32 | 25.7.2022 | GOLD
Wo Gold in Strömen fliesst In keinem Land der Welt wird so viel Gold verarbeitet wie in der Schweiz. Warum ist das so? Und was hat es mit schmutzigem Gold auf sich? Die Raffinerie Metalor bei Neuenburg hat uns die TĂŒren geöffnet. Text: Ralf Kaminski
Die enorme Hitze ist auch mit fĂŒnf Metern Abstand noch ÂspĂŒrbar. 1200 Grad heiss ist das ÂflĂŒssige Gold, das vor unseren Augen aus einem grossen,  glĂŒhenden Schmelztigel in zehn Formen gegossen wird. Die beiden Arbeiter tragen isolierende SchutzanzĂŒge und Visiere, die ihr Gesicht voll stĂ€ndig verdecken. Vorsichtig fĂŒllen sie das Gold ab und entfernen am Ende die Formen. Zum ÂVorschein kommen grosse, Âgolden glĂ€nzende Barren, die nun schnell erkalten. Auf einem Tisch neben der Giesserei ruhen bereits aus gekĂŒhlte Barren, etwa 40 StĂŒck, sie sind alle zwischen elf und zwölf Kilo schwer und je rund 600 000 Franken wert. Staunend betrachten wir die etwa 24 Mil lionen Franken, die da so bei lĂ€ufig liegen, als wĂ€ren sie lediglich mit Goldfolie umhĂŒllte Schokolade. Aber man braucht schon beide HĂ€nde, um einen solchen Barren hochzuheben.
Bilder: Jorma MĂŒller
Wir befinden uns in den Produktionshallen der Metalor Technologies SA in Marin bei Neuenburg. Metalor ist eine von fĂŒnf grossen Goldraffinerien in der Schweiz. Pro Jahr verarbeitet das Unternehmen allein in ÂMarin rund 250 Tonnen Gold, ausserdem noch 300 Tonnen ÂSilber und je etwa zehn Tonnen Platin und Palladium. Golddrehscheibe Schweiz
Neben den grossen Barren produziert Metalor noch vieles mehr: Goldgranulat, das von der lokalen Uhren- und Schmuck industrie weiterverarbeitet wird, kleine Barren, die man bei den Banken kaufen kann, Salze und Elektrolyte fĂŒr industrielle ÂVerwendungen, darunter Silberpulver fĂŒr Sonnenkollektoren. «Es wird generell unterschĂ€tzt, in wie vielen Produkten Edelmetall eine Rolle spielt», sagt Antoine de Montmollin. Der 58-jĂ€hrige Enkel eines Wein bauern, der in jĂŒngeren Jahren
als Rotkreuzdelegierter auch schon in Kriegsgebieten unterwegs war, arbeitet seit 2005 bei Metalor und fĂŒhrt das Unternehmen seit 2019. «Gold findet sich in jedem Smartphone, Âjedem Auto, jedem TV-GerĂ€t, aber auch in Kosmetik- und Pharmaprodukten.» Und die Schweiz ist eine Âriesige Golddrehscheibe â das Material kommt ins Land, wird von einer der fĂŒnf grossen Raf finerien veredelt und verlĂ€sst das Land wieder. Das meiste Âjedenfalls. Mit exakten Zahlen ist es schwierig. «Es Ă€ndert sich
je nach Nachfrage von Quartal zu Quartal», erklĂ€rt Montmollin. GrundsĂ€tzlich kommt Gold in zwei Formen in die Schweiz: direkt von Minen, wo es frisch geschĂŒrft wurde, oder als bereits raffiniertes Material, das rezykliert oder höherwertig rafÂfiniert werden soll. Dazu gehört auch eine Menge Bankgold, das Âzwischen der Schweiz und den in London ansĂ€ssigen Depot banken hin und her transportiert und regelmĂ€ssig neu verarbeitet wird, damit es industriell Âweiterverwendet werden kann. Rund 15 Prozent sĂ€mtlichen