DOT.magazine 081

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TEXT: NICOLE ALBIEZ

DIE VIENNALE 2021

Singende Mörder, die schlimmste Person der Welt, protokollierte TrÀume und nervöse Prinzessinnen: ausgewÀhlte Highlights der 59. Viennale.

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en Begriff der Erinnerung kann Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi nicht aus dem Kopf bekommen, wenn sie versucht, eine Klammer fĂŒr das diesjĂ€hrige Festivalprogramm zu finden. „Erinnerung als VergegenwĂ€rtigung von persönlichen oder geteilten Erfahrungen. Erinnerung als die Art und Weise, in der sich

Erfahrung und Geschichte in Literatur, Dichtung und Leben verflechten, wie etwa bei den Filmen von Terence Davies. Erinnerung als etwas, das weitergegeben, geteilt und gelehrt wird – an der Schule, unter Klassenkameraden, unter Menschen, mit denen wir unterwegs sind. Aber Erinnerungen brauchen auch die Demontage,

sie sollten ein Erbe sein, dem man sich kritisch nĂ€hert.“ Sei es Sara GĂłmez‘ Arbeit in der Historiografie; sei es das Spiel einer Tochter mit ihrer nicht greifbaren, klein gewordenen Mutter bei CĂ©line Sciamma, seien es schwindende Erinnerungen bei Gaspar NoĂ©s neuer Arbeit. Ein Blick auf die Viennale 2021 


EMPFEHLUNGEN AUS DEM HAUPTPROGRAMM Annette (Regie: Leos Carax, F/D/BE/Japan/Mexiko 2020) Leos Carax (Holy Motors) hat ein Musical gestaltet (die Musik stammt von den Sparks), das das Filmfestival in Cannes eröffnete und von der tragischen Liebe zwischen einem Comedian und einer OpernsĂ€ngerin (Marion Cotillard) erzĂ€hlt. Als ein gemeinsames Kind entsteht, nimmt ihre Geschichte eine böse Wendung ins Bodenlose: Adam Driver beginnt zu singen 


Diårios de Otsoga (Regie: Miguel Gomes, Maureen Fazendeiro, Portugal 2021) Ein Film, gedreht ohne Drehbuch wÀhrend des Lockdowns 2020 in einem französischen Sommerhaus. Die Schauspielerinnen protestieren gegen ihre undefinierten Rollen, die Regisseurinnen halten dagegen. Frei und verspielt.

© Viennale, Filmverleiher

Land of Dreams (Regie: Shirin Neshat, USA/D/Katar 2021) Shirin Neshat (Women Without Men) fĂŒhrt komödiantisch in die USA einer „nahen Zukunft“. Die gebĂŒrtige Iranerin Simin Hakak arbeitet fĂŒr das CensusBĂŒro und soll ergrĂŒnden, wovon die Amerikaner nachts trĂ€umen. Dies ist ein Programm der Regierung, um die BĂŒrger verstehen und auch kontrollieren zu können. Nun soll sie die TrĂ€ume einer irakischen Kolonie ehemaliger RevolutionĂ€re auskundschaften.

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