musikschule )) DIREKT 06/2014

Page 1

6.2014

Fundraising für private Musikschulen Musizieren und Unterrichten zu Hause TISA-Abkommen gefährdet Musikschulen

musikschule )) DIREKT Vom Tiger zum Bettvorleger Vollmundig verkündete im Jahr 2006 der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers: „El Sistema können wir auch!“ So wurde JeKi als starker Tiger der musikalischen Chancengerechtigkeit geboren und gilt seitdem als deren Inbegriff in fast allen Bundesländern. Endlich sollte jedes Kind die Chance bekommen, ein Instrument zu lernen, bei Bedarf kostenfrei – und das über die gesamt Grundschulzeit und in ganz NRW. Doch die schöne Utopie wurde von der Realität einer dauerhaften Unterfinanzierung eingeholt, und so blieb JeKi lange Jahre auf das Ruhrgebiet beschränkt. Nun aber setzt die grüne Landesregierung endlich um, wovon Rüttgers träumte: die Ausweitung der musikalischen Chancengerechtigkeit auf ganz NRW unter dem neuen Namen Jekits. Allerdings existiert die neue Chancengerechtigkeit nur noch für Kinder an ausgewählten Schulen und dauert nicht mehr vier, sondern nur noch zwei Jahre. Die Kosten für Sozialermäßigungen, sofern es überhaupt noch welche gibt, werden künftig den ohnehin schon verarmten Kommunen aufgebürdet. So endet der starke Chancen-Tiger JeKi als Bettvorleger. Und wie schon bei JeKi gibt es auch für Jekits kein Konzept, kein Curriculum, keine Einbeziehung der Kompetenz der Lehrkräfte. Apropos Lehrkräfte: Geschätzte hundert Vollzeitstellen werden vermutlich wegfallen. Sollen die Lehrer doch umziehen, dorthin, wo gesungen und getanzt wird. Befristet natürlich. Mehrweglehrer sind effizient. Das bisschen Singen und Tanzen werden die doch wohl hinkriegen. Die JeKi-Unterrichtsmaterialien können sie ja einfach wegschmeißen und sich neue ausdenken. Trotz solcher kleinen Verluste sind Projekte immer noch billiger als regelmäßiger Musikunterricht. Dafür bräuchte man nämlich viel teurere festangestellte Schulmusiker, die man nicht einfach so nach ein paar Jahren rausschmeißen kann. Und ob Schulmusiker nicht sogar schlechter tanzen und singen können als Musikschullehrer, weiß man auch nicht so genau. Bildungsqualität ist schließlich wichtig. Außerdem ist es viel demokratischer, wenn Schulen sich aussuchen können, was für sie am besten ist, und sich darum bewerben müssen. Und wenn Jekits dann in ein paar Jahren auch vorbei ist, ist natürlich nicht die Ministerin schuld, sondern die Kommunen. Denn jede Kommune kann schließlich frei entscheiden, was sie finanzieren will. Was müssen die statt Jekits auch lieber verrottete Straßen sanieren. Anja Bossen

Das West-Eastern Divan Orchestra feiert 2014 sein 15-jähriges Bestehen. Der libanesische Geiger Georges Yammine hat das Orchester mit der Kamera bei Proben, Konzerten und hinter den Kulissen begleitet. Vom Glauben an die verändernde Macht der Musik erzählen auch ein Essay von Julia Spinola und ein Interview mit Daniel Barenboim. – Georges Yammine: Funkelnde Hoffnung. Das West-Eastern Divan Orchestra und die Kraft der Musik, hg. von Daniel Barenboim, Corso, Hamburg 2014, 128 Seiten, 28,– Euro, ISBN 978-3-7374-0704-5

) Sie haben Fragen, Anregungen, Tipps oder Hinweise für die Redaktion? ) Sie möchten sich kritisch äußern zu unseren Themen und Beiträgen oder haben Vorschläge für neue Themen? Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.