style in progress 3/2019 – Deutsche Ausgabe

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SO LÄUFT’S

Fa s h i o n T ec h – L e a r n i n g s

DIGITALE EVOLUTION Wenn ein Offlinegigant wie P&C Studenten zum Nachdenken ĂŒber den Handel von morgen einlĂ€dt, dann sollen bewusst keine digitalen Utopien gesponnen werden. In der Challenge RE&THINK lud der HĂ€ndler Studenten aus Deutschland und Österreich dazu ein, den Handel nicht zu revolutionieren, sondern eine in zwei Jahren umsetzbare Evolution abzuliefern. style in progress hat mit Paul Pörtner, Director Retail Management bei P&C und Jurymitglied bei der Challenge RE&THINK Student Challenge und den Initiatorinnen des Siegerprojekts „MĂŒnchner Freiheit“ gesprochen. Text: Martina MĂŒllner-Seybold. Fotos: P&C

Elena Bramlage, gemeinsam mit Ihren Kolleginnen Sophia Marmaridis und Franziska Sophie Oheimer haben Sie als Projektgruppe „MĂŒnchner Freiheit“ mit einem Digitalisierungskonzept die RE&THINK Challenge von P&C gewonnen. Ist der stationĂ€re Handel in den Augen Ihrer Generation ein Zukunftsmodell? Elena Bramlage: Aus meiner Sicht ist der stationĂ€re Handel weiterhin sehr relevant. Wir drei leben alle in einer Großstadt und kommen so relativ schnell in verschiedene LĂ€den. Ich glaube, dass die Haptik, gerade bei Bekleidung, wahnsinnig wichtig ist und etwas ist, was der Onlinehandel so nicht leisten kann. Deshalb wollen wir mit unserem Konzept den Online- und Offlinehandel, so gut es geht, verknĂŒpfen. Es beruht auf drei Enabling-Technologien und zwar RFID, Tablets fĂŒr die Umkleiden und VerkĂ€ufer und WIFI im Store. Allesamt Technologien, die sich in die Customer Journey gut integrieren lassen Viel FlĂ€che, viel Auswahl, viele Marken. Wie trĂ€gt man dieses Konzept von P&C in eine digitale Zukunft? Paul Pörtner: Um Online und den stationĂ€ren Handel weiter zu verflechten, arbeiten wir bei P&C an der VerknĂŒpfung der BestĂ€nde. Das Siegerkonzept der Gruppe „MĂŒnchner Freiheit“ hat beispielsweise beim „Endless Aisle“ angesetzt, so können im stationĂ€ren Shop unmittelbar Bestellungen und Reservierungen ausgelöst werden. Welche Rolle wird Ihrer Meinung nach die sofortige VerfĂŒgbarkeit der Ware in Zukunft in einem Konzept wie P&C spielen? Paul Pörtner: Die Verflechtung von Online und dem stationĂ€ren GeschĂ€ft ist fĂŒr uns ein Schwerpunktthema. Neben dem bereits seit lĂ€ngerem eingefĂŒhrten Click & Collect bieten wir seit 14. Mai auch Click & Reserve (online reservieren, offline anprobieren) in Österreich an. DarĂŒber hinaus beschĂ€ftigen wir uns im Omnichannel-Kontext mit der Frage, wie wir die Kollegen auf der VerkaufsflĂ€che bestmöglich in die Lage versetzen, Online-Verkaufselemente in den stationĂ€ren Verkauf einfließen zu lassen. Die Studentengruppe „MĂŒnchner Freiheit“ stellte digitale Technologien in den Fokus: Die Verkaufssituation der Zukunft ist fĂŒr sie von Tablets und Smartphones geprĂ€gt. Franziska, hilft Technologie, das Beratungserlebnis skalierbar zu machen? 126

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Frische Ideen von Studenten: P&C hat mit der RE&THINK Challenge Impulse fĂŒr die Zukunft des Handels gesucht. Geliefert haben diese unter anderem die Siegergruppe „MĂŒnchner Freiheit.“ Im Bild: Director Retail Management Paul Pörtner von P&C und die Gewinnerinnen.

Franziska Sophie Oheimer: Ja, die Digitalisierung steigert die Skalierbarkeit in dem Sinne, dass man als HĂ€ndler mehr Kunden ein individuelles, zugeschnittenes Einkaufserlebnis bieten kann – bei gleichbleibendem Einsatz von Mitarbeitern. Im Siegerprojekt tragen viele Lösungen dazu bei, dem Kunden NĂ€he und Beratungsleistung zu vermitteln. Muss jemand wie P&C darĂŒber nachdenken, die Beziehung zu seinen Kunden digital zu festigen, weil die Personalfrage eine der ungelösten im Modehandel ist? Paul Pörtner: Absolut. Die kommenden Generationen leben einen digitalen Alltag. Das Smartphone und die sozialen Netzwerke sind ĂŒberall dabei. Daher steht fĂŒr uns bei P&C außer Frage: Es gibt immer Potenzial, noch aktiver zu werden und die Kundenbeziehung damit auch auf digitaler Ebene zu festigen. Wir sprechen hier allerdings nicht nur ĂŒber die Beziehung zum Kunden: Auch das Recruiting ist lĂ€ngst im digitalen Alltag angekommen. Bei der aktuellen RE&THINK Challenge haben wir unter anderem mit Influencern zusammengearbeitet. Diese BemĂŒhungen lohnen sich: Die Gewinnergruppe ist ĂŒber eine der kooperierenden Bloggerinnen auf die Challenge aufmerksam geworden. Können Sie sich vorstellen, dass die Technologie die Menschen am PoS irgendwann ganz ersetzt? Sophia Marmaridis: FĂŒr P&C stand das nicht im Raum, weil dort ja der Mensch im Vordergrund steht und die Kunden die persönliche Beratung schĂ€tzen. Vielmehr sollte die Technologie die VerkĂ€ufer bestmöglich unterstĂŒtzen. Aber natĂŒrlich haben wir ĂŒbergeordnet darĂŒber nachgedacht und uns auch viele internationale Beispiele angesehen. Man muss hier unterscheiden: Überall dort, wo es wenig um Emotion und viel um Effizienz geht, ist der Mensch ersetzbar. Bei Produkten mit einer höheren emotionalen Bindung oder bei teureren Produkten glauben wir nicht, dass die Person durch Technologie ersetzt wird, weil dort die Persönlichkeit letztlich auch durch die individuelle Beratung fĂŒr den Kunden im Vordergrund steht. Was hat Sie am meisten am Blick der Siegergruppe auf den Handel fasziniert? Paul Pörtner: Die Siegergruppe hat erkannt, dass der Erlebnisfaktor im stationĂ€ren Handel beim Kunden eine entscheidende Rolle spielt. Das hĂ€ngt unmittelbar mit neuen Technologien zusammen, denn mit ihnen haben sich auch die AnsprĂŒche der Kunden an die Services der HĂ€ndler verĂ€ndert. Wer seine Zielgruppen auf den fĂŒr sie relevanten KanĂ€len erreichen und sie beim Modekauf multimedial unterstĂŒtzen möchte, muss das Einkaufserlebnis digitalisieren.


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