Forschung im Dayhospital Meran

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AKTUELL

100% PFLANZLICH

Gesund, ausgewogen und nachhaltig

Foto: Othmar Seehauser

Drei Fragen an Dr. Michael Kob ĂŒber eine rein pflanzliche ErnĂ€hrung

Dr. Kob, Sie schreiben als ErnĂ€hrungsmediziner seit mehreren Jahren das Rezept in der Chance. Ihre VorschlĂ€ge sind immer zu 100% pflanzlich. Ist eine solche ErnĂ€hrung demnach auch fĂŒr Menschen mit geschwĂ€chtem Immunsystem, mit onkologischen und/ oder anderen Erkrankungen geeignet? Dr. Michael Kob: Auf jeden Fall. NatĂŒrlich muss eine rein pflanzliche ErnĂ€hrung – genauso wie eine omnivore – gut geplant werden und individuelle Vorlieben und VertrĂ€glichkeiten berĂŒcksichtigen. Gerade was das geschwĂ€chte Immunsystem angeht, ist eine ErnĂ€hrung ohne Tierprodukte ganz klar von Vorteil, da das Risiko fĂŒr Nahrungsmittelinfektionen bzw. -intoxikationen bei tierischen Produkten um ein Vielfaches höher ist, als bei pflanzlichen. WĂ€hrend Fleisch und -produkte, Milchprodukte und Eier – vor allem bei hĂ€ufigem Verzehr – entzĂŒndungsfördernde Effekte auf unseren Körper ausĂŒben, haben GemĂŒse, Obst, HĂŒlsenfrĂŒchte, Getreide, NĂŒsse und Samen eine entzĂŒndungshemmende Wirkung. Letztere sind besonders bei Personen mit Krebserkrankungen oder anderen chronischen Erkrankungen (Herzkreislauferkrankungen, Rheuma, Diabetes, etc.) wichtig, da dort ja bereits eine chronische EntzĂŒndung im Körper besteht.

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DEZEMBER 2021 | NR. 3

Wie kann man sicherstellen, dass der Körper auch bei einer fleischlosen ErnĂ€hrung mit allen lebensnotwendigen Stoffen versorgt ist? Muss man zusĂ€tzliche Integratoren zu sich nehmen? Auf was ist zu achten? Dr. Michael Kob: Die ErnĂ€hrung sollte ausgewogen und abwechslungsreich sein. Durch die Kombination von HĂŒlsenfrĂŒchten (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen, auch z.B. in Form von Tofu oder Tempeh) mit Getreide- bzw. Pseudogetreideprodukten (Nudeln, Reis, Brot, Mais, Buchweizen, Quinoa) – am besten aus Vollkorn, sofern keinen Gegenanzeigen dafĂŒr bestehen – erhĂ€lt der Körper genĂŒgend notwendiges Eiweiß. Eisen, Kalzium und Zink kommen ebenfalls in HĂŒlsenfrĂŒchten und Vollkorngetreide vor, zusĂ€tzlich in vielen GemĂŒsesorten (KohlgemĂŒse, Brokkoli, Blumenkohl, grĂŒnes BlattgemĂŒse) und in NĂŒssen und Samen. Der einzige NĂ€hrstoff, der bei 100% pflanzlicher ErnĂ€hrung unbedingt integriert werden muss, ist das Vitamin B12. Entweder in Form eines NahrungsergĂ€nzungsmittels oder als angereichertes Nahrungsmittel (z.B. Vitamin B12-angereicherte Pflanzendrinks). Dabei sollte vielleicht erwĂ€hnt werden, dass Vitamin B12 weder von Tieren noch von Pflanzen gebildet wird, sondern ausschließlich von Bakterien und Pilzen. TatsĂ€chlich stammt

Er ist der geschĂ€ftsfĂŒhrende Primar des Dienstes fĂŒr DiĂ€tetik und klinische ErnĂ€hrung, konsumiert aus Überzeugung keine tierischen Produkte, ist ein leidenschaftlicher Hobbykoch und er schreibt die Rezepte fĂŒr die Chance. Drei Fragen an Dr. Michael Kob, zusammen mit Alexandra Obexer Impulsgeber fĂŒr die EinfĂŒhrung der Green Mondays in der Mensa des Krankenhauses Bozen.

das Vitamin B12 in tierischen Produkten heutzutage fast ausschließlich aus mit Vitamin B12-angereichertem Tierfutter, gelangt also nur durch die FĂŒtterung in das Fleisch und die Milch des Nutztieres. Sie sind nicht nur ErnĂ€hrungsmediziner, sondern auch Hobbykoch. Sie selbst essen aus Überzeugung keine tierischen Produkte. VertrĂ€gt sich das? Dr. Michael Kob: Ich finde, dass sich diese Dinge sogar sehr gut vertragen. Gute Kochkenntnisse zu besitzen, ist von großem Vorteil, um den Patienten auch individuelle, praktische Tipps zur Nahrungszubereitung geben zu können, z.B. wie ich fettarm, aber trotzdem schmackhaft kochen kann, oder wie ich HĂŒlsenfrĂŒchte in meinen tĂ€glichen Speiseplan einbauen kann, ohne dass es zu starken BlĂ€hungen kommt oder wie ich schnell und kostengĂŒnstig gesunde Mahlzeiten zubereiten kann. Meine Entscheidung, keine tierischen Produkte zu konsumieren, ist rein persönlich. Niemand wird von mir gezwungen, komplett auf solche Produkte zu verzichten, aber natĂŒrlich sollten diese aus gesundheitlichen, aber auch aus GrĂŒnden der Nachhaltigkeit (tierische Produkte haben einen viel höheren ökologischen Fußabdruck als pflanzliche!) nur in limitierter Menge und HĂ€ufigkeit konsumiert werden.

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