Mit dieser E-Limousine lässt es sich vorzüglich driften Elektroautos setzen ganz klar vorbildliches Fahren voraus. Eine Philosophie, die Fahrmanöver deswegen aber nicht ausschliesst. Wie wir an einem Kurs auf Schnee und Eis am Steuer der leistungsstarken Taycan-Limousine, des mächtigen Tesla-Jägers von Porsche, erleben durften. TEXT MARC-OLIVIER HERREN
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ie 761 PS eines Taycan Turbo S auf einer gefrorenen Rennstrecke im tiefen finnischen Lappland zu steuern, sollte a priori kein grösseres Problem darstellen. Zumal wir uns bereits ohne Probleme im Driften geübt hatten, mit einem BMW M5 auf dem Flugplatz von Gstaad-Saanen und sogar mit einem harmlosen Honda CR-V Hybrid auf dem TCS-Ring in Les Diablerets. So die Theorie, bevor man merkt, dass der Allradantrieb des Taycan mit seinen beiden Elektroeinheiten anders reagiert als bei den herkömmlichen 4×4Wagen. Während Letztere das Drehmoment gewöhnlich zu je 50 Prozent auf beide Achsen verteilen, kann der Taycan bis zu 100 Prozent der Leistung nach vorne oder hinten übertragen. Und wie der Instruktor von Porsche Ice Experience betont, muss man die Vorderräder gerade halten, um die 50:50-Aufteilung beizubehalten. Sonst wird der Grossteil des Drehmoments auf die Hinterräder übertragen, und das Übersteuern ist vorprogrammiert. Nicht so einfach im Wissen, dass die Räder unbedingt gerade zu halten sind, wenn es Spass machen soll, auf der Strecke durch den Schnee zu stieben.
Einstimmung
Es lebe der Drift Angesichts der ziemlich breiten Driftstrecke meinen wir, uns ohne übermässigen Nervenkitzel amüsieren zu können. Tatsächlich bringen wir das fünf Meter lange Schiff sofort in Driftposition. Konstant beschleunigt, wirbelt der Taycan eine Schneewolke auf, die schnell das Seitenfenster verdeckt. Man wähnt sich an einer Trophée Andros. Bis das Auto zu übersteuern droht und sich der Reflex der Gegensteuerung wieder meldet. Die Strafe ist gnadenlos: Der Taycan gerät ins Schleudern, und die 2,3 Tonnen landen in einer Schneewand. Nicht weiter schlimm. Die Limousine lässt sich ohne Schaden herausziehen. Umso eifriger machen wir weiter – mit etwas mehr Respekt. Gibt es ein aufregenderes Vergnügen, als einen Taycan im stiebenden Pulverschnee Finnlands zu zähmen? ◆
FOTOS ZVG
Um die Herausforderung einzuschätzen, starten wir mit einem kleinen Slalom. Mit eingeschlagenen Vorderrädern beschleunigen wir stark. Das ungeheure Drehmoment (1050 Nm) ist sofort spürbar: Das Heck des mächtigen Taycan schert heftig aus. Und ge-
nauso rasch stellen wir die Räder wieder gerade, um in der gewünschten Richtung weiterzufahren. Heikel, doch nach ein paar Runden hat man das Gefühl, einer kurvenreichen Strecke gewachsen zu sein. In der Tat gelingt es, das driftende Gefährt zu lenken. Es braucht allerdings etwas Mut, um konstant auf dem Gas zu bleiben, wenn das Heck den Schneewänden gefährlich nahe kommt. In der Regel geht es gut, aber nicht immer. Gut zu wissen, dass besagte Wände aus Pulverschnee bestehen. Besser so bei einem Rennwagen, der schon ohne Optionen 237 500 Franken kostet …
16 touring eMotion