Geheimarmeen in Europa

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5 Der geheime Krieg in den Vereinigten Staaten von Amerika Nach der Niederlage Deutschlands und Italiens befahl der amerikanische Präsident Har­ ry Truman der amerikanischen Luftwaffe, Atombomben auf die Städte Hiroshima und Nagasaki abzuwerfen, worauf die Kapitulation Japans 1945 den Zweiten Weltkrieg be­ endete. Während Westeuropa in Ruinen lag, blühte die Wirtschaft in den USA. Doch trotz der militärischen und wirtschaftlichen Stärke fürchtete das Weiße Haus die Vor­ stellung, daß der Weltkommunismus unaufhaltbar voranschreiten könnte. Nachdem die USA und Großbritannien zwischen 1918 und 1920 wiederholt, jedoch vergeblich in die Sowjetunion vorgestoßen waren, diente die militärische Allianz mit der Roten Armee während des Zweiten Weltkriegs nur dazu, Hitler und Mussolini zu besiegen und Euro­ pa zu befreien. Sofort nach dem Krieg brachen die Feindseligkeiten zwischen den ehe­ maligen Waffenbrüdern wieder auf, und sie wurden im Kalten Krieg zu erbitterten Fein­ den. Als die USA nach dem Krieg Westeuropa sicherten und in Griechenland gegen die Linken kämpften, sicherte Stalin die Ostfront, von der aus Rußland in zwei Weltkriegen angegriffen worden war. Truman verfolgte aufmerksam und mit großem Unbehagen die Errichtung kommunistischer Marionettenregime in Polen, Ostdeutschland, Ungarn, Ru­ mänien und in der Tschechoslowakei, als Stalin entsprechend der Doktrin der begrenz­ ten Souveränität die Länder in Osteuropa unter die Kontrolle einheimischer Oligarchen, der brutalen sowjetischen Streitkräfte und des sowjetischen Geheimdienstes KGB stell­ te. Truman war ebenfalls davon überzeugt, daß auch in den nominellen souveränen De­ mokratien von Westeuropa die kommunistischen Parteien heimlich bekämpft und ge­ schwächt werden müßten. Die CIA versuchte auch in China eine Geheimarmee aufzubauen, um das Voranschrei­ ten des Kommunismus zu stoppen, doch das gelang nicht, als Mao und die Chinesische Kommunistische Partei 1949 die Kontrolle übernahmen. Der ehemalige CIA-Direktor William Colby erinnerte sich: Ich habe mich immer gefragt, ob das Stay-behind-Netz, das wir aufgebaut haben, auch unter sowjetischer Herrschaft funktioniert hätte. Wir wissen, daß die An­ strengungen, die wir zur Organisation solcher Netze in letzter Minute 1950 in China und in Nordvietnam 1954 unternahmen, vergeblich waren.

Nach dem Korea-Krieg, der im Jahr 1950 an der fragilen Grenze zwischen dem von den Amerikanern kontrollierten Südkorea und dem kommunistischen Nordkorea ausbrach, versuchte die amerikanische Armee den kommunistischen Einfluß in Nordkorea einzu­ dämmen, doch auch das mißlang. Weiterhin versuchte die CIA mit verdeckten Opera­ tionen und Geheimarmeen in einer Reihe von Ländern Osteuropas die Kontrolle zu ge­ winnen, versagte aber auch in diesen Ländern. Colby erinnerte sich an die Bemühungen der CIA, im Ostblock antikommunistische Armeen aufzubauen: Wir wissen, daß unsere Bemühungen, sie [antikommunistische Armeen] von au­ ßen zu organisieren, in den 50er Jahren durch die Geheimpolizei in Polen durchbrochen und untergraben wurden, so wie es auch in Albanien der Fall war.1

In den Ländern der »Dritten Welt«, in Afrika, Lateinamerika und Teilen von Asien, wurden Variationen von Kommunismus und Sozialismus sehr beliebt als eine Möglich­ keit, den Reichtum gleichmäßiger zu verteilen und von den kapitalistischen Industrie­ ländern der »Ersten Welt« unabhängig zu werden. Im Iran legte Mossadegh ein sozialis­ tisches Programm vor und versuchte, Teile des Ölreichtums an die Bevölkerung zu ver­ teilen. Nachdem Indien die Unabhängigkeit von England errungen hatte, begann auch in Afrika ein linksgerichteter antikolonialer Kampf, der 1960 seinen Höhepunkt fand, als

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