«Man kann nur schützen, was man kennt» Hanspeter Latour ist vor allem durch seine frühere Tätigkeit als Fussballtrainer bekannt. Doch seit seiner Pensionierung widmet er sich vor allem der Naturbeobachtung. Davon zeugen mehrere Bücher. Im Interview berichtet er, wie es dazu kam. Interview: Samuel Krähenbühl
«natürlich»: Sie waren jahrzehntelang im Fussballgeschäft. Zunächst als Spieler, dann als Profitrainer auf höchster Stufe, sogar in der deutschen Bundesliga. Fussballrasen sind bekanntlich eine Monokultur. Kunstrasenplätze unnatürlich. Wie kommt es, dass Sie sich für Natur und Biodiversität interessieren und engagieren? Hanspeter Latour: Das hat mit meiner Familie zu tun. Damals konnte man noch nicht mit acht Jahren in einen Fussballclub, sondern erst mit zwölf. Mein Vater war ein grosser Naturliebhaber. Deshalb war ich viel mit ihm unterwegs. Er hat fast alle Tiere und Vögel gekannt. Und wenn wir unterwegs waren, hat er Futter für seine Kanarienvögel gesammelt. Von ihm habe ich so gelernt, die Natur genau zu beobachten. Das hat mich während meiner Fussballkarriere begleitet. Auch wenn ich nicht viel Zeit hatte, habe ich mir immer vorgenommen, mich später für die Natur zu interessieren. Aber schon als Fussballtrainer habe ich wenn ich etwa mit meinen Spielern regenerativ unterwegs war, sie auf auf Bäume oder Vögel aufmerksam gemacht. In der Nähe von hier in Thun-Gwatt, wo wir das Interview durchführen, liegt der wunderbare Bonstettenpark. Dort habe ich mit der ersten Mannschaft des FC Thun eine Hecke angesetzt. Das kam so: Die Stadtgärtnerei hatte versehentlich eine Hecke vor dem Wald abgeholzt, was zu grossen Protesten der Naturschützer*innen führte. Als ich darauf aufmerksam gemacht wurde, fand ich das eine gute Idee, mit den Spielern unter Mithilfe der Stadtgärtnerei wieder eine Hecke anzupflanzen. Ich habe jedes Mal Freude daran, wenn ich in den Bonstettenpark gehe. Wissen Sie, warum ihr Vater sich so sehr für die Natur interessiert hat? Das weiss ich auch nicht so genau. Er ist in einem Haus mit grossem Garten aufgewachsen und hatte schon als Schulkind
48
eigene Tiere. Er war viel in der Region Thun unterwegs. Weiter gereist ist er eigentlich nie. Darf ich noch ein Wort zu den Kunstrasen sagen? Ja, sicher. Es stimmt: Mit Natur hat das wenig zu tun. Das Gummigranulat ist ein Problem. Aber gerade für die unteren Ligen sind die Kunstrasen wichtig. Sie können so öfter und besser trainieren und sind weniger von der Witterung abhängig. Noch ein Müsterchen zum Thema Kunstrasen. Als Trainer von GC war ich oft im Trainingscampus Niederhasli in der Nähe des Neeracher Rieds. Auch mein Büro war dort. Am Morgen war ich meist der Erste vor Ort. Ich habe vom Büro aus auf die Kunstrasenplätze gesehen. Dabei konnte ich des öfteren beobachten, wie die Amseln versucht haben, Würmer aus dem Kunstrasen zu picken. Erfolglos natürlich. Da dachte ich mir, dass die Amseln nicht die intelligentesten Tiere sein können. Aber so richtig mit dem Thema Natur haben Sie sich erst später beschäftigt? Ja, das ist so. Ich habe immer alles mit Leidenschaft gemacht. Aber ich habe auch alles konsequent abgeschlossen, wenn die Zeit da war. Meine Karriere als Fussballtrainer habe ich 2009 beim Grasshopper Club Zürich abgeschlossen. Ich wäre gerne noch ein Jahr länger geblieben. Aber die Clubleitung hatte mir signalisiert, dass sie einen Jüngeren wollten. In der Schweiz sind nur zehn Fussballclubs in der obersten Liga. Da herrscht logischerweise ein grosser Konkurrenzkampf im Trainergeschäft. Ich habe dann eine Einzelfirma gegründet und habe Referate zu Teambildung, Führung und Motivation gehalten. Damit konnte ich die Anlage meines naturnahen Gartens finanzieren. Heute rede ich viel lieber über die Vögel und