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Messerscharfes Handwerk Olaf Sierck ist gerade 20 geworden und damit der jüngste Messerschmied Österreichs. Beigebracht hat er sich dieses uralte, vom Aussterben bedrohte Handwerk selbst, weil es in Österreich diesen Lehrberuf nicht mehr gibt. Dabei ist das Messer in seinen unzähligen Erscheinungsformen seit Jahrtausenden das Zivilisationswerkzeug schlechthin und damit viel zu schade, um es allein der Industrie zu überlassen. TEXT: MARIAN KRÖLL

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s darf mit Fug und Recht behauptet werden, dass das Messer das wichtigste Werkzeug der Menschheit ist, ursprünglich Werkzeug und Waffe in einem wurde es zumindest in unseren Breiten zum fixen Bestandteil des Essbestecks. Bis heute ist das Messer eines der wenigen Werkzeuge, das wir – die meisten von uns in den unterschiedlichen Formen und Gestalten eines Küchenmessers – unmittelbar an uns heranlassen. Deshalb will der richtige Umgang mit dem Messer erlernt sein. Wobei es „das“ eine Messer ja gar nicht mehr gibt. Heute gibt es für beinahe jeden Verwendungszweck ein passendes und dementsprechend auch kein wirkliches Universalmesser, kein Übermesser, das alles kann. „Es gibt zwar Allzweckmesser, die man für viele Dinge benutzen kann, die aber keinen Zweck richtig gut erfüllen“, sagt Olaf Sierck. Der heute 20-Jährige hat bereits mit 14 Jahren begonnen, in der Werkstatt seines Vaters an einem Stück Stahl zu feilen, der, wie der Messermacher heute weiß, „überhaupt nicht dafür geeignet war, ein Messer zu sein“. Aus diesen ersten Versuchen hat sich zunächst ein Hobby, dann eine Leidenschaft und letztlich ein Beruf entwickelt. Aus der väterlichen Werkstatt zog Sierck zum Messermachen zunächst in eine Gartenhütte, folglich in eine Scheune und seit Juni vergangenen Jahres schließlich in seine eigene Werkstatt samt angeschlossenem Büro in Pflach. Weil es den Lehrberuf Messerschmied in Österreich seit über zehn Jahren nicht mehr gibt, begann Sierck nach der Matura eine Lehre zum Metall- und Zerspanungstechniker. „Der Beruf ist zwar hochautomatisiert und weniger Handwerk, doch grundsätzlich geht es darum, Stahl zu bearbeiten, aber eben mit moderneren Verfahren“, sagt Sierck, der dem Werkstoff Stahl also auch in der Lehre verbunden bleibt,

wenngleich seine Messerproduktion nach traditionellen Methoden abläuft. Sierck ist Autodidakt, wälzt Fachbücher, sieht sich YouTube-Videos an, probiert aus, verwirft und übt weiter. „Es ist ein Handwerk, nur durchs Lesen und Zusehen kann man es nicht erlernen“, sagt Sierck, hält kurz inne und meint: „Ich habe sicherlich schon an die 500 Messer hergestellt, die ersten hundert wahren wahrscheinlich nix.“ Freilich gemessen am beachtlichen Niveau, das der junge Messerschmied heute erreicht hat. Er versteht sich nicht nur auf den Umgang mit verschiedenen Stählen, sondern ist auch mit anderen Materialien wie diversen Hölzern oder Kunststoffen vertraut, aus denen Messergriffe gefertigt sind. Selbst die Scheiden, nicht selten aus Leder, stellt Sierck selbst her.

MESSERS SCHNEIDE

Der junge Messermacher hat mittlerweile schon einige Stammkunden und ist auf Jagd- und Outdoormesser spezialisiert, obwohl interessanterweise – und wahrscheinlich auch bedingt durch die Pandemie – seine Küchenmesser sehr gefragt sind. Diese sind naturgemäß leichter und haben eine dünnere Klinge als Outdoor- oder Jagdmesser, die im Alltag weit größeren Belastungen ausgesetzt sind und entsprechend größeren Kräften widerstehen müssen. „Ein Küchenmesser ist eleganter und leichter und die Klinge ist viel dünner ausgeschliffen“, sagt der Experte, der beim robusten Jagd- wie beim filigraneren Küchenmesser gleichermaßen zu Hause ist. Das Schmieden brachte sich Olaf Sierck vor ein paar Jahren in einer selbstgebauten Esse aus Porenbeton-Ziegeln bei. „Am Ende des Tages verlässt du dann müde und dreckig die Werkstatt, hast aber ein selbstgeschmiedetes Kunststück in der Hand. Handgemacht. Das ist ein Gefühl, das mir von Anfang an sehr gut gefallen hat“, sagt


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