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DIE FORSCHUNGSQUOTE MUSS WIEDER STEIGEN Um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können, sind Forschung und Entwicklung unentbehrlich – für Start-ups ebenso wie für etablierte Unternehmen. Die Forschungsquote in Tirol hat laut Industriellenvereinigung durchaus noch Luft nach oben. I N T E RV I E W : D O R I S H E LW E G
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ir haben mit Eugen Stark, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Tirol (IVTirol), zur Forschungslage in Tirol gesprochen und dazu Antworten zu verschiedensten Anliegen der Industriellenvereinigung bekommen.
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ECO.NOVA: Die Industriellenvereinigung
fordert aktuell eine Erhöhung der Forschungsquote in Tirol. Wie stellt sich die Lage derzeit dar in unserem Land? EUGEN STARK: Die aktuell verfügbaren Zahlen der Statistik Austria zu Forschung und Entwicklung (F&E) zeigen, dass in Tirol im Jahr 2019, also noch vor der Pandemie, insgesamt 1.026,1 Millionen Euro, davon 516,6 Millionen Euro im Unternehmenssektor, für Forschung und experimentelle Entwicklung aufgewendet wurden. Damit sind die Forschungsausgaben in Tirol zwar nominell gestiegen, aber die F&E-Quote lag mit 2,82 Prozent unter dem Bundesschnitt, der bei 3,13 Prozent liegt. Die großen Herausforderungen unserer Zeit wie die Digitalisierung oder der Klimawandel sind nur mit Innovationen zu bewältigen. Dabei geht es nicht nur um Start-ups, sondern vielmehr auch um etablierte Unternehmen, die nur durch Innovationen erfolgreich am Markt agieren können. Wohin sollte sich die Forschungslandschaft in Tirol Ihrer Meinung nach entwickeln? Von den gesamten Ausgaben für Forschung und experimentelle Entwicklung in Tirol in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro wurden 26,3 Prozent für die Grundlagenforschung aufgewendet. Das ist die höchste Quote aller Bun-
desländer noch vor Wien und der Steiermark. Was ja prinzipiell auch gut ist. Es braucht Grundlagenforschung, nur sollte diese auch der Wirtschaft und den Unternehmen besser zugänglich und nutzbar gemacht werden. Die Industriellenvereinigung spricht sich deshalb mit Nachdruck dafür aus, in Tirol vor allem die angewandte Forschung zu forcieren. Das bedeutet, dass Forschung und Wirtschaft noch enger zusammenarbeiten müssen. Da hat sich in den letzten Jahren schon viel getan. Mit einer Koordinationsstelle, wo alle Fäden zusammenlaufen, könnten Themen aus der Industrie noch besser für die Wirtschaft nutzbar gemacht werden. Ein strukturierter Ablauf von industrienahen Dissertationen wäre hier sicher ein Weg in die richtige Richtung.
Könnte Tirol noch mehr vom Förderkuchen abholen? Es gibt immer Luft nach oben. Die gestiegenen Ausgaben im Unternehmenssektor zeigen die Dynamik und Innovationskraft unserer Tiroler Industrie, die den größten Teil der F&E-Ausgaben der Unternehmen bestreitet. Der Rückgang der Tiroler F&E-Quote unter den Bundesschnitt ist zum Teil erklärbar, aber trotzdem unzufriedenstellend. Mittelfristig müssen wir in Tirol bei der Forschungsquote wieder zumindest im Österreichschnitt liegen. Tirol muss sich auch mehr von den Förderungen des Bundes und der EU abholen. Die IV-Tirol fordert in ihrem aktuellen Grundsatzpapier zu F&E daher die Einrichtung einer Forschungskoordinationsstelle, wie in anderen erfolgreichen Bundesländern auch. Bei dieser sollen nicht nur die Forschungen im Land zusammenlaufen und den Unter-
„W E N N W I R D E N K L I M AWA N D E L B E WÄ LT I G E N UND UNSEREN W O H L S TA N D B E H A LT E N WOLLEN, WIRD E S K L U G E KÖ P F E UND NOCH VIEL TECHNOLOGISCHEN FORTSCHRIT T BRAUCHEN. DABEI WIRD ENT SCHEIDEND, DIE DREI DIMENSIONEN DER N A C H H A LT I G K E I T, W I R T S C H A F T, Ö KO L O G I E U N D SOZIALES IN EINKL ANG ZU B R I N G E N .“ E U GEN S TA RK
nehmen besser zugänglich gemacht werden, sondern unsere Unternehmen auch im Bereich der Förderungen unterstützen. Die Wirtschaft muss mehr als Partner gesehen werden, so wie wir das zum Beispiel mit dem Zentrum für Robotik gemeinsam mit dem MCI auch umsetzen. In diesen Bereichen wäre sicher noch mehr möglich in Tirol.