Satire als Gegenmittel in Krisen Satire kennt viele KanĂ€le und Formen, die neben Unterhaltung auch tiefgrĂŒndigere Funktionen haben. Aber welche Rolle spielt Satire in Krisensituationen, welchen Mehrwert hat sie und wo liegen die Grenzen? SUMO sprach darĂŒber mit Florian Scheuba, Schauspieler, Kabarettist, Buchautor, Kolumnist und Moderator, und Fritz Jergitsch, Kabarettist und Chefredakteur von âDie Tagespresseâ. Krisensituationen beeinflussen insbesondere das psychische Wohlergehen der Menschen und können unter anderem Angst, Stress und Verzweiflung verursachen. Im AXA Mental Health Report 2020 gaben 32% der Befragten eine Verschlechterung der eigenen psychischen Verfassung im Verlauf der Corona-Krise an. Ein Weg, mit einer solchen Belastung umzugehen, ist â zu lachen. Laut Fritz Jergitsch haben Satire und Humor eine psychohygienische Funktion. Sie könnten angespannte Situationen entkrampfen und dazu beitragen, besser mit ihnen umgehen zu können. âIm Englischen gibt es die Redewendung âTo make light of a bad situationâ, wenn man einen Witz ĂŒber eine schwierige Situation macht. Ich denke, das sagt schon sehr viel darĂŒber aus, was Humor in unserem Gehirn macht. Er hilft uns, den Alltag besser zu ertragenâ. Die Konfrontation mit Ăngsten ist besonders in Krisensituationen fĂŒr viele Menschen ein Problem. Auch hier kann Humor ein Gegenmittel sein. Florian Scheuba beschreibt Satire als eine Notwehr gegen Zumutungen. In Krisensituationen könne satirischer Humor eine Methode sein, Angst zu nehmen und Abstand zu gewinnen. âAngst ist eine Degeneration der Aufmerksamkeit. Humor und Satire sind Kraftfutter fĂŒr Aufmerksamkeit. Sie können Aufmerksamkeit wieder auf Dinge lenken und helfen, sie wieder einzuordnen und mit etwas weniger Angst auf diese zu schauenâ.
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Kritik der MĂ€chtigen Das Kritisieren von Personen, Ereignissen oder ZustĂ€nden gehört zu den Grundfunktionen von Satire. Mittels Stilelementen wie Ironie, Ăbertreibung und Spott können MissstĂ€nde aufgegriffen und zum Nachdenken und Reflektieren angeregt werden. Satire ist daher im Gegensatz zur klassischen Comedy hochpolitisch. Diese Funktion ist auch besonders in Krisensituationen wichtig. Dazu sagt der Chefredakteur von âDie Tagespresseâ: âEs gehört zur Grundaufgabe der Satire, dass sie
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Satire als Gegenmittel in Krisen
denen da oben den Spiegel vorhĂ€lt und durch das Mittel der satirischen Ăbertreibung MissstĂ€nde sichtbarer macht, indem diese ein bisschen exzessiver dargestellt werden, als sie sind. So erfĂŒllt Satire natĂŒrlich auch eine Funktion als Kritik der Politik und der MĂ€chtigenâ. Informationscharakter Satire hat einen gröĂeren Mehrwert als die bloĂe Unterhaltung. Dieser ist jedoch oft nicht gleich ersichtlich und nur schwer quantifizierbar. Satire kann Wahrheiten, Nachrichtenwerte und Informationsgehalte ĂŒbermitteln und dies anders verpacken als gewöhnlich. Humor und Wahrheit sind zwei eng miteinander verbundene Dinge. Laut Jergitsch funktionieren Witze nur mit einem wahren Kern. Scheuba betont auch die weitere wichtige Funktion von Satire, Inhalte zu vermitteln, die medial zu wenig gewĂŒrdigt werden. Damit sei auch ein gewisser Bildungsauftrag verbunden. Besonders in Krisenzeiten gingen oft wichtige Themen unter, auf die man mittels satirischer Darstellung Aufmerksamkeit lenken könne. Krisensituationen wĂŒrden auch manchmal bewusst von Menschen genutzt werden, die darauf hoffen, dass eine Sache untergehe und medial nicht wahrgenommen werde. Dabei habe Satire die FĂ€higkeit, den Fokus des öffentlichen Interesses auf solche Themen lenken zu können. Wo liegen die Grenzen? Die Frage, wann Satire zu weit geht wird seit Ewigkeiten stark debattiert, aufgrund der potentiellen Reichweite im Internet noch heftiger. Kontroversen wie um Jan Böhmermanns Gedicht ĂŒber den tĂŒrkischen PrĂ€sidenten ErdoÄan mit dem Titel âSchmĂ€hkritikâ sind Auslöser solcher Diskussionen. GrundsĂ€tzlich wird Satire in Ăsterreich gesetzlich kraft der Meinungs- und Kunstfreiheit geschĂŒtzt, ihre Grenzen liegen bei der Verletzung der menschlichen Ehre und der MenschenwĂŒrde. Aber nicht nur gesetzliche Vorschriften, sondern auch die subjektive EinschĂ€tzung darĂŒber,