6. April 2025
11:00 Uhr, Großer Saal
6. April 2025
11:00 Uhr, Großer Saal
Sonntagsmatineen IV Saison 24–25
1.–4.
Do, 1. Mai 2025, 19:30
Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz
Johanna Summer Resonanzen
Improvisationen über Werke von Bach über Bruckner bis Ligeti
Fr, 2. Mai 2025, 19:30
Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz
Théo Ould
Laterna Magica
Der französische Akkordeonist sprengt mit Stücken von Bach bis zur Gegenwart musikalische Grenzen.
Festivalpass
€ 40,–//Junger Festivalpass: € 20,–
Sa, 3. Mai 2025, 20:00
Mittlerer Saal, Posthof Linz
Orchester im Treppenhaus disco
Die Zukunft der klassischen Musik ist tanzbar!
So, 4. Mai 2025, 11:00
Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz
Lizard
The people here go mad
Das Linzer Ensemble präsentiert (nicht nur etablierte) Werke der zeitgenössischen Musik.
So, 4. Mai 2025, 18:00
Großer Saal, Brucknerhaus Linz
Festival Sinfonietta Linz
Der Klang der Stadt
Werke von Cage, Shaw, Bryars und Schwertsik sowie die Uraufführung eines Auftragswerks von Alfred Huber
Karten & Infos
+43 (0) 732 77 52 30 kassa@liva.linz.at brucknerhaus.at/festival4020
Das Programm auf einen Blick
Mischa Maisky gehört zu den bedeutendsten Künstler:innen unserer Zeit. Mit seiner Interpretation der Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach hat er Maßstäbe gesetzt. Als »Quintessenz aller Musik« bezeichnete sein Kollege Pablo Casals Bachs Werkzyklus, dessen Suite Nr. 1 in GDur heutzutage zu den berühmtesten Werken der klassischen Musik zählt.
Neben zwei Werken von Pjotr Iljitsch Tschaikowski – der schwelgerischen Nocturne und der mitreißenden Serenade für Streicher, mit der der Komponist seiner »MozartVerehrung Tribut zollen« wollte – steht zudem Max Bruchs Kol Nidrei, basierend auf dem gleichnamigen jüdischen Gebet, in einem Arrangement für Streichorchester von Maisky selbst auf dem Programm.
Mischa Maisky | Violoncello
dogma chamber orchestra
Mikhail Gurewitsch | Violine und Leitung
Brucknerhaus-Debüt
Johann Sebastian Bach 1685–1750
Suite Nr. 1 GDur für Violoncello solo BWV 1007 // vor 1720
I Prélude
II Allemande
III Courante
IV Sarabande
V Menuett I – Menuett II
VI Gigue
Pjotr Iljitsch Tschaikowski 1840–1893
Nocturne für Violoncello und Orchester cisMoll op. 19, Nr. 4 // 1873, 1888 [attacca:]
Max Bruch 1838–1920
Kol Nidrei. Adagio für Violoncello und Orchester op. 47 // 1880 [Arrangement für Streichorchester von Mischa Maisky]
Hinweis: Tschaikowskis Nocturne und Bruchs Kol Nidrei gehen nahtlos ineinander über.
// Pause //
Pjotr Iljitsch Tschaikowski
Serenade für Streicher CDur op. 48 // 1880
I Pezzo in forma di sonatina. Andante non troppo –Allegro moderato
II Valse. Moderato – Tempo di valse
III Élégie. Larghetto elegiaco
IV Finale. Tema russo. Andante – Allegro con spirito
Konzertende ca. 12:45 Uhr
Johann Sebastian Bach // Suite Nr. 1 G-Dur für Violoncello solo
»Sie sind die Quintessenz von Bachs Schaffen, und Bach selbst ist die Quintessenz aller Musik« – auf diese Formel brachte der Cellist Pablo Casals den musikalischen Stellenwert der insgesamt sechs Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach, von denen die Suite Nr. 1 in G-Dur wohl die berühmteste ist. Nichtsdestotrotz rankt sich um die Suiten so mancher Mythos. Viele Details über den Hintergrund ihrer Entstehung sind bis heute nicht bekannt und werden vielleicht für immer verborgen bleiben – sogar Bachs Autorschaft wurde in der Vergangenheit in Frage gestellt. Der Grund für die Skepsis? Von den Suiten für Violoncello existiert kein Original in Bachs Handschrift, das Werk ist lediglich in Form verschiedener Abschriften überliefert – die wiederum zum Teil unvollständig sind oder andere Mängel aufweisen. Auch wenn die Musikforschung Zweifel an Bachs Autorschaft mittlerweile aus dem Weg räumen konnte, bleiben immer noch zahlreiche Fragen offen. Zum Beispiel lässt sich nicht genau feststellen, in welchem Zeitraum und zu welchem Anlass die Suiten ursprünglich entstanden sind. Der erste Bach-Biograf Johann Nikolaus Forkel war der Ansicht, dass Bach seine sechs Suiten für Cello, ebenso wie ihr ›Schwesternwerk‹, die sechs Suiten für Violine solo, als Studienwerke komponiert hatte, die für die höhere Ausbildung am jeweiligen Instrument gedacht waren. Für die Verwandtschaft der beiden Werkzyklen spricht die Tatsache, dass Bach die sechs Suiten für Violine auf der Titelseite des erhaltenen Autographs ausdrücklich als »Libro primo« bezeichnete. Die Annahme, dass die Suiten für Cello demnach als »Libro secondo«, also als Fortsetzung entstanden sind, liegt insofern nahe, muss aber trotzdem Spekulation bleiben. Jede Suite der Sammlung ist nach demselben Prinzip aufgebaut: Nach einem einleitenden Prélude folgen die im deutschen Hochbarock üblichen vier Tanzsätze Allemande, Courante, Sarabande und Gigue, vor der Bach in der Suite Nr. 1 noch zwei Menuette in Dur
Johann Sebastian Bach // Suite Nr. 1 für Violoncello solo
Prélude der Suite Nr. 1 für Violoncello von Johann Sebastian Bach in der Abschrift von Anna Magdalena Bach, zwischen 1727 und 1731
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Nocturne für Violoncello und Orchester
und Moll einschiebt. Im Gegensatz zur polyphonen Kontrapunktik der Suiten für Violine zeichnen sich die Suiten für Cello durch eine optimistische Leichtigkeit und harmonische Schlichtheit aus. Wenn man so will, kann man dabei die Suite Nr. 1 als Meditation über einen einzigen Dreiklang auffassen: Außer der Gigue und dem zweiten Menuett in g-Moll entwickelt sich jeder Satz aus einer Variante des G-Dur-Dreiklangs G – D – H, Modulationen oder harmonische Entwicklungen finden kaum statt. Das weltberühmte Prélude beginnt mit gleichmäßigen Dreiklangsbrechungen, die entfernt an das Präludium in C-Dur aus dem Wohltemperierten Klavier erinnern. Dieses gleichmäßige Grundmuster wird allerdings immer wieder durch kontrastierende Einschübe unterbrochen. Die folgenden Sätze – musikalische Stilisierungen von historischen Tänzen, von denen die meisten zu Bachs Lebzeit schon lange nicht mehr getanzt wurden – sind Musterbeispiele für das barocke Prinzip der Inventio: Ausgehend von derselben musikalischen Idee entfalten sich die einzelnen Sätze auf ganz unterschiedliche Art und Weise, von den ausschweifenden Melodiebögen der Allemande über die beschwingte Rhythmik der Courante oder die feierliche Gravität der Sarabande bis hin zur eleganten Leichtigkeit der Menuette und dem fröhlichen Kehraus der Gigue.
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Nocturne für Violoncello und Orchester
Nur wenig beeindruckt von der Musik Johann Sebastian Bachs war seinerzeit Pjotr Iljitsch Tschaikowski: »Ich kann wohl sagen, dass ich Bach gern spiele, weil das Spielen einer guten Fuge unterhaltend ist, aber ich erblicke in ihm nicht ein großes Genie […]« urteilte er über seinen Vorgänger. Tschaikowski war ein talentierter Pianist und pflegte sich über viele Werke der Musikgeschichte spielend eine Meinung zu bilden. Diese Expertise ließ er auch in die Komposition seiner Sechs Stücke für Klavier op. 19 einfließen, zu denen das Nocturne zählt, welches er knapp 15 Jahre später für Violoncello und Orchester bearbeiten sollte. Die Sechs Stücke komponierte Tschaikowski im Sommer 1873 im Auftrag seines Verlegers Peter Jürgenson. Zu diesem Zeitpunkt war er als Professor für Musiktheorie und Komposition am Konservatorium in St. Petersburg
tätig und schrieb gelegentlich spitzfindige Rezensionen für die musikalische Zeitschrift Le Nouvelliste – zum Beispiel über Johann Sebastian Bach. Jedes seiner Sechs Stücke für Klavier widmete Tschaikowski Pianist:innen aus seinem Umfeld. Die einzelnen Kompositionen schnitt er auf die technischen und musikalischen Stärken der Widmungsträger:innen zu. Das Nocturne eignete er der Pianistin und Pädagogin Monika Vikentyevna Terminskaya zu, einer Schülerin von Anton Rubinstein und Absolventin des von ihm gegründeten St. Petersburger Konservatoriums, an dem auch Tschaikowski lehrte. Das Klavierstück erfreute sich schnell großer Beliebtheit, der Cellist Wilhelm Fitzenhagen erstellte daher eine eigene Bearbeitung des Nocturnes für Violoncello und Klavier. Diese Fassung nahm wiederum Tschaikowski als Vorlage für ein eigenes Arrangement für Violoncello und Orchester, welches er im Februar 1888 anfertigte. Anlass war ein Konzert des russischen Cellisten Anatoly Brandukov in Paris. Die Erstaufführung dieser Fassung fand im Rahmen eines Privatkonzerts in den Pariser Räumlichkeiten der russischen Salonière Marie de Benardaky statt, dirigiert vom Komponisten persönlich. Fünf Tage später erfolgte die öffentliche Uraufführung in Paris.
»Alle Gelübde« lautet die deutsche Übersetzung des aramäischen Kol Nidrei. Es handelt sich um eine formelhafte Erklärung, mit der das Abendgebet am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur eingeleitet wird. Mit dem vom Kantor gesungenen Kol Nidrei wird Gott angefleht, »alle Gelübde, Verbote, Bannsprüche, Umschreibungen und alles, was dem gleicht, Strafen und Schwüre, die wir geloben, schwören, als Bann aussprechen, uns als Verbot auferlegen« zu vergessen – sowohl für das vergangene als auch für das kommende Jahr. Dieser formalisierte Widerruf von Gelübden löste in der Geschichte immer wieder Kontroversen aus: Es bestand die Sorge, dass das Kol Nidrei für jede Art von Versprechen gelte, sei es im religiösen oder im bürgerlichen Leben. Welchen Wert hat schon ein Gelübde, das jederzeit widerrufen werden kann? Rabbiner mussten immer wieder klarstellen, dass die Erklärung niemanden von seinen weltlichen Versprechen – wie zum Beispiel einem Eid vor Gericht – entbindet, sondern bloß von Gelübden vor Gott.
Max Bruch, Holzschnitt nach einer Fotografie von Adolf Neumann, 1881
Andere gingen dazu über, sicherheitshalber ganz auf das Kol Nidrei zu verzichten. Nichtsdestotrotz gehört die Erklärung heutzutage zu den bekanntesten Gebeten des Judentums, wozu nicht zuletzt auch Max Bruchs berühmte gleichnamige Komposition ihren Beitrag leistete.
Max Bruch // Kol Nidrei
Noch ehe jüdische Komponist:innen zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermehrt damit begannen, ihrem kulturellen Erbe musikalischen Ausdruck zu verleihen, verfasste der katholisch erzogene, später zum Protestantismus konvertierte Bruch, Enkel des berühmten evangelischen Theologen Christian Gottlieb Bruch, im Jahr 1880 sein Kol Nidrei op. 47, ein Adagio für Violoncello und Orchester. Den 1838 in Köln geborenen Komponisten verschlug es nach Stationen in Koblenz, Sondershausen und Bonn nach Berlin, wo er 1878 die musikalische Leitung des Stern’schen Gesangvereines übernahm. So kam er auch mit jüdischen Gebräuchen und Melodien in Kontakt. Bruch interessierte sich dabei allerdings mehr für die folkloristische als für die spirituelle Dimension der jüdischen Weisen.
Ermutigt von Abraham Jacob Lichtenstein, dem Kantor der jüdischen Gemeinde in Berlin, komponierte er eine Variationsfolge »auf zwei hebräische Melodien«, deren erste das Kol Nidrei ist, vorgestellt vom Violoncello in Form eines instrumentalen ›Kantorengesangs‹. Als zweites Thema verwendete Bruch Isaac Nathans Vertonung von Lord Byrons Hymne »Oh! weep for those that wept by Babel’s stream«, deren ruhiger und feierlicher Duktus einen spannungsvollen Kontrast zum klagenden Charakter des ersten Teils bildet. Das Resultat ist ein elegisches, melancholisches und geheimnisvolles Werk, in dem Passagen in Dur und Moll fließend ineinander übergehen. Nach einem klagenden rezitierenden Beginn des Violoncellos in d-Moll verdichtet sich das musikalische Geschehen zu einer für die Musik der Romantik charakteristischen Steigerung, die schließlich nach D-Dur umschlägt, bevor die Musik im Morendo leise verklingt. »Wenn ich auch Protestant bin, so empfand ich als Künstler doch die außerordentliche Schönheit dieser Melodien und verteilte sie daher glücklich über meine Bearbeitung«, beschrieb Bruch seinen Schaffensprozess. Auch wenn er der Meinung war, dass sein Stück bei der Uraufführung »durch ein wahnsinnig langsames Adagio künstlich vom Leben zum Tode gebracht« worden war, avancierte es schon bald zu einem seiner populärsten Werke und bildet im Verbund mit der Schottischen Fantasie op. 46 und dem 1. Violinkonzert op. 26 den schmalen noch heute im Konzertsaal anzutreffenden Ausschnitt aus dem reichen Schaffen des Komponisten.
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Serenade für Streicher
Pjotr Iljitsch Tschaikowski // Serenade für Streicher
Im Spätsommer 1880 verbrachte Pjotr Iljitsch Tschaikowski seine Sommerferien auf dem Landgut seiner Schwester in Kamenka, einem kleinen Dorf in der heutigen Ukraine. Er vertrieb sich dort die Zeit, indem er sich mit berühmten Vorgängern beschäftigte. Vor allem mit Werken von Wolfgang Amadé Mozart umgab sich Tschaikowski in diesem Sommer, er empfand sie als beruhigend: »Wissen Sie, dass ich mich jünger und munterer, beinah als Jüngling fühle, wenn ich Mozart spiele!« schrieb er in diesen Tagen an seine Mäzenin Nadeschda von Meck. Inspiriert von Mozarts Personalstil konnte Tschaikowski den Stift nicht lange ruhen lassen: Er musste komponieren und »dieser Mozart-Verehrung Tribut zol-
Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Fotografie von Émile Reutlinger, 1888
len«. Seine Serenade für Streichorchester ist das Resultat dieses MozartSommers 1880 – eine musikalische Hommage an den Komponisten der Wiener Klassik, der selbst zahlreiche Serenaden komponierte. Als solche bezeichnete man seit dem 15. Jahrhundert ein abendliches Ständchen oder eine Abendmusik unter freiem Himmel. Seit der Wiener Klassik hatte sich der Begriff allerdings vom Aufführungsort und -modus unabhängig gemacht. Er stand seitdem für ein suitenähnliches Instrumentalstück mit mehreren Sätzen, bei Mozart sind es manchmal bis zu sieben, wie in seiner Gran Partita KV 361. Tschaikowskis Serenade besteht lediglich aus vier Sätzen, ebenso wie Mozarts Serenade Nr. 13 in GDur KV 525, besser als Eine kleine Nachtmusik bekannt.
Vor allem im ersten Satz, der in Form einer Sonatine angelegt ist, wollte Tschaikowski Mozarts charakteristische Klangsprache imitieren. Das klangliche Ergebnis ist allerdings hochromantische ›Gefühlsmusik‹, eine musikalische Verwandtschaft zu Mozart besteht vielleicht im Geiste und in der Form, jedoch nicht im Tonsatz. Bereits die langsame Einleitung, die zwischen den Tonarten a-Moll und C-Dur pendelt, zeichnet sich durch satte Streicherklänge im Marcatissimo aus; dichte Akkordstrukturen mit Doppelgriffen in Violinen und Bratschen lassen keine besondere Nähe zur Musik der Wiener Klassik erkennen. Tschaikowski schien sich beim Komponieren der Einleitung in einem regelrechten Klangrausch befunden zu haben. »Je größer das Streichorchester, desto besser! Dies entspricht genau meinen Intentionen«, notierte er enthusiastisch auf dem zweiten Notenblatt seines Manuskripts. Das anschließende Allegro moderato besteht aus einem tänzerisch-schreitenden Hauptthema und einem zierlichen Seitenthema in G-Dur, das sich durch repetierte Sechzehntel auszeichnet. Der zweite Satz der Serenade ist ein regelrechter ›Zuckerwatte‹-Walzer, mit dem Tschaikowski seinem Wiener Komponistenkollegen Johann Strauss (Sohn) hätte Konkurrenz machen können. Assoziationen zu weiteren berühmten Walzern Tschaikowskis wie dem Blumenwalzer aus seinem Ballett Der Nussknacker, dem dritten Satz seiner 5. Symphonie oder dem zweiten Satz seiner 6. Symphonie drängen sich auf. Bei aller Leichtigkeit und Eleganz stellt dieser Satz nichtsdestotrotz höchste technische Anforderungen an die Musiker:innen. Einen GegenPjotr Iljitsch
Sonatine ist eine ›kleine‹ Sonate mit zwei bis drei Sätzen. Der erste Satz besitzt keine oder nur eine sehr kurze Durchführung.
pol zu den beschwingten Walzer-Rhythmen bildet der dritte Satz, eine Élégie, die mit einem dichten Melodiegefüge beginnt, bevor sich eine zarte Kantilene in den Geigen entspinnt, die schließlich von den Violoncelli fortgeführt wird. Der Satz kulminiert zu einem dramatischen Höhepunkt, der schließlich in Resignation umschlägt. Zum Schluss erklingt nochmals die Einleitung, nun wie ein erstickter Grabgesang, der in den letzten Takten des Satzes in ätherischen Höhen im Pianissimo verklingt. Im Finale der Serenade zeigt Tschaikowski sich schließlich von seiner folkloristischen Seite, indem er mehrere russische Volksmelodien in den Satz einbaut. In der leisen Einleitung, die sich fast nahtlos an das Ende des dritten Satzes anschließt, zitiert Tschaikowski ein Kutscherlied von der Wolga, während er im weiteren Verlauf des Satzes eine Tanzweise mit dem Titel Unter dem grünen Apfelbaum aufgreift, die aus seiner eigenen Sammlung russischer Volkslieder stammt. Die Volksweise besitzt melodische Ähnlichkeit mit der langsamen Einleitung des ersten Satzes, die zum Ende des letzten Satzes übergangslos aus dem Volkslied hervorgeht. Erster und letzter Satz werden so nicht nur zyklisch verbunden, sondern zugleich russische Volksmusik und historisierende MozartHommage kongenial miteinander verschmolzen.
Paula Schlüter
»Sie glauben gar nicht, liebe Freundin, welche unvergleichliche Freude ich empfinde, wenn ich mich in seine Musik vertiefe. Sie lässt sich keineswegs mit der fast quälenden Begeisterung vergleichen, die die Musik Beethovens, Schumanns und Chopins – vor allem Beethovens – in mir auslöst. Diese Musik begeistert und erregt mich, sie versetzt mich in Unruhe, aber sie liebkost nicht, sie beruhigt nicht wie Mozarts Musik. Die Fähigkeit, mich für Mozart zu begeistern, verdanke ich wohl der Tatsache, dass ich bis zum 17. Lebensjahr wenig Musik kannte und erst durch eine Aufführung des Don Giovanni das Verständnis und die Liebe in mir geweckt wurden. Menschen meiner Generation wurden meist schon als Kinder mit der Musik vertraut, lernten Mozart erst nach Chopin kennen, in dessen Musik sich Byron’sche Enttäuschung und Verzweiflung so stark widerspiegeln. Zu meinem Glück bin ich in einer wenig musikalischen Familie aufgewachsen und deshalb in meiner Kindheit nicht mit dem Gift durchtränkt worden, das die Musik von Beethovens Nachfolgern kennzeichnet. Und dasselbe Schicksal führte mich bereits im Jünglingsalter der Musik Mozarts zu, und durch sie entdeckte ich ungeahnte Weiten musikalischer Schönheit. Solche Jugendeindrücke sind für das ganze Leben entscheidend. Wissen Sie, dass ich mich jünger und munterer, beinah als Jüngling fühle, wenn ich Mozart spiele!«
Brief von Tschaikowski an Nadeschda von Meck, 16. September 1880
Violoncello
Mischa Maisky ist der einzige Cellist weltweit, der sowohl bei Mstislaw Rostropowitsch als auch bei Gregor Piatigorsky studiert hat. In Lettland geboren und in Russland ausgebildet, wurde er nach seiner Repatriierung in Israel mit Begeisterung in den Konzertsälen von London, Paris, Berlin, Wien, New York, Tokio und vielen anderen empfangen. 2023 beging Mischa Maisky nicht nur seinen 75. Geburtstag, sondern auch sein 50jähriges Bühnenjubiläum im Westen.
Als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon spielte Mischa Maisky mehr als 40 Aufnahmen mit namhaften Orchestern wie den Wiener und Berliner Philharmonikern, dem Israel Philharmonic Orchestra, dem London Symphony Orchestra, dem Orchestre de Paris, dem Orpheus Chamber Orchestra und dem Chamber Orchestra of Europe ein. Seine Aufnahmen erhielten nicht nur grandiose Kritiken, sondern auch renommierte Auszeichnungen (Record Academy Prize, Echo Klassik, Grand Prix du Disques, Diapason d’Or) sowie mehrere Nominierungen für den Grammy Award.
Ein besonderer Höhepunkt seiner Konzerttätigkeit war das Jahr 2000, in dem Mischa Maisky den 250. Todestag Johann Sebastian Bachs auf ganz besondere Weise würdigte. In einem Konzertmarathon von über 100 Konzerten brachte er Bachs Solosuiten weltweit zur Aufführung. Er war regelmäßiger Gast auf großen internationalen Festivals und hat mit namhaften Dirigenten wie Leonard Bernstein, Carlo Maria Giulini, Paavo Järvi, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Riccardo Muti, James Levine, Giuseppe Sinopoli, Vladimir Ashkenazy, Daniel Barenboim, Charles Dutoit, Yuri Temirkanov, Mariss Jansons und Gustavo Dudamel gearbeitet. Seine kammermusikalische Zusammenarbeit schloss Künstler:innen wie Martha Argerich, Radu Lupu, Nelson Freire, Evgeny Kissin, Itzhak Perlman, Lang Lang, Peter Serkin, Gidon Kremer, Yuri Bashmet, Vadim Repin, Maxim Vengerov, Joshua Bell, Julian Rachlin und Janine Jansen ein.
Das dogma chamber orchestra zählt zur Spitze der europäischen Kammerorchester und hat maßgeblichen Anteil an der Auffrischung, die dieses Segment der Musiklandschaft im 21. Jahrhundert erfahren hat. 2004 gegründet vom Geiger Mikhail Gurewitsch, verfolgt das Orchester die Mission, zeitgerechte Interpretationen klassischer Musik mit moderner Konzertgestaltung zu verbinden. Dabei sorgt das selbstbestimmte Musizieren im Stehen, konsequent ohne Dirigent:in, stets für eine besondere Intensität. Seine Konzerttätigkeit erstreckt sich über alle Kontinente, von der Elbphilharmonie Hamburg über die Liederhalle Stuttgart und das Concertgebouw Amsterdam bis zur Tokyo Bunka Kaikan und zum Teatro Colón in Buenos Aires, vom George Enescu Festival in Bukarest bis zum Schleswig-Holstein Musik Festival. Zu seinem Repertoire gehören Werke des Barocks, der Klassik und der Romantik sowie zeitgenössische Kompositionen.
Mikhail Gurewitsch erhielt seinen ersten Geigenunterricht an der Musikschule des St. Petersburger Rimski-Korsakow-Konservatoriums. An der Hochschule für Musik Detmold schloss er seine Studien ab. Schon in jungen Jahren gastierte er bei verschiedenen Festivals, darunter die Eisenacher Telemann-Tage und das Festival Young Prague. Dem folgten solistische und kammermusikalische Auftritte, die ihn in renommierte Konzertsäle wie die St. Petersburger Philharmonie, die Kölner Philharmonie, das Gewandhaus Leipzig, die Alte Oper Frankfurt, die Tonhalle Zürich und das Schloss Elmau führten. Er konzertierte als Solist mit der Jungen Philharmonie Köln, der Nordwestdeutschen Philharmonie, den St. Petersburger Symphonikern und dem Orchester I Sedici, dessen Konzertmeister er mehrere Jahre war. 2004 gründete Mikhail Gurewitsch das dogma chamber orchestra, das 2019 mit dem Opus Klassik ausgezeichnet wurde.
Klänge sehen – Bilder hören
Sa, 13. Sep 2025, 19:30
Daniele Gatti und die Sächsische Staatskapelle Dresden bringen Gustav Mahlers 5. Symphonie und Tōru Takemitsus Requiem für Streichorchester ins Brucknerhaus Linz.
Do, 18. Sep 2025, 19:30
Das ORF RadioSymphonieorchester Wien und Saxofonistin Asya Fateyeva präsentieren unter der Leitung von MeiAnn Chen Werke von Erich Wolfgang Korngold, Péter Eötvös und John Williams.
So, 28. Sep 2025, 18:00
Ivor Bolton und das TonkünstlerOrchester Niederösterreich bringen eine vollendete Rekonstruktion von Bruckners 9. Symphonie in ihrer ganzen Farbenpracht zum Klingen.
So, 5. Okt 2025, 18:00
Das wohl berühmteste Streicherensemble der Welt interpretiert neben Anton Bruckners »Locus iste« Werke von Heitor VillaLobos, Gabriel Fauré und George Gershwin, Filmmusik und mitreißenden Tango.
brucknerfest.at
Impressum
Herausgeberin
Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
Redaktion
Paula Schlüter, MA
Biografien
Romana Gillesberger
Lektorat
Celia Ritzberger, BA MA
Gestaltung
Lukas Eckerstorfer
Abbildungen gemeinfrei (S. 7, 10 & 12), B. Rosenberg (S. 17), A. Mayntz (S. 18), G. Megrelidze (S. 19)
Programm, Termin und Besetzungsänderungen vorbehalten
LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
Wir danken für Ihren Besuch und wünschen Ihnen ein schönes Konzert!
Werke von Mozart, Liszt und Beethoven
VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN
Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at 8. Mai 2025 · 19:30 Uhr C. Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH
Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20 linz@bechstein.de · bechstein-linz.de