


Petra Schwarzkopf
Detektei Anton – Bombenstimmung
Best.-Nr. 271 766
ISBN 978-3-86353-766-1
Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg
Alle Bibelverse und die Kommentare auf den Seiten 152 bis 153 wurden zitiert nach:
Schlachter-Übersetzung – Version 2000
© 2000 Genfer Bibelgesellschaft
1. Auflage
© 2022 Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg www.cv-dillenburg.de
Satz und Umschlaggestaltung:
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Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
1. Fundsache
2. Schulbeginn
3. Cesare Lombroso
4. Lasse
5. Ein unscheinbares Kästchen
6. Deine Martha
7. Judengasse
8. Lieber Leopold
9. Schuld und Sühne
10. Die Stolperstein-AG
11. Immer dieser Werner
12. Bombenstimmung
13. Happy End für Ruth
14. Der
15. Alles
16. Sonntagabend
17. Im Stadtrat
Nachwort

1. MAi 1942

Egal, wie weit Leopold die Augen auch aufriss, es blieb dunkel um ihn herum. Schweiß lief ihm von der Stirn in die Augen und über das Gesicht. Mit zitternden Fingern tastete der Junge nach den steinigen Wänden und schob sich Stück für Stück vorwärts. Es war totenstill, die Dunkelheit wie in Watte gepackt. Kein Laut drang hier herunter in die Tiefe. Er hörte weder seinen schnellen Atem noch die eigenen Schritte auf dem Lehmboden. Nur sein Puls dröhnte in den Ohren, wie die Füße der Soldaten auf dem Kopfsteinpflaster. Nein, nicht ganz so. Sein Herz raste und stolperte von einem Schlag zum nächsten. Die Soldaten aber marschierten immer im Gleichschritt. Egal, was geschah. Nichts schien sie jemals aus dem Takt zu bringen.
Müde schloss Leopold die brennenden Augen. Trotzdem verschwanden die Uniformen nicht. Sie wohnten in seinem Kopf, und er trug sie mit sich. Immer waren sie da, bei Tag und bei Nacht. Nirgendwo hatte er Ruhe, nicht einmal hier unten im Schoß der Erde, im Keller unter dem Keller!
Der Junge hielt die Luft an, um sein Herz zu beruhigen. Tatsächlich verlangsamte sich der Schlag nach einigen Sekunden. Leopold schob sich vorwärts, die trockenen, aufgesprungenen Lippen fest aufeinandergepresst. Doch irgendwann musste er weiteratmen. Seine Lungen hielten sich nicht lange an den Befehl, den Dienst einzustellen. Sie forderten ihr Recht, und gierig wie ein Ertrinkender schnappte der Junge nach der kühlen, feuchten Luft. Sein Brustkorb

weitete sich und sog alles auf, was er kriegen konnte, egal, ob der Nase der modrige Geruch gefiel oder nicht. War der eigentlich immer schon da gewesen? Als sie noch hier gespielt hatten? Wie lange war das her? Es musste eine Ewigkeit sein!
Als Leopold endlich an der Ecke angelangt war, in der Onkel Cohns Flaschen standen, wurde ihm schwindelig. Seine Beine gaben nach. Mit dem Rücken an der Wand ließ er sich langsam zu Boden gleiten. Die feuchten Hände des Jungen griffen nach dem Lehm. Er war kühl, aber trocken. Leopold stöhnte auf und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Hatte er es geschafft? War er endlich in Sicherheit oder nur lebendig begraben?
fundSache
„D...Das E... E... Erdbeben heute N... Nacht war ganz schön heftig, Papa!“, erzählte Anton Schmickler seinem Vater Peter, der zügig an seiner Seite durch den Wald schritt.
Onkel Antons schwarzer Riesenschnauzer Caruso lief ohne Leine vor den beiden Männern her. Er hörte aufs Wort, und der Wald, in dem sie unterwegs waren, gehörte der Familie Schmickler. Ab und zu blieb der Hund sogar stehen und schaute, ob sein Herrchen ihm auch wirklich folgte.
„Ich weiß, Anton, ich war dabei“, sagte Peter Schmickler ungefähr zum zehnten Mal heute. „Deswegen sind wir hier, um überall nach dem Rechten zu sehen.“
Er liebte seinen jüngsten Sohn, auch wenn seine Geduld mit ihm so manches Mal auf die Probe gestellt wurde. Denn Anton sah nur von außen wie ein Vierzigjähriger aus. In dem erwachsenen Körper steckte immer noch ein achtjähriges Kind. Aber eines mit sehr viel Lebenserfahrung.
„Ge... Genau! B... Besonders am Hang“, bestätigte Onkel Anton. „G... Ganz schön heftig war das ... “, murmelte er vor sich hin.
Opa Schmickler seufzte. Auch den sogenannten Sonnenhang hatte sein Sohn schon öfter erwähnt. Er lag am Rand des Familienwaldes, den Peter Schmickler von seinen Eltern geerbt hatte.
Kleinere Erdbeben sind in der Eifel nicht ungewöhnlich, denn die Region ist vom Vulkanismus geprägt, und Anton wusste das von klein auf. Überall fand man stumme
Zeugen dieser Epoche. Selbst der größte See in RheinlandPfalz verdankte seine Existenz einem gewaltigen Vulkanausbruch vor einigen Tausend Jahren. Das hatte Anton in seiner Förderschule gelernt. Er hatte damals wochenlang schlecht geschlafen, weil sein Lehrer erzählt hatte, dass unter dem Laacher See immer noch eine riesige Magmakammer sei und ein neuer Ausbruch bevorstehen würde. Allerdings erst in mehreren Tausend Jahren. Doch für Anton waren tausend Jahre dasselbe wie ein Tag, und jedes Erdbeben beunruhigte ihn. Besonders ein so starkes wie das in der letzten Nacht.
„G... Ganz schön heftig!“, wiederholte Onkel Anton, um dann etwas Neues hinzuzufügen. „A... Aber unser Bus steht noch!“
„Ja, Anton!“
Anton Schmickler sprach von dem alten Caritas-Bus, den Opa nach dem Tod seiner Frau gekauft und für seine Enkel im Wald aufgestellt hatte. Silas und Rahel Schmickler trafen sich dort regelmäßig mit ihren Freunden Ronny Till und Sophia Mombauer. Sie nutzten das Auto als Hauptquartier für ihre Detektei, zu der auch ihr Onkel Anton samt Hund gehörte.
„Und meinen Bienen geht es gut. Die Stöcke stehen noch, und die Völker waren ruhig“, ergänzte Peter Schmickler. „Hoffentlich ist mit dem ehemaligen Weinberg auch alles in Ordnung.“
Die beiden Männer waren mittlerweile fast am Sonnenhang angekommen. Er hieß so, weil er den ganzen Tag in der
Sonne lag, was optimal für die Rebstöcke gewesen war, als es dort noch welche gab. Noch heute konnte man die alte Terrassierung des früheren Weinbaus erkennen, und es standen auch noch ein paar von den Trockenmauern, auf denen sich bei gutem Wetter die Eidechsen sonnten. Antons Vater trat unter den Bäumen hervor und blieb stehen. Er musste seine Augen nicht lange umherschweifen lassen. Auch sein Sohn hatte die Lage mit einem Blick erfasst.
„Ach, du Kacke!“, sagte er. Bei solchen Ausdrücken stotterte er seltsamerweise nie.
Ein winziges Stück des alten Weinberges war abgerutscht. Ein winziges Stück Weinberg bedeutete allerdings immer noch ziemlich viel Erde. Einige Mauern waren eingestürzt, andere standen schief. Und direkt vor ihnen war der Fußweg auf einer Länge von etwa hundert Metern mit Steinen und Erde verschüttet. Antons Vater seufzte noch einmal, aber diesmal, weil er an die Aufräumarbeiten dachte, die ihm bevorstanden. Na ja, sicher würde die Detektei Anton mit anfassen, aber ganz ohne Maschinen würde man hier kaum zurechtkommen.
„D... Da ham wir was zu tun!“, brachte Onkel Anton es auf den Punkt.
Opa Schmickler nickte. Er blieb am Waldrand stehen, um das Ausmaß des Schadens abzuschätzen, während sein Sohn bereits zielstrebig auf den Hang zuging. Der arme Sonnenhang sah aus wie ein Riesenzahn mit Karies. Der Erdrutsch hatte ein hässliches, braunes Loch in der Wand hinterlassen. Vereinzelt lagen ein paar Büsche und kleinere Bäume übereinander. Anton begann, den Hang hinaufzusteigen. Nachdem er ihn zur Hälfte erklommen hatte, blieb er plötzlich stehen.
„D... Da is was!“, rief Onkel Anton aufgeregt.
Caruso lief ihm vor die Füße. Er winselte und bellte.
„Was denn?!“, fragte Peter Schmickler und setzte sich in Bewegung, um Anton zu folgen.
„Ei... Ein Eingang!“, antwortete sein Sohn.
Er wartete, bis sein Vater ihn erreicht hatte, und rührte sich nicht vom Fleck.
„Tatsächlich“, stellte Opa Schmickler fest. „Das gibt es doch nicht! Das ist aus Beton.“
„W... Was is das, Papa?“, fragte Onkel Anton.
„Wenn mich nicht alles täuscht, ist das ein alter Weltkriegsbunker, und er ist gar nicht mal so klein.“
Von unten war die freigelegte Betonwand nicht zu sehen gewesen, weil sie hinter den umgestürzten Bäumen verschwand. Aber nun, wenn man direkt davor stand, konnte man sogar durch den Eingang hineinsehen. Die fensterlose Wand war etwa sieben Meter lang. Natürlich guckte sie nicht ganz aus dem Berg, sondern nur zum Teil. Die Türöffnung war fast zur Hälfte frei, dann verschwand nach links immer mehr von der Wand im Erdreich.
„Is... Is der groß, der Bunker?“, fragte Onkel Anton.
Doch sein Vater antwortete nicht sofort. Er stützte sich mit der linken Hand an der Türzarge ab und beugte sich gerade vorsichtig in den Eingang hinein.
„W... Wie groß ist der denn?“, bohrte Anton noch einmal nach. Diesmal klang er fast etwas ungeduldig. Opa Peter drehte sich zu ihm um.
„Ich glaube, es sind zwei Räume“, sagte er, „jeder etwa so groß wie unsere Küche.“
„Wo... Wozu braucht man den Bunker hier?“, schob Anton die nächste Frage hinterher.
Sein Vater rieb sich die Hände mit einem Taschentuch ab, obwohl sie nicht besonders erdig waren.
„Heute braucht man den nicht mehr“, antwortete er. „Gott sei Dank. Aber im Krieg schon.“
„Im Zweiten Weltkrieg?“
„Ja, genau.“
Nachdenklich sah Peter Schmickler auf die Überreste des letzten großen Krieges. Erstaunlich stabil ragten sie ebenso stumm und stur wie alte Vulkane aus dem Erdreich. Was diese Mauern wohl erzählen würden, wenn sie reden könnten?
Dann nahm er seine kleine Stabtaschenlampe aus der grünen Arbeitshose mit den vielen Taschen und leuchtete in den nur noch halb verschütteten Raum.
„Wow!“, sagte er, doch sein Sohn hörte es nicht mehr.
Anton hatte das Interesse bereits verloren. Er mochte keine Höhlen und hatte kein Verlangen, in den Bunker hineinzusehen, geschweige denn, hineinzugehen. Er drehte sich um und trat auf die abgerutschte Erde. Sofort gab sie nach, und sein Fuß rutschte ein Stück den Hang hinunter. Er konnte sich aber noch fangen und trat eilig auf den festen Boden zurück. Doch da, wo gerade noch sein Fuß gestanden hatte, war jetzt ein seltsamer Gegenstand zu sehen, der auch Caruso anlockte. Ein Stück Metall ragte etwa zehn Zentimeter in die Luft. Anton bückte sich neugierig, guckte es sich von allen Seiten genau an und streckte dann langsam die Hand danach aus. Caruso reckte die Nase in die gleiche Richtung. Er winselte wieder und tänzelte mit den Vorderpfoten auf der Stelle, als wolle er gleich auf die lose Erde springen und das Ding apportieren. Plötzlich hörte Anton seinen Vater rufen.
„Halt!“, befahl Opa Peter laut und deutlich. Caruso stand sofort still. „Nicht bewegen, Anton! Und nicht anfassen! Um Himmels willen! Nicht die Lage von dem Ding verändern!!!“
Rasch kam Herr Schmickler hinter den Zweigen hervor und rief seinen Hund zurück.
„Komm, Caruso! Hierher!“
Der schwarze Riesenschnauzer gehorchte aufs Wort. Auch Anton zog erschrocken die Hand zurück.
„W... Was ist das d... denn?“, stotterte er und richtete sich auf.
„Achtung, Anton!“, sagte sein Vater mit ruhiger Stimme, anstatt die Frage zu beantworten. „Komm her zu mir. Geh langsam rückwärts und sei vorsichtig!“
„W... Was ist das, Papa?“, fragte Onkel Anton, während er ein paar Schritte zurückwich.
„Pass auf, wo du hintrittst!“
Aufmerksam suchten Opa Schmicklers Augen den Boden ab.
„D... Das sieht aus wie ein Kegel v... vom Bowling!“, sagte Onkel Anton.
Sein Vater nickte und schluckte.
„Ja, aber es sieht nur so aus. Leider ist es nicht so harmlos, sondern gefährlicher Müll aus dem Krieg.“
Anton wurde blass.
„Ei... Eine B... Bombe!“, begriff er und blieb wie angewurzelt stehen.
„Nein, Anton, nicht unbedingt eine Bombe, aber möglicherweise genauso explosiv. Du kannst dich jetzt umdrehen und zu mir kommen.“
„W... Was ist das, Papa?!“, fragte Anton noch einmal.
Er wandte sich um und ging auf Zehenspitzen auf seinen Vater zu.
„Vielleicht eine Mörsergranate. Da drinnen liegen nämlich noch mehr davon“, sagte Herr Schmickler und zeigte mit der Hand auf den Bunker. Anton zuckte zusammen und sprang auf Opa Peter zu.
„D... Die explodiert gleich!“, murmelte er leise, als er neben ihm anhielt.
Sein Vater lächelte.
„Na ja, wahrscheinlich nicht“, beruhigte er, „aber so ein alter Munitionsfund ist auf jeden Fall mit Vorsicht zu genießen. Je länger das im Boden liegt, desto gefährlicher. Wenn auch nicht immer alles gleich in die Luft fliegen muss.
Der Inhalt kann auch giftig sein oder nur in Brand geraten oder die Umwelt verschmutzen.“
„H... Hab ich das g... gut gemacht, Papa?“, fragte Onkel Anton immer noch leise.
„Ja, sehr gut! Du hast auf mich gehört und das Ding nicht angefasst. Aber normal sprechen kannst du ruhig!“, grinste er und klopfte seinem Sohn auf die Schulter.
„D... Die is ja nich so groß“, sagte der nun lauter und sehr erleichtert.
„Größe und Form sagen leider nichts über die Gefährlichkeit aus, Anton. Es ist von außen schwer zu erkennen, was sich hinter dieser Metallhülle oder in der Erde verbirgt. Der Verdacht, also die Möglichkeit, dass es lebensgefährlich sein könnte, besteht hier immer, und er reicht aus, um uns zum Handeln zu zwingen. Wir sind verantwortlich für unseren Grund und Boden.“
„W... Was machen wir jetzt, Papa?“
„Erst mal gehen wir zurück auf den Fußweg, und dann rufen wir die Polizei an.“
Herr Schmickler machte sich vorsichtig an den Abstieg. Er ließ Anton vorgehen, und auch Caruso trottete brav hinterher.
„D... Die Polizei“, murmelte Anton vor sich hin, während er Richtung Fußweg ging. „U... Und dann, Papa?“, fragte er. „Hm?!“
„W... Was machen wir, w... wenn wir angerufen haben?“
Opa Peter steckte die Stabtaschenlampe im Gehen zurück in die Hosentasche und tastete bereits nach seinem Smartphone.
„Wir warten auf jeden Fall, bis die Polizei kommt. Nicht auszudenken, wenn hier Spaziergänger oder womöglich neugierige Kinder auf der Bruchstelle herumkraxeln.“ Opa Peter schüttelte sorgenvoll den Kopf. „Ich will mir gar nicht vorstellen, was alles passieren könnte, wenn sie den Haufen
Granaten entdecken.“ Er zeigte mit dem rechten Daumen über die Schulter zurück zu dem Betonbunker hinter seinem Rücken. „Achtzig Prozent von diesen Kriegsgranaten waren immerhin funktionstüchtig, das heißt, die meisten von den Dingern da drinnen könnten höchstwahrscheinlich auch heute noch hochgehen. Sie müssen nur auf den Boden fallen.“
„Oh, oh!“, machte Onkel Anton. „Wie ... wie viele sind denn da drin, Papa?“
„Ich weiß nicht, Anton, ich hatte keine Zeit zum Zählen.“ Antons Vater lächelte, aber sein Sohn reagierte nicht auf den Witz. Peter Schmickler seufzte. „Vielleicht noch hundert“, meinte er dann. „Es sieht so aus, als wenn sie nie abgeschossen wurden. Also, zumindest die da drinnen. Wahrscheinlich war das hier eine Verteidigungsstellung.“
Anton verstand sofort.
„Für die Brücke?“
„Ja, für die Brücke von Remagen. Irgendwann wurde die Stellung dann aufgegeben, als es keinen Sinn mehr machte. Wahrscheinlich, nachdem die Deutschen sich entschieden hatten, die Brücke selbst zu sprengen, um den von Westen kommenden Amerikanern den Weg über den Rhein abzuschneiden.“
„Ha... Hat aber nich geklappt“, wusste Anton, ebenfalls aus der Schule.
Opa schmunzelte. Manches blieb einfach im Gedächtnis seines Sohnes hängen, leider konnte man vorher nicht genau sagen, was das sein würde. Aber die Geschichte der alten, kriegsentscheidenden Eisenbahnbrücke war berühmt und hatte offensichtlich auch seinen speziell begabten Sohn beeindruckt. Die Deutschen hatten gegen Kriegsende nicht mehr genügend und dann auch nur zu schwachen Sprengstoff auftreiben können. Erst ein paar Tage nach der Sprengung war die Brücke eingestürzt. Doch da hatten die Amerikaner das
andere Ufer längst erreicht. Ironie der Geschichte und gut für die Befreiung des Rheinlandes von der Nazidiktatur.
Mittlerweile hatten sie den Fußweg erreicht, und Opa wählte die Nummer der Polizeiwache in Brehlweiler. Hier war keine Verzögerung zu verantworten. Der Fundort musste sofort abgesperrt und der Kampfmittelräumdienst informiert werden. Der alte Bunker lag einfach zu nah am Wanderweg.
„Ja, guten Morgen. Peter Schmickler hier. Wir haben einen großen Munitionsfund zu melden in Burgenach. Das Erdbeben diese Nacht hat wohl eine alte Verteidigungsstellung am Sonnenhang in Brehl freigelegt.“
Er schwieg einen Moment.
„Ja, selbstverständlich. Wir warten hier. Bis gleich.“
Opa legte auf und wandte sich seinem Sohn zu.
„Unglaublich. Mir ist schon öfter alte Munition vor die Füße gekommen. Aber so ein großer Haufen ...“
Er schüttelte schon wieder den Kopf.
„Unglaublich“, wiederholte er, „was da an brandgefährlichen Kriegsresten so alles unter der Oberfläche schlummert.“
„W... Wahnsinn“, bestätigte Anton. „Wahnsinn is das, oder, Papa?“