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SAME, SAME BUT DIFFERENT Zwei Mal gleicher Genpool, zwei Mal unterschiedlicher Output. Witzig, dass sich die Geister der Söhne ausgerechnet beim Geld scheiden.
Autorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.
I
mmer wieder stelle ich staunend fest, wie unter schiedlich die beiden sind. Obwohl sie sich einen ne in die SparbĂŒchse und lĂ€uft der Genpool teilen, haben sie, als es an die Vergabe der GroĂe damit in den nĂ€chsten Laden, Eigenschaften ging, offenbar zu völlig unterschiedwo er sich irgendetwas kauft, was er lichen Zeiten aufgezeigt. InnerfamiliĂ€r schieben un-be-dingt braucht, objektiv betrachwir das (selbstverstĂ€ndlich nur scherzhaft!) auf die tet aber Mist ist. Einen gigantischen Rieunterschiedliche StaatsbĂŒrgerschaft der beiden. Ja, senradiergummi etwa, auf dem »For big richtig gelesen: Weil Kindesvater und -mutter zum mistakes« steht. Oder das dreihundertsZeitpunkt der Geburt nicht verheiratet waren, te Matchboxauto, das er seiner Sammlung bekam das erste Kind automatisch die StaatszufĂŒhrt, mit der er aber nicht mehr spielt. bĂŒrgerschaft der Mutter. Seit ein paar Jahren ist Der kleine Sohn hingegen ist ein das anders, vor elf Jahren gab es keine Wahl: Er echter Dagobert. Das letzte Geburtstagswurde â wie ich â Deutscher. Weil die schlampigen geld vom Opa hat er in eine rote Handkassa VerhĂ€ltnisse bis zur Geburt des zweiten mit SchlĂŒssel investiert, sein wichtigster und Sohnes aufgerĂ€umt wurden, bekam dieser die liebster Besitz. Darin sammelt er seit zwei österreichische StaatsbĂŒrgerschaft. Wir hĂ€tten Sommern im Urlaub in Kroatien das Pfanddas lĂ€ngst per Amtsweg vereinheitlichen köngeld. WĂ€hrend alle im Schatten dösen oder im nen, aber aus Nostalgie, Faulheit oder einer Meer dĂŒmpeln, zieht er, mit einem MĂŒllsack Mischung daraus haben wir die PĂ€sse einfach immer wieder erneuert. Jedenfalls: Wir fĂŒhren manche Unterschiede »In seiner kleinen roten Kassa auf die NationalitĂ€ten zurĂŒck, etwa, dass der GroĂe beim FuĂball mehr hortet er umÂgerechnet 25 Tore schieĂt als der Kleine oder Euro â und denkt nicht dran, »die Cola« sagt. Am deutlichsten unterscheiden sie auszugeben. Ăberraschend sie sich aber bei zwei Dingen: vernĂŒnftig.« erstens beim Essen von Palatschinken bzw. Pfannkuchen. Der bewaffnet, los und sammelt die PET-Flaschen aus den deutsche Sohn isst sie als Frittaten MistkĂŒbeln, um sie dann zum nĂ€chsten Supermarkt zu (FlĂ€dle) in der Suppe. So und nicht tragen, wo er sie gegen die LandeswĂ€hrung eintauscht, anders. WĂ€hrend der Kleine sich umgerechnet 7 Cent pro Flasche. In seiner kleinen fingerdick Nuss-Nougat-Creme oder roten Kassa hortet er inzwischen umgerechnet 25 Euro Marmelade draufschmiert. Und â und denkt nicht dran, sie auszugeben. Ăberraschend zweitens unterscheiden sie sich vernĂŒnftig. Möchte fast sagen, dass es sich in seiner massiv im Umgang mit Geld. Kaum Tugendhaftigkeit eigentlich deutsch anfĂŒhlt. Ich schĂ€tze, wir bekommen sie ihr Taschengeld ĂŒberdenken das mit der StaatsbĂŒrgerschaft in seinem Fall in die Finger (10 Euro der GroĂe, noch mal. Oder beantragen gleich die Entenhausener. 8 der Kleine), steckt es der Klei-
ILLUSTRAT IONâ NANA MANDL
TEXT Ursel Nendzig