12 | 24.1.2022 | SANS-PAPIERS
Ein Leben im Verborgenen Seit 21 Jahren lebt und arbeitet Maria ohne Erlaubnis in der Schweiz. Sie ist eine von ĂŒber 100â000 Sans-Papiers. Wie kam es dazu, und wie ĂŒberlebt man so? Text: Rahel Schmuckiâ Bilder: Nik Hunger
Maria streicht ihr schwarzes Kleid ĂŒber ihren Knien glatt und wartet etwas nervös auf das Ge sprĂ€ch. Ihre schwarzen Haare, im Ansatz schon etwas grau, hat sie locker zusammengebunden. Sie sitzt in einer fremden Woh nung, denn ihren eigenen Wohn ort darf sie niemandem verraten, auch ihr Name ist eigentlich nicht Maria. Die 64-JĂ€hrige aus der Dominikanischen Republik ist eine sogenannte Sans-Papiers (siehe Box rechts) und lebt seit ĂŒber 21 Jahren ohne Aufent haltsbewilligung in einer Schweizer Grossstadt. WĂŒrde die Polizei von ihrer Existenz Âerfahren, wĂŒrde sie sofort aus geschafft. Beim GesprĂ€ch hilft eine Kollegin beim Ăbersetzen. Maria spricht nur Spanisch. Maria kam 1997 zum ersten Mal in die Schweiz. Sie war Âdamals 40 Jahre alt und hatte in der Dominikanischen Republik gerade ihre beiden Jobs in einer NĂ€herei und BĂ€ckerei verloren.
Eine neue Arbeit konnte sie nicht finden, sie brauchte aber Geld fĂŒr die Ausbildung ihrer Kinder. Ăber Bekannte gelangte sie an eine dominikanische Familie, die in der Schweiz wohnte und ihr eine Stelle als KindermĂ€dchen und HaushĂ€lterin anbot. Sie Âorganisierten ihr ein Touristen visum fĂŒr drei Monate. «Es war ganz einfach, so in die Schweiz zu kommen», erzĂ€hlt Maria. «Ich wurde ausgebeutet»
Als diese drei Monate abgelaufen waren, blieb Maria einfach in der Schweiz und arbeitete weiter fĂŒr die Familie. Sie putzte, bĂŒÂ gelte, machte die EinkĂ€ufe und war rund um die Uhr fĂŒr drei kleine Kinder verantwortlich. DafĂŒr bekam sie 600 Franken im Monat und Kost und Logis. Nie gönnte sie sich ein Eis oder eine Tasse Kaffee. Alles, was sie spa ren konnte, schickte sie an ihre Kinder in der Dominikanischen Republik. «Die Arbeit war viel