SCHWERPUNKT 57
DER MITTELSTAND.â5 | 2020
Ende der MobilitĂ€t auf dem Land? Im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) werden die Voraussetzungen festgelegt, unter denen FahrgĂ€ste mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxen beziehungsweise Kraftfahrzeugen befördert werden dĂŒrfen. Die geplante Novellierung des Gesetzes lĂ€sst noch einige Punkte offen.
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limawandel, Urbanisierung, gleichwertige LebensverhĂ€ltnisse im stĂ€dtischen und lĂ€ndlichen Raum und die BewĂ€ltigung der Covid-19-Pandemie sind allesamt Herausforderungen, fĂŒr die individuelle MobilitĂ€t eine zentrale Rolle spielt. Es bestand Hoffnung, dass die Bundesregierung mit der geplanten Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes den modernen MobilitĂ€tsbedĂŒrfnissen der Gesellschaft Rechnung tragen wollte. Die vor der Sommerpause beschlossenen Eckpunkte des PBefG lassen daran zweifeln.
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Bundesregierung zeigt wenig Reformwillen Sicherheit, Verbraucherschutz und Daseinsvorsorge â das alles sind Ziele des geltenden PBefG, die auch weiterhin berechtigt bleiben. Ihre Umsetzung könnte allerdings viel moderner, verbraucher- und umweltfreundlicher erreicht werden. Zum Beispiel, indem die RĂŒckkehrpflicht zum Dienstsitz fĂŒr Mietwagen abgeschafft werden wĂŒrde. Diese verursacht unnötige Leerfahrten, die weder betriebswirtschaftlich noch fĂŒr das Klima oder den Verbraucher sinnvoll sind. Zudem erschweren sie den Einsatz von ElektromobilitĂ€t wegen der limitierten Reichweite. Im unterversorgten lĂ€ndlichen Raum sind privatwirtschaftliche Alternativen zum Taxiverkehr somit nicht profitabel. Statt nur das Taxigewerbe weiter zu entlasten, sollten auch neue MobilitĂ€tsanbieter eine faire Chance bekommen, zur Daseinsvorsorge im Individualverkehr beizutragen. Dementgegen stehen auch die vorgesehenen Vorschriften fĂŒr Poolingdienste jenseits des ĂPNV. Festgelegte Preiskorridore, Bediengebiete und eine Limitierung der Fahrzeugzahl durch eine Poolingquote erschweren profitable GeschĂ€ftsmodelle. Um das MobilitĂ€tsangebot im lĂ€ndlichen Raum zu erweitern, mĂŒssen auch in Mietwagen lukrativ EinzelplĂ€tze vermietet werden können. Mischkonzessionen dĂŒrfen nicht lĂ€nger nur auf kleine Kommunen beschrĂ€nkt bleiben. AuĂerdem erschlieĂt sich nicht, warum es kleinen Kommunen vorbehalten bleiben soll, bei tageszeitlicher oder genereller Unterversorgung lediglich Taxianbieter aus öffentlichen Mitteln gegenzufinanzieren.
UmweltvertrĂ€glichkeit muss besser umgesetzt werden Viele Regeln des PBefG dienen heute vor allem dem Schutz einzelner Marktteilnehmer im Wettbewerb â zu Lasten von Umwelt und Verbrauchern. Das neue Schutzziel âUmweltvertrĂ€glichkeitâ im novellierten PBefG ist begrĂŒĂenswert, ergibt aber nur Sinn, wenn auch die Leerfahrten durch die RĂŒckkehrpflicht abgeschafft werden und neue MobilitĂ€tsangebote nicht absichtlich benachteiligt werden â fĂŒr weniger Staus, weniger Emissionen und passgenaue Angebote
zu bezahlbaren Preisen. DafĂŒr ist eine umfassende Ăberarbeitung der vorgelegten Eckpunkte im weiteren Gesetzgebungsprozess nötig. DarĂŒber hinaus mĂŒssen die Potenziale des fahrerlosen Fahrens schnellstmöglich durch einen sicheren Rechtsrahmen nutzbar gemacht werden. Gut zu wissen nâ Poolingdienste: Beim RidePooling wird ein IT-Algorithmus eingesetzt, der automatisch Fahrgemeinschaften zwischen FahrgĂ€sten bildet, die ein Ă€hnliches Ziel haben. Auf diese Weise teilen sich FahrgĂ€ste die Fahrt und den Fahrpreis möglichst effizient nâ Mischkonzessionen: FĂŒr denselben Personenkraftwagen werden Taxi-, Mietwagen- und Poolingverkehr genehmigt nâ Autonomes Fahren: Damit ist das Fahren eines Fahrzeugs ohne Fahrer gemeint. Beim automatisierten Fahren stehen dem Fahrer verschiedene Assistenzfunktionen als UnterstĂŒtzung zur VerfĂŒgung Anna Dietrich Referentin MobilitĂ€t, KI & Smart Cities, Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. www.bvdw.org