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Hürden für den Neuen Keine Schonfrist für den neuen Gesundheitsminister

Abschied

Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat sich in der Pandemie verausgabt; die Belastung über Monate war zu groß.

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Ein streitbarer Arzt mit klaren Ideen

Wolfgang Mückstein beerbt Rudolf Anschober als Gesundheitsminister. Er wird es nicht leicht haben.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Rudolf Anschober (Grüne) hat gesundheitsbedingt das Handtuch geworfen. 100 Wochenstunden und mehr wurde in den vergangenen 14 Monaten gearbeitet, heißt es aus dem Kabinett – auch vom Minister. Er sei „überarbeitet und ausgepowert“ und wolle sich „nicht kaputtmachen“, sagte Anschober.

In den Medien und im Gesundheitsbereich wurde er dafür gelobt, dass er zeigt, dass man eben die Gesundheit nicht der Arbeit opfern muss. Auch wenn es um viel geht – wie derzeit die Pandemie.

Vorreiter in Versorgung

Nachfolger ist der Wiener Allgemeinmediziner und Hausarzt Wolfgang Mückstein. Er gilt als strukturierter Arbeiter, streitbar in der Sache und mit klaren Ideen. Das hat er etwa mit der Gründung des ersten Primärversorgungszentrums in Wien gezeigt. Lange bevor er und andere die Versorgungsform in die Politik und letztlich auch zur Kassenreife gebracht haben, hat er schon mit seinem Geschäftspartner Franz Mayrhofer ein solches Zentrum aufgebaut. Es war eine Gruppenpraxis, die aber mehr konnte und wollte.

Als die Kassen auf das Thema aufsprangen, war er der erste und das Vorzeigeprojekt. Denn eigentlich war es nur eine Umfirmierung – das Konzept lief längst und war gut erprobt. In der Wiener Ärztekammer leitet Mückstein auch das Referat für Primärversorgungseinrichtungen. Und er zeigte sind immer wieder öffentlich als Kämpfer für seine Patienten und eine ganzheitliche Versorgung.

Bekannt ist der durchaus streitbare Arzt beim Koalitionspartner ÖVP schon seit den Regierungsverhandlungen, wo er in die Gespräche im Gesundheits- und Sozialbereich eingebunden war. ÖVP-Koalitionsverhandler berichten, dass er ein durchaus hartnäckiges Gegenüber ist. Vorgänger Anschober holte seinen Rat auch für eine Teststrategie im niedergelassenen Bereich ein. Mückstein gilt als fokussierter Arbeiter, der sich in neue Themen nicht nur genau einarbeitet, sondern durchaus auch von Fachleuten beraten lässt, hört man aus Ärztekreisen und aus dem grünen Umfeld. Er verfolge aber auch konsequent Ziele, für die er brenne, sagen Weggefährten. „Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, wenn es nötig ist. Weil ich mich dazu als Gesundheitsminister und Arzt verpflichtet sehe“, erklärte Mückstein gleich bei seiner Vorstellung.

Wenig erfolgreiche Ärzte

Für medizinische Themen brennende Ärzte gab es schon öfters an der Spitze des Gesundheitsministeriums. Nicht selten bremste sie aber das politische Parkett – wie etwa Michael Außerwinkler (SPÖ), Reinhart Waneck (FPÖ), Andrea Kdolsky (ÖVP), Sabine Oberhauser (SPÖ) und zuletzt Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) belegen.

© UMIT

Hilfe aus Allergieforschung

Wiener und russische Forscher arbeiten gemeinsam an einem Covid-19-Medikament gegen schwere Verläufe.

© APA/AFP/Lennart Preiss

Erforscht werden derzeit nicht nur Impfungen gegen Coronaviren, sondern auch Medikamente gegen Covid-19.

WIEN/MOSKAU. Neben Impfungen wird weiterhin an Medikamenten gearbeitet, die die Auswirkungen der Corona-Pandemie einschränken könnten. Ein Forscherteam unter Leitung von Musa Khaitov am NRC Institut für Immunologie FBMA in Moskau arbeitet in Kooperation mit Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der MedUni Wien, derzeit an einem Mittel, das schwere Lungenschäden bei einer Covid-19-Erkrankung verhindern könnte.

Spray soll Patienten helfen

„Derzeit gibt es medikamentös eigentlich nur den AntikörperMix von Regeneron, bestehend aus zwei Antikörpern, und den Einsatz von Blutplasma. Dabei unterstützen Antikörper aus dem Blut von Menschen, die eine Covid-19-Infektion durchgemacht haben, die Therapie“, sagte Valenta am Montag. Das nun entwickelte Medikament befindet sich am Anfang von Studien-Phase II. „Es handelt sich dabei um eine Flüssigkeit, die ähnlich wie bei einem Asthma-Spray inhaliert werden kann“, erklärte der Forscher vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien. Da die Halbwertszeit unter 60 min liegt, müsste der Spray mehrmals am Tag verwendet werden. (red)

© PantherMedia/belchonock

Asthmaspray als Ausweg

Eine Studie zeigt Wirkung gegen Covid-19.

WIEN/LONDON. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer, hat das Gesundheitsministerium aufgefordert, den Einsatz des Wirkstoffs Budesonid gegen Covid-19 „tatkräftig zu unterstützen“. Bei einer im Fachmagazin The Lancet publizierten Studie konnte durch Einsatz des inhalierten Wirkstoffs, auf dem einige gängige Asthmasprays basieren, die Wahrscheinlichkeit von schweren Verläufen um 90% reduziert werden. Mediziner und Forscher sprechen bereits von einem Gamechanger. „Das kann ein bedeutender Fortschritt für uns sein, weil die Behandlung mit dem Wirkstoff drei Tage nach Symptombeginn erfolgt. Das macht einen Riesenunterschied“, sagte Steinhart. Schon jetzt würden Steroide in Spitälern eingesetzt. (red)

FORSCHUNG

Arznei-Cocktail soll wirken

BASEL/WIEN. Nach Studiendaten kann die Gabe einer Antikörper-Kombination aus den Wirkstoffen Casirivimab und Imdevimab das Risiko symptomatischer Corona-Infektionen um etwa 81% verringern. Das teilte der Schweizer Pharmakonzern Roche mit. Bei Patienten mit symptomatischer Infektion klangen die Symptome demnach im Durchschnitt innerhalb einer Woche ab.

Zulassung in den USA

Bei der klinischen Studie der entscheidenden Phase III ging es darum, das Risiko und die Belastung durch Covid-19 bei Haushaltskontakten von Infizierten zu untersuchen. Rund 1.500 solche Kontakte erhielten entweder das AntikörperPräparat oder ein Placebo. Die Ergebnisse würden den Zulassungsbehörden so bald wie möglich überreicht, hieß es. Den Antikörper-Cocktail hatte Roche zusammen mit seinem Partner Regeneron entwickelt. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft das Präparat derzeit. In den USA hatte das Mittel eine Notzulassung erhalten. (red)

© Roche

PFLEGE

Ruf nach Reform wird lauter

WIEN. Der Bundesverband Lebenswelt Heim sieht einen Bedarf von rund 125.000 zusätzlichen Pflegekräften bis 2030, die den hohen Anforderungen in der Pflege auch gewachsen und entsprechend gut ausgebildet sind. Damit Österreichs Alten- und Pflegeheime in Zukunft attraktive Arbeitsplätze bieten können, müssten die Rahmenbedingungen in der Pflege deutlich verbessert werden. Der Lebenswelt Heim Bundesverband sieht dies als eines der wichtigsten Ziele der Pflegereform.

Bessere Bedingungen

Die demografische Entwicklung und die Tatsache, dass viele Pflegekräfte in den nächsten Jahren das Pensionsalter erreichen werden, machen deutlich, wie dringend die Pflegereform umgesetzt werden muss. Die Pflegekräfte in Österreich seien im internationalen Vergleich besonders belastet, sagt Markus Mattersberger, Präsident des Bundesverbands Lebenswelt Heim: 35% der Beschäftigten in der Pflege berichten demnach von Gesundheitsproblemen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit, während es im OECD-Schnitt nur 15% sind. Dabei ist Österreich im Spitzenfeld, wenn es um die Ausgaben für das Gesundheitssystem (inklusive Langzeitpflege) geht. Um Menschen für den Pflegeberuf im Allgemeinen und die Altenarbeit im Speziellen interessieren und begeistern zu können, brauche es vor allem gute, interessante Rahmenbedingungen. Attraktive Arbeitsplätze in allen Pflegesettings seien das Um und Auf, erklärt Mattersberger. (red)

© APA/Herbert P. Oczeret

Dank Lockdown wenig Arbeitsunfälle

Die Arbeitsunfallstatistik der Unfallversicherung AUVA zeigt für 2020 ein Rekordtief. Grund ist die Corona-Pandemie.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Die Pandemie hat auch positive Folgen: Im Vorjahr führten die Corona-Lockdowns nicht nur zu einem beispiellosen Rückgang der Beschäftigungsverhältnisse, sie drückten in weiterer Folge die Arbeitsunfälle auf ein historisches Tief: 2020 gingen die Arbeitsunfälle unselbstständig Erwerbstätiger im Vergleich zum Vorjahr auf weniger als 75.000 zurück (2019: knapp 100.000). Unterjährig wurde der absolute Tiefstand der anerkannten Arbeitsunfälle im Dezember mit rund 3.000 erreicht; den zweitniedrigsten Monatswert findet man während des ersten Lockdowns im April 2020.

Das berichtet nun die Unfallversicherung AUVA in ihrer jährlichen Arbeitsunfallstatistik. Insgesamt wurden im Vorjahr von der AUVA 100.364 Schadensfälle anerkannt (–60% zum Vorjahr), davon 67.792 Arbeitsunfälle Erwerbstätiger und 22.441 Unfälle von in Ausbildung Befindlichen. Die Berufskrankheiten gingen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 30% auf 931 zurück.

60 Prozent weniger Unfälle

„Die Rückgänge bei den Arbeitsunfällen sind zwar erfreulich, jedoch im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu verstehen. Ziel der AUVA ist es, dass die Arbeitswelt Jahr für Jahr sicherer wird. So können wir auch nach der Pandemie weiteres menschliches Leid verhindern und die finanzielle Belastung für Unternehmen, Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft reduzieren“, erklärte AUVA-Obmann Mario Watz.

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