Norddeutsches Handwerk 8/2022

Page 1

www.hwk-aurich.de | Einzelpreis 1,50 €

Wirtschaftszeitung der Handwerkskammer fĂŒr Ostfriesland

127. Jahrgang | Nr. 08 | 16. August 2022

Wir sind der Versicherungspartner fĂŒrs Handwerk.

Kleine Handwerksbetriebe finden schwerer Nachfolger. Was können sie tun?

Infos unter signal-iduna.de

R

Foto: Hermann Pentermann

Eine Frage der GrĂ¶ĂŸe ? und 125.000 Handwerksbetriebe stehen in den kommenden fĂŒnf Jahren vor der Übergabe an einen Betriebsnachfolger. Eine aktuelle Studie zeigt: Im Handwerk finden grĂ¶ĂŸere Betriebe und Kapitalgesellschaften leichter einen Nachfolger. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks warnt: Die Chancen kleiner Betriebe sinken. Die GrĂŒnde fĂŒr diesen Trend kennt Annika Hörnschemeyer von der Handwerkskammer OsnabrĂŒck-­ Emsland-Grafschaft Bentheim: Zwar suche nicht jeder Nachfolger einen grĂ¶ĂŸeren Betrieb. Wer jedoch keinen geeigneten kleinen Betrieb findet, wĂŒrde sich eher fĂŒr eine NeugrĂŒndung als fĂŒr eine Übernahme entscheiden. Ob ein Betrieb aus Nachfolgersicht infrage kommt, hĂ€nge zwar nicht direkt von der GrĂ¶ĂŸe ab. Doch bei den entscheidenden Faktoren seien die kleineren Unternehmen hĂ€ufig im Nachteil.

Teurer Plausch

Alles mit dem Fiskus besprochen? FĂŒr eine Unternehmerin ist diese Annahme teuer geworden. Seite 2

Am Betrieb arbeiten

Foto: Heinz Meis - Fotolia.com

Ein Team, das selbst entscheidet? Was viele Chefs sich wĂŒnschen, hat Norbert Miesner geschafft. Seite 3

Darauf achten die Nachfolger

Drei Aspekte sind es nach Hörnschemeyers Erfahrung, die fĂŒr Nachfolger eine große Rolle spielen: ɓɓ ZukunftsfĂ€higkeit: „Nachfolger interessiert, wie ein Handwerksbetrieb wirtschaftlich und personell aufgestellt ist: Wurde zum Beispiel gut investiert? Ist die Altersstruktur im Team ausgewogen?“, sagt Hörnschemeyer. „HĂ€ufig fehlt den Inhabern jedoch die Zeit dafĂŒr, sie verschieben solche Aufgaben nach hinten.“ ɓɓ Planung: GrĂ¶ĂŸere Betriebe hĂ€tten mehr Ressourcen. Die Inhaber könnten sich frĂŒher, intensiver und geplanter mit dem Thema beschĂ€ftigen. In kleineren Betrieben sei diese Planung – oft aus Zeitmangel – so vage, dass Nachfolger sich darauf nicht verlassen wollen. ɓɓ Offenheit: „Nachfolger erwarten, dass sich der Inhaber Zeit fĂŒr sie nimmt, offen kommuniziert, und sie in Entscheidungen einbezieht“, sagt Hörnschemeyer. „Viele Interessenten möchten schon vor der Übergabe Verantwortung ĂŒbernehmen.“

Nachweisgesetz greift

Damit haben Mitarbeiter Anrecht auf mehr Informationen. Was Sie jetzt wissen mĂŒssen. Seite 4

Nicht tatenlos zusehen

Die Gaspreise explodieren. Was auf die Betriebe zukommt und was Sie tun können, lesen Sie ab Seite 8

Und raus bist Du!

Kampf gegen schwarze Schafe: Das elektronische Wettbewerbsregister lÀuft jetzt im Vollbetrieb. Seite 10

Erfolgreich in der Nische

MVS GmbH stellt Jachteinrichtungen von höchster QualitÀt her. Seite 15

Vom Azubi zum Inhaber

INFOKANÄLE

So ein Nachfolger ist Sören Schierbaum. Der 32-JĂ€hrige ĂŒbernimmt Anfang September die Zimmerei Heggemann in Melle, einen Betrieb mit 35 Mit­ arbeitenden. Die UnternehmensgrĂ¶ĂŸe war fĂŒr den Zimmermeister und Holzbau-Ingenieur nicht ausschlaggebend, sondern die Reaktion seines Chefs, als er ihn das erste Mal auf die Nachfolge ansprach. „Ich wusste schon lĂ€nger, dass ich mich selbststĂ€ndig machen wollte, und er war dafĂŒr sofort offen.“

App „Handwerk“

Die Welt des Handwerks bewegt sich natĂŒrlich auch nach dem Redaktionsschluss weiter. Mit unserer App bleiben Sie auf dem Laufenden. Kostenlos zu haben ist sie im App Store oder bei Google Play.

Erst Mitarbeiter, noch GeschĂ€ftsfĂŒhrer, bald Inhaber: FĂŒr Handwerksmeister Sören Schierbaum waren ein gemeinsamer Plan und schrittweise mehr Verantwortung entscheidend fĂŒr die Nachfolge.

Entscheidend sei dabei ihre „gute Verbindung“ gewesen: Inhaber und Nachfolger kannten sich schon sehr lange, von Schierbaums Ausbildung im Betrieb bis zum Meisterbrief. Danach hatte der Zimmermeister studiert und einen Abstecher in die Forschung gemacht, hielt jedoch den Kontakt und kehrte schließlich zu Heggemann zurĂŒck. Und nach dem ersten GesprĂ€ch mit dem Chef ĂŒber die Nachfolge entwickelten die beiden gemeinsam einen Fahrplan fĂŒr die Übergabe. Diese gemeinsame Planung und die schrittweise Übernahme von Verantwortung bis hin zu seinem Einstieg in die GeschĂ€ftsfĂŒhrung 2020 seien fĂŒr ihn wichtig gewesen, betont Schierbaum.

Kostenlos beraten lassen

FĂŒr Hörnschemeyer gehört zu einer gelungenen Nachfolge ein „bisschen GlĂŒck“, vor allem aber „ein Betriebsinhaber, dem es wichtig ist, fĂŒr die Zukunft des Unternehmens zu sorgen“. Dabei mĂŒs-

MEIN LIEBLINGSPROJEKT

Hier könnte Ihr Name stehen. Abonnieren Sie das „Norddeutsche Handwerk“. Sie erreichen uns unter Telefon: 0511 85 50-24 22 Telefax: 0511 85 50-24 05 E-Mail: vertrieb@schluetersche.de Internet: www.norddeutscheshandwerk.de

Ein Himmelsgarten fĂŒr Sternenkinder Foto: Spiekermann

Wir sind auch online unter www.hwk-aurich.de und auf Facebook, Twitter und Instagram fĂŒr Sie da.

Eine kleine GedenkstĂ€tte mit Beeten, Stahlelementen und Platz fĂŒr Kerzen und Namenstafeln – das ist der „Himmelsgarten“ auf dem Friedhof in Mellendorf bei Hannover. Er ist das Lieblingsprojekt von Uwe Spiekermann aus Langen­hagen. Der Steinmetzmeister hat die Stahlelemente und den Entwurf fĂŒr die Anlage erstellt: „Der Himmels­ garten ist den sogenannten Sternenkindern gewidmet – jenen Kindern, die vor, wĂ€hrend oder kurz nach der Geburt gestorben sind.“ Den Stahl ziert ein Zitat von Antoine de Saint ExupĂ©ry: „Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können.“ (JW)

Mein Chef war sofort offen dafĂŒr. Sören Schierbaum, Zimmermeister

sen Handwerksbetriebe solche Herausforderungen nicht alleine bewĂ€ltigen. Kompetente und kostenlose UnterstĂŒtzung von der Betriebsberatung ĂŒber die Nachfolgersuche und Unternehmensbewertung bis zur Nachfolgemoderation bieten die Handwerkskammern. „ZukunftsfĂ€higkeit“ und „Betriebsnachfolge“ gehören dort zu den Kernkompetenzen der Beratung. FĂŒr die Zukunft seines Unternehmens zu sorgen, gehört nun auch zu Sören Schierbaums wichtigsten Aufgaben. Die Verantwortung „fĂŒr guten Holzbau und fĂŒr die Mitarbeiter und deren Familien“ habe fĂŒr ihn „oberste PrioritĂ€t“. Schierbaum ist zuversichtlich: „Das Unternehmen ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Holzbau erfreut sich großer Beliebtheit, wir sind als Team schlagkrĂ€ftiger geworden und können diese Nachfrage gut bedienen.“ JÖRG WIEBKING W Infotext: Mehr zur aktuellen Nachfolgestudie lesen Sie auf Seite 6

Baugenehmigungen: „Zahlen sind Warnzeichen“ Angesichts rĂŒcklĂ€ufiger Baugenehmigungen fordert das Bauhandwerk zuverlĂ€ssige Fördervorgaben. Das Statistische Bundesamt hat die Baugenehmigungen fĂŒr Wohnungen in den ersten fĂŒnf Monaten des Jahres 2022 ausgewertet: Das Ergebnis: ein RĂŒckgang gegenĂŒber dem Vorjahreszeitraum um 1,6 Prozent. Einen besonders starken Einbruch vermelden die Statistiker fĂŒr den Mai: ein Minus von 6,6 Prozent gegenĂŒber dem April. FĂŒr den Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) sind diese Zahlen ein „Warnzeichen“: Die Folgen von Inflation, Energiekrise und gestörten Lieferketten hĂ€tten nun den Bau erreicht, sagt HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer Felix Pakleppa. Nicht nur seien in den vergangenen Monaten die AuftrĂ€ge „immer weniger“ und „ungewöhnlich viele“ Bauprojekte storniert worden. „Jetzt mĂŒssen wir auch einen weiteren RĂŒckgang bei den Baugenehmigungen verkraften. Hohe Energiepreise, stark gestiegene Mate-

rialkosten, anhaltende LieferengpĂ€sse, steigende Bauzinsen – diese negative Melange verunsichert immer mehr Investoren und Bauherren.“ Sollte sich dieser Negativtrend fortsetzen, sei schon bald „eine tiefe Delle in der Baukonjunktur“ zu sehen. Die Bundesregierung mĂŒsse nun „Vertrauen und Zuversicht“ schaffen, so Pakleppa. „Private Bauherren brauchen zuverlĂ€ssige Förder- und Rahmenbedingungen.“ Dass es bisher keine verbindlichen Fördervorgaben fĂŒr 2023 gebe, trage dazu bei, dass viele Bauwillige vorsichtig blieben. „Wir warnen davor, die Bedingungen zu ambitioniert zu gestalten. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschreibungserhöhung fĂŒr den Mietwohnungsbau muss zĂŒgig umgesetzt werden. Noch mehr Investitionen privater Bauherren werden sonst ausbleiben.“ (JW)


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
Norddeutsches Handwerk 8/2022 by Schluetersche - Issuu