Adventist World German - March 2020

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V Toxischer Tribalismus Was er bedeutet und was wir dagegen tun können.

ölkisches Denken bzw. Stammesdenken (Tribalismus) scheint auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch zu sein. Dieser Trend beeinflusst viele Facetten unseres Lebens, insbesondere unsere Ethik. Wie leben wir in polarisierten Gesellschaften zusammen? Global gesehen scheinen auch der Brexit in Großbritannien, die politische Polarisierung in den USA, die Verächtlichmachung von Muslimen in Indien und die einwanderungsfeindliche Stimmung in der politischen Landschaft Europas auf den Tribalismus zurückzuführen zu sein. Daher ist Tribalismus weder auf urtümliche Gesellschaften noch auf bestimmte Regionen beschränkt. Tribalismus zeigt sich als unbeirrbare Loyalität gegenüber der eigenen Gruppe – meist zum Nachteil anderer Personen oder Gruppen. Während die Globalisierung durch Technik und soziale Medien eher zu einer kulturellen Gleichförmigkeit führt, erzeugen die Kräfte des toxischen Tribalismus im Untergrund im Gegensatz dazu eher Polarisierung als Einheit. Die Eskalation des Fundamentalismus, die sich in politischen Meinungsäußerungen, sozialer Rhetorik und religiösem Diskurs widerspiegelt, führt allzu oft zu Spaltungen zwischen Rechten und Linken, Konservativen und Liberalen. Dies führt zu einem Abbruch des gemeinsamen Gesprächs und der Zusammenarbeit, Elementen, die für die gesellschaftliche Harmonie unerlässlich sind. UNSER BEDÜRFNIS NACH GEMEINSCHAFT

Wir Menschen haben die natürliche Tendenz, uns aufgrund unseres Bedürfnisses, wir selbst zu sein und dazuzugehören, in Gruppen zusammenzufinden. Dieses Bedürfnis ist nicht schlecht. Es ist eine natürliche menschliche Eigenschaft, eine Gemeinschaft von Menschen mit ähnlichen Zielen, Bedürfnissen und Wünschen zu bilden. Schädlich wird Tribalismus allerdings dann, wenn er versucht, Menschen mit abweichenden Ansichten, Meinungen oder Identitäten auszuschließen. Tribalismus lebt von der Vorstellung, dass der andere der Feind ist; eine Haltung, die für antisemitische und antimuslimische Angriffe in Gotteshäusern verantwortlich ist, die den Tod unschuldiger Gläubiger in Amerika, Neuseeland, Israel und Afghanistan verursachten. Tribalismus hat zur Ermordung von Politikern geführt, deren Ansichten von denen ihrer Attentäter abwichen. In den sozialen Medien ist dieser Zustand so weit verbreitet, dass manche meinen, wir lebten im Zeitalter des Tribalismus. Leider ist selbst die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten mit ihren hohen moralischen Idealen und ihrem göttlichen Auftrag nicht immun gegen diese Art von Tribalismus, wie zwei Berichte zeigen sollen. Vor nicht allzu langer Zeit predigte ich in einer Gemeinde in einem Land, in dem kurz zuvor abgehaltene Parlamentswahlen in mehreren adventistischen Familien mit interkulturellen Ehen zu Zwietracht und Krisen geführt hatten. Eine politische Pattsituation heizte die kulturellen Spannungen zwischen zwei großen Volksgruppen an und wirkte sich auch auf Ehepaare Foto: Markus Spiske


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