austria (A)
Pregenzer Benny | pro excellence (A)
Roth Ralf | German Sport University (D)
Schwarz Oliver | Ötztal Tourismus (A)
Schwarz Stefan | (former) Amer Sports (D)
Siller Hubert | MCI Management Center Innsbruck (A)
Steharnig-Staudinger Astrid | Austria Tourism (A)
Stoffel Berno | Seilbahnen Schweiz (CH)
Tschiderer Franz | (former) TVB Serfaus-Fiss-Ladis (A)
Varallo Andy | Ski Carosello (I)
Walter Richard | Österreichischer Skilehrerverband (A)
Kontakt: FMI Future Mountain International c/o MCI